WRC 5 im Test

(Artikel)
Adrian Knapik, 02. November 2015

WRC 5 im Test

Mit der offiziellen Lizenz zum Durchschnitt

Zwei Jahre ist’s her, da erschien World Rally Championship 4. Und in dieser Zeit hat sich viel getan, denn das Entwicklerstudio hat sich geändert. Mit WRC 5 sollte ein von Grund auf neues Spiel errichtet werden. Der Anspruch ist kein kleiner: man möchte nichts anderes als die weltbeste Rallye-Simulation veröffentlichen. Im Gegensatz zur Konkurrenz von Codemasters mit ihrer Dirt-Reihe hat man auf jeden Fall schon mal einen entscheidenden Vorteil: die offizielle Lizenz der World Rally Championship. Somit sind auch alle Teams, Fahrer und Strecken benutzbar. Ob WRC 5 aber auch beim spielerischen Teil überzeugt oder die Lizenz durch den Rallye-Dreck gezogen wird, erfahrt ihr in unserem Test.

wrc5_schotter

In WRC 5 sollen die Spieler das pure Rallye-Erlebnis bekommen – dementsprechend werden auch keine anderen Modi angeboten als die klassische Etappe, auf der man ohne Gegnereinfluss versucht, seine beste Zeit zu fahren. Im Einzelspieler-Modus kann man dabei wählen, ob man ein schnelles Rennen fahren und sich Strecke, Auto und Team selbst aussuchen möchte, oder ob man eine ganze Rallye mit mehreren Etappen spielen möchte. Im dritten Modus, der Karriere, muss man sich mit einem kleinen Rallye-Team von der untersten Liga, der Junior WRC, ganz nach oben kämpfen. Hier fährt man wie in einer echten Saison an jeweils drei Tagen durch verschiedene Länder und versucht so die Spitze der Rangliste zu erreichen, um eine Liga aufzusteigen. Wer zu Beginn keine Ahnung hat, was er hier überhaupt tut und wie man am besten an die ganze Sache rangeht, der kann sich in der implementierten Rallye-Schule ein paar Tipps holen - die ist aber wirklich nur an blutige Anhänger gerichtet. Und wer keine Lust mehr darauf hat, alleine vor dem Fernseher zu hocken, kann sich bis zu sieben Freunde einladen, um mit ihnen nacheinander auf einer Strecke um die beste Zeit zu fahren. Auch einen Online-Multiplayer gibt es, in dem parallel eine Strecke befahren wird. Toll finde ich die monatlichen und wöchentlichen Events: hier fährt man auf einer bestimmten Strecke mit einem bestimmten Fahrzeug um die Bestzeit und kann monatlichen sogar Sachpreisen gewinnen, wenn man sich unter den ersten Fünf platziert.

Die Konzentration auf das originale Rallye-Erlebnis ist auf jeden Fall positiv hervorzuheben. Ebenso positiv ist, dass man vor dem Start eines Rennens noch ein wenig an der eigenen Karre herumschrauben kann, um die optimalen Fahreinstellungen für eine Strecke und für einen selbst zu finden. Meistens genügen die Standard-Einstellungen aber auch vollkommen aus, um Bestzeiten zu fahren. Auch die Beifahreransagen für die Strecke kann man einstellen: hier hat man die Wahl zwischen einer männlichen und einer weiblichen Stimme und kann außerdem den Zeitpunkt der Ansage wählen. Da in der vorgegebenen Einstellung gefühlt die Hälfte aller Kurvenansagen viel zu spät kommen und man dadurch häufig die Bremspunkte verpasst, ist es sehr wichtig, den Regler hier ein wenig zurückzustellen. Die Beifahrerstimmen erfüllen an sich ihren Zweck und sind gut zu verstehen, klingen aber sehr statisch und emotionslos. Wenn man zum Beispiel an einer Streckenbegrenzung aneckt, gibt der Beifahrer ein dumpfes "Aua" oder "Alles ok?" von sich, das ich einfach nie ernst nehmen konnte.

