Animal Crossing: New Horizons Review

(Artikel)
Benjamin Strobel, 06. April 2020

Animal Crossing: New Horizons Review

Großartiges Spiel mit perfektem Timing

Als Animal Crossing: New Horizons am 20. März 2020 erscheint, zeichnet sich in Deutschland gerade das Ausmaß der Corona-Pandemie ab: Die Kanzlerin fordert alle Bürgerinnen und Bürger auf, zuhause zu bleiben. Festivals und Messen werden abgesagt, Urlaube werden storniert. Was aber noch geht: in einen virtuellen Flieger steigen und digital verreisen - auf eine einsame Insel in Animal Crossing. Es passt perfekt.

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Weg von hier
Ähnlich wie Stardew Valley ist New Horizons eine Aussteiger-Geschichte. Die Insel ruft - und ihr steigt einfach ins Flugzeug und beginnt ein neues Leben zwischen Palmen und Kirschbäumen. Ein Waschbär heißt euch in der neuen Welt willkommen: Schön, dass du da bist, hier ist dein Grundstück und hier ist dein Haus, über den zinslosen Kredit mach dir keine Sorgen.

Die Schuldenfalle von Tom Nook, dem Waschbären, mag einem zunächst unverschämt vorkommen. Aber nach wenigen Spieltagen entpuppt sich der Kredit als gutmütig. Man kann fortan selbst entscheiden, ob man Früchte erntet und Fische fängt, um das schnelle Geld zu verdienen. Oder ob man lieber Fossilien ausgräbt und ans Museum spendet. Oder ob man einfach nur Bäume pflanzt und im Wald lebt. Nach der Einführung ins Spiel ist euch überlassen, wie es weitergeht. Freiraum ist eine besondere Stärke des Spiels - es lässt euch Luft zum atmen.

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Entschleunigung in Echtzeit
Ein besonderer Clou von Animal Crossing ist das Echtzeit-Spielprinzip: jeder Tag im Spiel ist ein Tag in der echten Zeit. Wird es draußen langsam hell, geht auch im Spiel die Sonne auf. Und wenn es bei uns Frühling wird, blühen auch im Spiel die Bäume.

Animal Crossing macht einem dadurch bewusst, wie sehr man sich an schnelle Abläufe in Spielen gewöhnt hat. Selbst in Stardew Valley könnt ihr in wenigen Stunden einen ganzen Spielmonat runter reißen. In Animal Crossing muss man sich mit all den Fortschritten gedulden, die hinter den zeitlichen Schranken warten, wie etwa die Fertigstellung eines Bauwerks, der Einzug einer neuen Nachbarin oder die nächste Apfelernte. Man kann sich nicht hastig durch die Tage skippen, man kann keine Taste drücken, damit es schneller geht. Animal Crossing fordert Geduld bei euch ein. So trägt nicht nur die Eiland-Idylle zu einer Entschleunigung bei, sondern ganz entscheidend auch der Spielablauf in Echtzeit.

An manchen Tagen gibt es in der Tat nur wenig zu tun. Vielleicht muss man bis morgen warten, damit aus all den Baustellen fertige Häuser und Brücken werden. Aber das ist der ideale Augenblick, mal an den Strand zu wandern und in den Sonnenuntergang zu schauen. Selten hat ein Spiel so gut gezeigt, was ein Sprung in HD ausmachen kann; der Vorgänger, New Leaf, ist noch auf dem Nintendo 3DS erschienen und lief auf einem 240p-Bildschirm. Insekten, die man dort eingefangen hat, waren mitunter nicht mehr als schwarze Punkte. New Horizons erstrahlt auf dem HD-Bildschirm der Nintendo Switch und strotzt nur so vor Details. Diesmal könnt ihr jedes Spinnenbein einzeln zählen! Und wenn ihr das eklig findet, könnt ihr mit eurer Spielfigur die Emotion “Erschauern” wählen. New Horizons hat an alles gedacht.

