Test: Project Zero: Maiden of Black Water

(Artikel)
Benjamin Strobel, 09. November 2015

Test: Project Zero: Maiden of Black Water

Horror oder Highscorejagd?

Wer Horror-Spiele auf der Wii U sucht, hat es deutlich schwieriger als auf anderen Konsolen. Da sind es gute Neuigkeiten, dass der fünfte Teil der Project-Zero-Reihe kürzlich erschienen ist. Nachdem der Vorgänger es nicht in den Westen schaffte, bringt Project Zero: Maiden of Black Water den japanischen Geister-Horror zurück nach Europa. Wir haben uns für euch durch den Exklusivtitel gegruselt.

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Dreh- und Angelpunkt von Maiden of Black Water ist der fiktive Hikami Mountain. Der sagenumwobene Berg ist ein bekannter Ort für Suizide und verbirgt in seiner Vergangenheit weitere blutige Ereignisse. Als Spieler schlüpft man abwechselnd in die Rolle von drei Protagonisten: Yuri, die viel Erfahrungen mit dem Reich der Toten hat, Ren, ein befreundeter Autor, der von Alpträumen geplagt wird, und Miu, die Tochter von Miku Hinasaki, die man aus den Vorgängern kennt. Wie sich herausstellt, ist die Charakterisierung der Figuren eher oberflächlich und so tut sich das Spiel schwer dabei, den Protagonisten gute Motivationen für ihr Handeln mitzugeben. Sie haben gemeinsam, dass sie sich irgendwie für das Übernatürliche interessieren und finden im Verlauf der Geschichte immer wieder Gründe, zum Hikami Mountain zurückzukehren.

Obwohl Maiden of Black Water eine Horror-Geschichte erzählt, ist das Spiel streng in Missionen gegliedert, die man jederzeit noch einmal spielen kann, um dort mehr Punkte und eine bessere Wertung zu sammeln. Hier zeigt das Spiel seinen inneren Konflikt: es weiß nicht recht, ob es den Spieler atmosphärisch gruseln oder zur Highscore-Jagd anstacheln will. Das Gefühl, ein Kind zweier Welten zu spielen, zieht sich durch das ganze Spiel.

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Schnappschüsse
Die Missionen verlaufen nach einem Schema, mit dem man schnell vertraut wird. Es beginnt zumeist damit, dass eine der Figuren zum Berg aufbricht, beispielsweise um einen Gegenstand oder eine verschwundene Person zu finden. Ein früher Teil jeder Mission dreht sich um die Exploration des jeweiligen Gebiets. Da man im Wesentlichen immer zum selben Ort zurückkehrt, verwerten auch die Missionen große Teile vorheriger Abschnitte neu. Nur Schritt für Schritt tut man neue Gebiete auf, nachdem man alte wiederholt durchquert. Die neugierigen Spürnasen der Protagonisten werden dabei aber nicht nur vom Staub alter Gruselhäuser gekitzelt. Ein ums andere Mal stoßen sie auf Geister, die Hikami Mountain und umliegende Gebiete heimsuchen. Oft geben geisterhafte Erscheinungen Hinweise darauf, wo es weitergeht oder erzählen Hintergrundgeschichte zu dem verfluchten Ort. Im Mittelteil der meisten Missionen tauchen sie allerdings als Gegner auf. In den Kampf gegen Gespenster bringen die Japaner allerdings keine Photonenstrahler mit. Stattdessen ist die Kamera ihr machtvollstes Instrument.

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Um Geister zu besiegen, lässt man ein Blitzlichtgewitter auf sie hageln! Möchte man eine geisterhafte Erscheinung auf Zelluloid bannen oder argwöhnische Gespenster vertreiben, hält man das Wii U Gamepad wie eine Kamera hoch, sieht sich mit der Bewegungssteuerung um und dürckt den Auslöser, wenn der Geist im Fokus ist. Natürlich sind das keine stinknormalen Digicams, sondern uralte Geisterkameras, bei denen nach jedem Foto erstmal der Film nachladen muss! Dafür lassen sich besondere Linsen finden und aufschrauben, die der Kamera neue Funktionen erlauben. So kann man mit dem richtigen Addon beispielsweise Lebensenergie regenerieren oder mehrere Schnappschüsse hintereinander schießen. Mit jedem Blitz spalten sich Teile von den Geistern ab und schwirren dann herum. Je mehr man davon auf einmal aufs Bild bekommt, desto besser. Bekommt man mindestens fünf Geister oder Teile von ihnen auf ein Bild, kann man ihnen bessonders viel Schaden zufügen. Für jedes Foto gibt es Punkte. Punkte bestimmen nicht nur das Ranking, das man für ein Level bekommt, sondern füllen auch ein großes Punktekonto, mit dem Items und Upgrades kaufen kann. In einigen Abschnitten feuert das Spiel einem Geister nur so um die Ohren, sodass man bestenfalls in Punkterausch verfällt, und versucht den Highscore in die Höhe zu treiben. Es kann aber auch sein, dass man grad einen Ort untersuchen möchte und zufällig auftretende Geister dabei etwas nerven. So oder so verlieren sie schnell ihren Gruselfaktor, da man in jeder Missionen Dutzende von ihnen per Fotografie besiegt. Als Horror-Spiel würde Maiden of Black Water vermutlich besser funktionieren, wenn Geister seltener und gefährlicher wären.

