E3 2014: Die Nachschau

(Artikel)
Haris Odobašic, 18. Juni 2014

E3 2014: Die Nachschau

Wer hat gewonnen?

Während ein sehr großer Teil der Welt sich noch fragt, wer in den nächsten Wochen Fußballweltmeister wird, lässt dieses Thema uns Gamer vollkommen kalt. Denn leider fand die WM zum denkbar unglücklichsten Zeitpunkt statt: während der E3. Und damit bleibt für uns, neben dem Sabbern im Angesicht der neuen Spiele, die uns erwarten, vor allem über einen Sieger zu diskutieren: den der E3. Schauen wir zuerst mal, was die großen Drei überhaupt so zu bieten hatten:

Microsoft
Sony
Nintendo

Microsoft hatte im Vorfeld viel Platz, um dann im Endeffekt solide zu präsentieren, wobei jeglicher Überraschungsmoment fehlte. Erschwerend kommt hinzu, dass die präsentierten Hoffnungsträger für 2015, Spiele wie Crackdown, Scalebound und Phantom Dust, nur mit CGI-Trailern gezeigt wurden, die es entsprechend schwer machen, ohne Gameplay oder weiterführende Informationen einen ersten Eindruck zu gewinnen. Selbst das mit Abstand größte Highlight im 2015er-Programm - Halo 5: Guardians – wurde nur mit einem halbgaren Trailer für die Multiplayer-Beta, die Ende des Jahres startet, der Öffentlichkeit näher gebracht.
2014 hingegen sieht um einiges besser aus, wo ein solider Mix aus alten und neuen Titeln für jeden etwas zu bieten haben dürfte. Fans des Open-World-Racings freuen sich über Forza Horizon 2, Actionfans mit Grau-Allergie werden Sunset Overdrive zocken, Kreative hingegen sich in Project Spark austoben, während Hobbytänzer und die letzten Kinect-Gläubigen mit Fantasia und Dance Central Spotlight gleich doppelt bedient werden. Mit D4, vom Macher von Deadly Premonition, hat Microsoft sogar einen absoluten Nischentitel mit hohem Kultpotenzial in der Hinterhand und das ist gerade mal etwas mehr als die Hälfte der Spiele, die Microsoft direkt für ihre Konsole herausbringt.
Andererseits fehlt 2014 der große Name. Keines der präsentierten Spiele schreit danach, dass es ein System-Seller sein wird. Es ist sogar richtig traurig, dass das einzige Produkt im Herbst-Lineup, welches Potenzial dazu aufbringt, einfach nur eine Sammlung alter Halo-Spiele ist.

Quasi das genau Gegenteil sah man bei Sony, denn hier gab es im Bezug auf 2014 statt einem saftigen Steak nur fettfrei gebratene Putenbrust. LittleBigPlanet 3 war eine überraschende Ankündigung, wenn man bedenkt, dass das Spiel noch dieses Jahr auf den Markt kommen soll, doch ein Entwicklerwechsel macht skeptisch. Ansonsten gibt es noch das viel verschobene Driveclub und... das war’s! Die einzige Parallele, die man in diesem Bereich mit Microsoft teilt, ist, dass auch bei Sonys Lineup für dieses Jahr der vielversprechendste Titel mit dem größten Verkaufspotential nur eine Neuauflage ist, nämlich The Last of Us Remastered.
Doch diese Situation ist für Sony-Fans nichts Ungewohntes, brauchte auch die PS3 erst mal ein paar Jahre, bis Sony dann anfing, regelmäßig qualitativ hochwertige Spiele auszuspucken. Und 2015 scheint dieser Zeitpunkt für die PS4 gekommen zu sein, wird doch das Jahr direkt im Februar mit The Order: 1886 eröffnet, während Spiele wie Bloodborne und das neue Uncharted quasi sichere Bretter sind, die man beim Launch bedenkenlos kaufen können wird. Zudem genießt Sony bei Indie-Entwicklern noch immer Kredit, weswegen einige der interessantesten Titel zuerst auf der Playstation 4 erscheinen werden. Dazu gehören Spiele wie Hotline Miami 2, die Grim-Fandango-Neuauflage und natürlich No Man’s Sky, eines der absoluten Highlights der E3.
Allerdings haben Besitzer von Sonys Handheld, der Vita, Grund muffig zu sein, wurde dieser doch quasi vollkommen ignoriert.

