Test: Zelda - Tears of the Kingdom

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 05. Juni 2023

Test: Zelda - Tears of the Kingdom

Größer und besser

Nintendo hat mal wieder einen guten Hypetrain zum laufen gebracht. Nachdem Breath of the Wild nicht nur das Zelda Franchise in eine neue Richtung gelenkt hat, sondern auch gleich einen neuen Standard für Open-World Spiele setzte war klar, dass ein Nachfolger folgen musste. Recht früh informierte Nintendo uns darüber, dass an Breath of the Wild 2 gearbeitet wird und es viele Ideen enthalten soll, die man nicht im ersten Teil umsetzen konnte aus diversen Gründen. Das macht Lust auf mehr. Erst recht nach dem ersten Trailer, der dem Spiel einen offiziellen Namen gab: Tears of the Kingdom. Für Fans ganz klar Freudentränen.
Etwa 3 Jahre nach dem Sieg über Ganon erkunden Link und Zelda ein bisher unbekanntes Gewölbe unter Schloss Hyrule aus dem eine mysteriöse Fäulnis herausfließt. Dabei stoßen sie auf eine Ruine von den Zonai, ein altes, gottgleiches Volk welches im Himmel hauste und das Königreich Hyrule mitbegründet hatte. Diese Ruine enthält Wandmalereien welche vom Versiegelungskrieg erzählen, in dem ein uraltes Böse, dem auch die Verheerung Ganons entsprang, versiegelt wurde. Und dieses Böse, der Dämonenkönig Ganondorf, lauert gleich im Raum nebenan, mumifiziert und von einem abgetrennten Arm festgehalten.
Natürlich bricht genau in diesem Moment das Siegel und Ganondorf wird freigelassen. Und erschreckenderweise gelingt es ihm mit einem Angriff die Klinge des Masterschwert zu zerstören und dazu noch Links rechten Arm zu infizieren, wodurch man alle Herzen bis auf die Standard drei verliert. Zelda fällt in einen Abgrund und Link wird von dem Arm gerettet.
Als er wieder aufwacht befindet er sich an einem komplett anderen Ort. Der Arm hat ihm das Leben gerettet indem er Links eigentlichen rechten Arm ersetzte. Geschwächt aber lebendig hängt es jetzt mal wieder an ihm ab Hyrule vor dem Bösen zu retten.
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In vieler Hinsicht ist Tears of the Kingdom einfach nur Breath of the Wild noch einmal. Im Kampf gegen etwas böses wurde Link verletzt und das Masterschwert geschwächt wodurch beide erstmal wieder ihre Kräfte zurückerlangen müssen. Dazu ist man erstmal in einem Tutorialgebiet gefangen und muss 4 Schreine besuchen um die Basisfähigkeiten zu erlangen. Hat man diese wird man auf die Welt losgelassen und kann versuchen gleich zum Endboss zu spazieren, oder erstmal Kräfte sammeln und Quests erledigen.
Die alten Fähigkeiten sind aus nicht erwähnten Gründen nicht mehr für euch zugänglich, doch dafür gibt es neue. Mit der Ultrahand könnt ihr wie mit Magnetismus Dinge hochheben und herumtragen, seid aber diesmal nicht auf metallische Gegenstände beschränkt. Zusätzlich könnt ihr damit Gegenstände an anderen festkleben. So kann man ganz einfach mehrere Holzbretter aneinander kleben und als Brücke benutzen, oder man klebt Räder an eine Platte und rollt dann einen Hang hinunter. Definitiv die nützlichste Fähigkeit die ihr am häufigsten verwenden werdet. Die anderen Fähigkeiten erlauben euch wortwörtlich durch die Decke zu gehen, sofern diese nicht zu hoch ist, sehr nützlich beim klettern. Mit Fusion man kann Gegenstände an Nahkampfwaffen und Schilder kleben, aber nur eins pro Waffe/Schild, außerdem nutzt man das um Dinge an Pfeile zu kleben, was die Sonderpfeile ersetzt. Und zu guter letzt könnt ihr Objekte in der Zeit zurückdrehen, was hauptsächlich für Puzzle genutzt wird oder um fallende Steine als Aufzug zu verwenden.
