"Kunstspiel" ist fast schon ein Schimpfwort: Meist sind es artistische Chaos-Wulste, die schneller verglühen als sie interpretiert werden können. Gameplay an sich steht meistens im Hintergrund, oft mit der verbundenen Problematik, dass man sich fragen muss: "Ist das noch ein Spiel?" Ist man vom Spiel letztendlich enttäuscht, ist das aber mitunter der Erwartungshaltung geschuldet - schließlich ist da "Spiel" im "Genre"-Begriff. Thirty Flights of Loving macht es da cleverer und vermarktet sich selbst nicht als Spiel, sondern als Kurzgeschichte. Und als solche ist sie vollkommen in Ordnung.


Thirty Flights of Loving ist der siebte Teil der Citizen-Abel-Serie. Warum heißt die Serie so? Ich bin mir selbst nicht so ganz sicher, habe bisher nur zwei der Serieneinträge gespielt. Ich denke aber, dass der Hauptcharakter immer ein "Citizen Abel" ist.
Wie dem auch sei: Thirty Flights of Loving erzählt eine Geschichte. Die Geschichte eines diebischen Trios, ihrem Coup und auch ein bisschen ihrer Hintergründe. Das Ganze geschieht durch die wunderbare Kunst der Umgebungserzählung - keine Dialoge, kein Heads-Up-Display, keine versteckten Texte, keine Lexikoneinträge. Hier ein Karton illegaler Spiritus, da ein poliertes Scharfschützengewehr und dort ein Flugzeug mit einem ominösen Namen. Viel mehr Informationen gibt es nicht, aber es genügt, um den Kern der Nachricht zu empfangen. Der kleine Rest an Variablen wird dann der menschlichen Vorstellungskraft überlassen. Gute Romanautoren wissen, dass gezielte Auslassungen oftmals effektiver sind als seitenlange Beschreibungen. Deswegen gibt es ja auch immer diese Menschen, die bei Buchverfilmungen sagen: "Aber ICH habe mir sein Aussehen GANZ ANDERS vorgestellt!"
Auch die simple Grafik unterstützt diesen Gedanken: Freunden von Minecraft-Optik und Fans von Team Fortress 2 wird der warme, stilisierte Cartoonlook gefallen.

Thirty Flights of Loving ist bereits nach ein paar Minuten vorbei, aber wer einen kleinen Blick Hinter die Kulissen des Spieledesigns werfen möchte, dem sei noch ein Schnelldurchgang mit eingeschaltetem Entwicklerkommentar empfohlen.


Nach dem Beenden von 30 Flights gibt es noch ein weiteres Abenteuer zu erleben, denn das Paket enthält den Vorgänger Gravity Bone. Dieses Spiel teilt seinen Look mit 30 Flights, versetzt uns aber in die Schuhe eines Spions/Geheimagenten. Hier dürfen wir ein bisschen mehr Hand anlegen als im fast komplett interaktionslosen Nachfolger: kleine Rätsel wollen gelöst werden und einige Sprungpassagen erfordern Hand-Augen-Koordination.
Auch diese Geschichte ist schnell erzählt, ist aber wiederum keine Minute zu kurz. Eine gute Unterhaltung und ein schöner Exkurs in die Materie des interaktiven Storytellings - das gilt für beide Spiele. Rian