Prison Break: The Conspiracy

(Artikel)
Benjamin Strobel, 10. Mai 2010

Prison Break: The Conspiracy

Das Spiel zur ersten Staffel

Ich bin großer Fan von der TV-Serie, zumindest was die ersten beiden Staffeln angeht. Prison Break hat einfach diese Art an sich, eine unmenschliche Spannung zu erzeugen, ganz nach dem Motto "Es wird wieder schlimmer". Die Geschichte ist intelligent konstruiert und es macht großen Spaß zu sehen, wie sich Teile zusammenfügen. Als es auf der GamesCom 2009 die ersten Infos zum Spiel gab, war ich logisch gleich euphorisch. Natürlich war das zu früh. Natürlich ist es ein typischer Lizenz-Titel. Wer ein gutes Spiel erwartet, wird enttäuscht.

The Conspiracy verfolgt die Handlung der ersten Staffel. Die Story ist eigentlich ein Knüller und in Spannung kaum zu übertreffen. Leider ist der Funke nicht auf's Spiel übergesprungen. Der Plot wird auch nicht von den Charakteren der Serie erlebt, sondern durch eine neue Figur, Agent Paxton, die den bekannten Gesichtern aus der Serie aber am laufenden Band begegnet. Ein kurzer Abriss der Geschehnisse: Lincoln Burrows soll wegen Mordes auf den elektrischen Stuhl, doch irgendjemand hat ihn reingelegt und ihm die Sache nur in die Schuhe geschoben. Sein Bruder Michael Scofield möchte den unschuldigen Licoln aus dem Knast befreien und lässt sich dazu selbst einbunkern. Eigentlich völlig wahnwitzig, wäre da nicht ein wichtiges Detail: Als Statiker hat er das Gefängnis selbst entworfen. Der Fluchtplan ist natürlich so richtig ausgeklügelt, wird allerdings erst nach und nach preisgegeben. Zurück im Spiel sind wir nun aber der Nobody Paxton, der Scofield beobachten soll. Auch er wird unter falschem Vorwand ins Gefängnis geschleust. Schön und gut, der Entwickler verspricht einem ja auch, dass man nun die Geschichte aus einem ganz neuen Blickwinkel miterleben wird. Leider entpuppt sich das Ganze als völlige Farce. Das Storytelling ist mit Logiklücken gespickt und konfligiert manchmal leicht mit der Serie. Die Präsentation der Geschichte ist langweilig und schnöde, Fans der Serie bekommen nichts Neues geboten. Doch ist aus dem Gameplay etwas rauszuholen?


Der Spielablauf gliedert sich grob in drei Teile: Rumrennen, Leute punchen und schleichen. Wenn man sich durch das Gefängnis bewegt, erscheint es einem zuerst groß und lebendig. Der Eindruck täuscht. In jedem Abschnitt sind immer nur ganz bestimmte Bereiche zugänglich und die lebendige Welt aus Insassen und Wärtern ist schnell als Sammlung billiger Skripts entlarvt, die von echtem Verhalten weit entfernt sind. Die Glatzen sehen alle gleich aus. Einige sind weiß, andere halt schwarz. Die stehen dann im Kreis und gucken sich an. Bedrohlich! Man kann sich zu diesen Grüppchen dann einfach dazustellen und einen auf Checker machen. Manchmal hauen die dann Sprüche raus wie "Üüüüäää, verpiss dich". Dann will ich die immer alle verprügeln und mashe die Schlagtasten. Leider bringt das überhaupt nichts, weil ich nicht im Kampfmodus bin. Der wird nur per Skript aktiv, wenn ich auch kämpfen soll. Das Schlagen ist ansonsten also völlig sinnfrei. Dann latsche ich woanders hin, aber woanders passiert auch nichts. Ich kann eigentlich nur zu meinem Zielort gehen und dort das nächste Event auslösen.