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Soziales und Parasoziales
Ebenso wichtig wie die Gestaltung eures Hauses - mit Gegenständen wie Tischen, Stühlen, Betten, Toastern, Toiletten und Rosa Flamingos - ist die Pflege eurer Nachbarschaft. Nach und nach ziehen immer neue Tiere zu und formen eine kleine Inselgemeinschaft. Sie richten ihre Häuser ein, gehen Angeln oder Holz sammeln und manchmal singen sie auch. Ihr könnt sie zu eurer Einweihungsfeier einladen, Briefe mit ihnen schreiben und Geschenke austauschen. Einige bringen euch sogar neue Emotionen bei als wüsstet ihr nicht, wie man beim Anblick einer Spinne bis auf den nächsten Baum hochschreckt.

New Horizons gibt euch viele Möglichkeiten, parasoziale Beziehungen mit den tierischen Nachbarn zu pflegen. Ihr könnt sogar versuchen, ganz bestimmte Figuren für euch zu gewinnen oder verhasste Nachbarn von der Insel zu ekeln. Auch hier werden eure Freiheiten groß geschrieben: Entscheidet selbst, ob ihr dem Gedeihen der Nachbarschaft freien Lauf lasst oder ob ihr der guten Stimmung etwas nachhelfen wollt.

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Wer mit parasozialen Beziehungen zu anthropomorphen Tieren nicht so richtig warm wird, kann auch mit echten Menschen zusammenspielen. Das geht auf einem Bildschirm mit bis zu vier Personen und online sogar zu acht. So kann man entweder die Inseln von Freundinnen und Freunden - und jeder Person, die ihren so genannten Dodo-Code mit euch teilt - bereisen. Oder ihr könnt eure Insel für andere öffnen, die euch fortan als Reiseziel anfliegen dürfen. Keine Sorge, eure Insel ist vor räuberischen Angriffen geschützt. Nur wenn ihr andere Spielerinnen und Spieler als “Beste Freunde” markiert, können sie eure Bäume abholzen oder euch alte Stiefel hinter dem Haus vergraben. Einrichtungsgegenstände sind übrigens immer sicher und können im Multiplayer-Modus nicht mal verschoben werden. Früchte und andere Objekte, die am Boden liegen, kann man hingegen jederzeit aufnehmen. Bevor ihr euch die Taschen vollstopft, solltet ihr die anderen aber erst fragen - ihr seid schließlich nur zu Besuch. Dafür gibt es eine einfache Chat-Funktion: entweder direkt im Spiel oder komfortabel in der Switch-App auf dem Smartphone.

Die Möglichkeit, andere zu besuchen und zu sich einzuladen, hauchen New Horizons so richtig Leben ein. Das ist jedes Mal so als würdet ihr ein Puppenhaus betreten, das jemand anderes eingerichtet hat. So manches Mal war ich überrascht, wie viele und was für kuriose Einrichtungsgegenstände das Spiel zu bieten hat. Natürlich dürft ihr handeln und tauschen, um den euren Katalog zu vervollständigen.

Ihr könnt dabei nicht nur sehen wie andere so Leben, sondern auch Geschenke mitbringen, Items tauschen und die Shop-Angebote der anderen Inseln nutzen. Einige Spielerinnen und Spieler veranstalten sogar Flohmärkte auf ihren Inseln, auf denen fröhlich gefeilscht wird - etwas Sozialkompetenz und Kontrolle über die eigenen kriminellen Energien vorausgesetzt.

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Marke Eigenbau
Wollt ihr anderen mit eurer Insel so richtig imponieren, gibt es viel zu tun. Zum ersten Mal in einem Animal Crossing könnt ihr nicht nur Bäume pflanzen und wieder abholzen, sondern die ganze Insel gestalten. So können Einrichtungsgegenstände nicht nur in eurem Haus platziert werden, sondern überall auf der Insel. Wollt ihr euch einen chinesischen Garten anlegen oder einen Spielplatz am Strand errichten, geht das ohne Probleme. Im weiteren Spielverlauf traut euch New Horizons sogar rudimentäres Terraforming zu. Dann könnt ihr nicht nur bestimmen, wo neue Häuser und Geschäfte gebaut werden. Ihr könnt Brücken und Wege bauen, Hänge abflachen und sogar den Verlauf der Flüsse ändern.

