Fans und ihre Schattenseiten

(Artikel)
Benjamin Strobel, 21. Februar 2017

Fans und ihre Schattenseiten

Warum ich keinen Bock auf Unterhaltungen habe

Wo fange ich am besten an? Ich hatte da letzt diese Diskussion mit Rian, dass ich mich nicht gerne über ein bestimmtes meiner Hobbies unterhalte. Wie diese Seite hier vermuten lässt, habe ich ein bisschen was für Gaming übrig. Wer uns schon länger begleitet, weiß, dass ich mich in Spiele, die ich echt gerne mag, auch richtig "reinknie" - also alle Secrets suche, jedes Gespräch führe, Wikis und Bücher lese, falls vorhanden, und vielleicht mal ein bisschen Merch wie Taschen oder Ähnliches kaufe. Aber das würde ich alles noch als normal einstufen, wenn man bedenkt, dass es sich hier um ein intensiv ausgelebtes Hobby handelt. Schaut doch nur mal den typischen HSV- oder München-Fan von nebenan an. Womit ich mich aber noch länger beschäftige als mit Videospielen sämtlicher Art, sind Manga und Anime.

Dieser Beitrag wurde erstmals am 29.5.2012 veröffentlicht.


Man muss dazu sagen, dass ich vergleichsweise spät dem Gaming verfallen bin, besser gesagt erst spät die Möglichkeit dazu hatte. Ich war damals aber auf einer Ganztagsschule, an welcher die Schüler ab einer bestimmten Klasse Arbeitsgemeinschaften anbieten konnten, welchen man sich dann während der Mittagsfreizeit anschließen konnte. So geriet ich schon im zweiten Halbjahr der fünften Klasse an die Manga AG. Wie hat man sich das vorzustellen? Die Leiterin, und wer auch immer wollte, brachte einen Haufen Mangas mit und dann saß man rum und las. Natürlich nicht nur, manchmal wurde auch ein Anime gesehen, wenn die Leiterin einen Fernseher organisieren konnte. Da wurde dann aber auch nicht Dragonball oder so gesehen, sondern so was wie Blue Submarine No. 6, Spriggan oder Samurai X (wo wir dann alle den Mund halten mussten, weil die nicht unbedingt für unser Alter geeignet waren. *hüstel*). Ab und an gab es einen Zeichenwettbewerb oder die Leiterin erzählte von Messen, auf der sie war - aber die meiste Zeit hat der Großteil leise vor sich hingelesen oder gezeichnet. Weil man aber natürlich auf Animexx (lol) angemeldet war, wusste man, dass da draußen noch viel mehr schlummert. Abgründe, wenn man so sagen möchte.

Ich selbst habe mich dann irgendwann von den anderen Fans distanziert. Besonders, da mich sowieso meist nichts in solchen Online-Communities hält und sich die Manga AG nach ganzen sechs Jahren aufgelöst hatte, da die Leiterin die Schule verließ. Trotzdem hielt ich natürlich an meinem Hobby fest, auch wenn es viel Zeit ans Gaming abdrücken musste. Aber kommen wir jetzt zum springenden Punkt: Wie ihr seht, habe ich eine etwas längere Historie, was Mangas angeht. Ich lese auch immer noch einige, schaue aber noch viel mehr Animes. Meist den Kram, der genau jetzt in Japan läuft, da mir diese Endlosserien, die im deutschen Fernsehen ausgestrahlt werden, ziemlich auf den Sack gehen. Zudem ist die Synchronisation meist unaushaltbar. Was ich alles so gesehen habe, kann ich schon gar nicht mehr sagen. Trotzdem hasse ich es meist, mich mit Leuten zu unterhalten, die mein Hobby teilen. Nicht selten fremdschäme ich mich sogar für sie. Na, was heißt hier nicht selten - fast immer. Es geht hierbei allerdings um die "Hardcore-Fans". Ich hasse es, wie sie japanische Worte in ihren Sprachgebrauch einbauen - wie etwa alles auf einmal kawaii ist. Klar, ich hänge auch manchmal ein "-chan" irgendwo ran, aber meist nur im scherzhaften Umgang mit Leuten, die wissen, was gemeint ist. Nie im Leben würde ich auf die Idee kommen, das im normalen Sprachgebrauch mit anderen Leuten zu verwenden. Auch würde ich niemals auf die Idee kommen, jedem mein Hobby unter die Nase zu reiben, der den Fehler macht sich anmerken zu lassen, dass er nicht weiß, was gemeint ist, wenn ein japanisches Wort benutzt wird.