Auf der anderen Seite hat man dauernd Zugang zu Gebieten, die für Sträflinge Sperrgebiet sein sollten: Aufenthaltsräume der Wächter, Küchen, die Krankenstation und so weiter. Irgendwo geht eine Tür auf und Paxton huscht einfach rein. Alles easy. Hinter dem Rücken dummer Wärter schraubt er auch locker Abdeckungen von der Wand, um im Lüftungssystem zu verschwinden. Natürlich muss man die Schrauben leise aufdrehen, sonst hört das noch einer!
Das Ganze ist ein Witz. Wenn Gefängnisse so lausig gesichert und bewacht würden, könnte Scofield auch Licoln an die Hand nehmen und zum Vordereingang rauskaspern. In rosa Kleidchen. Er müsste nur die Schrauben an den Scharnieren der Eingangstür lösen. Leise natürlich.

Immer und immer wieder: Wächter mit Taschenlampen in Kellergewölben.

Hat man mal keinen freien Zugang zu einem Gebiet, muss man eben kurz hin schleichen. Der Bildschirm färbt sich dunkel und Paxton geht gebückt. Aha! Sneaky-time! Wenn man in der Nähe von Wächtern schnell rennt oder gesehen wird, muss man die Passage von vorne spielen. Glücklicherweise laufen alle NPCs immer exakt dieselben Pfade, man muss jede Sequenz also nur auswendig lernen um durchzukommen. Bis man die ewigen Kellergewölbe nicht mehr sehen kann. Paxton, die alte Weichbratze, kann dabei nicht mal seine Feinde ausknocken, wenn sie nervig werden. Trotz Schlaganimation führen solche Taten nur zur Entdeckung und damit zum Relaod des Kontrollpunktes. An vielen Orten kennzeichnen gelbe Objekte, dass dort geklettert werden kann. Es gibt immer nur einen gültigen Weg und der muss gegangen (oder geklettert) werden, keine Alternativen. Es fehlt an genau einer Stelle am Zaun oben Stacheldraht - und warum? Weil das Spiel eben nur weitergeht, wenn man da rüberklettert. Man gut, das hat Michael Scofield in der Serie nicht gesehen, sonst wäre er in Folge zwei geflohen und Fox hätte kein Geld mit zwanzig Folgen machen können.

Ein Gefangener hat eine Wache niedergeschlagen! - Wir können das leider nicht.

Wenn es dann zwischendurch mal zum Kampfmodus kommt, ist an schleichen nicht mehr zu denken! Dann heißt es Schlag, harter Schlag oder Block! Das ausgeklügelte Kampfsystem bietet drei Buttons (vollständig) und einen zusätzlichen für Finisher, der nur dann aktiv wird, wenn ein Feind keine Energie mehr hat. Kombos werden nicht unterstützt. Es gibt Konter in Form von Quick-Time-Events, bei denen Paxton dann auf seine Feinde springt, ihnen die Gliedmaßen vom Leib reißt und in die Mäuler seiner Feinde stopft. Ach ne, das war ein anderes Spiel. Bei einem Konter schlägt er einfach seinen Feind, wie beim normalen Schlag. Aber hey, das ist auch cool!

Mit diesen Mechanismen hat sich das Spiel im Großen und Ganzen auch erschöpft. Es gibt ein paar Minigames (z.B. Gewichtheben), bei denen man seine Stärke trainieren kann, um im Kampf mehr Schaden zu machen. Das reißt natürlich nichts raus. Zugutehalten kann man dem Spiel eigentlich nur, dass alle Originalcharaktere auftauchen. Die Grafik ist nicht die Beste, aber die Gesichter sind alle zu erkennen. Leider zu plastisch und beim Sprechen sehr unglaubwürdig, aber immerhin. Zudem hat das Spiel auch die (deutschen) Originalstimmen und die Musik aus der Serie, sodass zumindest kurzzeitig Stimmung aufkommt. Leider ist das nur der leise wabernde und hüstelnde Schatten von Prison Break und nicht der erhoffte Tribut an die großartige Serie.

Das Spiel ist bereits erschienen, zweimal reduziert und bei Aldi in der Grabbelkiste für zwei Euro zu haben. Aber das ist egal, weil dieses Spiel eh niemand kaufen sollte. Nex

Kommentare

Hagen
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08. Juni 2020 um 14:38 Uhr (#1)
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26. April 2024 um 08:12 Uhr
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