Wolfenstein: Youngblood Review

(Artikel)
Benjamin Strobel, 12. August 2019

Wolfenstein: Youngblood Review

Im Koop gegen Nazis

Amerika ist wieder Nazi-frei. Die Geschehnisse von Wolfenstein II: The New Colossus mündeten in einer neuen amerikanische Revolution und das Regime wurde nach Europa zurückgedrängt. Heißt das, B.J. Blazkowicz konnte sich zur Ruhe setzen? Nun, für eine Weile. Inzwischen ist er jedoch in Nazi-Paris spurlos verschollen. Seine 18-jährigen Zwillingstöchter machen sich in Wolfenstein: Youngblood auf die Suche nach dem alten Haudegen - und nebenbei kurzen Prozess mit Nazis.

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Gut, dass B.J. und seine Frau Anna ihre Töchter intensiv auf den Ernstfall vorbereitet haben: hartes Training und Schussübungen standen auf der To-Do-Liste ihrer Erziehung ganz oben - das erfahren wir durch eine kurze Cutscene zu Beginn des Spiels. Aber schon bald wechselt Youngblood in den Bildschirm für die Charakterauswahl. Man spielt entweder Jess oder Soph, eine der beiden Zwillingsschwestern. Die jeweils andere wird vom Computer gesteuert oder, deutlich besser: von einer zweiten Person im Online-Koop.

Youngblood ist nicht in der Wolfenstein-Hauptreihe angesiedelt, die seit 2014 von MachineGames entwickelt und von Bethesda herausgegeben wird, sondern als Spin-Off konzipiert. Diesmal hatte das Studio Verstärkung von den Arkane Studios, die unter Bethesdas Flagge die Dishonored-Reihe entwickeln. Ihre Handschrift findet man vor allem in der Struktur von Youngblood wieder, die eine deutliche Abweichung von der Hauptreihe darstellt.
Anstelle einer linearen Kampagne gibt es einen Missions-Hub und drei große, offene Areale, die miteinander verbunden sind. In jedem dieser Distrikte wartet eine Festung mit einem Bossgegner auf das Teenie-Aufräumkommando.

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Grundsätzlich erlaubt das Spiel unterschiedliche Vorgehensweise und Zugänge zu den Festungen. Völlig frei kann man sich in Paris allerdings nicht bewegen, da Feinde ein festes Level haben und entsprechend auch stärker sein können als man selbst. Bewegt man sich in ein Areal mit Gegnern, die deutlich über dem eigenen Level sind, wischen sie mit einem den Boden auf. Will man selbst den Mop in den Hand nehmen, sollte man zunächst andere Areale besuchen, mit Nebenaufgaben Geld und Erfahrung verdienen oder die eigenen Waffen mit vielseitigen Upgrades verbessern und individualisieren.

Upgrades und Charakter-Progression sind ein großes Thema in Youngblood. Zu starke Gegner können dem Fortschritt und Spielspaß mitunter harte Grenzen setzen, zumal es in den großen Festungen keine Checkpoints gibt - wenn beide Figuren sterben, startet man von vorn und muss unter Umständen die letzten 30 bis 60 Minuten Spielzeit neu durchlaufen. Das ist natürlich frustrierend. [UPDATE vom 30.08.2019: Ein neuer Patch fügt zusätzliche Checkpoints vor Bossen hinzu.]

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Die notwendigen Verbesserungen an den Waffen und der Spielfigur machen allerdings auch jede Menge Spaß. Unter den Skills findet man besondere Fähigkeiten wie Unsichtbarkeit und Rempelangriffe, aber auch nützliche Verbesserungen wie mehr Lebensenergie und Munitionskapazität. Spannend ist vor allem das Upgrade-System für die verschiedenen Waffen. Hier kann man in der Regel neue Aufsätze und Erweiterungen in drei Kategorien auswählen: Schaden, Geschwindigkeit und Genauigkeit. So kann man beispielsweise nur Stützgriffe und Visiere verbauen, welche die Genauigkeit erhöhen, um ein gewöhnliches Gewehr in eine Sniper-Waffe zu verwandeln. Geht man stattdessen mehr auf Geschwindigkeit, neigt sich dieselbe Waffe eher Richtung Maschinengewehr. Alle Upgrades lassen sich nachträglich auch wieder umbauen, wenn an etwas experimentieren möchte.

Gute Ausrüstung ist die halbe Miete. Die andere Hälfte ist eine menschliche Person für den Koop-Modus. Die computergesteuerte Schwester versagt immer dann, wenn es drauf ankommt: beim Wiederbeleben, dem Flankieren von Gegnern und wenn es darum geht, Spaß zu haben. Youngblood macht sehr deutlich, ein Koop-Spiel zu sein und da sollte man das Spiel auch beim Wort nehmen. Zwar kann man durchaus mal eine Mission allein spielen, um Geld und Erfahrung zu erspielen, auf Dauer funktioniert es aber nur zu zweit. So kommt die Deluxe Edition auch mit einem Buddy Pass, über den man eine zweite Person einladen kann, Youngblood kostenlos im Koop mitzuspielen - ein bisschen wie beim Download-Play auf dem Nintendo 3DS.

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Schwierigkeiten im Singleplayer gibt es vor allem, weil stärkere Gegner, und Bosse ganz besonders, etwas Strategie und Zusammenarbeit erfordern. Fast immer muss eine Person den Boss ablenken, damit die andere eine Chance hat. Schwierig kann Youngblood auch deshalb werden, weil es einem schamlos Feinde in den Rücken spawnt; deckt man sich nicht gegenseitig den Rücken, ist es schnell vorbei. Da man sich maximal drei Leben mit dem Partner oder der Partnerin teilt, ist Zusammenarbeit einfach Pflicht. Kümmere ich mich nämlich nicht um die Wiederbelebung, kann mir am Ende selbst ein Leben fehlen. Nur wer schwesterlich zusammenhält, kann gewinnen.

Wolfenstein: Youngblood ist insofern ein sehr mechanisches Spiel. Das stark aufgeladene Nazi-Setting rückt stärker in den Hintergrund als bei früheren Titeln von MachineGames. Das ist durchaus schade, da The New Order und The New Colossus durch ihr World Building besonders überzeugt haben. Neben ein paar hintergründigen Geschichten, die man in Briefen und Dokumenten in den Atempausen zwischen der Koop-Action zügig weglesen muss, bleibt einem vor allem eins: das Abschießen von Nazis. Immerhin darf man nebenbei diverse Hitler-Büsten zerschlagen.

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Mit einem Preis von 40 Euro platziert sich Youngblood in einem fairen Budget-Segment, vor allem wenn man bedenkt, dass man eine weitere Person zum Koop einladen kann. Es erreicht nicht den narrativen Tiefgang, mit dem MachineGames uns bislang verwöhnt haben, aber Gunplay und Koop-Mechaniken machen Wolfenstein: Youngblood zu einem unterhaltsamen Shooter.

Wolfenstein: Youngblood wurde auf der Xbox One X getestet. Ein Testmuster wurde uns von Bethesda zur Verfügung gestellt.

Wolfenstein: Youngblood

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A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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