Devil Survivor 2: Record Breaker im Test

(Artikel)
Haris Odobašic, 04. November 2015

Devil Survivor 2: Record Breaker im Test

Mit den Dämonenfreunden gegen die Apokalypse

Devil Survivor 2 dürfte zu den besten DS-Spielen gehören, die keiner gespielt hat. Denn immerhin erschien es Ende 2013 in Deutschland, also zu einem Zeitpunkt, an dem der 3DS schon mehr als zwei Jahre auf dem Markt war und das Interesse an Neuerscheinungen für den Vorgängerhandheld entsprechend gering. Und das war wirklich schade, denn der erste Devil-Survivor-Teil war immerhin eines der besten Rollenspiele für Nintendos Handheld mit Doppelbildschirm. Doch eine große Popularität in Japan – auf sechsstellige Verkaufszahlen folgte eine Animeumsetzung – hatte einen 3DS-Port zur Folge, der es endlich auch in unsere Gefilde geschafft hat.

Ihr schlüpft in die Rolle eines namenlosen Schülers, der gerade mit einem Kumpel eine dubiose Webseite entdeckt hat, die verspricht, euch Videos von den Toden eurer Freunde zukommen zu lassen, bevor diese passieren. Gleich das erste Video sagt dabei nicht nur den Tod eures besten Kumpels voraus – sondern auch euren eigenen! Was anfangs als Spinnerei abgetan wird, droht aber schnell Wahrheit zu werden, als ihr plötzlich die Möglichkeit kriegt, eine spezielle App auf eurem Handy zu installieren, mit der ihr Dämonen beschwören könnt. Und kaum ist der Pakt geschlossen und euer Tod verhindert, müsst ihr schon feststellen, dass ganz Tokyo von Dämonen überrannt ist. Zerstörung und Verzweiflung regieren und ihr versucht zusammen mit euren Freunden zu überleben.

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Auch wenn neben den spielerischen auch thematische Ähnlichkeiten zum Vorgänger existieren – ihr müsst in einer extremen Katastrophensituation überleben –, sind die Geschichten voneinander getrennt und so ist dieser Titel auch für Neulinge geeignet.

Devil Survivor 2 ist, atypisch für JRPGs, sehr offen gestaltet. Es gibt mehrere Enden und viele Pfade, die abhängig von euren Entscheidungen sind, die ihr so über den Tag verteilt trefft. Statt in eurer Freizeit eine Stadt rauf und runter zu laufen, könnt ihr über ein Menü auswählen, welche Orte ihr besuchen wollt. Je nach Ort gibt es zum Beispiel etwas Exposition zu lesen, Duelle mit Bonusgegner, Trainingsmöglichkeit oder etwas Charakterentwicklung für eure Party, die ihr so näher kennen lernt. Allerdings gibt es auch Orte, die ihr unbedingt besuchen müsst, da diese den Storyverlauf vorantreiben. Was aber unbedingt beachtet werden muss: ist ein Ort mit einer kleinen Uhr im Menü markiert, treibt ein Besuch die Zeit voran. Ihr könnt also nicht alles abklappern, sondern müsst immer und immer wieder Entscheidungen treffen. Verbringe ich Zeit mit Daichi, meinem treudoofen besten Freund, oder lerne ich Io kennen, eine Mitschülerin, die sich notgedrungen mit uns durchschlägt? Sammel ich Informationen, die mir mehr über die Katastrophe erzählen, oder lerne ich lieber einen neuen, rekrutierbaren Charakter kennen?

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Was für Entscheidungen ihr in eurem Tagesablauf trefft hat dabei wirklich massiven Einfluss auf das Spiel und ich kann euch nur raten, Storytermine unbedingt und immer einzuhalten. Hier kann Trödeln auch mal den Tod eines Charakters zur Folge haben, wie ich selbst schmerzlich feststellen durfte.

