Ronin im Test

(Artikel)
Adrian Knapik, 05. Juli 2015

Ronin im Test

Auf geht's zur Jagd

Man braucht immer ein paar kleine Spielchen für zwischendurch. Vor allem jetzt in der Sommerflaute kommt einem jeder Release gelegen. Trotzdem gehen viele kleine, aber dennoch hervorragende Indie-Titel an einem vorbei. Mit Ronin erschien vor Kurzem ein 2D-Action-Stealth-Spiel, in dem man als skrupelloser Auftragskiller sein Unwesen treibt - und wer Lust auf eine Herausforderung hat, sollte sich das auf keinen Fall entgehen lassen.

Ohne jegliche Einführung oder Zwischensequenz wird man ins Spiel geworfen. Das bedeutet also, man weiß nicht genau, wer man ist, wieso man das tut, was die Missionsziele einem sagen, und wo man sich befindet. Der Einsatzort ist eine Großstadt in der Nacht, wobei die Levels sich jeweils auf ein bis maximal zwei Gebäude beschränken, in und um die man sich frei bewegen kann. Die Spielfigur ist ein gut ausgebildeter Auftragskiller, der mit ausgesprochen schicken Ninja-Skills aufwartet. Das einzige Fünkchen an "Story", ist das Foto einer Familie, die wohl in das Visier unseres Killers gekommen ist. Zumindest sieht es so aus, als wäre es eine Familie - wer aber interessiert ist und sich die Spielbeschreibung durchliest, bekommt wenigstens hier die kleine Information, dass es sich um prominente Personen einer riesigen, erfolgreichen Firma handelt. Die Level sind unterteilt in fünf verschiedene Kapitel, die sich jeweils einer Person auf dem Foto widmen. Wer als nächstes auf der Todesliste steht, wird mit einem dicken roten Kreis auf dem Foto vor dem nächsten Level gekennzeichnet. Mehr Rahmenprogramm wird nicht geboten.

ronin_fotoEiner... nach... dem... anderen...

Die Steuerung scheint im ersten Moment recht unkompliziert. Mit Leichtigkeit kann man sich mit den gewohnten Tasten WASD durch die Level bewegen - die Maus nutzt man dann, um zu springen oder jegliche andere Aktionen auszuführen. Alternativ kann man die Missionen auch mit einem Controller angehen, was vor allem bei den Sprüngen besser klappt, die mit der Maussteuerung teilweise sehr hakelig und unintuitiv zu bedienen sind. Deshalb scheitert manchmal ein Sprung schon an der korrekten Ausführung - zumindest hätte ich mir vermutlich einige ärgerliche Tode sparen können, hätte ich von Beginn an auf den Controller gesetzt. Grafisch präsentiert sich Ronin mit einem schön anzusehenden Comic-Stil, der ziemlich an den eines SpeedRunners erinnert. Zum Sound gibt es nichts Besonderes zu sagen. Weder exorbitant gut noch grottenschlecht, es ergibt alles in eine kleine, unauffällige Reihe an funktionierenden Dingen.

Kommen wir zum wichtigen Teil: dem Spielgefühl - und das ist toll. Wie ein waschechter Ninja springen wir gekonnt durch die Gegend, erklimmen Wände, hangeln an der Decke entlang oder schwingen uns mit dem Enterhaken von einem Haus zum näcsten. Ganz nebenbei erledigen wir noch den ein oder anderen Gegner mit unserem tödlichen Langschwert, der sich unserem Ziel in den Weg stellt. Aber unser Schwert ist nicht die einzige Möglichkeit, jemanden um die Ecke zu bringen. Wer es besonders stilvoll mag, wird Möglichkeiten finden, Gegner an der Decke zu erhängen oder kurzerhand einfach aus einem Fenster zu treten - cool! Was man allerdings überhaupt nicht erwartet, wenn man das Spiel das erste Mal sieht, ist das rundenbasierte Kampfsystem - sprich: erst seid ihr an der Reihe, dann der Gegner. Durch dieses Rundensystem läuft man nicht einfach von Typ zu Typ und schlitzt einen nach dem anderen weg, sondern muss sich wirklich Gedanken machen, was man im nächsten Zug tun wird. Denn wenn Ronin eine Sache ist, dann alles andere als einfach. Zum größten Teil dürfte das der Tatsache geschuldet sein, dass man nur einmal getroffen werden braucht, um zu sterben. An manchen Leveln beißt man sich wirklich so die Zähne aus, wie man es an den schwierigsten Stellen in Bloodborne oder Dark Souls tut - vor allem, wenn man das Level bestehen möchte ohne auf die Zusatzmissionen zu verzichten, die man ebenfalls bestehen muss, um abschließend Skill-Punkte zum Verteilen zu bekommen.

