Mortal Kombat 11 Review

(Artikel)
Benjamin Strobel, 09. Mai 2019

Mortal Kombat 11 Review

Von Herzstücken und Zeitkristallen

Mortal Kombat 11 ist ein Fighting-Game mit langer Tradition. Der Mythos von Mortal Kombat speist sich vor allem aus den Extremen der Gewaltdarstellung. Mit dem Reboot von 2011 hat sich die Reihe erfolgreich neu erfunden - und mehr aus sich gemacht als aufgeregte Erzählungen über Innereien. Seitdem setzt Mortal Kombat auf poliertes Gameplay, abwechslungsreiche Spielmodi und eine aufwändig inszenierte Erzählung. Diese Tradition setzt Mortal Kombat 11 geradlinig fort. In das Erfolgsrezept haben sich aber auch moderne Mechanismen der Monetarisierung eingeschlichen.

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Herzstücke
"Da kann man Leuten das Herz rausreißen", machte es seinerzeit auf Schulhöfen die Runde. Natürlich hatte das Spiel nie jemand selbst gesehen, aber die Legenden von Mortal Kombat eilten der Sache selbst voraus. Den Hörfehler "Mord and Kombat" kann ich einem Schulfreund bis heute nicht verübeln. Er spiegelt die öffentliche Wahrnehmung der Reihe hervorragend wider. Aber sind Herzstückchen wirklich das Herzstück der Reihe?

Mortal Kombat 11 macht einmal mehr deutlich, dass die Reihe mehr zu bieten hat als Blut und Gedärme. Netherrealm haben immer wieder mit neuen Mechaniken experimentiert und das Gameplay mit jedem Ableger verfeinert: Combo-Breaker, Verstärkte Spezialangriffe, X-Ray-Moves, Interaktionen mit der Umgebung und vieles mehr. In Mortal Kombat 11 kulminieren diese Experimente in neuen Systemen mit taktischer Finesse.

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Das Grundprinzip von Mortal Kombat bleibt unerschüttert: Es gibt neben klassischen Combos Spezialangriffe, bei denen man Feuerbälle, Energiewellen und andere Gemeinheiten aus dem Hut zaubert. Taktische Tiefe erlangen die Kämpfe vor allem durch ein neues System für offensive und defensive Manöver. Zährten Combo-Breaker und Enhanced Moves zuvor noch aus derselben Spezialleiste, sind diese Aspekte nun auf defensive und offensive Techniken aufgeteilt. Das Combo-Potenzial ist dadurch insgesamt höher, weil man die Energie nicht dafür zurückhalten muss, um sich zu verteidigen. Zugleich bleiben die Ressourcen für beides begrenzt, sodass man sie nicht beliebig einsetzen kann. X-Ray-Moves kehren zwar zurück, können aber nur aktiviert werden, sobald die Lebensenergie unter ein kritisches Level sinkt. So wird ein Turnaround möglich, allerdings hat man nur einen Versuch pro Match. Fans der kompetitiven Kampfkunst können sich zudem darüber freuen, dass es perfekte Blocks gibt, die den Blockschaden auf ein Minimum reduzieren. Natürlich nur mit dem richtigen Timing.

Lerne was, so kannst du was
Etwas, das mir in Mortal Kombat 11 schnell ins Auge fiel, ist die umfangreiche Tutorial-Sektion. Die Lerneinheiten finden sich in einem übersichtlichen Menü, sind aber kein Pflichtprogramm, bevor man ins eigentliche Spiel einsteigt. So kann man für sich selbst entscheiden, ob und wie tief man in die Mechaniken des Spiels eintauchen möchte. Dabei gibt es Tutorials für die Grundtechniken und erweiterte Mechaniken bis hin zu tiefergehenden Wissen über Fighting-Games. Hier wird man unter anderem über die Framedata von Moves aufgeklärt und wie das Spiel Eingaben verarbeitet. Dabei lernt man beispielsweise, dass ein Angriff einen Treffer garantiert, wenn die Startup-Phase der Attacke kürzer ist als die Recovery-Phase des letzten Gegner-Moves. Wer sich zudem tiefer in konkrete Charaktere einarbeiten möchte, findet maßgeschneiderte Tutorials für jede einzelne Figur im Spiel.

Mit der aufwändigen Gestaltung der Tutorials wird deutlich, dass Mortal Kombat 11 sich nicht nur als überzogenes Gewaltfeuerwerk begreift, sondern zugleich als vollwertiges Fighting-Game für die kompetitive Szene.

