Savage Worlds

(Artikel)
Rian Voß, 29. November 2011

Savage Worlds

Mein Debut als Gamemaster

Ich wollte schon immer gerne ein Pen & Paper-Rollenspiel spielen, aber irgendwie hat sich dazu ja nie jemand gefunden. Dann wurde mir 2009 Savage Worlds: Gentleman's Edition als verständliches Einsteiger-Rollenspiel empfohlen, das mich auch schlagartig durch sein recht simples, freigiebiges System so sehr in den Bann gezogen hat, dass ich genug Euphorie aufbringen konnte, um ein paar Mitglieder meiner Freundesorganisation zum Spielen zu überreden. Das Problem nur: Keiner von denen kannte das System. Und wirklich Lust zum Lesen hatten sie auch nicht. Also fiel die Wahl des Spielleiters auf mich und ich hatte bis dato ja selbst nicht mal an einer Sitzung teilgenommen. Gulp.

Erst einmal generell was zum Regelsystem: Savage Worlds ist einfach gestrickt. Das will nicht heißen, dass Regeljockeys nicht auch Gelegenheit dazu hätten, ihrem Spielleiter mit Fußnoten des Handbuchs auf die Nerven zu gehen, die dann besagen, dass sie unter Hinzunahme eines Moralbonus' über drei Ecken dann doch noch diesen unmöglichen Wurf schaffen, den der vom SL eigentlich als nur zu verpatzen geplant war (inwiefern das gutes Spielleiten ist, ist eine andere Sache), aber im Grunde häuft sich alles auf eine übersichtliche Liste von Dingen, die die Spieler machen können, an:
Jeder Spielcharakter verfügt über fünf Attribute (Stärke, Geschick, Konstitution, Verstand, Willenskraft), die die Basis für die 24 Fertigkeiten bilden. Schießen hängt von Geschicklichkeit ab, Kämpfen auch (die Stärke kommt nur zum Einsatz, wenn man auch getroffen hat - und ja, wer mit einem Luftgewehr gut schießen kann, kann auch mit einem Raketenwerfer gut schießen), Heilen braucht Verstand, Einschüchtern Willenskraft und so weiter. Die Attribute beeinflussen die Fertigkeiten aber nur insofern, dass es nur teurer ist, eine Fertigkeit über den Wert des zugehörigen Attributs zu erheben. Man könnt's als den Unterschied zwischen Veranlagung und hartem Training bezeichnen.


Attribute und Fertigkeiten werden in Würfeln gemessen. Man beginnt bei einem vierseitigen (W4 genannt) und pro Erhöhung einer solchen Eigenschaft bekommt man den nächstbesseren, also erst einen W6, dann einen W8 und so weiter. Das vermehrt die Chancen auf einen Erfolg, weil sehr häufig die 4 der knackige Zielwert ist, den man erreichen muss. Es ist klar, dass man mit einem W12 eher eine Zahl gleich oder höher einer 4 würfelt - der Kerl, der viel Mumm aufweist, lässt sich vom Betreten einer Gruft eben nicht so schnell einschüchtern wie jemand, der nicht mal weiß wie man Courage buchstabiert.

Hilfreich für die Spieler (aber in manchen Situationen natürlich für die zu besiegenden Schergen des Spielleiters) sind die sogenannten explodierenden Würfel und die Steigerungen. Würfelt man mit seinem vielseitigen Freund die maximal mögliche Punktzahl (also eine 4 auf einem W4, eine 6 auf einem W6), dann darf man noch mal würfeln und das nächste Ergebnis hinzuaddieren. Das kann zu ganzen Explosionsketten führen, was den Zielwert um ein Vielfaches übertrifft, wenn man ein glückliches Händchen hat - ich erinnere mich daran, wie eine Magierin in unserer Proberunde auch mal einen der angreifenden Wölfe töten wollte, aber kein Mana verschwenden wollte. Also nahm sie ihren Dolch, machte einen ungeübten Wurf auf Werfen (also mit einem W4 würfeln, 2 vom Ergebnis abziehen und wenn man über die 4 kommt, hat man's geschafft. Bei einem nicht-explodierenden Würfel ist das selbstverständlich unmöglich) und traf dann letztendlich mit einer 21. Als Reaktion auf diesen Wurf sagte ich einfach nur, dass der Wolf durch den Treffer geplatzt sei.

