Stories: The Path of Destinies im Test

(Artikel)
Rian Voß, 28. April 2016

Stories: The Path of Destinies im Test

So viele zweite Chancen kriegt sonst keiner

Reynardo ist ein wackerer Held, der seinem Herzen folgt und sein Luftschiff sorgenfrei dem Horizont entgegen steuert. Irgendwann wird der fuchsige Kämpfer aber doch häuslich und lässt sich nieder. Leider macht er das zu einem Zeitpunkt, in dem das Königreich Boreas von Tumulten geplagt wird. Der Imperator scheint langsam wahnsinnig zu werden und er befiehlt seiner Armee der Krähen, Reynardos Stadt niederzubrennen. Dieser nimmt gerade so Reißaus und sucht Zuflucht bei den Rebellen. Während seiner Flucht fällt ihm aber ein mysteriöses Buch in die Hände, das merkwürdige Kräfte über Reynardos Schicksal entfaltet...


Gemütliche Klopp-Partie
Stories: The Path of Destinies ist ein reinrassiges Hack 'n' Slay, ähnlich typischen Genrevertretern wie Diablo oder Bastion. Mit seiner getreuen Heldenklinge schnetzelt sich Reynardo durch Horden monströser Vögel, lernt neue Fähigkeiten und wertet seine insgesamt vier Schwerter auf. Den spielmechanischen Kern bildet das Kampfsystem, das der Batman-Arkham-Spielreihe entliehen ist. Mit wohlgetimeten Tippsern auf die Angriffstaste treibt Reynardo den Kampfmultiplikator in die Höhe und kontert mit dem richtigen Tastendruck zur rechten Zeit, um zum fatalen Gegenangriff anzusetzen. Im Laufe des Spiels lernt der Fuchs außerdem neue Fähigkeiten. Dann kann er schnell über das Schlachtfeld huschen, Gegner besser greifen und Abgründe hinunter schmeißen oder Feinde mit einem Greifhaken zu sich heranziehen.

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Kämpfe spielen sich flüssig und die stets wachsende Gegnerzahl hält den Spieler eine Weile bei der Stange. Nach den normalen Soldaten gesellen sich spezielle Feinde hinzu. Einige Krähen tragen Schilde, die jeden Angriff negieren. Reynardo muss außerdem Elementargeister besiegen, die nach einem Angriff explodieren oder die andere Feinde verstärken. Der Gegnermix ist vollkommen okay, allerdings lernt Reynardo schnell Fähigkeiten, die den Kampf bei jedem neuen Gegnertyp gleich wieder einfacher gestalten. Etwa hält dann die Zeit bei Kontern kurz an oder man bekommt den Skill, dass man Schilde jetzt einfach durchschneiden kann. Das hält die Herausforderung etwas in Grenzen und sorgt dafür, dass man eher der Bewertung am Ende eines Kampfes entgegenfiebert statt wirklich um Reynardos Leben zu fürchten. Das wird vor allem im Endgame lächerlich, wenn man die Fähigkeit freischaltet, ab einem gewissen Kombomodifikator jeden Feind mit einem Hieb umzulegen. Außerdem gibt es keine Bossgegner.

Dafür, dass das Kampfsystem so ein essentieller Teil von Stories: The Path of Destinies ist, ist es recht enttäuschend. Nicht falsch verstehen: Kämpfe sind schon unterhaltsam, allerdings sind sie weder fordernd noch stimulierend oder originell. Zum fröhlichen Vor-sich-her-zocken ist das ganz nett, aber dieses Spiel ist nichts für Fingerakrobaten, die ordentlich schwitzen wollen.

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Alternative Wege
Wenn man Glück hat und genügend leblose Objekte zerstört, kann man insgesamt vier Schwerter anfertigen, die entsprechend farbkodierte Türen öffnen. Hinter diesen Türen warten alternative Pfade, oftmals mit noch mehr Gegnern und mit Edelsteinen gefüllte Truhen. Diese Edelsteine erhöhen Reynardos Fähigkeiten marginal. Etwa wird er resistenter gegen Elementarangriffe oder es erhöht sich die Chance auf Itemfunde. Bis zu drei Edelsteine können aktiv sein und man findet in jeder Truhe entweder einen neuen Stein oder eine aufgewertete Version. Hat man alle Steine gefunden, was sehr schnell passieren kann, sobald man genügend Materialien für alle Schwerter zusammengekratzt hat, sind die Truhen leer und die alternativen Pfade werden nutzlos. Das ist sehr schade, denn es lohnt sich dann einfach irgendwann nicht mehr, noch Umwege zu laufen.