Auf der anderen Seite aber unterhalte ich mich verdammt gerne mit Gamern über Spiele und alles, was dazu gehört. Stundenlang sitze ich dann mit Vorliebe da und rede mit Leuten über alles Mögliche. Auch wenn dann z. B. der Companion-Cube so extrem gehyped wird, Leute mit Spiele-T-Shirts rumlaufen und sie mit Insidern nur so um sich werfen (außer "Arrow in the Knee".) - stört mich überhaupt nicht. Aber warum ist das so? Warum würde ich jedem Anime-Fan für genau dasselbe am liebsten auf die Fresse hauen? Okay, vielleicht nicht für das T-Shirt, obwohl es da auch stark drauf ankommt. Irgendwann wurde mir dann langsam klar, warum: Wenn ein Gamer sich ein T-Shirt anzieht und Zitate bringt, so zelebriert er das Spiel. Die meisten Anime- und Manga-Fans zelebrieren Japan. Um genau zu sein, Japans Kultur. Mit seinem Sushi und den Kimonos und natürlich sind alle in Japan Visual-Kei-Anhänger und lieben Cosplay. Ich hasse diese Leute so, weil sie offensichtlich etwas feiern, das sie nicht kennen und verstehen.

Was sie tun, möchte ich in einem Gleichnis zeigen: Ein Japaner mag Mercedes. Mercedes kommt aus Deutschland. Und da der Japaner Mercedes wirklich gerne mag und es für das beste Auto der Welt hält, möchte er gerne leben wie ein Deutscher. Er färbt sich also seine Haare blond und zieht sich Lederhosen an. Außerdem ernährt er sich nur noch von Brezeln und Weißwurst, die er falsch zubereitet und mit Sojasoße isst. Trotzdem ist das natürlich voll deutsch. Getrunken wird im übrigen auch nur noch Bier. Alles, was er an Deutsch kann, hat er aus der Gebrauchsanweisung für seinen Mercedes, und das verwendet er ständig. "Wie geht es ihnen heute, Herr Sakamoto?" "Keilriemen ^_____^" Und das ist es, was mir so in der Seele wehtut. So sehr, dass ich anderen wehtun möchte.

An Gaming hängt (generell) nicht die Kultur eines ganzen Landes, das die Fans nicht verstehen. Besonders da man die Medien auch genießen kann ohne zu glauben ein Japaner zu sein. Ja, sogar ohne sich großartig damit auseinander zu setzen. Und wenn, dann wenigstens ordentlich. Japan ist wohl auch das letzte Land (der "zivilisierten" Welt), in das ich ziehen wollen würde. Und jedem, der hier lebt, besonders der, der es unbedingt will, weil er Animes so sehr liebt, würde es genau so gehen, wenn er sich mal ernsthaft mit der Kultur des Landes auseinandersetzen würde. Natürlich gibt es auch nervige Gamer. Aber das sind dann Menschen, die sowieso schon nervig sind. Soll es ja geben.

Auch Ihr - Jozu

Kommentare

Remainaery
Gast
30. Mai 2012 um 13:27 Uhr (#1)
Gut, dass es nicht nur mir so geht.

Schmerzlich ist allerdings, dass es die Leute aus deinem Gleichnis ja auch tatsächlich gibt - von amerikanischen Hardcore-Rammstein-Fans hin zu den Leuten (davon oft wohl nicht wenige aus Fernost) mit Fetisch für gewisse deutsche Uniformen.