wrc5_schnee

Kommen wir zum wichtigen Teil: der Fahrphysik – und hier hat sich der Entwickler wirklich Lob verdient. Positiv hervorzuheben ist, dass sich die Wagen allesamt griffig anfühlen und gut zu steuern sind, die Fahrzeugbewegungen sind logisch und nachvollziehbar. Man lernt außerdem schnell mit den Autos umzugehen und wie man am besten um die Kurven kommt – allerdings zu schnell. Nach ein bis zwei Stunden hat man schon die meisten Kniffe raus und wird von der Fahrphysik nicht mehr vor große Herausforderungen gestellt. Die Steuerung und Rettung aus brenzligen Situation gelingt schlichtweg zu einfach. Das heißt keineswegs, dass es ab dem Punkt keinen Spaß mehr macht, dennoch hätte ich mir einen etwas höheren Schwierigkeitsgrad oder eine Abfluggefahr auf Schotter- und Schneestrecken gewünscht. Zeitweise fühlt sich eine unebene Strecke schlichtweg zu stabil an, als würde man einfach auf normalem Asphalt fahren. Auch mit Mulden und Löchern im Boden wird auf den Strecken zu wenig gespielt – wodurch man nicht in die Gefahr gelangt, plötzlich die Kontrolle zu verlieren. Dass das Fahrgefühl der Rallye-Vehikel einer Simulation gleicht, kann man allerdings nicht anzweifeln, hier wurde gute Arbeit geleistet! Vor allem das Schadensmodell überzeugt in allen Belangen. Sobald man irgendwo gegen kracht oder von der Strecke abkommt, blendet sich eine Grafik vom eigenen Auto ein, die schnell und übersichtlich eventuelle Schäden mit knalligen Farben anzeigt. Fährt man beispielsweise viel neben der Strecke und nimmt ein Schlagloch nach dem anderen mit, verabschieden sich Reifen und Stoßdämpfer besonders schnell. Fährt man sein Auto zu häufig gegen Absperrungen, setzt auch möglicherweise die Elektronik aus und somit die Möglichkeit, Ansagen vom Beifahrer übers Headset zu bekommen. Auch das visuelle Schadensmodell der Karosserie zeigt beeindruckend, wie gut das Spiel hätte aussehen können.

Das größte Sorgenkind zeigt sich allerdings in der technischen Umsetzung. Auf der PS4 kämpft WRC 5 teilweise mit argen Framerate-Einbrüchen. Vor allem auf Schotterstrecken, wo viel Dreck und Staub durch die Gegend gewirbelt wird, fällt das auf. Noch mehr verwundert mich die wirklich zurückgebliebenen Texturen, denn vieles sieht schlichtweg stark verwaschen und unschön aus. Auch am Kantenglättungseffekt wurde gespart, wodurch stets ein sehr unruhiges und unangenehmes Bild entsteht. Zwar sieht die Fauna und Flora abseits der Strecke durch die hohe Dichte wirklich gut aus, aber da wären mir etwas detailliertere Fahrzeuge lieber gewesen. Liebe Kylotonn Games, hier müsst ihr mehr optimieren! Denn wenn man schon eine nicht auf dem heutigen Stand liegende Grafik präsentiert, soll das Spiel doch wenigstens butterweich über den Bildschirm flackern.
Auch beim Sound wurde eher gespart als geprotzt. Zwar klingen die Motorengeräusche wirklich gut und auch das Knittern des Auspuffes bei schnellem Wechseln der Gänge bringt ein tolles Gefühl, aber ich vermisse diese Sound-Brillanz eines Dirt Rally, wo man jeden einzelnen Kieselstein gegen die Karosserie fliegen hört und wo der Jubel der Zuschauer an der Seite ertönt, wenn man an ihnen vorbeifährt. Der Sound ist keinesfalls die unterste Schublade, aber wenn man sich hier ein wenig mehr Arbeit reingesteckt hätte, könnte man eine viel bessere Atmosphäre erreichen.

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WRC 5 präsentiert sich sehr durchwachsen. Man merkt, dass es wirklich viele gute Ansätze wie die tolle Fahrphysik und das beeindruckende Schadensmodell gibt, aber durch Mängel wie die wirklich schlechte visuelle Leistung und das zu einfach zu erlernende Fahrgefühl schwindet doch einiges an Spielspaß. Da WRC 5 ab dem nächsten Jahr auch mit einer offiziellen E-Sport-Liga startet, bleibt abzuwarten ob der Anspruch und die Schwierigkeit für solch ein hohes Vorhaben genügen. Wer allerdings Lust auf Rallye hat, aber nicht die Zeit hat sich den Ansprüchen eines Dirt Rally hinzugeben, kann hier ein super Spiel für zwischendurch bekommen. Adrian

WRC 5 wurde auf der PS4 getestet. Ein Testmuster wurde uns von BigBen Interactive zur Verfügung gestellt.

WRC 5

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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28. März 2024 um 19:19 Uhr
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09. Oktober 2015
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Playstation 3
Plattform
Playstation 4
Plattform - Die Playstation 4 (PS4) von Sony ist eine Spielkonsole der 8. Generation. Sie erschien am 29. November 2013 europaweit als Nachfolger der Playstation 3.
PS Vita
Plattform
Xbox 360
Plattform
Xbox One
Plattform - Nachfolger der Xbox 360 von Microsoft. Angekündigt am 21. Mai 2013, ist die Heimkonsole am 22. November 2013 in Deutschland und weiten teilen Eruopas erschienen.

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