Bus Simulator 18 im Test

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 17. Juli 2018

Bus Simulator 18 im Test

Ein Meh auf unseren Busfahrer

Geständnis: Als kleiner Junge fand ich Busfahrer richtig toll. Mit ihren dicken Schlitten durch die Städte fahren, das hatte was. Und ich als Fahrgast muss mich um nichts kümmern, nur rechtzeitig aussteigen. Dank Spielen wie dem Bus Simulator 18 kann ich nun selbst erfahren wie es ist der King of Road in der Innenstadt zu sein. Allerdings einer fiktionalen Innenstadt, die sich Seaside Valley nennt und deutsche Straßennamen mit passend deutschen Bewohnern hat. Internationales Marketing und so, ihr versteht schon.

20180625200535_1Planen und fahren.

Seaside Valley hatte bisher kein Busunternehmen. Das soll sich ändern, denn - sind wir mal ehrlich - welche Stadt kommt bitteschön ohne Busse aus? Es ist nun die Aufgabe der Spielerinnen und Spieler ein funktionierendes Liniennetz aufzubauen. Busfahrer Nummer Eins ist man selbst. Zuerst wird man natürlich ins Tutorial geschmissen, Mercedes Citaro Bus umzugehen. Dazu gehört es, die Türen zu entsperren, sich in den Fahrersitz setzen, die Innenbeleuchtung zu aktivieren, die Parkbremse zu lösen und das Automatikgetriebe von Neutral auf Fahren zu schalten. Jede Funktion im Cockpit kann entweder durch Anklicken der entsprechenden Taste aktiviert werden, oder per Hotkey, je nachdem was man bevorzugt. Die nette Kollegin erklärt alles einleuchtend und so richtig kompliziert ist das Ganze nicht. Schwierig wird höchstens das Ausfahren der Rollstuhlfahrerrampe: dafür muss man zunächst stehen bleiben, die hintere Tür schließen, die Parkbremse anziehen - erst dann kann die Rampe ausgefahren werden! Tür auf, Rollstuhlfahrer rein, Tür zu, Rampe einziehen, Parkbremse nicht vergessen und weiter geht es.

Eine Sache ist besonders auffällig beim Bus Simulator 18: Es fehlt weitestgehend die Herausforderung. Jede Fahrt wird zwar bewertet (mit Augenmerk darauf, ob man beim Einfahren und Verlassen der Haltestellen auch schön blinkt, ob man eine gute Halteposition erreicht hat und was sonst noch so tun muss), aber das sind alles Dinge, die man ohnehin beachten sollte. Interessant ist nicht, was man alles richtig machen kann, denn das macht man automatisch richtig, interessant ist, was man alles falsch machen kann. Und diese Liste ist bedeutend kleiner und spezifischer. So wird es negativ angekreidet, wenn man einem Rad den Randstein vom Bürgersteig berührt. Fährt man jedoch auf der falschen Straßenseite oder missachtet eine rote Ampel, dann ist das dem Spiel völlig egal. Man kann allerdings von Blitzen erwischt werden, was eine kleine Geldstrafe mit sich bringt. Oder man donnert in irgendwas rein, was Reparaturkosten verursacht. Oder man gibt versehentlich zu viel Wechselgeld heraus. Aber nichts davon richtet einen deutlichen finanziellen Schaden an. Kurz gesagt: Wer pleitegehen will, der muss es darauf anlegen, anders geht es nicht.

20180704205733_1Marcel D'Avis will 1&1 Tickets kaufen

Bus Simulator 18 macht es einem auf Wunsch sogar noch leichter, denn man muss nicht in der Garage anfangen und aufhören, man kann auch direkt vor der ersten Haltestelle starten und nach der letzten per Knopfdruck die Fahrt beenden. Bestraft wird man für diese Faulheit nicht!
Der Bus Simulator hat eine sehr einfache Vorstellung davon, schwerer zu werden: indem es einem immer häufiger Situationen präsentiert, die im Endeffekt nur Zeitverlust und somit eine schlechtere Bewertung wegen Verspätungen mit sich bringen. So wollen die Fahrgäste anfangs nur eine Einzelfahrt, dann kommen die Leute mit Tages- oder sogar Wochentickets dazu, dann die Senioren mit ihrem eigenen Tarif und HÖRT AUF EIN 3€ TICKET MIT EINEM 20€ SCHEIN ZU BEZAHLEN, IHR PENNER! Wechselgeld gab es natürlich in 5-Cent-Stücken, selbst schuld.