Hinzu kommen noch sogenannte Talente und Handicaps. Jeder, der Fallout gespielt hat, findet sich damit sofort zurecht: Talente verbessern Fähigkeiten oder geben zusätzliche, besondere Eigenschaften, Handicaps wie Einarmig oder Kind (mein Lieblingshandicap) sind zwar meist recht nachteilhaft, geben uns aber zusätzliche Punkte, die wir in andere Boni stecken können.

Einzige Ausnahme zu der Regel ist Magie, die einerseits ein bestimmtes Talent erfordert und bei der jeder dazugewonnene Zauberspruch wie eine von den erwähnten Fähigkeiten dazugekauft werden und gesteigert werden muss. Ansonten aber auch nicht sonderlich schwierig.

Und alles andere ist mehr oder weniger dem Spielleiter überlassen! Also: Welt kartographieren, NPCs erstellen, Ereignisse planen, Schätze vergraben und Motivation bereitstellen. Sollten die Spielercharaktere mal etwas tun, womit der Spielleiter nicht gerechnet hat (und das passiert zwangsläufig), dann lädt die übersichtliche Natur des Spiels sehr gut zum Improvisieren ein. "Du willst saufen? Aber das Bier hier ist sehr stark. Du willst? Ok, dann... äh... würfel gegen Konstitution minus 2. Ok. Eine 1. Du wirst sofort bewusstlos."
Überhaupt lässt sich viel mit Attributen regeln, aber man muss ja auch den Spielern mal die Möglichkeit geben, ihre persönlichen Fähigkeiten glänzen zu lassen. Das Volk bei Laune halten!

Ich habe jetzt noch viele nette Details des Grundprinzips des Spiels rausgelassen. Natürlich gibt es noch verschiedene Rassen, Fahrzeuge, Witterungsbedingungen, ein ausführliches Deckungssystem und auf den Wildcard-Würfel und die Bennies bin ich auch noch nicht eingegangen, aber das ist jetzt auch nicht so wichtig. Learning by doing! Und insofern stelle ich meine erste Kampagne namens "Das Nest" vor.

Wahrscheinlich die beste Karte, die ich je zeichnen werde.

Das Gefängnis
Grundgedanke des Settings ist es, die Spieler in einer Welt ohne Magie in ein Gefängnis zu stecken. Jeder Charakter hat seine eigene Motivation, was er dort zu suchen hat - einige betreten das Gefängnis etwa freiwillig, andere kamen auf die übliche Weise rein - aber alle wollen auch wieder raus. Die Besonderheit ist, dass das Ganze zu einem Technologiestand des späten 19. Jahrhunderts spielt und das Gefängnis keine Wände hat. Eigentlich könnte man einfach weggehen, aber aus irgendeinem Grund sind alle Insassen mit einem Fluch belegt, so dass ihnen, wenn sie sich zu weit vom Mittelpunkt der Karte entfernen, erst schlecht wird und sie dann bei zunehmender Distanz irgendwann zusammenbrechen. Wer noch weiter geht, stirbt an Übelkeit und daran, dass man sich die Gedärme rausgekotzt hat. Mjum.

1. Sitzung
Zu Beginn gab es noch sechs Charaktere: den Spion Jack, den Wolfmensch Wolf, den Arzt Sigurd Lothringer, einen langjährigen Insassen namens Karl-Gustav, der Theaterdarsteller und wegen Unzucht verknackte Roy, und Matthew O'Gallaghan, ein reinblütiger Pistolero. Hier begann ich schon einen Spielleiterfehler, der gerade für Anfänger wohl schwierig zu überwinden ist: Jeder Charakter hat andere Gründe. Besser wäre es gewesen, alle in einer Gefängniskutsche in den Knast zu schaffen, aber das Setup sah letztlich so aus: Matthew und Roy sind bereits im Nest (so heißt das Gefängnis) angekommen, Sigurd und Karl-Gustav reisen gerade ein und Jack, der in einem Gebüsch Wolf aufgelesen hat, schleicht sich über Umwege ins Nest ein. Wolf war an und für sich einfältig und hatte nicht viele Gründe, sich überhaupt an die Party zu hängen, Roy wollte eigentlich nur in Ruhe gelassen werden, Matthew will wirklich ausbrechen, der Doktor kommt ins Gefängnis, weil er Matthew als Sklaven gekauft hat, genauso wie Jack den Auftrag hat, Matthew herauszubringen, und Karl-Gustav wurde nach vielen Jahren einfach transferiert. Dass die Gruppe dann letztlich überhaupt irgendwie zusammenblieb, hing eher vom Wohlwollen der Spieler ab als wirklich von den internen Prozesse der Spieler. Kinder, hört auf mich: Wenn ihr als Spielleiter anfängt, dann sollten alle SCs aus demselben Sumpf kommen!

