Xenoblade Chronicles X im Test

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 14. Dezember 2015

Xenoblade Chronicles X im Test

Dieses Spiel ist riesig!

Xenoblade Chronicles ist eines meiner liebsten JRPGs. Die große Welt, die spannende Geschichte, die liebenswürdigen Charaktere, eingepackt in knackiges Gameplay - alles hat mein Herz erobert. Wer dieses Meisterwerk noch nicht gespielt hat, sollte das möglichst schnell nachholen. Mit Xenoblade Chronicles X steht nun das nächste Spiel von Monolith im Regal, bereit eure Zeit zu fressen. Denn dieses Spiel ist riesig in seinem Umfang. Eine große, von Anfang an frei erkundbare Welt wartet auf euch.

Die Erde wurde zerstört. Gefangen im Zentrum eines Alienkonfliktes, hatte der blaue Planet keine Chance. Die einzige Hoffnung der Menschheit lastete auf den Fluchtschiffen. Von fast allen größeren Städten aus zogen sie los ins Ungewisse des Weltraums, doch leider schafften es nur wenige der Schlacht zu entkommen. Auf einem dieser Schiffe befindet ihr euch: der White Whale. Zwei Jahre lang auf der Flucht und der Suche nach einer neuen Heimat, wird sie von den Aliens eingeholt. Eine erbitterte und aussichtslose Schlacht ums Überleben entflammt. Im Sinkflug auf den nächstgelegenen Planeten gelingt es gerade so das Habitatmodul abzukoppeln und auf der Oberfläche zu landen. Der Rest des Schiffes wird auf der Oberfläche verteilt. Mira heißt der Planet und aus dem Habitatmodul wird eine neue Stadt geformt, New Los Angeles, kurz NLA. Doch das Überleben ist damit nicht gesichert. Es gilt das Lifehold-Modul zu finden, in dem sich der Großteil der Menschen in Stasis befindet.

XenobladeX00Hey, I'm Grump.

Doch bevor wir uns auf die Suche machen, muss erst mal ein Held geschaffen werden. Xenoblade Chronicles X erlaubt euch eure eigene Spielfigur zu erstellen. Mein Ziel war es Dunban nachzubauen, muss aber gestehen, dass das Ergebnis eher wie Egoraptor aussieht. Wichtigster Teil: die Wahl der Stimme. Für jedes Geschlecht stehen euch mehrere Sprecher zu Verfügung. Erst wollte ich Yuri Lowenthal nehmen... dann aber sah ich, dass unter den Auswahlmöglichkeiten auch Adam Howden zu finden ist, der Sprecher von Shulk. Wer jetzt erwartet, die Stimme in allen Dialogen zu hören, wird leider bitter enttäuscht. Man hört sie nur während der Kämpfe. In Zwischensequenzen spricht eure Figur nur indirekt, indem ihr eine Antwort wählt. Ausgesprochen wird diese aber nicht. Ehrlich gesagt finde ich das sehr, sehr, sehr, sehr, sehr schade. Man hat eh nicht viel zu sagen und das Bisschen hätte man doch bitte vertonen können. Übrigens sind diesmal alle Sprecher Amerikaner und nicht Briten, was auch Sinn macht, schließlich sind alle Figuren Amerikaner.

Der frisch erstellte Held wird dann von der eigentlichen Protagonistin des Spiels, Elma, in einem Stasispod gefunden. Sie führt uns zurück nach NLA, um uns auf den aktuellen Stand zu bringen, was wir auch bitter nötig haben, denn unsere Figur kann sich an absolut gar nichts erinnern. Auf dem Weg dahin darf man auf die ersten Gegner eindreschen. Das Kampfsystem behält dabei die Grundzüge aus Xenoblade Chronicles bei. Man bewegt sich frei umher, schlägt automatisch zu und wählt mit dem Steuerkreuz seine Angriffe, die Arts, aus. Jeder Angriff hat einen Cooldown und erst wenn dieser abgelaufen ist, darf man die Art nochmal benutzen. Neu ist diesmal, dass man auch warten kann, bis der Cooldown ein zweites Mal durchgelaufen ist, um Extraschaden und eventuelle Bonuseffekte auszulösen. Hinzu kommt noch, dass jede Figur eine Nahkampf- und eine Fernkampfwaffe trägt. Durch Drücken der X-Taste kann man zwischen beiden Wechseln. Die Arts werden auch in Nah- und Fernkampf unterteilt. Hat man gerade den Nahkampf aktiv und wählt eine Fernkampf-Art aus, wird automatisch gewechselt. Der zweite Cooldown läuft auch nur für Arts, die zur gerade aktiven Kampfart passen.

