Red Dead Redemption

(Artikel)
Benjamin Strobel, 27. Mai 2010

Red Dead Redemption

Der Wilde Westen lebt

Red Dead Redemption, der Open World-Western. Davon gibt es viel zu wenige! Wie in jedem Western geht es um die Geschichte eines Mannes. John Marston, ehemals Gesetzloser, jetzt aber im Auftrag der Regierung unterwegs. Die Narben in seinem Gesicht erzählen bereits Geschichten über seine Vergangenheit. Nichtsdestotrotz präsentiert er sich auch als Familienvater, einsamer Cowboy und als völlig neuer Mann.

Doch seine Vergangenheit hat ihn noch nicht losgelassen. Die Regierung beauftragte ihn damit, seine ehemaligen Gang-Mitglieder Bill Williamson und Javier Escuela zu finden und aus dem Verkehr zu ziehen. Als kleine Motivation halten sie seine Frau und seinen Sohn gefangen. Macht aber nichts, Marston sowieso noch eine persönliche Rechnung mit ihnen offen: Als der letzte gemeinsame Coup geplatzt war, ließen sie ihn verletzt zurück. Leider muss John erkennen, dass er nicht ganz allein gegen seine ehemalige Gang aufmarschieren kann. Jeder Held hat seine Grenzen, also braucht er Hilfe. Doch dazu muss er sich erst mal neue Freunde verdienen.


Bei allem, was man als John Marston so tut, hat man stets die Wahl zwischen dem ruppigen Pfad des Gesetzlosen, ganz ohne Rücksicht auf Verluste, und den häufig beschwerlicheren, ehrlichen Pfad - was in der Regel dennoch Tote bedeutet. Oft bietet sich jedoch die Möglichkeit, Räuber und andere Ganoven mit dem Lasso zu fangen und als Päckchen gut zusammenzuschnüren, anstatt ihnen gleich das Hirn aus dem Schädel zu ballern. Für lebend gefangene Banditen gibt es auch größere Belohnungen. Auf der anderen Seite birgt dieses Vorgehen gewisse Risiken. Hier ein Beispiel: Ich jage einen Kleingangster und möchte natürlich das große Kopfgeld für den lebenden Lumpen. Er hat nur drei Gefolgsleute, die ich mit gezielten Kopschüssen ausschalte. Als er merkt, dass seine Kollegen tot im Sand liegen, ergreift er die Flucht. Fies wie ich bin, schieße ich ihm ins Bein. Bloß nicht töten! Er fällt hin und kriecht weiter. Ich male mir in Gedanken schon aus, wofür ich meine 250 Dollar ausgeben werde - da zieht der sich an seinem Pferd hoch und gallopiert davon! So ein Ärger. Ich also hinterher und pflücke ihn mit dem lasso von seinem Ross. Aus Panik, dass er wieder Reißaus nimmt, verschnüre ich ihn sofort und packe ihn auf mein Pferd. Das dauert einen Moment, da erscheinen plötzlich drei Outlaws auf der Bildfläche. Um die muss ich mich kümmern, denn falls sie mich verfolgen, könnte ein Querschläger mein teures Packet versehentlich töten und so den Wert drastisch mindern! Also erledige ich erst die Banditen. Leider bekommt mein Pferd von den Schüssen einen Schrecken (vielleicht wurde es auch getroffen) und reitet davon. Mit meinem Kopfgeld! Ich schnappe mir also ein Pferd der Banditen und reite hinterher. Weil mein Pferd aber nicht zu stoppen ist, muss ich es töten. Mein Päckchen schimpft zwar lauthals, aber ihm ist nichts passiert. Ich lagere ihn also um und reite schnell zum Shriff, diesmal hat's auch geklappt.

Das hätte ich auch machen können - aber das hätte den Banditen vermutlich getötet.

Ihr seht, dass es nicht gerade der leichteste Weg ist, wenn man auf der guten, ehrenhafte Seite spielt. Ein schneller Schuss in den Kopf hätte meine Odyssee um zehn Minuten verkürzt - wenn man das Kopfgeld dann auf Zeit umrechnet, hätte sich das auch locker gelohnt. Auf der anderen Seite wird man vom internen System für seine Taten belohnt: Tut man Gutes, steigt der Wert Richtung ehrenhaft, läuft man herum und töten Menschen, landet man schnell auf der unehrenhaften Seite. Zudem erlangt man durch sein handeln - ob ehrenhaft oder nicht - Berühmtheit. Beides hat Einfluss auf das Gameplay, jedoch nicht auf den Story-Verlauf. Ist man besonders ehrenhaft, wird man auch mal von einfachen Leuten angesprochen, die Hilfe suchen. Auf der anderen Seite wird man umso stärker von den Outlaws gehasst, die häufiger Streit suchen werden. Es kann sein, dass man auf dem Ritt zur nächsten Stadt überfallen oder auch von anderen zum Duell herausgefordert wird.
Bewegt man sich auf dem unehrehften Pfad, lassen einen die Banditen in Ruhe, dafür wird man von den meisten Stadtbewohnern nicht gemocht. Die Berühmtheit beeinflusst insgesamt, wie häufig man (random) angesprochen oder angegriffen wird.

