R.I.P. FoM

(Artikel)
Haris Odobašic, 25. Juni 2008

R.I.P. FoM

Posthum-Review

Eine schockierende Nachricht ereilte uns heute in der Dailydpad-Redaktion, denn das weltweit bekannte und beliebte MMORPG Face of Mankind wurde am heutigen Tage endgültig gecancelt.
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Ihr kennt Face of Mankind nicht? Wirklich nicht? Aber in der Pressemitteilung stand doch "weltweit bekannt und beliebt"? Wenn man heutzutage den Pressemitteilungen nicht mehr glauben kann, wo kommen wir dann bloß hin?
Stellen wir dann eben fest: Keine Sau kannte Face of Mankind! Dennoch: Dass es nun so gestorben ist, hatte das Spiel nicht verdient, denn, im Gegensatz zu 99% der MMORPGs, die heute den Markt fluten, hatte FoM etwas Besonderes: Es war anders.

Ich spielte das Spiel für einige Monate in 2004/2005, als es noch in der Beta-Phase war, und wurde gleich mit dem beschissensten Spieleinstieg aller Zeiten konfrontiert. Anders kann man es nicht ausdrücken. Man startete nämlich ohne jegliches Tutorial und selbst ein intensives Studium der mittlerweile nicht mehr voll funktionstüchtigen Webseite erklärte einem nicht, was man eigentlich machen sollte. Dafür kannte man sich hinterher mit der sehr umfangreichen Hintergrundgeschichte des Spiels aus.

Übrigens: Damit man überhaupt nach dem Tod in so einem Regenerationstank landen konnte, musste man eine Versicherung abschließen. Ohne Versicherung war der Tod endgültig.
Aber kommen wir zurück ins Spiel: Mein erster Spieltag bestand darin, auf einem Planeten zu spawnen, rund eine Stunde rumzulaufen ohne einer Menschenseele zu begegnen und dann schließlich von dem ersten Typen, der mir über den Weg lief, umgelegt zu werden. Daraufhin landete ich in einem Regenerationstank, der auch bis zum Ende des Tages noch öfter meinen Charakter beherben sollte.

Dann, am Abend des selben Tages, passierte etwas Unfassbares: Ich traf den ersten Spieler, der mich nicht töten wollte! Er gehörte nämlich ausgerechnet zu meiner Gruppierung, die ich am Anfang bei der Charaktererstellung gewählt hatte. Dann drückte er mir auch gleich 'ne Waffe in die Hand und gab mir meine erste Mission: Patrouillieren. Voller Tatendrang marschierte ich rund eine halbe Stunde quer durch die Straßen von Mini-Paris ohne dass irgendwas passierte. "EIIIIN UUUUUHR UND ALLES IST---" Dann ging der Server down, weswegen ich weder Erfahrungspunkte für die Mission bekam, noch zurück auf den Server gelangen konnte. Doch trotz des mauen Einstiegs war meine Neugier geweckt und am nächsten Tag loggte ich mich wieder ein.

In FoM gab es rund 25 verschiedene, begehbare Kolonien -- teils auf der Erde, teils im Weltraum. Der Clou: Man konnte die Kontrolle über diese Kolonien übernehmen, was viele Vorteile bot: Steuereinnahmen, Verteidigungstürme, etc.
Wieder in Paris angelangt, passierte etwas wenig Überraschendes -- ich wurde getötet. Wieder in meiner Klonkammer angelangt, entdeckte ich den Faction-Chat -- eine Möglichkeit mit allen Mitgliedern meiner gewählten Gruppierung gleichzeitig zu reden. Dort erklärte man mir dann auch prompt, dass Mini-Paris nicht mehr sicher wäre, da wir über Nacht aus diesem Gebiet vertrieben wurden und keine Kontrolle mehr dort hatten. Aber dafür war nun eine andere Kolonie unter unsere Fuchteln gefallen: Der Planet Ganymede.