Lerne aus deinen Fehlern
Das Besondere an Stories: The Path of Destinies ist die Art, wie die Geschichte erzählt wird. Ein britisch angehauchter Erzähler kommentiert das Tun des anthropomorphen Fuchses auf Schritt und Tritt, lässt dessen Gedanken laut werden und sorgt auch für den ein oder anderen schlechten Kalauer. Wer Wortspiele mag, wird den Erzähler lieben - alle anderen fassen sich früher oder später in Dauerschleife an den Kopf. Zwar gibt der Erzähler sich mit verschiedenen Stimmen allergrößte Mühe, Reynardo und den anderen Charakteren ihre eigenen Persönlichkeiten einzuhauchen, aber nach der Hälfte der Spielzeit bin ich den Mann doch ein wenig leid geworden. Immerhin: In den knapp acht Stunden Spielzeit bis zu den Credits wiederholt der Erzähler nicht eine Zeile, jeder Satz ist neu. Das klingt nach einem mörderischen Aufwand, vor allem weil wirklich jedes Detail kommentiert wird - ob man Reynardo nun herumdashen lässt, auf einer Plattform wartend im Kreis läuft oder zum zwanzigsten Mal Fahrstuhl fährt.

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Stories verfolgt außerdem eine nichtlineare Geschichte. Nach jedem Level darf der Spieler zwischen zwei Optionen entscheiden. Sammelt Reynardo weiter die Teile einer Superwaffe ein oder hilft er seinen Freunden? Versucht er, eine alte Jugendfreundin von der gegnerischen Seite zur eigenen zu bekehren oder verteidigt er die Rebellenbasis? Egal, wie man sich entscheidet: In den meisten Fällen segnet Reynardo das Zeitliche. Er explodiert, wird enthauptet, durchlöchert oder stürzt in die Tiefe. Dank der Hilfe eines magischen Buchs wird er aber immer wieder an den Anfang seiner Geschichte zurückgeschleudert - und lernt etwas dabei. Vier Wahrheiten gilt es zu entdecken, damit man den richtigen Pfad zum Happy End freischaltet, und jede Wahrheit hat auch Einfluss auf die Kommentare des Erzählers.

Das ist eigentlich eine sehr coole Mechanik, die wir etwa auch von der japanischen Visual-Novel-Serie Zero Escape kennen. Allerdings vergisst Stories eine der wichtigsten Features dieser Spiele: das Skippen. Wer alle 24 Mini-Geschichten erleben will, muss das Spiel 24-mal von vorne bis hinten durchspielen. Statt frei an schon gefundenen Entscheidungsknoten anfangen zu dürfen, muss man die Anfangslevel dutzendweise über sich ergehen lassen. Nicht mal die Erzählertexte zwischen den Gebieten lassen sich überspringen - nach jedem Neustart muss man andächtig zuhören, wie sich die Wolken über den Inseln von Boreas teilen, die Rebellen in Gefahr sind und es Zeit ist, sich zu entscheiden.

Die gute Nachricht ist: Es ist recht leicht, mit viermaligem Durchspielen an alle vier Wahrheiten zu kommen und da es drei verschiedene Startpunkte gibt, muss man sich bis zu den Credits nur mit wenigen Wiederholungen herumschlagen. Für die meisten Spieler dürfte das durchaus reichen, vor allem da die Spielzeit bis dahin für einen günstigen Indietitel vollkommen angemessen ist. Wen allerdings anschließend die vielen, vielen leeren Story-Tafeln in der Geschichtensammlung stören, der wird irgendwann jeden verfluchten Text mitsprechen können. Und da Reynardo zu diesem Zeitpunkt schon alle sinnvollen Upgrades haben kann, ist ein Spielerlebnis ab diesem Zeitpunkt kaum noch vorhanden, auch wenn selbst bei einem Neustart immer die stärksten freigeschalteten Gegner auftauchen.

Fazit
Stories: The Path of Destinies ist ein kurzweiliges Action-Abenteuer mit einem ulkigen Narrations-Kniff. Es bedient sich kompetent an hochklassigen Spielen wie Bastion, Zero Escape und Batman: Arkham, lässt dadurch aber seine eigene Note vermissen. Außerdem ist es im Prinzip fatal, dass man bereits erlebte Sequenzen nicht überspringen kann. Das ist bei einem Spiel, dessen erzählerisches Konzept auf Neustarts beruht, einfach nur frustrierend. Unterm Strich ist Stories: The Path of Destinies ein ordentlicher Titel, der sich mit einer quirligen Geschichte bis zum Abspann über Wasser hält, aber nicht über längere Zeit begeistern kann.

Stories: The Path of Destinies wurde auf dem PC (Windows 10 64-Bit, 16 GByte RAM, Intel Core i5-4690, Nvidia GeForce GTX 970) getestet. Für den Test hat sich der Redakteur das Spiel selbst gekauft.

Stories: The Path of Destinies

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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29. März 2024 um 15:45 Uhr
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RELEASE
12. April 2016
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Playstation 4
Plattform - Die Playstation 4 (PS4) von Sony ist eine Spielkonsole der 8. Generation. Sie erschien am 29. November 2013 europaweit als Nachfolger der Playstation 3.

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