Das Fangen und Zähmen von Wildpferden - eine der vielen Aufgaben eines Cowboys.

In der riesigen Welt von Red Dead Redemption kann man jede Menge erleben. Die Story frisst rund zwanzig Stunden, wenn man geradewegs durchrennt. Da es jedoch überall noch viel mehr zu entdecken gibt, wird das kaum ausreichen. In Städten gibt es beispielsweise die Möglichkeit, Glücksspiel zu betreiben. Poker, Blackjack und Hufeisenwerfen sind da nur der Anfang. Im Laufe des Spiels kommen immer weitere Möglichkeiten hinzu, seine sauer verdiente Kohle in den Sand zu setzen. Der Schwierigkeitsgrad dieser Minigames ist jedoch recht hoch. Je höher der Wetteinsatz, desto mehr werden dich auch die NPCs anstrengen und deutlich besser spielen als bei niedrigen Einsätzen. Wem das alles zu blöd ist, der kann auch verschiedene Jobs annehmen. Auf der ersten Farm kann man beispielsweise als Nachtwächter die Augen nach Ganoven Ausschau halten und am Morgen die Belohnung einheimsen. Wer Pferdediebe aufhält, wird ebenfalls gut entlohnt. Manchmal werden sogar Frauen auf offener Strasse verprügelt - welcher Gentleman würde da einfach wegsehen?

Wenn man knapp bei Kasse ist, kann sich so ein Überfall schonmal lohnen!

Auf den Reisen durch die Steppe wird einem die Lebendigkeit des Spiels richtig bewusst. Die Welt ist glaubwürdig und graphisch sehr beeindruckend. Besonders der Himmel ist sehr facettenreich: Sonnenauf- und untergänge schillern bunt, Wolken ziehen vorüber. Manche Nächte einfach nur schwarz, andere sind völlig klar und zeigen den Sternenhimmel. Der Mond nimmt ab und zu und natürlich gibt es Wetter! Bei Regen sammeln sich Pfützen am Boden, es blitzt und donnert. Nebelschwaden ziehen auf. Es gibt sogar Gebiete, die mit Schnee bedeckt sind! In der Abendsonne werfen die Berge und Canyons riesige Schatten über das Land und manchmal ist die Sonne so grell, dass sie blendet. Überall laufen, fliegen und kriechen wilde Tiere, Wanderer schlagen ihr Lager auf, andere reiten eilig in die nächste Stadt. Menschen und Gesichter sind toll animiert und die Sprachausgabe (nur auf englisch!) ist ein Genuss.


Hier und da trifft man auf schießwütige Halunken. Manchmal wird man selbst zum Opfer, doch häufig werden auch andere Reiter und Kutschen angegriffen, dessen Fahrer dann um Hilfe rufen. In den richtigen Gebieten trifft man auch Jäger, die manchmal Challenges bereithalten ("Schieß fünf Vögel aus der Luft!"). Mit etwas Glück trifft man auch auf Schatzsucher, die einem (mehr oder weniger freiweillig) ihre Karte überlassen. Leider sind die Schätze gut versteckt und die Karten eher mies. Einen Schatz zu bergen ist also gar nicht so einfach. Aber vielleicht möchte man auch lieber Blümchen pflücken oder Hasen jagen. Viele Tätigkeiten aktivieren Challenges dieser Art, die wiederum bei Erfüllung belohnt werden. Man kann allein Stunden damit verbringen, diese Herausforderungen zu lösen oder Fremden in Not zu helfen.

Boom! Wie es sich gehört explodieren Fässer, wenn man auf sie schießt.