Wie dem auch sei, nachdem die Kutsche in einem kleinen Gefängnisdorf angekommen ist, finden sich auf magische Weise alle Charaktere am selben Platz ein, während der Sheriff der Anstalt seine unterschwellig bedrohliche Empfangsrede hält (die ich mir wirklich hätte aufschreiben sollen. Da habe ich einige Infos, die für die Charaktere wichtig gewesen wären, einfach mal vergessen). Nachdem alle Insassen der Kutsche (auch der vom Sheriff beschissene Sigurd) niedergeschlagen wurden und etwas mysteriöses mit ihnen gemacht wurde, wachten sie auf. Ein anderer Gefangener namens Ben trieb ein bisschen Exposition, bevor bemerkt wurde, dass Roy und Matthew in einer Schlägerei steckten. Gegen 12 Leute. Und alle anderen Spielercharaktere wollten erst mal die Lage abschätzen, so dass ich mich bei diesem ersten Kampf im Gleichgewicht dermaßen verschätzt habe, dass ich die Werte des Standard-Insassen auf ein verträgliches Maß herunterregeln musste, brrr. Ein Spiel mit Verletzungen anzufangen macht schließlich keinen Spaß.

Irgendwie fand die Gruppe dann zusammen und beschloss, zu dem bedrohlichen Turm in der Mitte der Karte zu wandern. Abgesehen von Sigurd, der blieb zurück um Gift zu mischen (der Spieler ging auf Klo). Auf dem Weg dorthin liefen sie einem Anstaltspriester über den Weg, der sie ein bisschen nervte. Zeit für den ersten Sidequest! Ein alter Mann am Seitenrand namens Kasmir hatte nämlich kein Bock mehr auf den Pfaffen und heuerte die SCs an, um den Prediger loszuwerden. Es wurde eine Weile darüber debattiert, wie man das anstellen könnte, und während die meisten SCs sich schon mal Steine zum Werfen besorgten, hat Karl-Gustav einen Überredenswurf geschafft, der ganz gut, aber nicht perfekt ausgegangen ist. Der Spieler hat dann aber eine kleine schauspielerische Darbietung abgeliefert, in der er den Priester dazu überredete, Gottes Werk an einer anderen Stelle fortzuführen, weil der SC seine Arbeit hier übernehmen würde. Das fand ich passend genug.

Irgendwie hat das gereicht, um die Spieler von ihrer Turmpilgerei abzulenken. Dann hieß es (trotz Warnungen durch NPCs), dass sie jetzt in den nördlichen Wald wollen, weil vielleicht Schätze! Ok, ab in den Wald. Angriff durch Wölfe. Schockierend!
Die Wölfe wurden ganz gut niedergemetzelt (ein Charakter hat improvisiert und einen Wolf in eine Decke eingewickelt, um ihn dann besser treffen zu können), aber unser Wolfmann konnte das nicht mit ansehen und ist mit dem Rest des Rudels davongelaufen - das war dann auch der Abschied der Spielerin und das Ende der ersten Sitzung. Insgesamt alles nicht ganz so toll gelaufen wie geplant, aber ich habe eine Menge gelernt.

Flow-Charts haben mir ziemlich gut geholfen, verschiedene geplante Ereignisse zu überblicken

2. Sitzung
Roy hat sich inzwischen auch verabschiedet, weil die Spielerin meinte, sie hätte keine wirkliche Verbindung zum Spiel gefunden. Wie dem auch sei, es waren noch insgesamt vier SCs übrig und das war ohnehin schon mehr als genug für mich.