Im Menü könnt ihr aber nicht nur bestimmen, wohin die Reise als nächstes geht, sondern auch Dämonen in eure Dienste rufen. Ein Auktionssystem erlaubt es euch, viele der besiegten Feinde gegen Geldeinsatz für den Kampf zu gewinnen. Richtig spannend wird das aber erst beim Fusionieren. Ihr könnt nämlich zwei Dämonen opfern, um einen neuen entstehen zu lassen, der einerseits eine komplett neue Identität und Charakteristiken hat, andererseits aber auch von seinen "Eltern" ein bisschen was erben kann, insbesondere im Bereich der Spezialfähigkeiten. Da schafft ihr plötzlich einen Feuerdämon mit Eisresistenz oder andere Späße.
Das ist ein zentraler Aspekt des Spiels. Ohne geschicktes Fusionieren von Dämonen hat man kaum eine Chance, ist aber eben auch ein unheimlich spaßiger Teil der Erfahrung. Denn natürlich freut man sich immer riesig, wenn man nun einen besonders starken Dämon fusionieren kann, der womöglich die ein oder andere Fähigkeit mitbringt, die man so noch nicht kannte, oder durch Vererbung die Schwachstellen des neuen Dämons geschickt ausmerzt.

Besondere Aufmerksamkeit verdient das innovative Hybrid-Kampfsystem, welches im Vorgänger eingeführt wurde, und sich hier leicht verbessert präsentiert. Normalerweise seht ihr das Spiel in einer Iso-Ansicht und bewegt Zug um Zug eure Figuren – eine Party, die immer aus einem Menschen und bis zu zwei Dämonen besteht -- über das Schlachtfeld. Um euren Gegnern nahe zu kommen, könnt außerdem Fähigkeiten wie Heilung und Teleport einsetzen. Sobald ihr aber einen Feind in Reichweite habt und in den Angriff geht, wechselt das Spiel in die Egoperspekive und ihr kämpft wie in einem traditionellen Rollenspiel. Das Kampfsystem erinnert dabei am ehesten an Shin Megami Tensei IV, was kein Wunder ist, entspringen beide Spiele doch der gleichen Reihe.
Jetzt habt ihr und euer Feind genau einen Zug Zeit, um euch mit euren jeweils bis zu drei Figuren einen Schlagabtausch zu liefern. Der Clou: geschicktes Ausnutzen von Schwachstellen, kritische Treffer und ähnliches werden mit Zusatzzügen für die Figuren belohnt. Ein großer Vorteil, aber Vorsicht ist geboten, da sich eure Feinde auf genau die gleiche Art und Weise ebenfalls weitere Aktionen verdienen.

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Die Umsetzung dieser Elemente ist dabei so gut, dass ich das Kampfsystem als die perfekte Verschmelzung zwischen Taktik-RPG und traditionellem JRPG bezeichnen würde. Beide Aspekte verlangen von euch einiges ab, aber gerade das gestaltet die Kämpfe so unheimlich spannend.

Großartig ist dabei, wie viel Abwechslung die Missionen aufbieten. Denn anders als in vielen Spielen des Genres, geht es eben nicht nur darum, einfach nur stumpf Feinde auszuschalten. Immer mal wieder sollt ihr auch andere Leute beschützen, Kameraden befreien oder auch einfach nur vor einem übermächtigen Monster fliehen. Und auch die Kämpfe gegen Bosse brechen gerne aus dem typischen Regelsystem aus, in dem die Feinde mächtige Attacken spendiert bekommen, die euch abverlangen, eure üblichen Taktiken mal umzudenken.

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Insbesondere hat mich aber auch beeindruckt, wie viele Geheimnisse selbst in Kämpfen darauf warten, entdeckt zu werden. Ein Beispiel: In einer Mission sollte ich einfach nur eine bestimmte Figur ausschalten, welche aber von einem besonders mächtigen Dämon beschützt wurde. Nun kann man einfach stur den Auftrag ausführen und so im Spiel weiterkommen, oder man wagt sich in den Kampf mit dem Dämon. Das ist natürlich kein Kinderspiel, sondern eine richtig epische Schlacht, aber gewinnt man diese und schließt dann die Mission erfolgreich ab, ploppt eine Nachricht auf, die einem sagt, dass man diesen Dämon nun fusionieren kann. Das ist einfach eine richtig geile Art, den Hardcore-Gamer zu belohnen, der dann eben im Hinterkopf immer weiß, dass er sich den Einsatz dieses mächtigen Dämons wahrlich verdient hat.

