Ich stand zu meinem Wort. Gleich am nächsten Morgen, nachdem ich den guten Anzug entstaubt und mich auf ein besseres Leben mit einer besseren Einstellung zum Inhalt meiner Artikel eingestimmt hatte, ging ich arbeiten und dachte nicht ein einziges mal an das DPad. Als ich dann abends wieder im fremden Heim war, schmiss ich aus Gewohnheit Steam an, um Dan beim DOTA-2-Spielen verbal zu belästigen. Da sah ich es dann: Long Live The Queen! Dieses Spiel lächelte mich bei gog.com schon ein mal an, aber ich vergaß es. Nicht dieses Mal! Nicht, wenn ich Artikelmaterial brauche, welches man problemlos auf einem Netbook spielen kann! Außerdem: Seht euch den Header an! Eine süße Anime-Prinzessin, welche offensichtlich gerade durch Tentakel ums Leben kam. Wie kann ich das Spiel nicht besitzen wollen?


In Long Live The Queen spielt man Elodie, die Prinzessin des Landes Nova. Elodies Mutter ist kürzlich durch ungeklärte Umstände ums Leben gekommen, was bedeutet, dass die kleine Dame bald Königin wird. An ihrem 15. Geburtstag, welcher vom Start des Spiels noch 40 Wochen entfernt liegt. Was macht man als Spieler in dieser ganzen Zeit? Nun ja, da es sich bei Long Live The Queen um eine Visual Novel im weitesten Sinne handelt, mit so... Life-Simulation-Aspekten, liest man hauptsächlich.
Aber ich erkläre noch mal genauer (dafür seid ihr ja auch hierher gekommen). Elodie hat verschiedenste Statuswerte. 42 verschiedene, um genau zu sein. Diese sind in 14 Überkategorien unterteilt, welche noch mal auf vier Überkategorien verteilt sind. Am Anfang einer Woche muss Elodie sich entscheiden, welche zwei der 42 Skills sie vertiefen möchte. Diesen wird sie sich dann die ganze Woche widmen. Wie gut sie etwas lernt, ist aber auch von ihrer Laune abhängig und davon, wie gut sie schon in anderen Skills der Gruppe ist. Nachdem man dann schön sehen konnte, wie gut sie denn jetzt geworden ist (in einer Tabelle), darf man sich eine Aktivität für das Wochenende aussuchen. Diese Aktivitäten beeinflussen dann Elodies Laune und können gezielt eingesetzt werden, um beste Lernvorraussetzungen zu schaffen. So kann sie zum Beispiel viel besser lernen, wie man mit Waffen umgeht, wenn sie zornig ist. Einige Aktivitäten werden aber auch erst dann freigeschaltet, wenn man bestimmte Skills auf einem bestimmten Level hat. Und es gibt auch Aktivitäten, die abhängig von Elodies Laune andere Auswirkungen haben können. Also ja, es gibt verdammt viel, auf das man achten kann und sollte.

Aber man lernt und aktivitiert ja nicht nur die ganze Zeit vor sich hin, oder? Wofür bräuchte man denn sonst die Skills? Nein, macht man natürlich nicht. Nach fast allen Wochen kommen auch mehr oder weniger große Storyschnipsel, in denen man sich mit Elodie und den Geschehnissen um sie herum auseinandersetzt. So kommt zum Beispiel gleich in der ersten Woche die Verwandtschaft zu Besuch und entscheidet eine Weile zu bleiben. Oder es kommen Leute ins Schloss, welche Hilfe bei der baldigen Königin suchen. Familienfeste stehen an. Krieg bricht aus. Alles, womit sich die Herrscherin halt auseinandersetzen muss!