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Ein gutes Auge und der richtige Winkel
In den ruhigeren Passagen von Maiden of Black Water ist Zeit für Exploration und kleine Rätsel. Man schaut sich um, wo es weitergeht, sammelt Items am Wegesrand und immer dann, wenn man in nachlässiger Routine versinkt, wird man von einem spirituellen Ereignis aufgeschreckt. Wer bei den Jump Scares hier nicht vor Schreck erstarrt, sondern gute Reaktion beweist, kann mit einem Schnappschuss des Phänomens nochmal weitere Punkte verdienen. Erneut gehen hier Horror und Highscorejagd nicht gut zusammen. Entweder man saugt die Atmosphäre ein und gruselt sich oder man hat die Kamera immer im Anschlag, um einen Geist abzulichten, der kurz erscheint.

Auch die Rätsel drehen sich um den Gebrauch der Geisterkamera. Durch sie kann man beispielsweise Objekte sichtbar machen, die wichtig für den Fortgang der Geschichte sind. Man muss dafür auf die richtige Stelle fokussieren und dann die Kamera in den passenden Winkel drehen - in der Regel leicht zu lösen. Schwieriger wird es, wenn man Fotos findet, die bestimmte Orte aus dem Level zeigen. Zuerst muss man den gezeigten Ort wiederfinden und anschließend ein identisches Foto aus der richtigen Perspektive schießen, was manchmal gar nicht so leicht ist. Da sich diese Art Rätsel öfters wiederholt, ergibt sich bald ein Lerneffekt für den Hobbyfotografen hinter dem Gamepad. Ein gutes Auge und räumliches Denken schaden allerdings nicht.

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Halbe Sachen
Das Wasser als Leitmotiv des Spiels kommt insgesamt etwas kurz. So watet man zwar häufiger durch kaltes Nass, bekommt es aber selten mit dem echten Horror des Wassers zu tun, wie etwa dem Ertrinken oder ertränkt werden. Szenen im Wasser zählen definitiv zu den besten des Spiels, waren für mein Gefühl aber doch etwas zu selten. Ähnliches gilt für den fehlgeschlagenen Versuch, das Wasser ins Gameplay zu integrieren. Der beste Ansatz dabei ist, dass man im Wasser einfach noch langsamer und träger ist als ohnehin schon. Dazu gibt es noch eine Spielmechanik, die einem Angst vor dem Wasser machen soll, allerdings ist sie viel zu schwach: wenn man nass wird, tauchen häufiger Geister auf und machen auch mehr Schaden. Da die meisten Geister weder gruselig noch sehr stark sind, ist das selten eine echte Bedrohung. Eher führt es dazu, dass neu aufgetauchte Gespenster einfach nerven, weil man in Ruhe die Mission abschließen will. Den Gruselfaktor erhöht es leider nicht.

Das Fotografieren mit dem Gamepad macht meistens Spaß, wird aber auch von einigen Problemen geplagt. Gerade in längeren Kämpfen muss man sich vor dem Fenster ganz schön verdrehen, um noch die richtige Perspektive auf die Gegner zu gewinnen. Dabei hilft es nicht, dass die Bewegung der Figuren endlos träge ist, sodass man sich in Ecken manövriert und auf die eigenen Füße starrt. Mit etwas mehr Finetuning wäre die Steuerung vielleicht weniger frustrierend gewesen.

Maiden of Black Water kann sich nicht entscheiden, ob es mir eine Horror-Geschichte erzählen oder zur Punktejagd herausfordern will. Beides gleichzeitig funktioniert leider nicht. Die Tatsache, dass ich für meine Aktionen Punkte bekomme, aktiviert meinen Sinn für Wettbewerb - sofort möchte ich überall S-Ranks sammeln und Missionen nochmal spielen, wenn ich versage. Dabei fallen Horror und Spannung allerdings ins Wasser. Mir fehlt ein bisschen die Möglichkeit, Kämpfe auf ein Minimum zu reduzieren oder abzuschalten, um einfach die Atmosphäre einzusaugen und Missionen einmal nur für den Gruselfaktor zu spielen. So bleibt es ein Kind zweier Welten, das auf keiner Ebene voll punkten kann. Ben

Project Zero: Maiden of Black Water wurde auf der Wii U getestet. Ein Testmuster wurde uns von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Project Zero: Maiden of Black Water

(Ranking)
C
RANK
Gut gemeint. C-Spiele haben ihre strahlenden Momente, aber in entscheidenden Situationen wird großes Potential verschenkt. Über keine anderen Spiele kann man sich so sehr ärgern.

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RELEASE
30. Oktober 2015
PLATTFORM
Wii U
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