Yo-Kai Watch im Test

(Artikel)
Benjamin Strobel, 16. Mai 2016

Yo-Kai Watch im Test

Ist das der neue Pokémon-Killer?

Ist Yo-Kai Watch das neue Pokémon? Das hört man zumindest aus Japan. Dort ist bereits der zweite Teil der neuen Monster-Serie erschienen. Es hat alles, was auch Pokémon erfolgreich machte: vom Monstersammeln übers Trainieren und Entwickeln bis hin zum eigenen Anime mit einem iknonischen Maskottchen. Jetzt kommt das erste Spiel auch nach Deutschland.

In der japanischen Mythologie sind Yokai so etwas Ähnliches wie Geister oder Monster. Einige helfen den Menschen, andere sind böswillig und eher mit Dämonen zu vergleichen. In den Legenden wie auch in Yo-Kai Watch dienen die Monsterchen als Erklärung für allerhand Phänomene des Alltags. Streiten sich die Eltern, liegt das weniger an ihnen als an einem böswilligen Yo-Kai, der eifersüchtig auf ihr Glück ist. Und vergisst jemand seine wichtigen Unterlagen am Bahnsteig, dann hat der Yo-Kai Anmesion wohl etwas Schabernack getrieben.

Normalerweise kann man diese übernatürlichen Wesen nicht sehen, was es ihnen sehr leicht macht, die Menschen zu ärgern. Als Hauptfigur (Junge oder Mädchen, ihr entscheidet) habt ihr das große Glück, Yo-Kai sehen zu können. Vor allem hilft euch die namensgebende Uhr dabei, versteckte Yo-Kai zu identifizieren. Zusammen mit eurem selbsternannten Yo-Kai-Butler Whisper kümmert ihr euch um allerhand Monsterprobleme und freundet euch mit vielen von ihnen. Wie bei Pokémon könnt ihr Yo-Kai sammeln und mit ihnen gegen andere kämpfen.

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Die Story ist nicht allzu tiefgründig, wird aber sehr charmant präsentiert. Statt einer großen Weltrettung gibt es viele kleine Episoden, die etwas über die Yo-Kai-Welt erzählen und auch gern mal neue Charaktere einführen. Dabei hat das Spiel große Überschneidungen mit dem zugehörigen Anime, bietet aber auch ein paar neue Geschichten. Das Episodenformat ist sehr erfrischend, weil es das Spiel in angenehm kurze Abschnitte gliedert. Bevor man dann wieder in die nächste Episode einsteigt, hat man natürlich die Möglichkeit, sich frei durch die Stadt zu bewegen. Orte zu erkunden und Nebenaufgaben zu erledigen. Gibt es irgendwo Ärger, dann steckt meistens ein Yo-Kai dahinter, dem man das Handwerk legen muss.

Wenn ihr durch die Stadt geht, werden euch die Yo-Kai in der Regel nicht anspringen. Stattdessen müsst ihr nach ihnen suchen. Auch hier hilft wieder die Uhr: am Bildschirmrand zeigt sie euch an, ob ein Yo-Kai in der Nähe ist. Um ihn sichtbar zu machen, müsst ihr dann mit eurer Uhr die Umgebung absuchen. Dazu könnt ihr mit dem Stylus über den Touchscreen fahren - wie unter einem magischen Lupenglas kommen die Monster zum Vorschein und müssen mit dem Stylus eine Weile verfolgt werden, bis sie sich zum Kampf stellen. So könnt ihr euch Geld, Items und Erfahrungspunkte für die eigenen Yo-Kai verdienen. Pokébälle könnt ihr leider nicht werfen. Stattdessen müsst ihr Glück haben, dass ein Yo-Kai sich nach dem Kampf mit euch anfreunden möchte.

Um eure Chancen zu verbessern, könnt ihr sie mit Items füttern. Allerdings hilft das nur, wenn ihr den Monstern auch ihre Lieblingsspeise zuwerft. Die richtige Speise zu identifizieren kann ein ziemlicher Schmerz im Arsch sein, vor allem wenn man noch nicht alle Speisen hat und erfolglos herumprobiert. Und selbst mit dem richtigen Item ist eine neue Freundschaft nicht garantiert. Hier ist die Zufallskomponente so hoch, dass es frustrierend wird, wenn man einen ganz bestimmten Yo-Kai haben möchte. Nur Guides können Trial and Error hier etwas reduzieren.

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Auch an die Kämpfe in Yo-Kai Watch muss man sich erst gewöhnen. Die ersten Spielstunden sind ernüchternd, da man feststellen muss, dass man den Kampf nicht direkt kontrollieren kann. Während ihr bei Pokémon eine Attacke auswählt, die euer Monster nach Möglichkeit sofort in die Tat umsetzt, handeln Yo-Kai autonom. Mit anderen Worten: sie tun, was sie wollen. Das Spiel erklärt leider sehr schlecht, wie sich das Verhalten eurer Yo-Kai im Kampf besimmt. Tatsächlich diktiert ihr Charakter, welche Aktionen sie im Kampf bevorzugen. Wenn ihr wisst, was welcher Charakter tut, könnt ihr euer Team gezielt zusammensetzen. Auch hier ist man leider auf Guides angewiesen, da man die Infos aus dem Spiel nur mühsam zusammensetzen kann.