Und die Skills? Na ja. Es kommen halt diese Events und Gespräche. Und an vielen Punkten würde dann ein Gamemaster in einer Rollenspielrunde sagen: "Mach mal einen Check auf ." Und man würde tun. Und von dem Check abhängig würde es dann weitergehen. GENAU SO ist es hier auch. Nur, dass man nicht würfelt. Der Wert muss halt über einem Grenzwert liegen. Wo dieser ist, wird einem nicht gesagt. Man kriegt nur Meldung, ob es geklappt hat oder nicht.
Meine erste Elodie hatte, paranoid wie ich herangegangen bin, erst mal viel Zeit in Reflexe, Intrigen, Giftkunde und Ähnliches investiert, damit sie auch ja nicht irgendwelchen Attentätern anheimfällt! Später kamen dann noch die Manieren am Hof dazu und was man nicht alles braucht, um sich bei den anderen Adeligen zu beweisen. Und so navigierte sie sich durch ihr Leben, bis sie dann entschied, ihre Freundin an einem fernen Hofe zu besuchen - zwecks Geburtstagsparty. Ihre Reflexe mögen zwar recht hoch gewesen sein, aber leider hatte sie keine Ahnung von Bögen und Armbrüsten. Also erkannte sie ein gewisses zischende Geräusch nicht rechtzeitig und erlag einer durchbohrten Lunge. Dabei hatte sie sich so auf die Feier gefreut! Laden. Keine Party. Keine Reise. Kein Pfeil. Elodie überlebte dank ihres ausgeprägten Wissens um Gifte noch einen Anschlag mit vergifteter Schokolade und führte ansonsten bis zu Ihrer Krönung noch ein recht freudloses aber sicheres Leben.

Und da hatte ich echt Glück für meinen ersten Playthrough, denn man kann sich seine Werte echt SO verbauen, dass einige Tode einfach nicht zu umgehen sind. Das merkte ich dann nur allzu sehr, als ich meine nächsten Prinzessinnen startete. Denn man möchte ja möglichst viel von dem Spiel sehen! Und es gibt auch wirklich viel zu sehen, und SEHR unterschiedliche Pfade, je nachdem, wie Elodie geskillt wird und was für Entscheidungen man trifft. Es gibt nämlich nicht einfach nur die Skills, sondern vieles, was man tut oder nicht tut, selbst wenn man es nicht entscheiden kann, sondern es für einen aufgrund fehlender Kenntnisse entschieden wird, hat Einfluss auf das Ansehen der Königin beim Volk und beim Adel. Schönes Beispiel dafür ist ein anderer Pfad, den ich einschlug. Ziemlich früh im Spiel taucht eine Magierin vor den Toren auf, welche man wegschicken, verhaften oder ins Schloss holen kann. Die Magierin hat auch mit Elodies Mutter zu tun gehabt, weshalb der Vater sie nicht so gerne da hat. Einer der Gründe, warum ich sie bei meinem ersten Playthrough wegschickte. Diesmal aber nicht. Die Magierin wird ins Schloss geholt, am Wochenende redet man mit ihr über Magie und irgendwann nach einem Event wird Magie für Elodie als Skill freigeschaltet. Bis es soweit war, hat die kleine Prinzessin die Kunst des Krieges und der Strategie meistern dürfen, sowie den Umgang mit Waffen, Pferden und allgemeine körperliche Fähigkeiten. Das führte dann aber auf der anderen Seite dazu, dass sie keine Ahnung vom Umgang mit dem Adel, inneren Angelegenheiten oder den Bedürfnissen des Volkes hatte. Und so mobilisierten einige abtrünnige Adlige eine kleine Armee, um die Bald-Königin zu stürzen. Welche jedoch sehr schnell durch Elodies mächtige Magie und das unglaubliche strategische Genie niedergeschlagen wurde. Ein feindliches Land kommt mit einer gigantischen Flotte über das Meer? Wie wäre es, wenn ich die Flotte einfach mit Magie im Meer versenke? Klingt gut? Okay! Wie, das Volk rebelliert eine Woche vor meiner Krönung? Na ja, dann muss ich halt ein paar Feuerbälle aus dem Fenster werfen, um sie einzuschüchtern. Die Leute waren nicht sehr glücklich mit ihrer neuen Königin, aber ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass sie diesen Platz sonderlich schnell aufgeben wird.


Ich hatte meinen Spaß mit Long Live The Queen. Ich hatte sogar viel Spaß. In dem Spiel steckt viel Liebe, es gibt immer wieder neue Pfade oder Optionen zu entdecken und man kann je nachdem, wie man spielt, auch viel über das Land und seine Geschichte herausfinden. Auch über die Umstände des Todes der Königin. Aber Long Live The Queen ist trotzdem recht speziell. Man muss auf solche Spiele schon stehen. Auf das Jonglieren mit Tabellen, Stats, ewiges achten auf die Laune, Quicksaven, Quickloaden und viel lesen. Dafür kann man aber auch alles, was man schon mal gesehen hat, in späteren Durchläufen überspringen. Aber das ist ja bei der Art von Spiel schon Standard. Sollte es zumindest sein! Joshua