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Wie schon im Vorgänger ist Hyrule im Prinzip ein großer Spielplatz mit viel zu entdecken und wenigen Regeln. Zwar erkundet man so gesehen wieder "dieselbe" Welt, doch es hat sich genug geändert, um die Erfahrung wieder ganz frisch zu machen. Die Shiekah Schreine wurden durch Zonai Schreine ersetzt und an anderen Orten platziert mit neuen Rätseln basierend auf den neuen Mechaniken. Die Rätsel die sie beherbergen gefallen mir übrigens viel besser als die aus Breath of the Wild. Koroks sind auch wieder da, aber an neuen Orten und mit neuen Rätseln. Monster haben neue Lager aufgeschlagen, die neuen Türme mit denen man die Karte aufgedeckt sind an anderen Orten und verlangen teilweise, dass man erst ein kleines Rätsel löst, bevor man sie verwenden kann. Und teilweise hat sich die Geographie auch stark verändert. Wer also Breath of the Wild in und auswendig kennt, hat dennoch viel Neues zu entdecken.
Zum Beispiel die vielen Höhlen, die sich überall in Hyrule geöffnet haben. Manche enthalten einfach nur ein paar Ressourcen, in manchen hausen aber auch Monster wie Steintalose, meistens bewachen diese irgendwelche Schätze. In einigen dieser Höhlen finden sich auch Lichtwesen, welche man mit einem Pfeil treffen muss, damit sie einen speziellen Edelstein fallen lassen. Diese kann man bei einem bestimmten NPC gegen Belohnungen eintauschen. Wer lieber hoch hinaus will, kann auch in die Himmelswelt gehen. Wie aus den Trailern bekannt schweben jetzt einige Inseln über Hyrule, welche man über verschiedenste Wege erreichen kann. Viele davon haben diverse Schätze auf Lager, es gibt Schreine zu finden, oder kleine Rätsel. Es gibt in Hyrule immer etwas zu tun oder zu entdecken.
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Das ist eben das geniale an dem Design der Welt und dem Spiel. Oftmals setzt man sich ein Ziel in der Distanz und auf dem Weg dahin entdeckt man irgendetwas anderes, was man dann natürlich zuerst erkunden will. Sei es einer der Zonai Schreine, sei es ein Monsterlager, oder ein NPC der Hilfe braucht oder eine der Höhlen. All diese Orte stechen immer optisch irgendwie aus der Landschaft hervor, man kann sie eigentlich nicht übersehen. Und das völlig ohne eine überladene Karte à la Ubisoft mit ganz vielen Icons für diverse Aktivitäten oder Dinge zum einsammeln, die man ohne diese Icons nie entdeckt hätte. Wer dennoch Icons auf der Karte haben will, kann diese natürlich selbst platzieren. Ich persönlich nutze gerne das Purah Pad um Dinge die ich in der Distanz entdecke mit einem Pin zu markieren und ändere diesen Pin in ein entsprechendes Icon um, damit ich es wiederfinde.
Diese Art von Open World Design ist wunderbar entspannend. In vielen Spielen sehe ich die Karte vollgespickt mit Icons zwischen meiner Position und meinem Ziel und fühle mich irgendwie genötigt von meinem Pfad abzuweichen, weil guck mal, dieser Marker ist nur ein kleiner Umweg, wäre doch Zeitverschwendung das nicht eben schnell zu machen. Bei Zelda hingegen setze ich mir das Ziel in der Ferne, sei es die nächste Hauptquest, sei es der nächste Turm, und vielleicht stolper ich dabei über irgendwas und mach erstmal das. Klar ist das Ergebnis irgendwo das gleiche, ich habe eine optionale Sache auf der Karte erledigt, aber nicht weil ich aus der Angst etwas nützliches zu verpassen mich drum gekümmert habe, sondern weil es sich angeboten hatte, das mal eben zu machen. Oder ich lass es links liegen, weil ich es für nicht nützlich halte, das gerade zu tun. Man fühlt sich einfach ungezwungen was das angeht und das reduziert deutlich diesen gewissen Open World Stress den man sich gerne selber macht.
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Dasselbe lässt sich auch zu den Puzzlen sagen. Wie schon in Breath of the Wild gibt Tears of the Kingdom dem Spieler ein Ziel, das es zu erreichen gibt, die Werkzeuge, mit denen man das Ziel auf jeden fall erreichen kann und das wars. Nutzt ihr die Werkzeuge so wie die Entwickler es sich gedacht haben? Schön. Habt ihr eine anderen Weg gefunden, um das Ziel zu erreichen? Auch gut. Es gibt keine “richtige” oder “falsche” Lösung für die Probleme vor die euch das Spiel stellt, es gibt nur Lösungen die funktionieren und welche die nicht funktionieren. Und manchmal macht es sogar mehr Spaß eine ungewöhnliche Lösung zu finden, auch wenn es dadurch doppelt so lange dauert. Das ist sehr befreiend. Manchmal merkt man aber auch, dass man es sich unnötig kompliziert gemacht hat, wenn man am Ziel angelangt und einen der einfachere Pfad ins Gesicht starrt. Ja gut, dann wars halt idiotisch von mir außen an der Wand hochzuklettern anstatt die Treppe in der Ecke zu nehmen.
