Bioshock 2

(Artikel)
Haris Odobašic, 08. April 2010

Bioshock 2

Vom Lamm und vom großen Vater...

Blicken wir zurück: Bioshock gilt zu Recht als eines der besten Spiele dieser Generation. Wäre da nicht die großartige Atmosphäre und das abwechslungsreiche Gameplay, dann würde die Story alleine, die einen absonderlich hinterhältigen Plottwist enthält, vor dem sogar die Lost-Schreiberlinge den Hut ziehen müssten, dem Spiel einen Platz im Games-Olymp sichern. Zudem war die Geschichte nach dem Ende des Spiels eigentlich abgeschlossen, weswegen mich große Sequel Sickness überfiel, als dann doch Bioshock 2 angekündigt wurde. "Mal wieder ein Nachfolger, den die Welt nicht braucht" dachte ich mir und boykottierte das Spiel vorerst. Aber fürs DPad kämpfe ich mich doch sogar durch solch einen Titel!


Die Rückkehr in die Unterwasserstadt Rapture feiert ihr diesmal als Big Daddy. Wir erinnern uns: im Vorgänger stellten diese riesigen Unterwasseranzugträger eine fast unüberwindbare Herausforderung dar, doch um an das ADAM, welches die Little Sisters horteten, zu gelangen führte eben kein Weg an ihren Beschützern vorbei. Man selbst war auch mal einer dieser Big Daddies, komplett mit kleinem Mädchen als Anhängsel, wurde jedoch von der Psychiaterin Sophia Lamb, die sich nach Andrew Ryans Untergang an die Spitze in Rapture gesetzt hat, ausgetrickst. Nachdem man sich in ihrem Auftrag eine Kugel durch den eigenen Kopf hat gehen lassen, ist für zehn Jahre erst mal Dunkelheit. Als ihr dann schlussendlich aufwacht, müsst ihr feststellen, dass eure damalige Little Sister, Eleonor, mittlerweile groß geworden ist und eure Hilfe braucht, um aus den Fängen Lambs zu entkommen.

Im Verlauf der Story, trefft ihr neben einer Vielzahl neuer Charaktere auch einige alte Bekannte wieder. Auch besucht ihr die ein oder andere Location aus dem ersten Bioshock, die allerdings nun in der Regel groß verändert wurden. So ist beispielsweise Sander Cohens Gallerie überflutet. Doch trotz dieser Verbindungen kann das Spiel auch ohne Kenntnis des Vorgängers genossen werden.
Leider sind die Figuren nicht ganz so schillernd wie im Vorgänger und auch Sophia Lamb muss im Vergleich zu Andrew Ryan den Kürzeren ziehen. War Andrew Ryans Fanatismus durchaus nachvollziehbar und verfolgte er immerhin ein nobles Ziel - eine Gesellschaft zu erschaffen, in der der Mensch komplett frei sein kann ohne sich rechtfertigen zu müssen - ist Sophia Lamb nicht ganz so überdeutlich in ihren Beweggründen. Anstelle des missverstandenen Tyrannen erscheint sie als eine von ihrer Tochter, Eleonor, bessessene Mutter, die die Bewohner Raptures hinter sich schart, indem sie ihnen die Selbstständigkeit nimmt - doch ihre wahren Ziele bleiben bis zum Ende unklar.


Wer denkt, dass man als Big Daddy leichtes Spiel gegen die Gegner hätte, wird sich ordentlich wundern. Denn ihr seid nicht irgendein Big Daddy, sondern der weltschwächste Beschützer der Little Sisters. Mit Abstand. Kämpft ihr gegen Splicer, fühlt ihr euch nicht viel stärker als ein normaler Mensch, in Duellen gegen Big Daddies oder Big Sisters hingegen seid ihr, ähnlich wie im Vorgänger, ziemlich schwach und müsst meist euer ganzes Arsenal aufbringen, um am Ende den Sieg davonzutragen. Dennoch sind solche Scharmützel nötig: als Big Daddy könnt ihr nämlich Little Sisters en masse adoptieren, um sie dann zum ADAM-farmen zu schicken. Allerdings, um eben an die kleinen Mädchen zu gelangen, müsst ihr euch eben erst ihrer Beschützer entledigen, während Big Sisters euch gerne mal auflauern, wenn ihr gerade eine kleine Schwester gerettet oder getötet habt.

Dadurch fühlt sich das Spiel, obwohl ihr nun in einer riesigen Metallrüstung steckt, ganz ähnlich wie der Vorgänger an. Als Big Daddy habt ihr zwar andere Waffen, beispielsweise einen riesigen Bohrer oder ein Harpunengewehr, doch diese ändern nicht viel an der Spielehandhabung. Auch habt ihr wieder eine große Anzahl von Plasmiden zur Auswahl, die ihr nutzen könnt, um den Gegnern ordentlich einzuheizen. Pfützen elektrisch aufladen oder Öl abfackeln ist kein Problem. Besonders erfreulich ist, dass man etwas an der Balance gearbeitet hat. In Bioshock war es nämlich auch locker möglich ohne großen Plasmideinsatz durch das Spiel zu kommen -- dieses Mal ist man allerdings von diesen Spezialfähigkeiten abhängig, um die Kämpfe möglichst unbeschadet zu überstehen.


Keine Überraschung ist, dass sich die Atmosphäre genauso stark gibt wie zuvor: Die stimmige Grafik, die vor allem beim Wasser zu überzeugen mag, sorgt für das richtige Fundament, auf dem die Musik und das Design voll zur Entfaltung kommen. Genau wie bei eurem ersten Besuch der Unterwasserstadt gibt es auch wieder Audiomitteilungen, die euch noch tiefer in das Geschehen rutschen lassen. So findet man Ton-Tagebücher Eleonores oder die Aufzeichnungen eines verzweifelten Vaters, der seine entführte Tochter in Rapture sucht.

Im Nachhinein bin ich froh, meinen Boykott nicht aufrecht erhalten zu haben, denn dann hätte ich eine tolle Spielerfahrung verpasst. Man hat sich die Kritik am Vorgänger zu Herzen genommen, die gelungene Atmosphäre mit einer neuen, guten Story aufgepeppt und so kann man nur konstatieren, dass Bioshock 2 großartig geworden ist und es damit schafft, ein würdiger Nachfolger eines Spiels, welches keinen Nachfolger nötig hätte, zu sein. Evil

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26. April 2024 um 14:59 Uhr
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