Da die SCs immer noch im Wald auf der Suche nach Schmuggelware waren, haben sie weiter die Brücke aufgesucht, von der aus man das Versteck finden sollte. Brücke halt eingestürzt, auf der anderen Seite hockt Der Dicke Mann - ein massiv großes, schwabbeliges Wesen mit einem Baumstamm in der Hand.
"Ooookay. Lasst mal weitergehen."
hieß es dann, aber Karl-Gustav, der alte Mann, wollte immerhin noch mal einen Redeversuch machen - der allerdings nicht fruchtete, weil Der Dicke Mann anscheinend nicht der Sprache mächtig war. Sie sind dann einfach zum Schmuggelware markierenden Baum gelatscht, der sich als sehr jung herausstellte. Matthew: "Ich will den Baum rausziehen." "O...kay? Stärkewurf." Dann hat er eine Steigerung geschafft, das Ding rausgezogen und in sein Inventar gesteckt. Ja. Er hatte den Platz.
Die SCs bemerkten an der Stelle, dass es irgendwie doof war, keine Schaufel mitzunehmen, haben dann aber doch angefangen zu graben - da der Boden durch das Herausziehen des Baumes gelockert war, habe ich das auch nicht zu lange dauern lassen. Schatulle ward gefunden mit Muni und einer Flasche Korn mit der Aufschrift "CH---", die der Alkoholikerspion auch gleich in seine Tasche gewirtschaftet hat. Danach wollte Matthew noch mal einen kleinen Abstecher Richtung Dicker Mann machen - vielleicht lässt er sie ja rüber, wenn man ihm einen neuen Baum schenkt! Folgendes "Gespräch" passierte:

Matthew ruft "Hey!"
Der Dicke Mann schaut auf.
Jake (der Spion): "Kennst du die Schmuggler?"
Keine Antwort.
Matthew hält den Baum hoch.
Der Dicke Mann hält seinen Baumstamm hoch.
Die Spieler freuen sich!
Matthew stellt den Baumstamm hin.
Der Dicke Mann guckt fragend.
"Er stellt den Baumstamm nicht hin?" "Nein." "Aw."
Matthew hält den Baum hoch.
Der Dicke Mann verliert das Interesse.
"Vielleicht können wir den Baum zu ihm rüberwerfen?"
"Warum sollten wir das tun?"
"Keine Ahnung! Vielleicht mag er ihn?"

Jake wollte bei der gemeinsamen Wurfaktion nicht mitmachen, hat sich dann aber doch breitschlagen lassen. Es mussten zwei der drei Werfen-Würfe klappen und das gelang auch. Im Anschluss nahm der Dicke Mann den zweiten Baum auf und hatte somit zwei Baumstämme.
"...okay, lass in die Stadt zurückgehen."

Auf halbem Weg hörten die SCs etwas im Gebüsch rascheln. Ein erfolgreicher Wahrnehmungswurf gab die Richtung an. Zwei machten sich zum Kampf bereit, Matthew warf einen Stein, traf mit Steigerung und zerschmetterte so den Schädel eines Hundes. Die SCs erkannten den Namen "Rover" am Halsband und machten sich sofort daran, sich eine einheitliche Geschichte zurechtzustricken, wie der Hund umgekommen ist. Nur falls jemand fragen sollte.
Es war der Priester!

Danach folgten sie der Spur des Hundes und kamen bei Arthur an, einem im Boden eingegrabenen Mann mit zwei Augenklappen, der einigen Leuten anscheinend auf den Zeiger gegangen ist. Zuerst wollten sie ihn ausgraben, dann, als er schimpfte, dass diese Idioten keine Schaufel zu einer Grabungsaktion mitgenommen haben, wollten sie es doch wieder sein lassen - aber dann hat er mit Bezahlung und Infos gelockt. Zwischendurch hat er erfahren, dass sein geliebter Hund von einem im Wald herumlaufenden Priester erschlagen wurde und kaufte das Karl-Gustav dank eines Überredenwurfes auch sofort ab. Es fiel die Info über den Besitzer der Brennerei, Christoph. "Aaaah! CH!"

Als die Spieler aus dem Wald rauskamen, habe ich sie von Kasmir empfangen und erst mal ein bisschen Exposition machen lassen, denn irgendwie mussten die Spieler nach Smoketown, um weiterzukommen. Das Problem: der Weg nach Smoketown wird von den Wärtern reglementiert. Es wurden sofort die wildesten Theorien gesponnen, wie die SCs nach Smoketown kommen sollten, unter anderem kam der Plan auf, die Brennerei heimlich einzunehmen, sämtlichen Korn (der auch an die Wachen geliefert wird) zu vergiften und die Brennerei dann abzufackeln, um im Chaos die Stadt zu verlassen. Da es sehr spät wurde, kehrten sie in ihr Hauptquartier zurück und wollten eigentlich schlafen gehen, aber es wurde weiter wild herumtheoretisiert und diskutiert.