Zu guter Letzt gibt es noch die Soul Voices. Dabei rufen die Kämpfer sich Motivationen in einer bestimmten Farbe zu. Löst man dann eine Art in der passenden Farbe aus, erhalten die beteiligten Kämpfer Heilung und je nach Voice weitere Bonuseffekte. Welche, das kann man im Soul-Voice-Menü einstellen. Soul Voice ist verdammt wichtig, da man dadurch die meiste Heilung erhält. Reine Heiler fehlen im Spiel komplett, nur ein paar wenige Heilzauber sind verfügbar. Ebenso wichtig ist das Gliedmaßensystem. Jeder Feind hat Gliedmaßen, die man individuell anvisieren kann. Diese haben eine zusätzliche Lebensanzeige und wenn die auf Null fällt, hat man die Gließmaße abgetrennt. Hackt man einer Spinne somit den Giftsack ab, kann sie kein Gift im Kampf verspritzen. Das System ist sehr wichtig in Bosskämpfen, da es euer Leben schwer erleichtert.

XenobladeX01Kein Feind zu groß.

In NLA trifft man dann auf die wohl kontroverseste Figur im Spiel: Lin Lee Koo. Warum kontrovers? Nun, sie ist erst 13 Jahre alt und in der japanischen Version kann man ihr einen sexy, knappen Bikini anziehen. In der westlichen Version wurde sie deswegen entschärft. Da ihr Alter entgegen erster Meldungen nicht auf 15 angehoben wurde, trägt sie unter jeder Kleidung, die etwas mehr Haut zeigt, dunkle Unterwäsche. Mich stört an ihr etwas ganz Anderes. Dieses süße, kleine Mädchen hat eine Tank-Klasse. Ernsthaft? Das Gör soll Schaden ohne Ende einstecken können?

Na ja, in NLA wird man für BLADE rekrutiert, die Organisation, die für den Schutz und die Erkundung der neuen Heimat zuständig ist. Sobald man beigetreten ist, wählt man noch seine Division aus, was die Werte passend zur Division steigert, und dann kann's losgehen. Zu dem Zeitpunkt dürfte man auch Level 10 sein und kann sich eine weitergehende Klasse aussuchen. Jede der drei Grundklassen lässt sich dann noch einmal in zwei verschiedene Zweige weiter spezialisieren. Oder man fängt in einem anderen Zweig noch mal von vorne an. Man muss sich auf nichts festlegen. Von der Klasse hängt ab, welche Waffen man im Kampf benutzt und was für eine Rolle man übernimmt.

Wie man das Spiel angeht, wird einem selbst überlassen. Die Story schreitet erst dann voran, wenn wir es wollen. Dazu muss man die aktuelle Storymission in der BLADE-Barracke auswählen. Das ist meist an ein Mindestlevel gebunden und an weitere Vorgaben, wie "Erkunde 10% von Primordia" oder "Beende die Affinitätsmission XY". Auch muss man teilweise bestimmte Figuren in der Party haben, darf bestimmte Figuren nicht in der Party haben und auch die maximale Partygröße wird vorgegeben. Solche Vorgaben haben auch die Affinitätsmissionen, die man immer wieder zwischendurch erfüllen kann. Abseits von Story und Affinität kann man sich aber aussuchen, mit wem man durch die Welt reist. Man könnte sogar alleine losziehen, auch wenn's sinnfrei wäre. Grundsätzlich sollte man aber immer Elma und Lin dabei haben, da sie in fast allen Story- und Affinitätsmissionen vorkommen. Vor allem aber da die Charaktere nicht im Level angeglichen werden, was extrem nervig ist, da man keine Figur so wirklich als feste vierte Person einplanen kann und die deswegen alle einige Level hinterher hinken. Wenigstens kriegen schwächere Teammitglieder Bonuserfahrung, wenn man gegen Gegner mit höherem Level kämpft. Den Kampf erleben sie aber meistens auf dem Boden liegend mit.

XenobladeX02Mira ist einfach traumhaft.