Nintendo hatte sich nur knapp die Hälfte der üblichen Präsentationszeit genommen, doch der Eindruck am Ende war, dass Nintendo in dieser kurzen Spanne mehr Lohnenswertes gezeigt hatte als Sony und Microsoft zusammen. Ohne Frage stahlen erste Szenen des neuen Zeldas – des neuen Open-World-Zeldas! – die Show, doch das war nur das Highlight an einem Abend der Highlights. Egal, ob wir uns Mario Maker, Yoshi’s Woolly World oder Kirby and the Rainbow Course anschauen – der Nintendo-Fan in jedem von uns kann nur frohjauchzen angesichts dieses Lineups, welches traditionelle Nintendo-Qualitäten transportiert, aber dennoch neue Ideen bietet. Und frei nach dem Motto "Wenn die anderen nicht wollen, dann tun wir’s eben" wurde auch von Nintendo mehr gezeigt statt typischer Kost. Das neue Xenoblade Chronicles X, Devil’s Third oder Bayonetta 2 dürften Fans etwas weniger bunter Welten erfreuen.
Und die amiibos haben das Potenzial, ein richtig großer Hit zu werden. Wenn man sich anschaut, wie erfolgreich beispielsweise die Skylanders sind und man dieses Konzept nun auf Nintendo überträgt, mit seinen um einiges memorableren und größeren Charakteren, ist Erfolg quasi vorprogrammiert.
Doch neben Ankündigung um Ankündigung hatte Nintendo genug Zeit, hier und dort eine Anekdote einzubauen und mit humorvollen Übergängen dafür zu sorgen, dass die knapp 50 Minuten, die der Nintendo E3 Direct dauerte, in Windeseile um waren. Dass die Show nur so kurz war, war sogar richtig schade!
Andererseits hätte Nintendo wahrscheinlich auch nicht mehr Zeit füllen können. Denn wo bei den Konkurrenten noch reihenweise Dritthersteller auf der Bühne standen, um ihre neuesten Entwicklungen zu zeigen, hatte sich auch durch die E3 die Situation für die Wii U nicht sonderlich verbessert, wenn es um Dritthersteller-Support geht. Alle großen Dritthersteller-Blockbuster kommen ohne Version für Nintendos Konsole aus.

Angesichts dieser Situation ist es dennoch ziemlich einfach, eine Entscheidung zu treffen: Nintendo hat gewonnen. Nachdem die E3-Events in den letzten Jahren durchweg durchwachsen waren, konnte der japanische Traditionskonzern nun in Zeiten allerhöchster Not ein Lebenszeichen senden, das zumindest die leichte Hoffnung macht, dass die Wii U sich etwas erholen könnte. Die oft geschundenen Nintendo-Fans haben endlich wieder mehr als ein oder zwei Spiele, auf die sie sich freuen können, doch ob das ausreicht, um die Verkaufszahlen anzukurbeln, wird sich erst noch zeigen. Durch Mario Kart 8 wurde die Konsole wieder etwas öfter verkauft, doch jetzt ist noch nicht abzusehen, ob das ein langfristiger Effekt ist.
Microsoft und Sony hingegen können sich den Pappwimpel für den zweiten Platz fair teilen. Beide PKs waren durchweg unterhaltsam (auch wenn Sony ein paar Durststrecken hatte, dafür aber auch 30 Minuten länger präsentierte) und während Microsoft für 2014 mehr zu bieten scheint, hat Sony dafür für das kommende Jahr einen dezenten Vorsprung in der Schlacht der zwei Next-Gen-Konsolen.

Beeindruckender ist da eher, dass keine der Konferenzen wirklich schlecht war. In den Vorjahren war es Tradition, dass einer der Hersteller so richtig ins Klo greifen würde, sei es Nintendo mit wenigen Ankündigungen, die die Fan-Basis mobilisieren, oder Microsoft mit zu starkem Fokus auf TV und Casual oder Sony mit leeren Versprechungen. Dieses Jahr? Nichts davon zu spüren! Selbst die großen, peinlichen Momente, die im Nachgang immer für reihenweise mehr oder minder lustiger Memes gesorgt hatten, fehlten dieses Jahr. Dafür aber eine Menge toller Spiele, die die Next-Gen-Flaute in den nächsten Monaten endgültig beenden werden. Man könnte ja schon fast sagen: eigentlich haben wir Spieler gewonnen. Haris

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