Als das Gespräch dann zu Fliegenpilzen in Lübeck abdriftete, rief ich "AUS HEITEREM HIMMEL FLIEGT EIN MOLOTOV-COCKTAIL DURCH DIE TÜR UND SETZT ALLES IN BRAND. Konstitutionswürfe gegen Rauchvergiftung, ihr beide da nehmt Schaden."
Der Schaden war mit Bennies (sozusagen dem manifestierten Glück der Spielecharaktere) abgegolten, die SCs flüchteten nach draußen, wo sich eine Menschenmenge gesammelt hat. Das Nachbarhaus, in dem Ben (der Kerl, der die SCs nach dem Niederschlagen gesundpflegte) wohnte, fing ratzfatz Feuer und Matthew hat sich tatsächlich dazu bereit erklärt, die Tür einzutreten und Ben heraus zu holen. Das ging ungefähr so:
Matthew: "Wir wissen gar nicht, ob er überhaupt drin ist!"
Ich (geflüstert): "Hilfeeee"
Matthew: "Okay, er ist drin, wir können gehen. ...Na gut, was soll's, rette ich ihn halt."

Nachdem Matthew die Tür eintrat und Ben rauszerrte, haben ihn die drei ausgefragt, wer das war. Ben war "WTF, ich habe geschlafen, euer Haus fing Feuer, dann brannte meines auch, WOHER SOLL ICH DAS WISSEN?!" Einer hörte sich in der Menge um, anscheinend steckten die Deadbeats dahinter, die sauer waren, weil während der Schlägerei am Anfang anscheinend einer von ihnen umgekommen ist (Sigurd hatte ihn heimlich getötet). Die SCs denken sich "Okay, dann sind wir jetzt wohl quitt", aber Jake wandte ein, dass die wahrscheinlich darauf bauten, dass einer von ihnen sterben würde. Die Charaktere begannen daraufhin melodramatisch "Oh nein! Wolf ist gestorben! Wooolf! Neeeein!" zu rufen und dann war die Sache gegessen. Die Masse verzieht sich. Ben besorgt den SCs aus Dankbarkeit eine neue Bleibe, wo sie dann auch endlich mal geschlafen haben.

Am nächsten Tag wollten sich die Charaktere auf zur Brennerei machen, wo dann die Diebstahl-Szene erfolgte. Ein kleine Gruppe Deadbeats nahm den Charakteren ihre Sachen ab und rannten davon. Die Spieler mussten sich aufteilen und sich entscheiden, wer wem folgte. Der Erfolg, also ob jemand sein Ziel zu packen bekam, hing von einer Reihe Attributs- und Fertigkeitswürfen ab. Hat alles sehr gut geklappt - Karl-Gustav hat einen in der Gasse gestellt und verprügelt, Matthew hat den anderen bei einem Marktstand erwischt und die Kehle durchgeschlitzt, nur Jake hat zu viel gepatzt und es nicht geschafft, den Haupt-Typi zu erwischen - am Ende wurde er noch kritisch von einem Schleuderschuss von einem anderen Dach getroffen. Aber immerhin hat Matthew durch einen guten Wahrnehmungswurf mitbekommen, dass ein anderer Kerl, in den der Entkommene hereingelaufen ist, sich heimlich davonschlich. Matthew verfolgte ihn, prügelte das Geld (zwar nur ein Bruchteil vom Verlorenen, aber hey) aus ihm raus und tötete ihn daraufhin auch. Was die Spieler nicht wussten: Matthew hat das geheime Handicap "blutrünstig" und ist somit eine Gefahr für alle.

Karl-Gustav schleppte seine bewusstlose Geisel mit nach Hause - was auch jeder auf dem Marktplatz gesehen hat. Dort punchten sie den Mann wach, der war verwirrt und hilflos und wurde kurz danach wieder bewusstlos geschlagen. Auf zur Brennerei!

