Metal Gear Solid V: The Phantom Pain

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 15. September 2015

Metal Gear Solid V: The Phantom Pain

V has come to

Die Legende ist zurück. Größer und besser denn je darf sich Snake nun ganz frei durch die Missionen schleichen, die sich in Afghanistan und später Zentralafrika der Achtzigerjahre abspielen. Neun Jahre sind seit Ground Zeroes vergangen. Neun Jahre, in denen Big Boss im Koma lag. Doch jetzt ist er einem Krankenhaus in Zypern erwacht. Nachdem ein Arzt ihn über seinen Gesundheitszustand aufklärt - inklusive Metallsplitter im Schädel und fehlendem, linken Arm. Eigentlich will er ihm per OP ein neues Gesicht verpassen, passend zu seinem neuen Namen "Ahab", doch eine Attentäterin ermordet Arzt und Schwester, bevor es dazu kommt. Als sie Snake auch töten will, mischt sich der Bettnachbar ein, genannt Ishmael, und vertreibt sie. Es folgt eine chaotische Flucht durch das Krankenhaus vor bewaffneten Truppen, die wahllos jeden abknallen. Dazu gesellt sich auch ein Junge in Zwangsjacke und ein Brennender Mann, die aber auf keiner Seite zu sein scheinen. Dank Ishmael entkommt Snake, doch auf der Flucht überschlägt sich ihr Wagen. Als Snake wieder zu sich kommt, ist Ishmael weg. Dafür wird er von Revolver Ocelot aufgegabelt. Er hat eine Mission für ihn: Rache an XOF für den Angriff auf die Mother Base vor neun Jahren. Erstes Ziel: Afghanistan.

Was ein Intro. Packend insziniert, mit dem heißgeliebten Kojima-Flair inklusive Animebullshit, wie ich ihn liebe, und spannend bis zum Schluss. Die ganze Sequenz dauert gut anderthalb Stunden. Erst jetzt fängt das Spiel richtig an, denn in der ersten Mission gilt es Kazuhiro "Master" Miller zu befreien. Wie man das anstellt, das überlässt Ocelot einem selbst. Man hat ein Schallgedämpftes Sturmgewehr und eine Betäubungspistole dabei. Töten oder betäuben, eure Wahl. Es sei nur gesagt, dass betäubte Gegner irgendwann wieder aufwachen. CQC - Close-Quarter Combat - ist auch wieder dabei und dient dazu, Feinde auszuquetschen. Geht nur gerade schlecht, weil Snake kein Russisch spricht - noch versteht er kein Wort. Noch. Aber Miller kann auch so gerettet werden. Auf der Flucht begegnen den Beiden dann auch die neue Spezialeinheit von XOF, die Skulls. Das sind Soldaten mit scheinbar übernatürlichen Fähigkeiten. Da hilft vorerst nur Beine in die Hand nehmen und zu Pferde zum Heli zurückziehen. Mit Miller in Sicherheit wird dann auch die neue Mother Base errichtet.

TPP01Snake kann mit eigenem oder mit Feindesblut beschmiert sein. Durch Duschen kriegt man es wieder ab.

Die Mother Base verwaltet Snakes neue Armee, die Diamond Dogs. Im Spiel hat man die Möglichkeit mit einem Ballon, dem Fulton Device, feindliche Soldaten einzufangen, um sie zu rekrutieren. Diese sind notwendig, um die verschiedensten Aufgaben zu erfüllen. Sie können im Entwicklungsteam helfen neue Waffen und Ausrüstungen für Snake zu erforschen, oder im Intelteam Informationen über die Umgebung, Feindbewegung und das Wetter sammeln. Später kommen noch ein Medizinteam, ein Basiserweiterungsteam, ein Unterstützungsteam und ein Kampfteam dazu. Jeder Soldat ist für die Verschiedensten Bereiche unterschiedlich geeignet, was durch Ränge von E bis S++ gekennzeichnet wird. Per Weiterentwicklung kann man mit dem Fernglas dann auch schon vorher erkennen, welche Fähigkeiten die Gegner haben, damit man nur die Besten rekrutiert. Soldaten mit der Dolmetscherfähigkeit ermöglichen übrigens das Verhören von Feinden mit fremden Zungen.

Dreh- und Angelpunkt bleiben die Missionen, die sich auf zwei große Areale verteilen, eins in Nord-Afghanistan und später kommt ein Stück von Zentralafrika dazu. Wenn man nicht gerade in eine Storymission verstrickt ist, kann man diese auch frei erkunden. So lassen sich einige rohe Diamanten finden und in harte Währung verwandeln oder man sammelt Heilpflanzen auf, rettet Tiere für eine Belohnung oder überfällt feindliche Außenposten, um neue Rekruten zu finden oder Blaupausen für neue Waffen sowie Rohstoffe für Bau- und Forschungsprojekte. Auch über hundert Nebenmissionen lassen sich erfüllen, die meist einen Soldatenschnapp oder das Eliminieren ganzer Trupps involviert. Dabei kann man immer die friedliche Route gehen und den Panzer per Ballon abtransportieren statt mit dem Raketenwerfer hochzujagen.

