Nintendo Switch VR

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 06. Mai 2019

Nintendo Switch VR

Neues Potenzial für die Switch

Der Gedanke ist logisch: Man braucht nur ein passendes Gehäuse, dann kann man aus der Nintendo Switch eine VR-Brille basteln. Nachdem Hacker bereits in einem Debug Menü VR-Optionen entdeckten, war klar, dass Nintendo auch diesen Gedanken hatte. Eine Vermutung, welche sich mit der Ankündigung des Nintendo Labo Toy-Con VR-Kits bestätigte. Seit Anfang April können wir aus Pappe eine VR-Halterung für die Switch basteln, deren Verwendung sich nicht nur auf die Labo-Spiele beschränkt. Mit Super Mario Odyssey und Breath of the Wild haben ende April zwei große Nintendo Spiele einen VR-Modus erhalten. Ich habe mir das Basis-Set angesehen, um der Frage zu nachzugehen, ob VR auf der Switch eine Zukunft hat.

Nintendo Labo
Nintendo Labo VR-Blaster

Bevor man sich die Konsole vor das Gesicht schnallen kann, muss die VR-Brille erstmal zusammengebaut werden. Wie schon bei den anderen Labo-Sets bekommt man eine sehr verständliche Bastelanleitung auf dem Modul mitgeliefert, welche wortwörtlich jeden Knick erklärt. Je nach Geschick ist man gut eine halbe bis dreiviertel Stunde damit beschäftigt, bis man die VR-Brille zusammengebaut hat - und dann kann es eigentlich schon losgehen. Ich empfehle dabei ein Brillenputztuch zur Hand zu haben, um die Linsen von beiden Seiten zu reinigen, denn jeder Staubpartikel sorgt für einen schwarzen Fleck im Sichtfeld.

In die fertige Halterung wird dann seitlich die Konsole eingeschoben. Vorher muss man den VR-Modus aktivieren, es gibt aber auch eine Option für einen automatischen Wechsel. Die Konsole erkennt das mithelfe des Helligkeitssensors. Je nachdem, welches der VR-Spiele man ausgewählt hat, sind die Joy-Cons optional an der Konsole anzubringen. Auf jeden fall muss man mindestens eine Hand an der VR Brille halten, denn das Toy-Con VR-Set kommt ohne Bänder, um die Halterung wie bei anderen VR-Brillen am Kopf zu fixieren. Geschickte Bastelfreunde sollten allerdings in der Lage sein, solche eigenständig nachzurüsten. Positiv überrascht war ich von der Bildqualität, die erstaunlich gut ausfällt. Natürlich kann die Switch nicht mit meiner HTC Vive mithalten, aber es ist nicht zu verpixelt und die schwarzen Balken zwischen den Pixeln sind kaum zu erkennen.

Was das Labo VR-Set angeht, so haut einen hier nichts wirklich vom Hocker. Mit nur dem Headset kann man einige sehr simple VR Spiele spielen welche eher den Charakter einer Tech-Demo haben. Immerhin habe ich dadurch gelernt, dass die Konsole selber auch ein Gyroskop enthält. Bisher hatte ich angenommen, dass die Joy-Con-Gyroskope dafür verwendet werden. Das Tracking der Kopfbewegungen funktioniert einwandfrei, zumindest was das Umschauen angeht.

Das Labo-Set hat sehr schnell seine Grenzen deutlich gemacht. Diese liegen vorrangig darin, dass es keine Möglichkeit gibt, die Positionen von der Switch und den Joy-Cons zu bestimmen. Diese Limitierung umgeht Labo durch seine Pappgeräte. Diese werden fest mit der VR-Brille verbunden und in diese Geräte werden an klar definierten Stellen die Joy-Cons eingelegt, sodass keine Zweifel an ihrer Position entstehen kann. Im Basis-Set ist nur der Blaster enthalten, bei dem man in VR bunte Aliens in Form eines Railshooters bekämpft. Wie bei einer Schrotflinte muss man durch eine Pumpbewegung durchladen, was einen Schlitten mit einem Joy-Con spannt. Durch einen Abzug wird dieser Schlitten losgelassen, was von dem Joycon registriert wird. Es empfiehlt sich, das Spiel auf einem Hocker sitzend zu spielen, da man sich in alle Richtungen drehen muss. Das ist unterhaltsam für ein paar Minuten, aber nicht sonderlich schwer und in erster Linie eine Highscore-Jagd.

Super Mario Odyssey
SuperMarioGalaxyVR

Per Update wurde für Super Mario Odyssey ein spezieller VR-Modus nachgeliefert. In vier Abschnitten aus dem Hauptspiel soll man in VR drei Musiker mit ihren Instrumenten versorgen. Diese findet man, indem man Noten unter Zeitdruck einsammelt, wie es im Hauptspiel mehrfach notwendig ist, um an Monde zu sammeln. Haben alle drei Musiker ihr Instrument, ist ein Level beendet. Die Kamera ist hierbei an einem Ort fixiert während man Mario durch die Umgebung hetzt. Auch hier empfiehlt es sich, auf einem Hocker oder Drehstuhl zu sitzen, da man den Blickwinkel durch Kopfbewegungen ändert.

