Deponia Doomsday im Test

(Artikel)
Vivian R., 05. März 2016

Deponia Doomsday im Test

Zeitreisen à la Rufus

Einparkhilfen sind eine praktische Sache. Normalerweise bewahren sie Stoßdämpfer, Zaunpfähle und verirrte Fußgänger vor Schaden – und ganz manchmal retten sie auch die Zukunft der kompletten Welt. Am Anfang des ganzen Schlamassels von Deponia Doomsday stehen - oder fallen - nämlich zerbrochene Gläser, umgemäht von den schlechten Einparkskills des Zeitreisenden McChronicle. Blöd, wenn es ausgerechnet die liebsten Kristallgläser von Toni waren, mit der Rufus doch gerade gen Elysium flüchten wollte.

Kleine Spoilerwarnung: Deponia Doomsday ist der vierte Teil der Deponia-Reihe und knüpft... irgendwie und irgendwie auch nicht... an die Geschehnisse des dritten Teils an. Wer sich nicht spoilern lassen möchte, besorgt sich ganz schnell alle vorherigen Teile (denn sie lohnen sich!) und kommt dann wieder her!

Deponia Dialog

Schrottkrabben? In meiner Uhr?
Aber huch? Toni? Rufus? Flucht nach Elysium? War da nicht was?

Ja, da war was. Im dritten Teil der Deponia-Reihe der deutschen Entwickler Daedalic Entertainment hieß es: Loslassen. Zum Unmut vieler Fans endete die Trilogie überaus dramatisch. Nachdem unser Held Rufus mit seiner Freundin Goal ganz lässig Deponia vor der Zerstörung durch den Organon gerettet hat, kam es zu einem letzten Showdown auf Elysium – und als er und sein ärgster Feind Cletus über dem Abhang baumelten und nur einer zu retten war, entschied Rufus sich dafür, sich zu opfern. Herzschmerz pur.

Mit dem vierten Teil serviert uns Daedalic aber nicht einfach ein neues Ende. Es gibt keine abgerichteten Flugschnabeltiere, die den von Elysium herabfallenden Rufus retten und uns so ein neues Abenteuer mit ihm bescheren. Die Geschichte ist erzählt. Unser lieber, schusseliger Held fällt – fiel – wird fallen - und gefallen gewesen worden sein. Was bleibt also, wenn die Entwickler trotzdem noch eine Geschichte um den tollpatschigen Bastler mit Fluchtsyndrom schreiben wollen? Ein Prequel? So einfach machen sie es sich dann doch nicht und greifen lieber zu einer anderen, viel plausibleren Option: Zeitreisen.

Deponia Doomsday verspricht viel: Das größte Deponia, 70 skurrile Figuren, Drama und viel Dödöm! Immerhin gilt es noch einmal Deponia vor der Zerstörung und Rufus vor einem Schicksal mit Schnauzer zu bewahren!

Deponia Schnabeltier

Hussa, noch einmal von vorn!
Die Handlung ist wieder ganz typisch Deponia: skurril und liebevoll inszeniert, wie die Welt, in der sie spielt. Als der Professor für Zeit Angus McChronicle durch ein gewagtes Einparkmanöver Tonis Lieblingsgläser in einen Haufen Scherben verwandelt, ändert er so den Lauf der Geschichte. Er reist zurück, um sein Missgeschick ungeschehen zu machen – aber da hat er die Rechnung ohne den Rufus gemacht. Denn als der sich am nächsten, äh... am gleichen Tag trotzdem an McChronicle und seine Zeitmaschine erinnert, wirbelt das alles durcheinander. Wie das am Ende zu einem Spiel führt, dessen Titel bedeutungsschwanger Doomsday heißt, sei jetzt mal nicht verraten.

Besonders schön ist, wie die Autoren sich wirklich Gedanken über jede Kleinigkeit gemacht haben. Spielt man eine Szene, die in der Vergangenheit von einer Szene spielt, die wir bereits gespielt haben (hä?), hat man so manche Achsoooo!-Momente. Dieses Klicken im Kopf, wenn alles plötzlich Sinn ergibt – gefolgt von dem Ups, wenn man merkt, dass es mal wieder Rufus war, wegen dem die Welt der Zukunft den Bach runter geht. Durch das ganze Zeitreisen, dem Wechseln von einer Parallel- oder Zwischenwelt in die nächste, wird alles noch einmal wilder, wütiger und witziger.

Die Dramatik der vorherigen Teile oder die, die der Trailer andeutet, liefert Doomsday aber nicht. Zum Ende hin wird es wuselig. Wir springen von Zeitachse zu Zeitachse, schubsen Rufus durch einen Haufen Portale, ein Dialog folgt dem nächsten, dann noch ein im Vergleich zu den Vorgängern etwas hakeliges Rätsel und plötzlich ist Schluss. Das tut dem Spannungsbogen nicht ganz so gut. Die komplette Auflösung der Geschichte macht das aber wieder wett.