Ganymede, meine Heimat. Und grafisch grüßt hier ganz klar das erste Half Life!
Meine erste Begegnung mit Ganymede war schockierender Natur. Mehr als 30 Spieler standen rum und keiner wollte dafür sorgen, dass ich meine Klon-Versicherung in Anspruch nehmen muss. Stattdessen wurde ich freundlich empfangen und schlagartig wurde das Spiel gut. Denn, mehr noch als viele anderen MMORPGs, lebte das Spiel von der sozialen Interaktion mit den anderen Mitspielern. Denn drei Stunden alleine durch ein Gebiet zu latschen, dass sich das architektonische Leveldesign von Halo: Combat Evolved abgeguckt hat, ist einfach unerträglich. Und man musste oft diese drei Stunden durch ein Gebiet latschen, denn die meisten Missionen waren simple Patrouille. Immer auf dem selben Planeten, immer mit den selben Leuten, immer mit der selben Ereignislosigkeit. Und dann brach der Krieg aus.

Interessanter Evil-Fakt:
Egal in welchem Rollenspiel und ungeachtet des Namens: Evil spielt in jedem Rollenspiel zu aller erst die Guten. So war sein erster Baldurs Gate 2-Charakter selbstverständlich ein rechtschaffen guter Paladin. Wie kitschig!
Schnell durfte ich nämlich die Erkenntnis machen, dass meine Gruppierung, die Guardians of Mankind (auch bekannt als die Hoffnungslosen Klischee-Guten) von 90% der Spielern gehasst wurden. Denn jeder, der das Spiel neu anfing, schloß sich natürlich einer der zwei "coolsten" Gruppierungen, den Mercenaries of the Blood oder der Brotherhood of Shadows an. Und diese beiden Gruppierungen hatten den ganzen Tag nichts Besseres zu tun, als die Guardians zu mobben *sniff*. Doch gleichzeitig sorgte das für einen unheimlichen Anstieg des Spielspaßes.

Jetzt kam auch das Element der "virtuellen Verantwortung" hinzu. Denn wenn man mal einen Tag kein World of Warcraft spielt, passiert im schlimmsten Fall, dass man einen Raid verpasst. Wenn man hingegen einen Tag Face of Mankind nicht spielte, bestand die Gefahr, dass man gnadenlos von einer feindlichen Armee überrannt wurde und plötzlich anstelle von altbekannten Gesichtern an seinem Spawnpoint von ein paar grimmigen Kerlen mit gezückten Waffen begrüßt wird, die einem entweder "GTFO (Du hast zehn Sekunden, um den Planeten zu verlassen. Sieben... sechs...)" oder "GTH (Geh sofort klonen)" sagten. Darum war man quasi gezwungen, regelmäßig und vor allem viel zu spielen. Darauf zu verlassen, dass die anderen Gruppierungsmitglieder das Schiff schon schaukeln würden, war sehr töricht. Und da die Spielewelt 24 Stunden am Tag existierte, spielt man am Besten 24/7. Oder willst du wirklich die Zukunft deiner Kolonie irgendwelchen Amerikanern anvertrauen, die zu der Zeit spielen, wenn der normale Europäer schläft?

Und das führte dazu, dass ich das Spiel schließlich aufgab. Schließlich war ich irgendwann ein paar Ränge in meiner Fraktion aufgestiegen, so dass ich die Möglichkeit hatte für andere Charaktere Missionen zu erstellen. Das führte zu noch mehr Stress als ohnehin schon, da es sich dabei um einen zeitaufwändigen Prozess handelte. Dennoch muss ich sagen, dass ich, mal abgesehen von Phantasy Star Online (über das ich auch sicherlich irgendwann schreiben werde), bei keinem MMORPG soviel Spaß hatte -- und ähnlich wie Jozu und so gar nicht wie Rian oder Nex habe ich so ziemlich jedes komische MMORPG auf dem Markt zumindest angespielt. Danke für die schönen Stunden, Face of Mankind, und mag es dir in der Spieleflophölle gut ergehen. Evil

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