Oder man bastelt sich einfach eine Lösung mit der Ultrahand und einigen Zonaigeräten, der wohl spannendsten Neuerung im Spiel. Angetrieben von einer erweiterbaren Batterie die Link im Tutorial bekommt kann man verschiedenste Geräte an seine Ultrahand Kreationen kleben um diese noch nützlicher zu machen. Das fängt an mit simplen Dingen wie Ventilatoren mit denen man ein Floß über Wasser oder eine Lore entlang von Schienen bewegen kann. Wem das zu langsam ist, der kann auch gleich eine Rakete befestigen, die hält aber nur begrenzt. Man könnte damit auch einen Holzwagen antreiben, oder gleich die Holzräder durch Zonairäder ersetzen und losdüsen. Wem Land und Wasser zu blöd sind, der kann all das auch an einen Zonaigleiter klemmen und dann durch die Lüfte fliegen. Und wer die Sachen auch steuern will, der kann auch einen Steuerknüppel dranhängen. Dann vielleicht noch eine Kanone vorne dran und dem Luftangriff steht nichts mehr im Wege.
Die Möglichkeiten, welche die Zonaigeräte bieten, sind schier endlos. Bereits jetzt finden sich Videos von den verrücktesten Maschinen, darunter auch Fantasy-Mechs die durch ein Bokoblinlager stampfen. Damit man nicht vollends davon abhängig ist, ob man die nötigen Teile findet, die man für seine Schöpfung braucht, kann man die Geräte auch in Kapselform mit sich tragen. Allerdings muss man diese entweder verkapselt in der Welt finden, oder im Tausch gegen Zonailadungen an verschiedenen Kapselmaschinen erstehen. Geräte die man so in der Welt findet, oder aus einer Kapsel hervorgeholt hat lassen sich nicht wieder ins Inventar verfrachten. Eine Kombination lege ich jedem dabei ans Herz: Verbindet eine Zonairakete mit einem Schild um einmalig einen Senkrechtstart hinlegen zu können. Sehr nützlich, wenn man eine Steilwand erklimmen will.
Einer der größeren Kritikpunkte des Vorgängers fand sich in den Dungeons. Die Titanen waren… okay, aber viel zu kurz und irgendwie langweilig. Diese Kritik hat man sich wohl zu Herzen genommen, denn diesmal gibt es richtige Dungeons. Um besser für den Kampf gegen Ganondorf gewappnet zu sein muss Link mal wieder in die vier Regionen wandern und einen Dungeon bewältigen. Einen Blitzdungeon für die Gerudos, einen Feuerdungeon für die Goronen, einen Wasserdungeon für die Zoras und einen Winddungeon für die Rito.
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Im Grunde folgen sie alle demselben Schema. Im Eingang findet sich ein Mechanismus der den Weg zum Boss frei gibt und dieser Mechanismus funktioniert nur, wenn man an mehreren Stellen im Dungeon bestimmte Dinge aktiviert. Auch hier ist es natürlich wieder dem Spieler selbst überlassen, wie man das bewerkstelligt. Für jedes Dungeon bekommt man auch einen Gefährten an die Seite der einem mit einer besonderen Fähigkeit hilft. Besiegt man den Boss des Dungeons bekommt man diesen Gefährten in Geisterform als dauerhaften Begleiter und kann ihre Spezialfähigkeit jederzeit einsetzen. Auch das gefällt mir viel besser als die Championfähigkeiten aus Breath of the Wild deren Nutzen oftmals zu situationsabhängig war.
Leider ist ihr Einsatz etwas fummelig. Um die Fähigkeiten der Championgeister einzusetzen muss man den entsprechenden Geist ansprechen. Je nachdem wo man ist kann es sein, dass der gewünschte Geist aus Platzgründen gerade nicht da ist, oder noch schlimmer, im Kampf läuft dieser vor Link weg und man muss ihn einfangen. Oder zwei von ihnen stehen so nah beieinander, dass man versehentlich den falschen aktiviert. Oder aus irgendeinem Grund wird die Fähigkeit abgebrochen und man muss den Champion erneut ansprechen. Oder ganz gemein, der Geist steht zwischen Link und dem NPC den man ansprechen möchte und anstatt ein Gespräch zu führen hat man eine Naturgewalt entfesselt. Das hätte man besser lösen können.
