ModNation Racers: Road Trip

(Artikel)
Rian Voß, 11. März 2012

ModNation Racers: Road Trip

Mario Kart für Arme

Hey, erinnert ihr euch noch an meinen Uncharted: Golden Abyss-Artikel? Da habe ich das Spiel in der Einleitung gelobt, weil es sich der normalerweise gängigen Methode widersetzt, ein Spiel mit einem großen Namen und schlechtem Inhalt als Launchtitel zu verheizen, um ein bisschen Kohle zu verdienen. ModNation Racers: Road Trip tut das nicht.

ModNation Racers war auf der PS3 schon ein bisschen... merkwürdig. Es sollte nach dem Konzept Play-Create-Share wie Little Big Planet ein Rennspiel werden, bei dem man eine ganze Menge Zeug erstellen kann und so dynamisch die Spiel-Möglichkeiten auf eine Weise erweitert, die selbst die Entwickler nicht vorhergesehen haben. Nur dass Little Big Planet bereits in der Hinsicht bereits schon ziemlich ausgebufft war, Little Big Planet 2 noch einen draufsetzte und ein Little Big Karting als Spin-off geplant ist. Wozu also noch mal das Ganze mit einem neuen Franchise aufrollen?


Wie dem auch sei, ModNation Racers: Roadtrip gibt es jetzt und das kann man nicht mehr ändern. Leider. Denn die Entwickler haben sich nicht die Mühe gemacht, mehr als eine oberflächliche Kopie des großen Bruders zu erstellen, der auch wenn man ihn seiner obligatorischen aber nutzlosen Touchscreen-Features berauben würde sehr gut auf die PSP gepasst hätte. Das beginnt schon bei der Menüführung. Erst einmal bekommt man als Spieler, der sich den Titel runtergeladen hat, demnach also über keine physische Anleitung verfügt (die "digitale Anleitung" enthält nur so faszinierende Informationen wie den Gesundheitshinweis und... einen Brief an die Entwickler?), überhaupt keine Einweisung, was man alles machen kann und als erstes tun sollte. Aber gut, man ist ja Entdecker im Herzen, also behandeln wir diesen Designmüll wie ein Feature und tun so, als wäre es die Adventure-Komponente des Spiels. Wenn man aber in der tollen Menü-Garage zu anderen Einträgen wechseln möchte, fällt spätestens auf, dass man sich hier nicht auf eine eingängige Steuerung einigen konnte. Eintrag aktivieren? Touch-screen only. Eintrag wechseln? Auch mit Touchscreen, was aber nur selten funktioniert, oder mit Steuerkreuz. Entweder muss man mit voller Gewalt von einer Bildschirmseite zur anderen den Finger durchziehen, um irgendeine Änderung zu bewirken, oder man verdrückt sich ständig auf den kleinen Icons. Oder wundert sich, warum nichts passiert - das liegt aber meistens an der Verzögerung, mit der die Oberfläche reagiert. Knöpfe sind gänzlich unerwünscht. Hier zumindest.


Ähnliche Kontrolldebakel zeigen sich im eigentlichen Kernstück des Spiels, dem Track Editor. Hier ist es nicht ganz so schlimm, dennoch ist das Kreieren einer Strecke ein Kuddelmuddel aus der Benutzung von Analogsticks, dem hinteren Touchscreen, dem vorderen Touchscreen und den Buttons. Hier hätte sich eine schillernde Möglichkeit offenbart, eine intuitive Steuerung solo über den Bildschirm oder für's Feine separat über Buttons und Sticks zu regeln. Aber nein.
Doch ich will gerade an den Editoren, also dem Streckenmanipulator und den Äquivalenten für den Avatar und die Rennboliden, nicht viel schlecht reden - schließlich verbringt man hier die meiste Zeit und hat den meisten Spaß. Die Erstellung der Strecken ist gefüllt mit Möglichkeiten, um interessante Tracks aus dem Boden zu stampfen. Erhebungen, Absenkungen und Überführungen lassen sich mit Leichtigkeit erstellen, das Platzieren von Gegenständen auf der Bahn ist ebenfalls ein Klacks und besonders gefällt mir, dass man bestimmte Objekte miteinander verdrahten kann - wer erfolgreich über eine Bodenplatte fährt, kann etwa einen Sperrzaun für nachfolgende Spieler hochschnellen lassen. Da lohnt sich der kleine Schlenker während der Fahrt!
Die Menge an Items, die man für Figürchen und Auto erstehen kann, hat mich bereits zum Anfang erschlagen. Man kann noch über den Karrieremodus gefühlt unendlich weitere Props, Sticker und mehr ergattern. Wer Spaß dran hat, wird bestimmt Spaß dran haben - ich jedoch habe mich auf das Zufallsgenerieren meines Untersatzes verlassen und fahre sehr gut damit.