Auch ansonsten zeigt Devil Survivor 2 echt gutes Spieldesign, zum Beispiel darin, wie das Leveln gelöst ist. Die Erfahrungspunkte, die ihr verdient, hängen nämlich vom Levelunterschied zwischen euch und euren Feinden ab. Ähnlich starke Feinde bringen viel Erfahrung, richtig schwache Gegner kaum. Es kann also sein, dass ihr eine Mission macht und dort locker ein Level-up kriegt und im nächsten Durchgang feststellen müsst, dass der benötigte Aufwand zum nächsten Stufenaufstieg exponentiell gestiegen ist. So schrumpft der Bereich schnell, in dem sich das Grinden gut anfühlt – wo man das Gefühl hat, für die reingesteckte Zeit eine adäquate Belohnung in Form von Level Ups und Ähnlichem zu bekommen. Gleichzeitig weiß man aber, dass die nächsten Gegner wieder etwas stärker sind, mehr Erfahrungspunkte geben und ihr entsprechend schnell wieder euer Belohnungsgefühl bekommt.

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Realistisch betrachtet könnt ihr euch auf zukünftige Kämpfe gut vorbereiten, seid aber niemals so hoffnungslos überlevelt, um die Missionen zur Routine werden zu lassen. Da der knackige Schwierigkeitsgrad sehr gut ausbalanciert ist, hat man auch nie das Gefühl, zu schwach für ein Duell zu sein. Wenn es mal scheitert, ist in der Regel die Verteilung eurer Fertigkeiten sowie die Auswahl der Dämonen der Grund für euer Scheitern.

Im Zeitalter schneller Cash-In-Ports zum Generationenwechsel mit Minimalstverbesserungen – oftmals zum Maximalpreis – ist Devil Survivor 2 wirklich ein frischer Wind. Nicht unbedingt technisch - hier gibt es zwar das 3D-Feature, aber ansonsten ist man auf DS-Niveau. Dafür aber vom Inhalt her. Eine ganze, zusätzliche Story wurde dazugepackt, die am Ende des Hauptspiels ansetzt und nochmal gute 30 Stunden fesselt. Das Hauptspiel dauert alleine auch schon fast 40 Stunden, wir reden hier also nicht von ein paar halbherzigen Zusatzmissionen, sondern so viel Extra, dass man quasi das Ganze auch als vollwertiges Spiel hätte verpacken können. Ohne zu viel spoilern zu wollen, will ich nur sagen, dass Atlus auch im zweiten Szenario die Qualität der Story und Charaktere hoch hält. Wer also schon Devil Survivor 2 auf dem DS gespielt hatte, kann hier dennoch zugreifen, es lohnt sich!

Doch auch komplette Neulinge dürfen zugreifen, denn Vorgänger-Kenntnisse sind nicht erforderlich. Das Hybrid-Kampfsystem, welches geschickt Taktik-RPG mit rundenbasierten Kämpfen fusioniert – ungefähr ein Mix aus Fire Emblem: Awakening und Shin Megami Tensei IV – begeistert nicht nur durch den Innovationsfaktor, sondern auch weil die Kämpfe unheimlich spannend sind, während die komplexe Story mit ihren vielen Möglichkeiten und Enden fesselt und zum Wiederspielen einlädt. Tolle Charaktere mit viel Entwicklung und, wie man es von Spielen der SMT-Reihe gewohnt ist, ein sehr gelungenes System zum Rekrutieren und Fusionieren von Dämonen, runden ein fantastisches Rollenspiel ab.

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Doch das vielleicht größte Lob, was ich Devil Survivor 2 aussprechen kann, ist, dass es noch mal das kleine Stückchen besser ist als der Vorgänger. Devil Survivor war eines meiner Lieblingsspiele auf dem DS, und Devil Survivor 2 nimmt problemlos die gleiche Rolle für den 3DS ein. Endlich muss ich nicht mehr bereuen, dieses geniale Spiel wegen seines späten Releases verpasst zu haben. Devil Survivor 2 ist in diesem Herbst Pflichtprogramm für jeden 3DS-Besitzer mit RPG-Faible. Haris

Devil Survivor 2: Record Breaker wurde auf dem 3DS getestet. Ein Rezensionsexemplar wurde uns von NIS America zur Verfügung gestellt.

Shin Megami Tensei Devil Survivor 2: Record Breaker

(Ranking)
S
RANK
Herausragend. S-Spiele erweitern Horizonte. Sie bieten intensive Erlebnisse oder halten den Spieler noch lange am Bildschirm gefesselt. Selbst wenn man sie nicht jedem empfehlen kann, will man doch mit jedem über sie reden.

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RELEASE
30. Oktober 2015
PLATTFORM
Nintendo 3DS
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