TPP02Die Mother Base ist das Herz der Diamond Dogs.

In den Storymissionen darf man fast alles seinem Spielstil anpassen. Ist man im Helikopter, muss erst mal ein Startpunkt ausgewählt werden. Dann erscheint der Vorbereitungsbildschirm, in dem der Spieler Snake komplett ausrüsten darf. Ihr wählt eure Hauptwaffen, eure Nebenwaffe, eure Items, eure Uniform, euren Gefährten und - sofern vorhanden - auch das Fahrzeug. Zu guter Letzt kann man noch entscheiden, ob man zur aktuellen Spielzeit ausrücken will, um 6 Uhr morgens oder 18 Uhr abends. Und dann geht es auch los. Man bekommt das Missionsziel mitgeteilt und die weitere Route ist euch überlassen. Wollt ihr direkt zum Ziel? Macht ruhig. Lieber erst mal die Wachen ausfragen? Eure Sache. Lieber die Feinde betäuben oder töten? Ist dem Spiel egal. Manchmal bewegt sich das Ziel auch und wer schnell agiert, hat es eventuell leichter. Das muss man aber auch erst herausfinden. Am Ende kriegt man auch eine Wertung, die rein von der Punktzahl abhängt, wobei auch erfüllte Sekundärziele die Wertung erhöhen. Sehr schön finde ich hier, dass es keine wirklichen Abzüge fürs Töten gibt. Nur einen Bonus, wenn man die Mission geschafft hat, ohne entdeckt zu werden und ohne zu Töten. Einen Bonus, den man nicht zwingend für einen S-Rang braucht. Das habe ich immer ein wenig an modernen Stealthspielen gehasst: Töten wurde immer irgendwie bestraft.

Die wichtigsten Spiele zum Storyverständnis sind Metal Gear Solid: Peace Walker und Metal Gear Solid V: Ground Zeroes. Ohne die begreift man nur am Rande, was die Motivation der Figuren ist.
Die Story selbst ist erstaunlich dünn gesäht. Lange Zwischensequenzen, in denen endlos geredet wird? Fehlanzeige. Auch lächerlich gedehnte Codecgespräche gibt es nicht mehr. Na ja, gut, nicht in dieser Form. Im Laufe der Story schaltet man Kasetten frei, die viele Hintergrundinformationen liefern, ähnlich wie die Codecgespräche. Doch die müsst ihr euch nicht anhören. Und wenn ihr doch wollt, dann könnt ihr gleichzeitig weiterspielen. Gnädigerweise markiert das Spiel zudem mit gelber Schrift, welche Aufnahmen wichtige Informationen enthalten. Dazu kann man auch einige Kassetten mit 80er-Popsings finden und diese sogar während der Mission hören. Da bekommt "The Final Countdown" gleich eine neue Bedeutung, wenn man dabei Sowjets abschießt oder bei "Take on me" vor einem Helikopter flieht. Es ist erstaunlich, wie sehr das Spiel sich von seinen Wurzeln entfernt, aber im Kern so unverwechselbar Metal Gear ist.

TPP03Zielen, warten, feuern.

Die Missionen sind allesamt sehr gut designt. Hier und da ist mal eine doofe Stelle, aber an sich sehe ich keinen Grund zu meckern. Okay, doch, einen Grund habe ich: Es gibt im ganzen Spiel nur einen wirklichen Bosskampf und zwar gegen die diesjährige Metal-Gear-Variante. Zwar gibt es einige schwere Scharmützel, aber die serientypischen Kämpfe gegen abgedrehte Krieger sind hier eher die Seltenheit. Ist vielleicht auch was Gutes. Wobei diesmal ist der zweibeinige Mech "Sahelanthropus" absolutes Albtraumfutter und die vermutlich krasseste Version der Serie. Dafür sind die normalen Kämpfe noch nie so locker von der Hand gegangen wie bisher. Liegt zum großen Teil auch daran, dass sich das Spiel wie ein moderner Shooter steuert. Der Waffenwechsel geht locker über das Steuerkreuz von der Hand und dass man nun nicht mehr unendlich viele Waffen mit sich, trägt hilft bei der Auswahl. Sehr spaßig ist der Reflexmode, der ausgelöst wird, wenn der Feind einen entdeckt. Dabei geht das Spiel in eine Zeitlupe und man kann die Wache anvisieren und im Idealfall töten, bevor sie Alarm schlagen kann. Lässt sich teilweise super missbrauchen. Oder ausschalten. Am meisten gefällt mir aber, dass keine Codecgespräche den Spielfluss unterbrechen.

