Psycho-Pass im Test

(Artikel)
Haris Odobašic, 22. September 2016

Psycho-Pass im Test

Instant-Gerechtigkeit

Utopie oder Dystopie? In der Welt von Psycho-Pass wurde das Sibyl-System entwickelt, über das die psychologische Verfassung einer jeden Person in kurzer Zeit analysiert werden kann. Dieses dient nun als Leitfaden, um das Leben der Menschen zu steuern. Aptituden-Tests bestimmen den Karrierepfad, aber insbesondere die Verbrechensbekämpfung wurde so revolutioniert. Herumfliegende Drohnen, zum Beispiel, scannen regelmäßig die Leute, um anhand ihres Geisteszustandes Gefährder schnell identifizieren zu können. Die Verbrechensrate ist auf einem historischen Tiefstand, die Gesellschaft als solche funktioniert gut. Doch eher Utopie?

In Mandatory Happiness schlüpft ihr entweder in die Haut von Nadeshiko Kugatachi oder Takuma Tsurugi. Erstere ist eine Kommissarin der Sicherheitsbehörde mit Gedächtnislücke. Zweiterer ist ein Enforcer, ein ehemaliger Krimineller, der nun mit der Polizei zusammenarbeitet und auf der Suche nach einer verschollenen Kindheitsfreundin ist. Auch wenn die grobe Story gleich bleibt, hat eure Wahl insoweit Konsequenzen, dass ihr mehr über den Arc des jeweiligen Charakters erfahrt.

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Schon in den ersten Aufträgen bröckelt die Fassade des so perfekt erscheinenden Systems. In einem Fall geht es um eine Mutter, die eines ihrer Kinder umgebracht hat und dann mit dem zweiten Kind geflohen ist. Als ihr sie schließlich stellt, droht sie, auch ihrem zweiten Kind was anzutun. Eure Figur zückt den Dominator, eine spezielle Pistole, die quasi Judikative und Exekutive in einem ist. Der Dominator, wenn auf eine Person gerichtet, berechnet einen Koeffizienten, der das Kriminalitätspotenzial einer Person einschätzt und entsprechend reagiert. Kriminelle oder Leute, die kurz davor sind, ein schweres Verbrechen zu begehen, werden vom Dominator ausgelöscht, andere nur kalt gestellt. Und bei Leuten mit niedrigem Koeffizienten lässt der Dominator gar keinen Schuss zu.

Während ihr also die Waffe in der Hand habt, prüft ihr erst das Baby, was die Mutter in der Hand hält. Sein Koeffizient ist sehr gering. Der der Mutter hingegen so hoch, dass sie sofort ausgeschaltet werden muss. Ihr schießt, der Dominator lässt von der Mutter nur noch die Hände übrig, die das Baby gehalten haben. Kriminelle ausgeschaltet, Fall gelöst? Ein Routinecheck mit dem Dominator zeigt aber plötzlich einen sprunghaft gestiegenen Koeffizienten beim Baby. Der Dominator legt euch die Tötung nahe.

Denn natürlich: das Trauma, was das Kind gerade erfahren hat, die Zukunft, die es ohne Mutter erleben wird - all das sind Faktoren die, nachvollziehbar, zu dem Risiko beitragen, dass hier ein Krimineller heranwächst. Aber gibt das einem das Recht, dieses eigentlich unschuldige Leben auch zu nehmen?

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Das zentrale Thema des Spiels ist dabei, wie sich eine Gesellschaft verhält, in der einer der Grundpfeiler, hier eben das Sibyl-System, anfängt, zu bröckeln. Denn die Fälle, die ihr behandelt, haben alle eine Gemeinsamkeit: Die Personen, die Kriminell werden, haben einen Unterstützer im Hintergrund, der mit seinen Hack-Künsten es immer wieder schafft, die Mechanismen, die diese Gesellschaft steuern, auszuschalten.

Als klassisches Visual Novel beschränkt sich das Gameplay bei Psycho-Pass auf Entscheidungen, die ihr treffen könnt. Zum Beispiel werdet ihr regelmäßig gefragt, wie ihr euren psychologischen Zustand behandeln wollt: Nehmt ihr nach einem besonders schweren Fall oder einer Stresssituation Medikamente oder verzichtet ihr darauf. Das mag auf den ersten Blick keine wirklich bestimmende Enscheidung sein, aber im späteren Verlauf merkt ihr, wie eure Figur je nach Verfassung emotionaler oder kühler auf gewisse Situationen reagiert. Die Entscheidungen bestimmen außerdem, welches Ende ihr seht. Gleichzeitig wird so für Wiederspielwert gesorgt.

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Die Präsentation ist ziemlich schlicht. Auch wenn die Synchronisation überzeugt und viel vertont ist, bleibt die grafische Seite etwas auf der Strecke. Standbilder dominieren das Geschehen und auch die Charaktere könnten mehr hergeben. Gesichtsmimik findet nur minimal statt, Animationen während des Sprechens beschränken sich auf simpelstes Mund-auf/Mund-zu. Einen kleinen Pluspunkt verdient man sich aber durch ein Glossar, welches alle gängigen Begriffe erklärt, die im Spiel fallen. Das ist auch ziemlich nötig, da das Spiel zwar auch ohne Kenntnis des Animes, auf dem es basiert, genossen werden kann, man aber die zentralen Konzepte nur sehr schlecht in der Geschichte erklärt. Wer den Anime kennt, ist damit sowieso schon vertraut, aber wer nicht, sollte gerade am Anfang das Glossar studieren, wenn neue Einträge freigeschaltet werden.

Psycho-Pass: Mandatory Happiness ist ein spannender Sci-Fi-Thriller, der eine stärkere Präsentation verdient gehabt hätte. Gerade angesichts der Anime-Vorlage und auch der Qualität kürzlicher Genre-Hits wie Danganronpa oder Steins;Gate, wirkt das doch sehr statische Geschehen bei Psycho-Pass leicht langweilig. Die gelungene Geschichte, die spannende ethische Fragen aufwirft, wird dadurch doch etwas entwertet. Dennoch bleibt Psycho-Pass eine klare Empfehlung für Fans von Genre oder des allgemeinen Themenkomplex. Haris

Psycho-Pass: Mandatory Happiness wurde auf der PS Vita getestet. Ein Rezensionsexemplar wurde uns von NIS America zur Verfügung gestellt.

PSYCHO-PASS: Mandatory Happiness

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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