Die Offenheit im Design ist sehr erfrischend für ein JRPG. Selten ist man mal auf ein Areal beschränkt und auch wenn man eine Storymission zur Hälfte beendet hat, so kann man immer noch mit dem nächsten Ziel warten und nach Lust und Laune die Welt erkunden oder Nebenquests bestreiten. Genau genommen will das Spiel auch, dass man möglichst viel auf eigene Faust erkundet, denn es gibt "nur" zwölf Missionen in der Hauptstory. Das heißt aber nicht, dass hier wenig Story vorhanden ist, die Story-Missionen beschränken sich hauptsächlich auf den Konflikt zwischen den Menschen und den Ganglion, der Alienorganisation, die für die Vernichtung der Erde verantwortlich ist. Ein weiterer großer Teil wird in den Affinitätsmissionen erzählt, die sich hauptsächlich mit den Motivationen und Erlebnissen der einzelnen Charaktere beschäftigten. Und wenn man gerade eine Storymission beendet hat, ist man sowieso mit Leveln und Affinitätsmissionen beschäftigt, da man das als Voraussetzung für die nächste Storymission erledigen muss.

Die meiste Zeit beginnt man damit, die Regionen von Mira zu erkunden und Quests zu erledigen. Die Weltkarte ist dabei in Hexagone unterteilt. In jedem Hexagon gibt es eine Erkundungsaufgabe, die erfüllt werden muss, um das Feld als erkundet zu markieren. Das fängt an mit Datensonden, die platziert werden müssen, um zu erfahren, was man eigentlich in den angrenzenden Feldern tun muss. Mal muss man einen Schatz finden, mal einen Gegner mit Namen besiegen, mal muss eine Mission in dem Feld erfüllt werden. Bei der vielen Tutorialarbeit in den ersten Stunden wird dieser Aspekt leider vom Spiel kriminell untererklärt. Musste ich alles im Handbuch nachlesen. Das ist echt schade, da Erkundung bei vielen Story- und Affinitätsmissionen vorausgesetzt wird. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Datensondenplatzieren am meisten Erkundungsprozent einbringt. Über die Datensonden sammelt man auch eine Zweitressource, Miranium, welche man für Upgrades und für Forschung benötigt.

Nach der sechsten Storymission darf man dann auch eine Questreihe für die Skell-Lizenz anfangen. Skell, das sind große Mechs, die an Gundam Wing erinnern. Mit ihnen kann man sich auch größeren Feinden stellen, man kann sich weitaus schneller fortbewegen und kommt an ehemals unerreichte Orte, vor allem wenn man später noch das Flugmodul entwickelt hat. Doch passt gut auf euren Skell auf. Fällt seine Gesundheit auf Null, dann ist der erst mal kaputt. Jeder neue Skell kommt mit einer Versicherung, die ihn bis zu vier mal gratis ersetzt, danach müsst ihr für die Reparatur bezahlen. Außerdem brauchen die Skell Treibstoff, der im Kampf und beim Fliegen ständig verbraucht wird und nur langsam regeneriert, wenn ihr nicht drinnen sitzt. In vielen Kämpfen ist der Skell aber eine echte Erleichterung. Welche Arts man anwenden kann, hängt von der Ausrüstung ab. Mit passendem Level kann man auch neue Skellmodelle kaufen, sowohl für sich als auch für die Partymitglieder. Mein Skell ist mein Schatz!

Bei jedem Gameplay-Video ist mir übrigens immer eine Sache aufgefallen, die im Vorfeld nie wirklich von Nintendo erklärt wurde. Man fand in der Ecke immer das Wörtchen "Offline". Ja, Xenoblade Chronicles X hat einen Online-Modus. Sobald man BLADE beigetreten ist, kann man wählen, in welchem Squad man aktiv sein möchte. Das Lifehold Squad ist für alle, die sich nicht wirklich für die Onlinefunktionen interessieren. Im Conquest Squad geht dafür die Online-Action ab. Alternativ kann man auch dem Squad eines Freundes beitreiten. Im Onlinemodus trifft man dann immer wieder die Avatare anderer Spieler in der Gegend herumstehend. Man kann sie dann für eine halbe Stunde in die Party aufnehmen oder man bittet um Unterstützung ihrer Division, wodurch man auch den jeweiligen Divisionsbuff erhält. Wer richtig zusammenspielen will, der kann in der Barracke zur Squadkonsole gehen und kurze Koop-Missionen bestreiten. Diese sind meist knackige Scharmützel mit NPCs und lassen sich innerhalb von zehn Minuten erledigen. Da es an einem Chat mangelt, herrscht meist Anarchie, aber wenigstens sind die Missionen nicht sonderlich schwer.

XenobladeX03Mein Skell bringt auch Erfolg bei den Frauen.