Der Plan sah nun eigentlich aus: Mal klopfen, mit dem Christoph reden und nur mal gucken, wie der so ist. Das artete ein bisschen aus, er wurde überschüttet mit Fragen über die Wachen und die Belieferung der Stadt (vor allem, weil ihn die Kenntnis darum, dass jeder davon weiß, total schockierte), Arthur wurde als Informant genannt ("Der sollte doch vergraben im Wald verreckt sein!"), Matthew wollte ihm eine langen, aber es gab einen kritischen Fehlschlag, hat gegen einen Apparat geschlagen und durch einen Bennie eine Verletzung verhindert. Danach musste der alte Mann mal wieder alles durch seinen Charme ausgleichen und am Ende war zumindest alles einigermaßen wieder gut. Christoph hat den Leuten sogar einen Job gegeben als Lieferanten, damit sie nicht irgendwo anders zur Arbeit eingeteilt werden, aber ich glaube, der Christoph ist da eher misstrauisch und wird noch bei den Wachen petzen. Der Deal: Zwei Flaschen bei Ben abgeben, zwei bei Mars abgeben, danach gibt's für jeden eine Flasche gratis!

Also erst mal zu Ben. Flaschen gegeben, okay. Dann zu Mars, der die Charaktere hereinbot mit dem Angebot, Schläger für ihn zu töten, weil ein Schläger namens Slick ihr Geheimnis kannte. Bezahlung: Infos wie man nach Smoketown kommt. Die SCs: Entweder wir machen das und du sagst uns dein Geheimnis oder wir kriegen alle 20 Kippen (die Währung im Knast)! Zerknirscht willigte Mars ein, den Charakteren die Infos und eine leere Pistole zu geben. Also wissen die SCs nicht, dass Mars in Wirklichkeit eine Frau ist. Slick erprisst sie und er erwartet sie mit seinen Freunden in der Mühle. Man kann sich denken, wo das hinführen sollte.

Okay, alles lief auf meinen geplanten Kampf in der Mühle heraus. Dann kam die zündende Idee: "Wir nehmen den Korn und basteln uns Brandbomben!" Nun gibt es in der Stadt nicht viel Stoff oder Seile oder so, aber sie dachten sich: "Hey, wir haben unsere Geisel doch mit seinen eigenen Klamotten gefesselt und geknebelt! Das Zeug nehmen wir für die Molotovs!" Das... ist so ziemlich das Auffälligste, was sie machen konnten, aber okay!

Zurück zur Basis. Geisel sitzt mit durchschnittener Kehle im Stuhl (da hat wohl einer mitbekommen, dass er entführt wurde, HMMMMM, WIE BLOß).
Matthew: "Aber seine Klamotten sind noch da?" "Ja." "Prima!"
Dann entschlossen sie sich noch dazu, die Leiche hinter Bens Haus zu legen. Sie klopften an und Matthew: "Hey, Ben! Wollte nur sagen, dass du dich in den nächsten paar Tagen vielleicht ein wenig in Acht nehmen solltest!"
"Was? WAS HABT IHR JETZT SCHON WIEDER GEMACHT?!"
"Nichts nichts, nur so."

Da fragt man sich echt, warum der Kerl immer noch neben diesen Leuten wohnen will. Im Folgenden sind die SCs um die Mühle herumgeschlichen, Jake konnte heimlich das Wassermühlrad raufklettern und einen Blick hinein werfen. Die SCs hatten insgesamt drei Brandsätze und warfen sie alle gleichzeitig hinein, wodurch in der ersten Runde schon mal zwei von acht Gegnern umkamen. Als die Gegner endlich dran waren, wollte einer durch eine in Brand gesteckte Tür entkommen und starb bei dem Versuch (der arme Kerl schaffte es nicht mal, die Tür kaputt zu machen). Auch ein Muli, das durch die Tür entkommen wollte, ist verreckt (das andere schaffte es in drei Runden nicht, über das Gatter zu springen. "Ihr hört erneut ein jämmerliches Wiehern.") Es ging dann noch soweit, dass alle Feinde im Erdgeschoss starben und nur noch zwei Feinde im ersten Stock überlebten, einer davon Slick. Am Ende der letzten Runde haben sie's in den angrenzenden Fluss geschafft, womit die drei SCs noch wohlauf sind (wobei Jake bei seiner Fensterposition ordentlich Gegenwehr von den Deadbeats einstecken musste) und Slick nun dabei ist zu fliehen. An der Stelle haben wir erst mal unterbrochen.