Auch das umstrittene Waffenhaltbarkeitssystem hätte man vielleicht überarbeiten können, ist aber im Grunde gleich geblieben. Ja, ich weiß warum Nintendo das so gemacht hat, man soll mit mehr Waffen experimentieren und so, aber wie schon im Vorgänger führt das bei mir leider immernoch dazu, dass ich Waffen mit viel Schaden horte weil "irgendwann kämpfe ich gegen einen mächtigen Gegner und da brauche ich die" und hab dann keinen Platz für andere Waffen. Es wurde ein wenig erträglicher gemacht durch das Fusionssystem, wer z.B. Hörner von starken Monstern in der Tasche hat kann diese mit einem einfachen Schwert fusionieren um eine starke Waffe zu erhalten. Ich machs trotzdem nicht. Zumal es der Haltbarkeit der Basiswaffe kaum hilft, wenn man was anderes dran klebt. Auch wenn man theoretisch nur mit dem Holzknüppel, der am Schwert hängt, zugeschlagen hat, das Schwert nimmt dennoch Haltbarkeitsschaden. Ich werde auf Dauer kein Fan davon und hätte mir zumindest die Möglichkeit zum Reparieren von Waffen gewünscht.
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Man hat also die normale Oberwelt aus Breath of the Wild modifiziert und mit neuen Dingen zu entdecken gefüllt, man hat vier ganze Dungeons die man diesmal übrigens auch später nochmal besuchen kann, man hat fliegende Inseln im Himmel zu erkunden. An Aktivitäten mangelt es kein bisschen in Hyrule, dachte ich mir. Bis ich dann im Zuge des Feuerdungeons in den Untergrund von Hyrule musste. Ja, Tears of the Kingdom hat die Welt auch nach unten erweitert. Damit ist die Karte quasi doppelt so groß wie in Breath of the Wild. Wer also wirklich alles sehen will, der wird sich sehr lange mit diesem Spiel beschäftigen. Schon alleine für den Endkampf, den man theoretisch jederzeit angehen kann, sollte man viel Zeit investieren, um gut genug gewappnet dafür zu sein. Außer man ist Speedrunner und kennt alle Tricks.
Und das ist auch das Schöne daran. Nintendo beweist erneut wie gut das Design von Breath of the Wild war und wie man dieses sinnvoll erweitern kann ohne bestimmte Grundsätze zu missachten. Es gibt immer irgendetwas zu entdecken und dieser Prozess ist sehr organisch gestaltet. Egal was man tut, egal wo man rumschnüffelt, in der Regel wird man für seine Mühen in irgendeiner Form belohnt. Ob diese Belohnung die Mühe wert war, das ist natürlich eine andere Sache. Doch es gilt weiterhin: Alles kann, nichts muss. Ihr müsst nicht alle Koroks finden, alles Schreine lösen und jede Höhle erkunden. Ihr dürft so viel oder so wenig machen wie ihr wollt und weil einem nicht gesagt wird, wo man alles findet macht man sich auch nicht unterbewusst Druck, weil man irgendwo was liegen gelassen hat. Und wie schon im Vorgänger hat es etwas Entspannendes einfach irgendwo hinzugehen, um zu gucken, was es dort wohl zu finden gibt.
Tears of the Kingdom ist ein mehr als würdiger Nachfolger zu Breath of the Wild und übertrifft das Original sogar in vielen Aspekten. Wer also das erste Open World Zelda geliebt hat, der wird auch hier vollends zufrieden sein. Ich hoffe nur, dass andere Entwickler die richtigen Lektionen aus diesem Spiel lernen.

The Legend of Zelda: Tears of the Kingom wurde auf der Nintendo Switch getestet. Für den Test hat sich der Redakteur das Spiel selbst gekauft.

The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom

(Ranking)
S
RANK
Herausragend. S-Spiele erweitern Horizonte. Sie bieten intensive Erlebnisse oder halten den Spieler noch lange am Bildschirm gefesselt. Selbst wenn man sie nicht jedem empfehlen kann, will man doch mit jedem über sie reden.

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12. Mai 2023
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Plattform - Hybrid aus Konsole und Handheld. Unter dem Codenamen Nintendo NX angekündigt, ist die Nintendo Switch im März 2017 weltweit erschienen.

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