Deponia Paradox City

Oh, Himmelherbertnocheins!
Ich gestehe: Selbst als jemand, der das Ende des dritten Deponia-Teils mochte, war es ein gutes Gefühl, zurück nach Deponia zu kommen, mal wieder in diesen blöden Humor einzutauchen und die alten Gesichter wiederzusehen. Denn der Humor in Deponia Doomsday ist mal wieder absolut grandios! Das fängt schon an, dass das Schneemobil, mit dem sich die unbekannte Gestalt zu Beginn durch den Winter kämpft, Edward Snowman heißt. Höhö.

Schenkelklopfer reiht sich an Schenkelklopfer (Zeitspliss: Wie Spliss... nur für Zeit.), und die Welt und die Monologe sind gefüllt mit Wortwitzen, die einem immer ein Geräusch irgendwo zwischen Lachen und Stöhnen entlocken (ich sage nur: Wurst-Case-Szenario). Daran reihen sich die wilden Absurdigkeiten, wie den stark sächselnden Mann namens Momod, auf den Rufus in einer Oase trifft. Die tollen Sprecher, allen voran Monty Arnold, der Rufus seine Stimme leiht, unterstützen das noch.

Deponia funktioniert nach seinen ganz eigenen Gesetzen. Eines von ihnen ist: Je niedlicher etwas ist, umso grauenhafter muss es sterben. Und die vierte Wand liegt sowieso schon in Schutt und Asche, da wird noch mal ordentlich drauf rumgeklettert. Nur schade, dass wir aber nur noch ein einziges Mal Ohrenzeugen des doch liebgewonnenen Hussa-Chores werden dürfen.

Deponia Minispiel

Es ist alles so rätselhaft!
So wie über das Ende von Goodbye Deponia haben einige Fans auch über das Rätseldesign der ersten drei Teile gemeckert. Einfach nur schwere und fiese Rätsel wären da gar nicht das Problem gewesen. Blöd nur, dass man manchmal wütig ins Kissen biss, wenn man die Lösung quasi schon hatte, man aber nur einen nicht ganz nachvollziehbaren Zwischenschritt übersehen hat und deswegen ewig nicht weiterkam.

Das scheinen sich die Entwickler zu Herzen genommen zu haben, denn Deponia Doomsday glänzt neben seinem Humor auch durch das gute Rätseldesign. Die Welt steckt voller kleiner, geschickt platzierter Hinweise darauf, was wir als nächstes tun sollen. Kommen wir bei einem Rätsel nicht weiter, hilft es, statt wild irgendwelche Sachen im Inventar zu kombinieren (was sich dank Rufus' blöder Sprüche trotzdem immer lohnt) und zum Schrottgott zu beten, sich noch einmal ganz genau zu überlegen, was eigentlich getan werden muss. Wir müssen eine Kartoffel abkühlen, das Eis fällt aber durch die Grillritzen? Wir holen uns eine neue Portion Eis, schmelzen es und schütten das geschmolzene Wasser auf die Grillkartoffel – tada! Endlich können wir das tun, was man eben mit so einer Kartoffel macht: Ohrenschützer bauen, natürlich.

Zudem gibt es dadurch, dass wir in manchen Gebieten die Zeit zurück drehen können, mehrere Etappen von Rätseln. Manche Gegenstände brauchen wir doppelt, dann aber in ganz anderen Kontexten. Und welches Rätsel müssen wir zuerst lösen? Schwierig, schwierig. Meistens kann man so recht gut nachvollziehen, was wir machen müssen. Das mag Hardcorerätsler erst mal enttäuschen, kniffligen Knobelstoff bietet Deponia Doomsday aber auf jeden Fall. Auch im vierten Teil gibt es wieder eine Hotspotanzeige, die benutz- und anschaubare Objekte in der Spielwelt markiert. Und natürlich Minispiele, zum Beispiel eines, in dem wir mit einem Laserpointer eine giftige Echse namens Precious durch Schächte lotsen. Wenn uns das aber keinen Spaß macht, können wir jedes Minispiel bequemerweise einfach überspringen.

Deponia Momod

Fazit
Als ich gehört habe, dass es ein neues Deponia gibt, war ich erst einmal skeptisch. Aber Deponia Doomsday ist grandios und ein neues Abenteuer mit Rufus zu erleben, war in jeder Minute unterhaltsam und abgedreht. Ein bisschen wie nach Hause zu kommen. Trotz all der Lacher und der rauchenden Köpfe fühlt sich Deponia Doomsday aber an wie das Weihnachtsspecial meiner Lieblings-Fernsehserie: Ein bisschen Drama, ein bisschen was Neues und eine dicke Portion Fanservice. Ihr wisst ja, manchmal muss man loslassen. Hier bin ich aber froh, dass es doch noch weitergeht. Ein Glück, dass es Zeitreisen gibt.

Deponia Doomsday wurde auf dem PC (Windows 7 64-bit, 8 GByte RAM, AMD FX-8150, AMD Radeon R9 280 3GB) getestet. Ein Testmuster wurde uns von Daedalic Entertainment zur Verfügung gestellt.

Deponia Doomsday

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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