Und Baumkuchen.
http://www.juchheim.co.jp/
(Aber das seh ich ein. Das komische Fruchtsaftteehaus in Düsseldorf, mit den Weingummis, die nicht durch den Strohhalm passen und Backlash produzieren, mag ich schließlich auch.)
Rian
30. Mai 2012 um 16:29 Uhr (#2)
Ich habe einmal Bubble Tea getrunken und ich konnte mich damit nicht anfreunden. Es war immer so: "Boah, ok, erst mal genug gegessen, ich würde jetzt auch gerne mal wieder etwas trinken." *langsam saug, damit keine Weingummis kommen* *schlonk* *seufz* *kau*
Haris
31. Mai 2012 um 14:15 Uhr (#3)
Wer Weingummi in seinen Bubble Teas hat ist UNTRVE! Tapioca ist das einzig Wahre.
SushiCat
31. Mai 2012 um 18:10 Uhr (#4)
Kiddo. Ich glaube die meinen damit Tapioka.
Rian
31. Mai 2012 um 23:48 Uhr (#5)
Ich glaube, du hast recht.
Haris
31. Mai 2012 um 23:51 Uhr (#6)
Von der Konsistenz her sind die ganzen Jelly-Dinger, die einem hier als Tapioca-Alternative angedreht werden, weil "Tapioca aus ist", auf jeden Fall um einiges näher an Weingummi. Und von den Farben auch.
Kristin
01. Juni 2012 um 10:58 Uhr (#7)
So schnell wird aus einer Diskussion um "trve", nervige Animefans eine Diskussion über "trve" Bubble-Tea Worship, und schon kriegen die "Noobs" ordentlich eins auf den Deckel, weil sie Weingummi nicht von Tapioka unterscheiden können. :D Dieser ganze Bubble-Tea-Hype ist komplett an mir vorbeigegangen, aber nachdem ich auf ein Video zum Selbermachen gestoßen bin, ist mir der Appetit schon ein bisschen vergangen:

http://www.youtube.com/watch?v=PlgxqFnNci4 ;)

Was das EIGENTLICHE Thema angeht, so sehe ich jetzt nicht einen so riesigen Unterschied darin, ob Gamingfans ihre Lieblingsspiele als "AWSOME!!!" oder Animefans ihre Animes als "kawaii :3 :3 :3" bezeichnen... BEIDE Begriffe sind nicht den Diskussionen über Games und Animes vorbehalten, sondern finden Eingang in die Alltagssprache.

Was ich aber ironisch finde ist, dass deutsche Animefans teilweise so ultra begeistert von der japanischen Kultur begeistert sind, dass sie sogar Japanologie studieren oder so,OBWOHL andersherum die japanischen Animeproduzenten selten wert darauf legen, dass ihre Animes auch als -ultra japanisch- begriffen werden. Immer hin sehen in bestimmt 90% der Animes die Protagonisten NICHT wie Japaner, sondern wie Europäer aus. O.o
Rian
02. Juni 2012 um 23:03 Uhr (#8)
Kawaii hält Einzug in die Alltagssprache? Oh gott...
Kristin
03. Juni 2012 um 12:07 Uhr (#9)
Wenn man Jozu Glauben schenken kann, dann ja: "Ich hasse es, wie sie japanische Worte in ihren Sprachgebrauch einbauen - wie etwa alles auf einmal kawaii ist." :D
Rian
03. Juni 2012 um 12:24 Uhr (#10)
Naja, das ist ja deren Sprache. Im Gegensatz zu japanisch entliehenen Worten ist der Einzug der Anglizismen ja schon längst gelaufen und Worte wie "awesome" sind keineswegs den Gamern vorbehalten. Die englischen Worte werden ja zumindest auch irgendwie "richtig" eingepflegt, während man beim Japanischen wegen fünfundzwanzig verschiedenen Höflichkeitsformen sehr viel schneller Fehler macht, darum "Die haben keine Ahnung, wovon sie da reden." xD
Gast
26. April 2024 um 05:05 Uhr
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