Früher oder später habt ihr alle Werkzeuge, um die Insel in euer persönliches Paradies zu transformieren. Allerdings müsst ihr euch zwischendurch Gedanken darüber machen, wie ihr die eigene Extravaganza finanziert. Auch hier gibt es viele Möglichkeiten: Ihr könnte Früchte ernten, Fische und Insekten verkaufen, Geldbäume pflanzen oder mit Rüben spekulieren, deren Preise sich täglich ändern. Um schöne neue Brücken zu finanzieren, sollte man allerdings Geduld mitbringen. Immerhin: habt ihr Besuch von Freunden auf der Insel, können sie für eure Bauprojekte etwas spenden.

Was im Großen gilt, findet man auch im Kleinen: zum ersten Mal könnt ihr Animal Crossing auch eigene Einrichtungsgegenstände aus Holz, Stein und anderen Ressourcen herstellen. Viele davon können sogar individuell angepasst werden: oft mit verschiedenen Farben, manchmal sogar mit eigenen Texturen, die man im Spiel einfach aufmalen kann. So könnt ihr euch die eigene Pixelkunst aufs virtuelle T-Shirt drucken - und sogar auf die Bettwäsche. Leider muss man sich auch die Werkzeuge selbst bauen, die mit Benutzung ständig kaputt gehen und nachproduziert werden müssen. Hier gibt es deutlichen Verbesserungsbedarf: Man kann beispielsweise nicht mehrere Objekte gleichzeitig herstellen und darf beim Basteln auch nicht auf die Ressourcen im Lager zugreifen – nicht mal im eigenen Haus! Es bleibt zu hoffen, dass derart naheliegende Funktionen mit einem Patch nachgeliefert werden.

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Spiel der Jahreszeiten
Wie schon im Vorgänger darf man im kommenden Jahr wohl damit rechnen, dass es jeden Monat neue Events in New Horizons gibt. Allemal stehen uns im Herbst und Winter saisonale Veränderungen bevor, die zumindest visuelle Abwechslung ins Spiel bringen.

Gerade startet auch das erste Spiel-Event, der sogenannte Hasentag. In den nächsten Tagen bis zum Fest findet man überall auf der Insel versteckte Eier, aus denen man besondere Gegenstände herstellen kann. Man darf wohl auch mit Wettbewerben im Angeln und Käfersammeln rechnen, doch es bleibt eine kleine Überraschung, was das Animal-Crossing-Jahr noch so bereithält. Man kann wohl davon ausgehen, dass es in den nächsten Monaten immer wieder Verlockungen geben wird, zurückzukehren.

Fazit
Sicher kann man sagen, Animal Crossing: New Horizons ist zum richtigen Zeitpunkt erschienen. Für viele ist es das Spiel, das sie gerade brauchen. Aber New Horizons ist auch unabhängig von diesem Kontext ein hervorragendes Spiel und das bislang umfangreichste und schönste Animal Crossing, das es je gab. Es ist voller niedlicher und detaillierter Kleinigkeiten, die man nach und nach entdecken kann - nur etwas Geduld sollte man mitbringen.

Animal Crossing: New Horizons wurde auf der Nintendo Switch getestet. Ein Testmuster wurde uns von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Animal Crossing: New Horizons

(Ranking)
S
RANK
Herausragend. S-Spiele erweitern Horizonte. Sie bieten intensive Erlebnisse oder halten den Spieler noch lange am Bildschirm gefesselt. Selbst wenn man sie nicht jedem empfehlen kann, will man doch mit jedem über sie reden.

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Sparte - Wenn es nicht bei drei auf dem Baum ist, testen wir es.

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RELEASE
20. März 2020
PLATTFORM
Nintendo Switch
Plattform - Hybrid aus Konsole und Handheld. Unter dem Codenamen Nintendo NX angekündigt, ist die Nintendo Switch im März 2017 weltweit erschienen.

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