Diesen ganzen Kram, den man erstellt, kann man natürlich auch hochladen und anderen Spielern zur Verfügung stellen. Wo auf der PS3 eine interaktive Hub World auf einen wartet, die einem einen guten Zugriff auf all den Unsinn anderer Künstler an die Hand gibt, wurde das Publishing-System auf der Vita durch einen Haufen liebloser Listen ersetzt. Lieblose Listen und lange Ladezeiten. Auf die Art macht shoppen nun wirklich keinen Spaß.
Dazu man kann seine Männchen und Autos ja nicht mal wirklich anderen Leuten zeigen oder sie damit beeindrucken, weil ein Online-Multiplayer vollkommen fehlt. Wer gegen menschliche Mitspieler antreten möchte, muss in seiner direkten Umgebung (mit der near-App natürlich möglich, aber meh) weitere Vita-Besitzer finden. Das ist schwach. Man kann zwar die Geister anderer Spieler runterladen und gegen die antreten, aber solche simulierten Fahrer sind wirklich nicht dasselbe. Wer kam bitte auf solch eine Schnapsidee?

Gut, dass die Ladebildschirme mit viel Text gefüllt sind. Dann hat man in der Wartezeit immerhin ein bisschen zu tun.

Und dabei ist das Renn-Gameplay ja nicht einmal besonders herausragend. Es ist, nun ja, Mario Kart ohne den Charme und ohne Überraschungen. Ein bisschen driften, Waffen einsammeln, schießen, Energie für Boost oder Schild sammeln. Und hoffen, dass die Computer nicht wieder schummeln, weil die sich immer direkt hinter einem befinden, egal wie gut man fährt. Die ganze Racer-Erfahrung wird noch dadurch verschlimmert, dass sie von elendig langen Ladebildschirmen eingeleitet wird. Da kann man schon mal fünfzehn bis dreißig Sekunden geradeaus starren, bis es denn endlich los geht. Bei einem vollständig auf der Konsole installierten Spiel ist das ziemlich erbärmlich.
Es stellt sich ohnehin die Frage, was denn dort eigentlich so lange lädt. An der Grafik kann es jedenfalls nicht liegen, denn die ist so hingeklatscht, dass selbst der beste Streckendesigner aus dem chronischen Verlust des Augenlichts nur einen akuten verwandeln mag. Da kann man auch Tux Racer spielen, immerhin zahlt man dann nicht drauf.

ModNation Racers musste schon auf der PS3 hart arbeiten, um seine Existenz zu rechtfertigen, doch Road Trip nimmt dem einstmals ganz gelungenen Spiel so ziemlich jedes gute Haar: Die Grafik ist Müll, der Multiplayer ist fast gänzlich verschwunden, die Verbreitung von Erstelltem ist dröge, die Menüführung ein Witz und ein motivierender Singleplayer-Modus mit den mickrigen Turnieren so gut wie nicht vorhanden. Hier haben wir es mit einem Paradebeispiel für Launch-Verarsche zu tun. Wenn ihr auf ein Rennspiel heiß seid, dann holt euch lieber Wipeout. Rian

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RELEASE
22. Februar 2012
PLATTFORM
PS Vita
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