Da man alleine kein Busunternehmen führen kann, gibt es auch Personal einzustellen. Dabei fahren sie auf den eingesetzten Strecken immer das Ergebnis eurer besten Fahrt ein. Ja ich habe beste Fahrt gesagt. Und da man eigentlich keine schlechte Fahrt haben kann, sind sie ihr Geld immer wert.
Weitere Zeitfresser sind die zuvor erwähnten Rollstuhlfahrer, Fahrgäste die laut Musik hören oder ihren Krempel liegen lassen und Autos, die mit Warnblinker an der Haltestelle parken. Alles Probleme mit simplen Lösungen, die einfach nur Zeit kosten, aber nicht Geld. Selbst die Schwarzfahrer schlagen sich kaum im Kassenbuch nieder, weshalb ich mir sehr schnell die Fahrkartenkontrolle sparte, denn dazu hätte ich aufstehen und durch den Bus latschen müssen. Woran ich Schwarzfahrer erkennen soll, habe ich ohnehin nicht verstanden. Unbeabsichtigt hält einen manchmal auch der Verkehr auf, weil die anderen Verkehrsteilnehmer an manchen Kreuzungen wohl erst mal in der STVO nachblättern müssen, wer eigentlich Vorfahrt hat.

20180702202932_1Gemütliches Cruisen

Mein persönliches Highlight sind die Fahrgäste mit ihren vorgefertigten Sprüchen. Ich weiß, was die Entwickler damit erreichen wollten (eine realistische Atmosphäre), aber blöderweise geben die NPCs nur zusammenhangslosen Unsinn von sich. Die Schreiber in diesem Spiel werden wohl keine Romanautoren. Das fängt mit der ersten Testfahrt an, bei der die Kollegin, die mir den Bus erklärt, nebenbei erwähnt, dass wir gleich ihre Verlobte aufgabeln. Okay, von mir aus. Dann gabeln wir die Verlobte auf, ein kurzes Hallo zwischen den beiden und sie setzt sich ganz nach hinten. Hallo, ihr seid verlobt! Weitere Goldstückchen sind Sprüche wie "Ich geh nie wieder zu Fuß, Busfahren ist so toll", diverse Halbgespräche über fiktionale Serien und Filme und spontane Gedanken darüber, ob man den Herd angelassen hat. In einem Fall hoffte eine junge Dame, dass ihre Haltestelle bald kommt, da sie dringend mal wo hin müsste. Kurz darauf fragte sich ein junger Mann, was denn hier so stinken würden. O-Ton von mir: "Hat die Olle gerade in meinen Bus geschissen?" Ich hätte es gefeiert, wenn die Programmierer das wirklich integriert hätten. War aber nicht so.

In Sachen Präsentation zeigt sich der Bus Simulator ganz ordentlich. Auf Basis der Unreal Engine 4 wird hier eine durchaus überzeugende Kleinstadt dargestellt, der es nur ein wenig an Details mangelt, was durch die Busse wieder wett gemacht wird. Da man aber nur Busse lizensiert hat, wird die Stadt mit Fantasiewerbeplakaten geschmückt, von denen es ganze vier Stück gibt. Ein nichtssagendes Aquariumsplakat, ein Sonnenaufgang mit nichtssagendem Spruch, ein Apfel mit einem Spruch, der nichts mit Äpfeln zu tun hat und Werbung für einen Kaffeeladen namens Marina Covfefe. Ja ernsthaft, ein Covfefe-Witz ist auchz noch dabei - und ihr bekommt ihn an jeder zweiten Ecke zu sehen. Ebenso oft wiederholen sich die Modelle der Fahrgäste.

20180702203012_1Es ist nicht leicht dem Kunden ein falsches Ticket zu verkaufen

Bus Simulator 18 ist eine interessante Erfahrung. Zum einen ist da der für einen Simulator erschreckend niedrige Anspruch, der so gut wie jede Herausforderung im Keim erstickt. Zum anderen hat das Spiel, wohl gerade durch die eher simpleren Mechanik gepaart mit der nicht zu realistischen Fahrphysik, etwas sehr Entspannendes an sich. Einmal nicht die Welt retten müssen, sondern einfach nur mit einem Bus durch die Stadt cruisen, das ist zur Abwechslung mal ganz nett. Für mich aber auch nicht mehr. Zu schnell wird klar wie repetitiv das Spiel ist: So musste ich für die erste Netzerweiterung gut zwei Stunden lang dieselbe Strecke fahren, damit ich die benötigte Mindestanzahl an beförderten Gästen erreicht hatte. Ich bin mir daher nicht sicher, wem ich dieses Spiel empfehlen soll. Hardcore-Simulationsfans wird zu Vieles erleichtert und wer das Genre eher casual genießt, der wird sich auch schnell langweilen. Wenn ihr aber einfach mal nur Bus fahren wollt, dann ist das Spiel einen Blick wert.

Bus Simulator 18 wurde auf dem PC getestet. Ein Testmuster wurde uns von Astragon zur Verfügung gestellt.

Bus Simulator 18

(Ranking)
C
RANK
Gut gemeint. C-Spiele haben ihre strahlenden Momente, aber in entscheidenden Situationen wird großes Potential verschenkt. Über keine anderen Spiele kann man sich so sehr ärgern.

Kommentare

Ben
17. Juli 2018 um 21:37 Uhr (#1)
Ich glaube, man muss das völlig meditativ angehen. Einfach mal Bus fahren, sonst nichts.
Gast
19. März 2024 um 07:46 Uhr
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13. Juni 2018
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