Grafisch ist Xenoblade Chronicles X sehr beeindruckend. Große Welten mit viel Leben und Details, alles ist wunderschön anzuschauen. Kaum zu glauben, dass die Wii U zu solch einer Pracht in der Lage ist. Wer genug Speicherplatz übrig hat, sollte die Datenpakete aus dem eShop runterladen, da diese die Ladezeiten doch erheblich verkürzen. Abgerundet wird das Ganze durch einen fantastischen Soundtrack, in dem sogar gesungen wird. Mein neues Lieblingsstück ist Uncontrollable, das Tyrannenkampfthema. Leider ist der Sound manchmal etwas schlecht gemischt und die Dialoge werden von der Musik übertönt. Untertitel sind da Pflicht.

Bei aller Begeisterung - es ist leider nicht alles Gold was glänzt hier. Neben dem großen Versäumnis, gewisse Mechaniken richtig zu erklären, muss ich manches Questdesign und damit verbundene Gegnerplatzierungen stark hinterfragen. Nicht selten muss man auf dem Weg zum Ziel einigen Gegner ausweichen, die im Level weit über einem liegen. Das an sich ist nicht schlimm, doch manchmal stehen diese Gegner in unmittelbarer Nähe der Questziele. In einer frühen Quest sollte ich den Kommunikator eines BLADE finden. Ich war so Level 15. Das blöde Ding musste ich liegen lassen, bis ich Level 32 war, weil die Entwickler meinten, man könnte zwei Level-35-Gegner direkt daneben stellen. Greifen und wegrennen ist nicht, da man im Kampf keine Gegenstände aufsammeln kann. Ein anderes mal musste ich in eine Basis eindringen und Daten klauen, wobei man als Teil der Mission von Level-30-Wachen angegriffen wird. Warum zum Geier also wimmelt es in den Stützpunkt nur so von Level-50-Gegnern? Ohne Skellflugmodul wäre ich wohl nie zum Zielobjekt gelangt. Auch kann man oftmals von höherleveligen Feinden überrascht werden. Zweimal hab ich bereits einen Skell verloren, weil sich ein viel stärkeres Vieh angeschlichen hatte und meinen Skell mit einem Schlag zerrupfte. Seitdem habe ich Zahnabdrücke im Controller.

Und dann wären noch die Sammelquests, bei denen man kriminell wenig Hilfe erhält. Sammel X in Region Y. Okay, aber wo in Region Y finde ich X? Ich gebe ohne Schande zu: ich habe sehr oft gegoogelt, wo genau das Zeug zu finden ist. Das Questlog zeigt einem auch nicht an, für welches Level die Quest gedacht ist, wodurch ich nie richtig sage konnte, mit welchen Quests ich am besten leveln gehe. Im Endeffekt ist Grinden sowieso viel effektiver, was das angeht. Zu guter Letzt hatte ich noch ein wenig das Gefühl, dass mit Vorraussetzungen wie "Erkunde X% von Region Y" das Spiel künstlich in die Länge gezogen wird.

Die große Frage ist am Ende: Wie schlägt sich Xenoblade Chronicles X im Vergleich zum Vorgänger? Ziemlich gut, würde ich sagen. Der Fokus liegt hier ganz klar im Erkunden der großen Welt, während die Story etwas zurückgefahren wurde. Was nicht heißt, dass die Story schlecht ist, keineswegs. Sie ist spannend erzählt und hält einige Überraschungen parat. Sie reicht nur nicht ganz an die von Xenoblade Chronicles ran, aber das ist keine Schande. Dafür wird das Ganze mit dem Gameplay und der Größe der Welt wieder wettgemacht. Vor allem dank des verfeinerten Kampfsystems hatte ich jede Menge Spaß beim Spielen, egal ob jetzt Storymission oder einfach nur um in Quests irgendwas zu verdreschen. Das Gesamtpaket, das hier von Nintendo und Monolith geboten wird, ist ein toller Abschluss für das starke Spielejahr 2015. Xenoblade Chronicles X gehört auf jede Wii U und wer keine hat, der kann sich ruhigen Gewissens eine für dieses Spiel holen.

Xenoblade Chronicles X wurde auf der Wii U getestet. Ein Testmuster wurde uns von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Xenoblade Chronicles X

(Ranking)
S
RANK
Herausragend. S-Spiele erweitern Horizonte. Sie bieten intensive Erlebnisse oder halten den Spieler noch lange am Bildschirm gefesselt. Selbst wenn man sie nicht jedem empfehlen kann, will man doch mit jedem über sie reden.

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RELEASE
04. Dezember 2015
PLATTFORM
Wii U
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