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Leichte Schläge auf den Hinterkopf
Seit dem Reboot von 2011 legen Netherrealm Studios großen Wert auf ihren Story-Modus, der auch in ihrer Injustice-Reihe eine große Nummer ist. Von den Synchronstimmen über die Musik bis hin zu aufwändigen Gesichtsanimationen und Motion-Capturing ist die Inszenierung handwerklich auf höchstem Niveau. Dabei wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt, sodass wir einen großen Teil des Rosters über den Verlauf der Story auch spielen können. Interessanterweise gibt es hier keinen Raum für Fatalities - denn ob eine Figur irgendwann stirbt, bestimmt die Geschichte selbst.

Auf Quick-Time-Events wird diesmal komplett verzichtet, auch wenn sie im Vorgänger durchaus unterhaltsam waren. Dafür gibt es mehrere Passagen, in denen man sich vor dem Kampf für eine von zwei Figuren entscheiden darf. Die Wahl wird dynamisch aufgegriffen und mit individuellen Dialogen ins Geschehen eingebettet. Besonders elegant ist dabei auch, dass es keinerlei Ladezeiten gibt, sodass der Übergang von Zwischensequenz zum Kampfbildschirm fließend ist. Technisch und inszenatorisch spielt Mortal Kombat 11 hier in der oberen Liga.

Leider wird mit jedem Netherrealm-Spiel umso deutlicher, dass das Studio nicht immer gut in der Lage ist, Konflikte zwischen den Figuren plausibel auszuarbeiten. Mehr als einmal kehren die roten Augen wieder zurück, die schon seit Mortal Kombat VS DCU anzeigen sollen, dass eine Figur gerade korrumpiert und böse ist. Nur ein paar gut gemeinte Schläge auf den Hinterkopf (oder sonst überall hin) können dem Gegenüber dabei helfen, wieder zur Besinnung zu kommen. Das "Red-Eyeing" ist schon deutlich reduzierter als noch im letzten Injustice, aber so ganz kommt das Studio nicht davon weg. Das ist eine billige Abkürzung für das Writing und ich würde am liebsten keine davon mehr sehen.

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Teurer Individualismus
Aspekte von Customization sind in Mortal Kombat 11 so groß wie nie. Es gibt nicht nur verschiedene Skins und Accessoires, die man individuell kombinieren kann, sondern auch ein anpassbares Moveset. Hierbei lassen sich zusätzliche Techniken ausrüsten oder bestehende modifizieren. Dabei muss man einige Limitationen beachten, sodass man die Figuren nicht ins Unermessliche pimpen kann. Das Balancing der verschiedenen Builds scheint dadurch ganz gut zu funktionieren.

Bevor einem diese Türchen offenstehen, muss man sich allerdings durch die Krypta grinden. Wie im Vorgänger handelt es sich dabei um eine eigenständige Spielwelt, die nach dem Metroidvania-Prinzip funktioniert: um voranzukommen, muss man kleine Rätsel lösen, geheime Wege identifizieren und Items finden, die einem neue Möglichkeiten eröffnen. Die Areale sind dabei von Schatzkisten überschwemmt, sodass man um keine Ecke gehen kann ohne über eine Truhe zu stolpern. Allerdings lässt sich das Spiel das Öffnen der Kisten gut bezahlen, sodass man immer wieder in andere Modi zurückkehren muss, um weitere Taler von der Spielwährung zu erwirtschaften. Das kann ein ziemlicher Grind werden, wenn man sich alle Items für eine Figur erspielen möchte, zumal die Inhalte zufällig auf die Truhen verteilt sind. So schafft Mortal Kombat 11 gleichzeitig auch Anreize für Micro-Transactions, bei denen man echtes Geld gegen Zeitkristalle eintauschen kann. Mit den Kristallen kann man den Zufallsfaktor eliminieren und Gegenstände gezielt freischalten. Allerdings lassen sich nicht alle Objekte mit Zeitkristallen freikaufen, sodass man auf jeden Fall Zeit investieren muss. Wie viele und welche Items gegen Kristalle angeboten werden, ist leider nicht ganz klar.

Fazit
Mortal Kombat steht unter dem Scheffel der eigenen Gewaltlegende. Sicher, die berühmten Fatalities sind noch immer eine kreative, wenn auch makabere Verlockung, Mortal Kombat zu spielen. Leider überschattet dieser Fokus viele Qaulitäten des Spiels. Mortal Kombat 11 stellt mehr noch als seine Vorgänger unter Beweis, dass es nicht nur unterhalten will, sondern einen hohen Anspruch an das eigene Gameplay hat. So ist Mortal Kombat 11 nicht nur ein Couch-Hit für zwischendurch, sondern auch ein ernstzunehmender Player in der kompetitiven Fighting-Szene.

Mortal Kombat 11 wurde auf der Xbox One X getestet. Ein Testmuster wurde uns von Warner Bros. zur Verfügung gestellt.

Mortal Kombat 11

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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23. April 2019
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Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
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