Im Folgenden wird Slick wahrscheinlich eher versuchen zu fliehen und die angrenzende Bäckerei wird Feuer fangen. Zudem hat Matthew seine Pistole gefeuert nach dem Motto "Jetzt auch egal!", was die Wachen spitzhörig gemacht haben wird. Insofern werden die SCs in der nächsten Sitzung, da bereits mehrere Schläger öffentlich getötet und wichtige Infrastruktur abgefackelt ohne vorher sicherzustellen, dass sie keiner beobachtet, schwer mit den Deadbeats und den Wächtern zu tun bekommen.

Hat mir auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Die Exposition mit Kasmir war ein bisschen träge und Jozu, der Spieler von Matthew, hat gemeckert, dass STÄNDIG IRGENDWAS PASSIERT, aber ansonsten war's wohl für alle gut.

Wofür das hier nur ist? Hmmmm!

3. Sitzung
Irgendwie haben sie's dann geschafft, Slick umzunieten und sich von Mars die Belohnung zu holen - was ziemlich knapp war, denn am Anfang der Sitzung sagte ich den Spielern, dass hier demnächst die Wachen aufkreuzen werden. Wie durch ein Wunder sind tatsächlich alle Spieler unentdeckt entkommen und Sigurd, der letztes Mal nicht dabei war, war nun wieder mit von der Partie.

Für dieses Mal hatte ich mir vorgenommen, die Spieler ein bisschen spüren zu lassen, dass sie nicht mit allem durchkommen. Letztes mal haben sie zum Beispiel diesen Brennereibesitzer angemacht und der hat sich für die Rückkehr der SCs zwei starke Jungs von der Wache besorgt und meine vier Spieler hatten echte Probleme, die beiden Bäume von Kerlen zu fällen. Da sind mehrere Bennies geflossen. Der Kampf war zwar ein klein wenig frustrierend für die Spieler ("Yeah, ich habe getroffen! Oh, ich mache nicht genug Schaden..." Kommt davon, wenn alle in der Truppe auf Geschick bauen und trotzdem kämpfen gehen), aber die Message ist angekommen: Als die Charaktere später in eine Bar kamen, wo sich der Hauptmann der Wache aufhielt, den sie als Job verprügeln sollten, um nach Smoketown zu kommen, saßen darin ein gutes Dutzend Wächter und es war überhaupt keine Frage, hier mal einen schlaueren Weg zu nutzen als die Bude abzufackeln.

Ihren pyromanischen Trieb hat die Truppe dann aber doch noch ausgelebt - in der Brennerei hat der alte Mann aus Spaß eine brennende Kippe in den Alkohol fallen lassen. Es kam den anderen Spielern schon komisch vor, dass Karl-Gustav unbedingt die Tür abschließen wollte, aber bisher war der alte Mann eher unauffällig. Damit hat also keiner gerechnet. Kaum waren sie aus der Brennerei raus, explodierte das Ding und hat ordentlich Wunden links und rechts hinterlassen. Ratet mal, wer als einziger nur mit ein bisschen Dreck auf den Schultern davongekommen ist? ... Zwei der vier SCs haben sofort zwei Wunden kassiert und standen kurz vor der dritten, die wären beinahe schön abgenippelt. Nur Karl-Gustav und seiner Haustierratte ging es gut.

Das beste war dann aber noch mein toller Plot mit der Frau im Knast. Kurze Synopsis: Mars ist als Mann verkleidet im Männerknast. Die SCs wussten das nicht. Nach der Eskapade mit Slick holten sie sich von Mars die versprochene Belohnung ab, gehen weiter zu Silver, der sie nach Smoketown bringen soll. Der möchte, dass die SCs (als eine von wahlweise zwei Aufgaben) den Hauptmann der Wache verprügeln, weil der Silver vor der Zeit im Nest einmal sein Mädchen ausgespannt hat. Die SCs holen aus dem Barmann heraus, dass Gregori, der Hauptmann, nie direkt ins Wachhaus zurückgeht, nachdem er getrunken hat, sondern einen Umweg macht. Die SCs verfolgen ihn... zum Haus von Mars. Über ein paar sehr peinliche Momente (der Doktor, den Mars zu dem Zeitpunkt noch nie gesehen hat, geht rein, verkackt den Wurf für Schauspielerei, kann sich aber dann doch noch durch eine durchaus gelungene, verbale Performance eines Betrunkenen retten - Talent wird belohnt!) finden die SCs heraus, dass Mars eine Frau ist und flüchten. Sie kehren zu Silver zurück, berichten ihm, dass seine Ische in der Stadt ist und er erklärt sich bereit, die Truppe nach Smoketown zu bringen.