ronin_enterhakenMit dem Enterhaken kann man sich auch aus brenzligen Situationen retten.

Das Skill-System ist klein und fein. Es gibt keine Möglichkeiten irgendwelche Charakterwerte anzupassen, damit man selbst mehr aushält oder man sich schneller bewegen kann. Man gewinnt stattdessen neue Kampf-Fertigkeiten hinzu. Während eines Kampfes findet man unten links am Bildschirmrand eine Anzeige, an der man ablesen kann, in wie vielen Zügen welche Fähigkeit verfügbar ist. Die "Shuriken"-Fähigkeit beispielsweise lässt sich nach zwei Zügen benutzen - mit dieser kann man alle Gegner in einem bestimmten Umkreis für eine Runde mit Ninja-Sternen betäuben und gewinnt so wertvolle Zeit, die man auch braucht. Denn teilweise sind Räume so vollgestopft mit Wachleuten, Spezialeinheiten und sonstigen bösen Kram, dass man wirklich Probleme bekommt, wenn man nicht intelligent mit den Fähigkeiten umgeht und Runde für Runde einen Plan ausarbeitet, wie er Kampf weiter verlaufen könnte. So wird Ronin zu einem absolut anspruchsvollen taktischen Rundenspiel, welches dem Spieler einiges an Können abverlangt.

Gerade durch dieses Spielprinzip variiert auch die Spiellänge unglaublich stark. Während ein Durchschnitts-Spieler wahrscheinlich so zwischen fünf und sechs Stunden an Ronin sitzen wird, kann jemand, der sich besonders schnell eingefunden und ein taktisch äußerst ausgeklügeltes Denkvermögen hat, auch schon in drei Stunden durchpreschen. Aber gerade durch den Zwang, immer auch alle Nebenmissionen pro Level absolvieren zu müssen, um überhaupt Skillpunkte zum Verteilen zu bekommen, zieht sich alles ein wenig in die Länge - denn alles im ersten Durchlauf zu beachten ist kaum möglich. Oftmals verlangen die Zusatzaufgaben auch ausgesprochen gute Level-Kenntnisse, weshalb man sie häufig erst nach dem vierten oder fünften Mal schaffen kann. Aber gerade durch die verschiedenen Möglichkeiten ein Level anzugehen und es zu lösen, ist das auch kein Problem, denn es gibt nicht nur den einen Lösungsweg, den man zu befolgen hat.

ronin_problemeEs gibt VIELE Gegner.

Je nachdem, wie gut man sich anstellt, kann Ronin ein recht kurzweiliger Spaß werden. Das spannende rundenbasierte Kampfsystem überzeugt in vollem Maße und macht unglaublich viel Spaß, auch wenn einige Züge gut und gerne mal in die Hose gehen - das nächste Mal ist man auf jeden Fall schlauer. Schade ist, dass die Rahmenhandlung fallen gelassen wurde. Ich persönlich hätte doch gerne erfahren, wieso ich diese Leute töten soll und an was für einem Ort ich mich befinde. Nichtsdestotrotz: wer Lust auf eine Herausforderung hat, wird bei Ronin sein Glück finden. Adrian

Ronin wurde auf dem PC getestet. Ein Testmuster wurde uns von Devolver Digital zur Verfügung gestellt.

Weiterlesen: Spiele von Devolver Digital

Ronin

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Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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30. Juni 2015
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Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.

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