Zu jedem Launch einer Xbox gehört auch ein ordentliches Rennspiel. Doch wo bisher die PGR-Reihe diese Rolle erfüllte, ist durch den Wegfall der Entwickler eine Lücke entstanden, die nun ausgerechnet von der Forza-Serie gefüllt werden soll. Man erinnert sich: der aktuellste Teil ist erst letztes Jahr erschienen und selbst Forza 4 ist gerade mal zwei Jahre alt. Kann so eine Blitzentwicklung gut gehen?

Leider gibt es einige schlechte Nachrichten beim Umfang: dieser wurde quasi halbiert. Wo Forza 4 mit über 500 Autos und fast 30 Strecken prahlte, ist für Forza 5 die Zahl nun auf knapp über 200 bzw. 14 gesunken. Einerseits ist es verständlich, dass das Entwickeln für eine neue Konsole, gerade wenn man einen Launchtitel anbieten will, gewisse Einschnitte erfordert, aber dennoch ist es schade, wenn populäre Autos und insbesondere Strecken fehlen. Eines dieser Opfer ist zum Beispiel die Nürnburgring Nordschleife, die zum ersten Mal seit vielen Jahren nicht vorhanden ist.

Zumindest sind aber die Inhalte, die im Spiel zu finden sind, von gewohnt hoher Qualität: detailreiche Autos, die man ausgiebig im Forzavista-Modus betrachten kann, und Strecken, die mit einer neuen Technologie gescannt wurden, damit jede einzelne Unebenheit im Asphalt nachgebildet werden konnte und im Rennen auch spürbar sein soll. Das alles verpackt in gewohnt guter Präsentation, die mal wieder mit sehr vielen Inhalten der Top-Gear-Leute unterstützt wird, die zum Beispiel jede einzelne Rennserie in der Karriere in einem kurzen Video ansprechen und allgemein eine Menge an Autoenthusiasmus versprühen.


Doch natürlich geht es bei Forza vor allem um eines: Rennen fahren. Und hat man es schließlich auf die Piste geschafft – nach einigen leider doch ziemlich langen Ladezeiten – wird man erst mal in der Reihe mit 16 Autos gleichzeitig belohnt, die gegeneinander in einer beeindruckenden Grafik fahren, die zudem mit 1080p und 60fps aufwarten kann. Einzig und alleine gelegentliches Kantenflimmern und die Tatsache, dass manche Level eine Textur am fernen Horizont als Hintergrund bieten, trübt den ansonsten genialen Eindruck. Doch Forza kann natürlich nicht nur hübsch aussehen: das Gameplay, welches mit vielfältigen Einstellungen quasi alle Arten von Rennspielfans befriedigen kann, ist gewohnt gut. Das Handling der Bolliden und die dahinterliegende Physikengine enttäuschen mal wieder nicht, wenn es um Realismus geht. Doch was in Forza 5 spürbar besser geworden ist, ist das Zusammenspiel mit den anderen Fahrern: ich hatte noch nie in einem Rennspiel solch packende Duelle auf der Straße.

Das Herzstück dieser Erfahrung hier ist natürlich die Driveatar-KI, die mit der Macht der Cloud realisiert wurde, um euch realistisches Gegnerverhalten auf die Rennstrecke zu bringen. Hier dürfte natürlich erst mal der skeptische Bullshit-Meter ausschlagen, doch kaum fährt man zum ersten Mal ein Rennen gegen diese neue KI, wird man sofort von der Technologie überzeugt. Denn mit Driveatar wird wirklich euer Fahrverhalten repliziert, weswegen ich beispielsweise schon nach kurzer Zeit wusste, welcher meiner "Freunde" auf Xbox Live lieber im Rennen gemieden werden sollte, weil er alles crasht, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, und welche Leute ich bedenkenlos überholen darf, weil sie noch etwas wie Anstand und Benehmen besitzen. Außerdem sorgt die Driveatar-Technologie quasi von selbst für soziale Kontakte, weil ich schon die ein oder andere Nachricht in meinem Briefkasten hatte, die mir vorwarf, dass mein Driveatar wie ein Amokfahrer rasen würde und ständig Leute in der Kurve abschießt. Unvollstellbar! Im Endeffekt sind die Driveatare aber eine echte Innovation, die einem so sterilen Genre wie den Rennsimulationen etwas gegeben haben, was sie sonst schmerzlich vermissen ließen: Persönlichkeit.


Ansonsten ist quasi alles beim Alten geblieben. Man kann sich noch immer kreativ austoben an den Karren, weswegen ich nun schon eine feine Sammlung an Arsenal-Autos besitze und natürlich auch unter der Haube ordentlich tune. Zudem gibt es natürlich auch wieder eine Menge Multiplayer-Features und soziale Integration, die euch neben der Karriere noch lange fesseln sollten.

Es mag zwar das beste Rennspiel für die nächste Generation sein und es fällt schwer zu sehen, wie sich das in der nächsten Zeit ändern soll, doch dennoch bleibt der Eindruck bestehen, es hier mit einem Lückenbüßer zu tun zu haben. Dass der Inhalt etwas zurückgegangen ist, ist ja noch nachvollziehbar. Aber die künstliche Streckung, die etwas zu prominente Integration von Micro-Transactions sowie die Tatsache, dass, bis auf die Driveatar-Technologie, sich wenig getan hat, sind dann doch nicht so einfach runterzuschlucken. Wenigstens ist letztere wirklich genial und ein Schritt vorwärts für Rennspiele: es fällt schwer sich vorzustellen, noch mal gegen normale KI-Kameraden zu fahren, wenn man in den Genuss der eigenen Driveatar-"Freunde" gekommen ist.Haris