Nach dem Spiel wurde den Spielern erst klar, was es mit dem ganzen Sidequest (der auch ganz anders hätte verlaufen können, ich hatte im übrigen ein ganzes Wachenhaus geplant, falls einer der Charaktere am Anfang bei der Mühle gefangen genommen wird) auf sich hatte - dass Slick halt erfahren hat, dass Mars eine Frau ist und sie dazu erprisst, ihn mit acht Freunden in der Mühle zu "treffen". Es war wunderschön mitanzusehen, wie meine Mitspieler das Bisschen Hintergrundgezottel auseinanderpflücken und dann in einem "OH MEIN GOTT!"-Kanon zergehen. Mein Mitbewohner hat mir einige Minuten später dann auch nochmal gesagt, dass er über diese ganze Vergewaltungungs-Geschichte immer noch nicht hinwegkommt. Schien alles perfekt gelaufen zu sein!

Des weiteren war der Weg nach Smoketown geplant, leider konnte ich die Gruppe wegen einiger Schwierigkeiten nicht mehr zusammen bringen. Meist sagt man dann zwar, man solle mit den übrigen Charakteren weiterspielen, aber ich habe einen weiteren Fehler gemacht: Ich habe viele Plots an einzelne SCs gebunden, so dass es keinen Sinn gemacht hätte, wirklich ohne sie weiterzuspielen. Alternative wäre gewesen, eine Menge Umschreibarbeiten zu leisten, auf die ich dann leider auch nicht mehr wirklich viel Lust hatte. Insofern haben wir uns nun endlich mal dazu entschlossen, die Kampagne abzubrechen. Das Geheimnis vom Nest, dem Fluch und was die Charaktere in Smoketown erwartet hätte (erste Großstadt des Spiels voller Kranker, Hungernder und Verbrecher), werden die Spieler jetzt wohl nicht mehr herausfinden - aber ich werde meine kleinen Schätze natürlich geheimhalten und vielleicht bei einem neuen Spiel wiederverwerten. Dann werde ich mir aber keine eigene Welt zusammenbasteln, sondern ein Settingbuch zur Rate ziehen. Kleine Schritte.

Meine doch recht kurzen Erfahrungen als Spielleiter waren auf jeden Fall sehr positiv. Die Gruppe ist nach der ersten Sitzung (die, wenn sie besser von mir geplant gewesen wäre, auch vielleicht dazu geführt hätte, dass wir mehr Spieler gewesen wären) richtig in Fahrt gekommen und abgesehen von ein paar Bremspunkten, wo die Spieler über die kleinsten Details diskutiert haben, ist auch mehr als genug Kram passiert. Wenn's Spielern und Spielleiter Spaß macht, ist alles in Ordnung! Kann Savage Worlds für Anfänger nur weiterempfehlen. Rian

Kommentare

Jozu
30. November 2011 um 01:06 Uhr (#1)
Ich muss sagen, dass ich das System wirklich mag. Ich habe auch schon einen Haufen anderer P&P-RPGs gespielt und würde auch erfahreneren Rollenspielern empfehlen da mal reinzuschauen. Dadurch, dass es so einfach ist findet man schnell zugang und die explodierenden Würfel (wenn auch nicht exklusiv bei Savage Worlds enthalten) sorgen für sehr amüsante Situationen. Allein was das Setting angeht fällt hier etwas mehr Arbeit an - aber mit einem motivierten SL der gerne seine Welt vor den Spielern entfalten will, ist das ja gar kein Problem.
Rian
30. November 2011 um 11:34 Uhr (#2)
Naja, wie viel Arbeit das Setting macht hängt natürlich ganz davon ab, wie viel man selbst machen muss. Meine Entwicklung war ja from scratch, hat also doch schon einen dicken Ordner an selbstgemachten Notizen und Karten erzeugt. Ich glaube nicht, dass das Entwickeln für Savage Worlds umfangreicher sein soll - angeblich soll's sogar leichter sein. Aber ich hab' da nicht wirklich Möglichkeit zu vergleichen D:
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