Wie in der Vorbereitung seid ihr auch im Kampf mit Management beschäftigt. Euer Team umfasst bis zu sechs Yo-Kai, die in einem Rad angeordnet sind. Kämpfe werden immer drei gegen drei ausgetragen. Ihr habt dabei die Möglichkeit, über den Touchscreen das Rad zu drehen, um andere Yo-Kai in den Kampf zu holen oder Items einzusetzen. Ihr müsst dort auch die Energieleisten eurer Monster im Auge behalten und geschwächte Monster heilen oder aus dem Kampf holen. Haben sie durch Aktionen im Kampf genug Ultiseelkraft aufgeladen, kann man auch gezielt einen Ultiseel-Angriff mit ihnen starten. Diese besonderen Angriffe machen sehr viel Schaden oder bringen nützliche Buffs. Anders herum kann es auch passieren, dass eure Yo-Kai von Gegnern beseelt werden und negative Statuseffekte erhalten. Dann könnt ihr sie über den Touchscreen wieder heilen. Für diese Seelenreinigung und für den Ultiseel-Angriff müsst ihr Minispiele gewinnen, indem ihre beispielsweise mit dem Stylus schnell im Kreis dreht. Das alles passiert auf dem unteren Bildschirm, sodass man eine Menge Zeit dort verbringen muss. Leider verpasst man dabei die großartigen Kampfanimationen auf der oberen Hälfte.

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Die Animationen und das Design der Figuren sind durchweg stimmig und an einigen Stellen sogar Pokémon eine Nasenlänge voraus. Herausragend sind dabei die zahlreichen Details in der Spielwelt, die mich selbst nach dutzenden Spielstunden immer wieder begeistern konnten. Das Haus der Spielfigur hat beispielsweise eine sinnvolle Zimmeraufteilung inklusive Bad und Küche. Verlasst ihr das Haus, schlüpft eure Figur beim Rausgehen elegant in ihre Schuhe. Regnet es draußen, haben alle Figuren Kapuzen und Schirme. Und fährt man bei Nacht mit dem Rad, hat man dabei natürlich auch das Licht an. Es gibt sogar Ampeln, bei denen man den Schalter drücken kann, damit sie grün werden. Man kann zwar auch über rot gehen, aber dann beschwert sich das Spiel ein bisschen. Die vielen Kleinigkeiten machen Yo-Kai Watch liebenswert und symapthisch. Der Humor des Spiels signalisiert dabei auch schnell, dass es sich selbst nicht allzu ernst nimmt.

Einen großen Teil des Spiels verbringt ihr in der Stadt. Außerhalb der Stadtmauern gibt es nur wenige Orte, aber das tut der Abwechslung keinen Abbruch. Egal ob Wald, Höhle oder Seitengasse, die Dungeons in Yo-Kai Watch sind sehr gut designt. Mal muss man mit alten Loren über Schienen fahren, mal Seile hinauf klettern und Löcher nach unten fallen, ein anderes mal teleportieren. Die meisten Ideen sind clever, sodass man sich jedes Mal freut, wenn man einen neuen Dungeon betritt. Dabei ist es eine echte Wohltat, dass nicht alle fünf Schritt eine Zufallsbegegnung das Rätseln unterbricht. Stattdessen sind umherwandernde Yo-Kai offen sichtbar und können fast immer auch umgangen werden. Und will man gezielt trainieren, rennt man einfach hinein. Das hat mir persönlich deutlich besser gefallen als Pokémons Zufallskämpfe.

Besonders gelungen sind die veschiedenen Bosskämpfe, die häufig am Ende eines Dungeons warten. Hier muss man in den richtigen Momenten bestimmte Stellen des Feindes angreifen, um ihm Schaden zu machen. Die mächtigen Boss-Yo-Kai kann man jedoch leider nicht befreunden.

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Insgesamt ist Yo-Kai Watch kein schwieriges Spiel. Man kann es mühelos durchspielen ohne sich viel mit der Strategie und dem Charakter seiner Yo-Kai zu beschäftigen. Erst wenn man online gegen menschliche Gegner antritt, macht es einen Unterschied, wie euer Team zusammengesetzt ist und ob eure Yo-Kai die richtigen Techniken einsetzen. Es scheint allerdings nicht die Tiefe eines Pokémon zu bieten, sodass ich nicht glaube, dass es eine so große kompetitive Szene entwickeln wird, wie das Spiel mit der gelben Ratte. Das Sammeln der zahlreichen Monster hat auf lange Sicht größeres Potential, weil es der deutlich schwierigere Teil des Spiels. Einige Yo-Kai müssen sogar miteinander fusioniert werden, um neue Monster zu erhalten. Die hohe Zufallskomponente beim Befreunden von Yo-Kai macht die Monsterjagd allerdings anstrengend und frustrierend.

Grafik, Sound und die gesamte Präsentation des Spiels sind allerdings so gut, dass es trotz frustiger Elemente großen Spaß macht, in die Welt von Yo-Kai Watch einzutauchen. So stößt es Pokémon wohl nicht vom Thron, bietet aber eine tolle Alternative für Monsterjäger und -sammler. Ben

Yo-Kai Watch wurde auf dem Nintendo 3DS getestet. Ein Testmuster wurde uns von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Yo-Kai Watch

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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RELEASE
29. April 2016
PLATTFORM
Nintendo 3DS
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