PS3 + Move = Wii HD

(Artikel)
Christian Steiner, 21. März 2010

PS3 + Move = Wii HD

Wenn Nintendo nicht will, dann halt von Sony

Nintendos Wii trug in seiner Planungs- und Konzeptphase den bedeutungsschwangeren Namen "Revolution". Die älteren Jahrgänge unter euch mögen sich noch erinnern, das war im Jahre 2005. Der Name war Programm: ein streng geheimer Controller sollte die Art, wie wir spielen und wie wir über Spiele sprechen, völlig verändern. Aus dem Revolution wurde die Wii, aus der Wii wurde ein zweischneidiges Schwert.

Ja, die Wii hat ein gewaltiges Problem mit der Flut von minderwertigen Spielen. Dieser Effekt trat zwar bisher bei jedem Marktführer seiner Generation auf, aber bei Nintendo wird der eigentliche Segen damit zum Fluch: Man wollte Vati, Mutti, Oma und Opa und das kleine Schwesterlein nämlich auch an Videospielen heranführen, was so auch ein absoluter Erfolg wurde. Blöd nur, wenn diese neuen Zielgruppen keine eingebauten Sensoren (sprich: Blogs, Magazine und andere Informationsquellen) besitzen, um den erwähnten Müll von Qualität zu unterscheiden. Somit wird der ganze Mist, der in der Wii-Abteilung beworben wird, gekauft, statt im Regal rechtmäßig zu versauern. Das führte sogar so weit, dass alle ansonsten konstanten Mischverhältnisse völlig umkippten: Auf der Wii sind die klassischen "Hardcore-Gamer" in der Minderheit. Während auf den anderen Plattformen eine traditionelle, natürliche Auslese stattfindet, ist es auf der Wii genau umgekehrt. Party- und Minispiele verkaufen sich wie blöde, die eigentlichen Blockbuster verschimmeln auf der Auslage. Das machte die Wii über die letzten Jahre immer uninteressanter für den klassischen Spieler, ein Teufelskreis entstand. Die Titel verkauften sich nicht, wurden deshalb nicht mehr produziert. Die Hardcore-Spieler wandten sich von der Wii ab, wodurch sich die Titel noch schlechter verkauften. Und so weiter und so fort.

Nach rund vier Jahren dieses Schauspiels, nach vier Jahren des Gelddruckens durch Nintendo und den neuen Zielgruppen, rieben sich Sony und Microsoft die Augen und mussten feststellen, dass Nintendo absoluter Marktführer in einer glänzenden, finanziellen Situation war. Das Geheimnis - die vorher angekündigte Revolution durch den Controller - war in finanzieller Hinsicht tatsächlich eingetreten. Und natürlich ist dieser Kuchen, das Feld des Motion Gamings, ein viel zu großer und verlockender, als dass die anderen nicht auch einen kräftigen Bissen mittels eigener Konzepte ab haben wollen.

Ja, das Herumgehampele ist genau so albern wie bei der Wii.

Auf der letztjährigen E3 tröpfelten dann die ersten vorsichtigen Informationen zu den HD-Motion-Controllern von Sony und Microsoft heraus. In Redmond schmeißt man den Controller ganz aus dem Fenster und lässt die Leute mit einer Kamera spielen, in Tokyo wählt man die goldenen Mitte und bietet Kamera plus leuchtenden Zauberstab. Natürlich alles noch in der Konzeptphase, keine finale Hardware, Namen oder Spiele. Nur ein "Wir übrigens auch. Bald!"

Dieses "bald" rückt nun langsam näher. Microsofts Natal wird mit Sicherheit auf der diesjährigen E3 mit einem Paukenschlag präsentiert, Sony wählte auf der GDC weiterhin die Tröpfchen-Taktik. Finale Hardware, der finale Name wurden gezeigt, aber keine finalen Titel, keinen Starttermin oder einen konkreten Preis. Eher ein "so ungefähr". Und dieses "ungefähr" ist nun Anlass für heftige Diskussionen unter Fanboys und Forentrollen.

Natürlich ist es noch ein weiter Weg bis zum Start der Hardware im Winter, nur wenige Glückliche auf der GDC hatten die Ehre den PlayStation Move ausprobieren zu können. Aber vielen ist klar geworden: Wird der Controller tatsächlich funktionieren und Sony ihn aggressiv genug vermarkten (eine Hoffnung, die man mit größter Vorsicht hegen muss), dann könnten sie die oben geschilderte Lücke im Katalog der Wii bei Sony schließen. Natürlich will die andere japanische Firma ein großes Stück von der Torte der Wii-Kunden haben - sie selbst sprechen davon, die Wii-Kunden abzugreifen und an HD-Gaming heranführen zu wollen. Eben weil das aktuelle große Ding Party- und Minispiele mit Mutti, Vati, Oma und Opa sind. Verübeln kann man es ihnen in keinster Weise, auch Microsoft zeigte bisher hauptsächlich Konzepte für diese Zielgruppe. Sollen sie ruhig, wer sind wir denn schon, dass wir anderen vorschreiben dürfen, wie und was sie spielen?

E3 2009: Bogenschießen mit zwei PS Moves

Doch der große Pluspunkt auf Seiten Sonys dürfte die vorhandene Fanbase sein. Das Mischverhältnis funktioniert nämlich noch auf der PlayStation, die Modern Warfares und GTAs dieser Welt sind die tonangebenden Titel, sowohl hier als auch auf der XBox. PlayStation Move macht also, so scheint es, die PS3 zu einer Wii HD, ein Konzept, das Nintendo selbst nicht durchführen möchte. Das heißt im schlimmsten Fall ein Haufen Casual- und Party-Spiele für den Rest von uns, sowie einen hoffentlich genau so großen Haufen von Sony-Titeln mit (optionaler) Move-Steuerung. Dass das nicht zwangsläufig schlecht sein muss, veranschaulicht Nintendo mit wenigen Lichtblicken auf der Wii: Zelda, Metroid und Resident Evil 4 zeigen, dass Motion-Steuerung auch dem Hardcore-Gamer Spaß machen kann, Madworld, Silent Hill und Dead Space zeigen aber auch, dass diese nicht mehr wirklich zum Kundenkreis der Wii gehören. Folglich werden wir in den nächsten Jahren noch weniger Titel dieser Gattung auf der Wii finden und mit etwas Glück in zunehmender Zahl und hoffentlich steigender Qualität verstärkt auf der PS3 mit dem PlayStation Move. Ich finde, dass kein so schlechtes Szenario ist. Christian

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