Doch es ist nicht nur alles Grün auf der neuen Spielwiese von Big Boss. Das Spiel ist sehr, sehr lang. Ich habe gut 60 Stunden gebraucht, um endlich das Ende der Story zu erleben. Das wäre kein Problem, wenn diese 60 Stunden immer mit gutem Content gefüllt wären. Doch das sind sie nicht immer. Die Story ist nämlich in zwei Kapitel unterteilt und das zweite Kapitel besteht zum Großteil aus recycleten Mission des ersten Kapitels. Ungelogen, man bekommt ein und diesselben Missionen vorgesetzt, aber mit einigen Zusatzbedingungen. Total-Stealth-Varianten sorgen für Game Over, wenn Snake entdeckt wird, Extreme-Varianten deaktivieren den Reflexmode und erhöhen den Feindschaden. In Subsistence-Varianten fängt man ohne Ausrüstung an. Nicht, dass ich etwas gegen diese Idee hätte, doch man muss einige davon schaffen, da nur so neue Story auf der Mother Base ausgelöst wird, bis man schließlich die letzte Mission freigeschaltet hat. Es gab mir das Gefühl, als würde das Spiel meine Zeit vergeuden.

Das größte Ärgernis ist aber das Gefühl, dass hier irgendetwas fehlt. Der Schwung der Story verliert sich gegen Ende und einige Dinge werden nicht zufriedenstellend oder gar nicht aufgelöst. Hinzu kommt noch, dass man im Making-of der Collector's Edition erfährt, was ursprünglich als letzte Mission geplant war. Das hätte ich unheimlich gerne gespielt. Warum das rausgenommen wurde? Vielleicht wegen Kojimas Abschied, vielleicht weil die Zeit fehlte. Und dann noch die Gerüchte, dass eigentlich auch ein drittes Kapitel geplant war. Wie man es dreht und wendet, die Story wirkt unfertig.

TPP04Fass!

Was definitiv noch nicht fertig ist, ist der Mutliplayer: Metal Gear Online 3. Der wird aber nächsten Monat nachgereicht. Was momentan vorhanden ist, nennt sich Forward Operating Base (FOB). Man kann nach Mission 22 eine zweite Basis errichten und mit Sicherheitsmaßnahmen ausstatten. Dann kann man die FOBs anderer Spieler infiltrieren, um von denen Soldaten und Materialien für die eigenen Basis zu mopsen. Wenn die das zufällig mitkriegen, dann dürfen die auch aktiv bei der Verteidigung mithelfen. Passiert leider meistens nicht und egal wie gut die Basen gesichtert sind, wer etwas Grips hat, kann jede Basis ohne Mühe einnehmen.

Metal Gear Solid V: The Phantom Pain ist ein großes Spiel, ein tolles Spiel und eine Bereicherung nicht nur für das Franchise, sondern auch für das Stealth- und Action-Genre. Das Gameplay ist fantastisch und die Atmosphäre, das Flair und die Story einmalig. Die Charaktere gefallen auch, selbst die anfangs eher kontrovers betrachtete Quiet ist gelungen. Und es gibt sogar einen guten Grund, warum sie fast nackt ist. Auch kontrovers wird der Wechsel von David Hayter als Snake-Stammsprecher zu Kiefer Sutherland angesehen. Ich muss gestehen, ich finde Sutherland gut in dieser Rolle. Etwas gewöhnungsbedürftig am Anfang, doch ich konnte mich sehr gut mit ihm anfreunden und würde sogar soweit gehen und diese Entscheidung als gut ansehen. Ich könnte euch sogar einen guten Grund dafür nennen... aber das wäre leider ein Spoiler. Fans der Serie sollten sich diesem Titel auf keinen Fall verschließen. Neueinsteiger werden vor allem am Gameplay ihre Freude haben, auch wenn sie die meisten Zusammenhänge in der Story nicht verstehen werden. Trotz kleiner Stolpersteine ist es eines der besten Metal Gear Solids aller Zeit.

Metal Gear Solid V: The Phantom Pain wurde auf der Xbox One getestet. Eine Testmuster wurde uns von Konami zur Verfügung gestellt

Metal Gear Solid V: The Phantom Pain

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

Kommentare

Rian
16. September 2015 um 00:45 Uhr (#1)
Jetzt mal ganz davon abgesehen, dass TPP ein tolles Spiel ist - es ist schon eine ziemliche Frechheit, dass die überteuerte Bezahldemo Ground Zeroes zum Grundverständnis der Story vorausgesetzt wird.
blackmaniac
16. September 2015 um 21:09 Uhr (#2)
wenigstens hat Konami Ground Zeroes im Vormonat zum gratis Games for Gold Titel ernannt, sodass man sich drauf vorbereiten konnte.

Ich bin übrigens nicht auf die Boni eingegangen, die man sich in mit GZ verdienen kann, weil die drecksserver für GZ immernoch nicht funktionieren und ich deswegen nix hochladen konnte.
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24. April 2024 um 16:24 Uhr
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01. September 2015
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Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
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Plattform - Die Playstation 4 (PS4) von Sony ist eine Spielkonsole der 8. Generation. Sie erschien am 29. November 2013 europaweit als Nachfolger der Playstation 3.
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