Waffen sind im wilden Westen lebenswichtig. Es gibt ein Kreismenü im Spiel, mit dem man die verschiedenen Wummen auswählen kann. Natürlich kann man auch verschiedene Typen derselben Klasse finden, sodass man sich im Laufe noch verbessern kann. Gewehre, Pistolen, Shotguns - alles ist dabei! Die Waffen besitzen Stats bezüglich der Reichweite, Durchschlagskraft (etc.), sodass man je nach Situation auswählen kann, was jetzt angebracht ist. In Shops lassen neue Waffen und Munition kaufen, manchmal gibt es auch besondere Extras, die z.B. die Magazingröße anheben.

Auch Messer und das bereits angesprochene Lasso fehlen natürlich in keinem Equipment eines echten Cowboys! Außerdem führt Marston stets alles Nötige mit sich, um in freier Wildbahn ein Lagerfeuer aufzubauen. Das ist sehr wichtig, da man nur dort oder Städten speichern kann. Außerdem regenriert es Munition und ermöglicht Quick-Travel zu allen bekannten Orten. Marstons Inventar lässt sich zudem mit allerlei nützlichen Kleinigkeiten füllen: Äpfel für Stamina des Pferdes oder Medizin für Marston, die sofort die Lebensenergie regeneriert. Eine echte Lebensanzeige gibt es allerdings nicht, sondern nur den rot pulsierenden Bildschirm, von dem man sich langsam erholt. Pferde besitzen Stamina, damit man nicht ohne Beschränkung vorpreschen kann - das würde die existierenden Rennen auch etwas witzlos machen.


Habe ich schon erwähnt, dass Rockstar dieses Spiel entwickelt hat? Tja, vermutlich wusstet ihr das eh schon. Daher liegt natürlich ein Vergleich mit GTA sehr nahe, zumal beide Spiele eine Open World-Erfahrung bieten und in gewissen Teilen baugleich sind. Die Steuerung ist fast identisch mit der aus GTA 4, abgesehen von kleine, Änderungen. Auch die Map funktioniert genauso: Wichtige Personen mit neuen Missionen erscheinen mit ihrem Anfangsbuchstaben auf der Karte, setzt man Waypoints bekommt man eine perfekte Navigation zum Ziel. Dennoch gibt es eine Reihe von Dingen, die sich von GTA unterscheiden. Einige davon sind offensichtlich: Wir befinden uns nicht im modernen New York, sondern im südlichsten wilden Westen als gerade die ersten Bahnschienen gelegt wurden. Panzerfäuste und Helikopter gibt's da nicht! Das stört allerdings wenig. Die Atmosphäre ist stimmig und darauf kommt es an.

Rockstar wäre übrigens nicht Rockstar, wenn man Red Dead Redemption nicht auch noch mit einem Multiplayer-Modus gespickt hätte! Grab the Bag in Mexiko, das hat doch was! Außerdem wird nächsten Monat sogar ein kostenloses Koop-Packet nachgeliefert, erhältlich über Xbox Live und PSN. Um den Wiederspielwert braucht ihr euch also keineswegs zu sorgen. Stören tun hier und da nur ein paar Clipping-Bugs, aber die können am Gesamtbild nicht kratzen. Red Dead Redemption ist jeden Cent wert, den es kostet! Nex

Kommentare

Damien
28. Mai 2010 um 00:36 Uhr (#1)
Ich kann es kaum abwarten, das Spiel endlich zu zocken. Eigentlich bin ich nicht so der Fan von open world Spielen, aber bei dem Setting mach ich da 'ne Ausnahme.
Dreed
28. Mai 2010 um 01:25 Uhr (#2)
soweit ich weis wird es aber leider nicht für'n pc rauskommen...was ich echt schade finde :-(
Ben
28. Mai 2010 um 10:00 Uhr (#3)
@Dreed Rockstar hat bisher auch GTA (früher oder später) für den PC angekündigt. Mit Red Dead Redemption wird is in einiger Zeit vermutlich auch so sein.
Rian
28. Mai 2010 um 13:46 Uhr (#4)
Ich werde mir das Spiel mal am Wochenende reinpfeifen, bin gespannt. Besser als Just Cause 2 ist es aber bestimmt nicht! Ich meine... Hookshot.
Ben
28. Mai 2010 um 13:55 Uhr (#5)
@Rian Es ist einfach etwas völlig anderes, ich würde das nicht auf Basis von "Beides ist Open World" vergleichen. Man reitet gemütlich durch die Steppe anstatt bei 300 km/h AUF einem Flugzeug :D Und ich glaube, RDR setzt schon etwas mehr auf Story und Charaktere als Just Cause.
Dreed
28. Mai 2010 um 15:05 Uhr (#6)
@Nex ja dann kann ich ja noch hoffen ;-)
Gast
27. April 2024 um 10:17 Uhr
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