Es ist ein nettes Gimmick - aus meiner Sicht aber nicht mehr als das. Es ist eine unterhaltsame Abwechslung, Teile des Spiels in VR betrachten zu können, aber wirklich bedeutsam wird das Spiel dadurch nicht erweitert. Auch ein Kaufgrund für das Labo VR-Set ist es definitiv nicht. Wer beides besitzt, kann durchaus mal reinschnuppern. Alle Nichtbesitzer der VR-Brille können den Bonus-Content trotzdem genießen: eine Brillenlose Option ist vorhanden.

Breath of the Wild
BotWVR

Bei The Legend of Zelda: Breath of the Wild gibt es keine speziellen VR-Inhalte. Stattdessen kann man das komplette Spiel durch ein Update in VR spielen. Den neuen VR-Modus kann man im Spiel einfach im Optionsmenü aktivieren. Anschließend schiebt man die Konsole in die Papp-Brille und schon ist man in Hyrule. Breath of the Wild in VR ist eine äußerst seltsame Erfahrung, da sich an der Präsentation überhaupt nichts ändert. Es wirkt so als würde man als riesiger Geist den Abenteuern von Link folgen. Dreht man seinen Kopf dann wird die Kamera um Link herum rotiert, man behält aber weiterhin Kamerakontrolle durch den rechten Stick. Einzig beim Zielen mit Pfeil und Bogen passen die Bewegungen ungefähr zusammen.

Ich kann verstehen, warum einer der Entwickler empfiehlt, im VR-Modus die Aussicht zu genießen und mehr nicht. Third-Person-Spiele in VR zu spielen, zählt definitiv zu den merkwürdigsten Spielerlebnissen, die man so haben kann: alles wirkt klein und wie in einem Puppenhaus. Hinzu kommt noch das Fehlen eines Kopfbandes zum Fixieren der Brille. Das Gerät mit beiden Händen ständig vor dem Gesicht zu halten geht schon nach kurzer Zeit merklich auf die Arme. Desweiteren leidet häufiger aucn die Framerate im VR-Modus.

Das Potenzial
VR auf der Switch funktioniert. Doch es hat ein paar klare Limitierungen. Zunächst hat die Switch natürlich nicht die grafischen Möglichkeiten einer PS4 oder eines PCs, das steht außer Frage. Hier musss man optisch einige Abstriche in Kauf nehmen, aber das kann man durch einen passenden Grafikstil locker kompensieren. Ein viel größeres Hindernis stellt neben dem Fehlen eines Kopfbandes zur Befestigung das nicht vorhandene Roomtracking dar. Die Konsole hat nunmal keine Möglichkeit herauszufinden, wo in einem Raum sie sich befindet, ganz zu schweigen davon, wo im Raum sich die Joy-Cons bewegen. Sollte Nintendo ein vollwertiges VR-System für die Switch herausbringen, dann muss diese Funktionalität noch nachgeliefert werden. Das ist möglich, aber noch in der Ferne.

So stelle ich mir das vor: Eine fertige VR-Brille, in die man die Switch einschieben kann, welche neben den Linsen und der Halterung noch eine Möglichkeit des Roomtrackings besitzt. Da könnte man sicherlich irgendeinen Sensor im Raum platzieren an dem sich das System orientiert, oder man nutzt ein Kamerasystem wie es bei Oculus Quest zum Einsatz kommt. Letzteres wäre natürlich genial. Für die Joy-Cons kann man sicher spezielle Schlaufen entwickeln, die man nur an die Controller dranhängen muss, welche über Ultraschall oder Ähnlichem herausfinden, wie sie zum Headset stehen.

Vielleicht arbeitet Nintendo bereits ein einem vollen VR-System für die Switch. Vielleicht kommt erst das leistungsfähigere Switch-Modell, bevor ein VR-System nachgeliefert wird. Vielleicht ist Nintendo Labo nur ein Testlauf, ob VR auf der Switch von den Kunden angenommen wird, bevor man ernsthaft darüber nachdenkt. Jetzt wo das Labo VR-Set erhältlich ist, wäre es zumindest denkbar, dass Nintendo und andere Entwickler optionale VR-Modi für ihre Switch Spiele herausbringen. Hier gibte es jede Menge Ungewissheiten, aber eines ist klar: mit der Switch bleibt es spannend.

Kommentare

Ben
06. Mai 2019 um 11:23 Uhr (#1)
Ich finde es auch spannend. Hätte nicht damit gerechnet, dass Nintendo sich tatsächlich in VR-Gebiet bewegt. Mal schauen, ob da noch etwas kommt. Die Updates für Odyssey und Breath of the Wild zeigen zumindest, dass mehr dahinter steckt als nur Tech-Demos für Labo.
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