Magicka 2 im Test

(Artikel)
Paul Rubah, 25. Mai 2015

Magicka 2 im Test

Rückkehr der apokalyptischen Bademantelreiter

Eigentlich hat es ja jeder kommen sehen: Nachdem sich die mächtigen Magier von Midgård in unzähligen Legenden (sprich: DLCs) und Heldentaten "aus Versehen" gegenseitig umgebracht und im Dutzend wiederbelebt haben, musste es irgendwann zu echten Kriegen thaumaturgischer Exzellenz kommen. Wahrscheinlich hat ein Bademantel dem anderen eine Bratwurst geklaut und das war der Anfang eines epischen Konfliktes voller Tod und Kollateralschäden. Und obwohl Magier ja nun Experten in Sachen Wiederauferstehung sind, haben im Laufe des Krieges fast alle irgendwie das Zeitliche gesegnet. Nachdem sich der Staub gelegt hat, konnten Menschen, Elfen und Zwerge vierzig Jahre lang aufatmen, denn es gab keine Magier, die ihnen "helfen" wollten. Allerdings ging die aus all der wilden Zauberei entsprungenen Energie in ein Neugeborenes über. Dieses mächtige, auserwählte Kind sollen die überlebenden Magier im Auftrag von Nicht-Vampir Vlad ausfindig machen und schützen, damit es die Welt in ein goldenes Zeitalter führen kann. Natürlich geht das alles schief, aber bei Zauberkünstlern, die sich ständig selbst in Flammen stecken, war da auch nichts anderes zu erwarten.

m2-eisKlassiker: Nichtschwimmer überwinden Gewässer mit Eisatem.

Definitiv kein Vampir
Magicka 2 setzt voll auf Wiedererkennungswert und stößt keinen Magicka-Fan in kaltes Wasser. Die gedrungenen Figürchen, kunterbunten Farben und die typische Top-Down-Perspektive sind mit am Start, genauso wie der eingängige Schellen-Flöten-Klampfen-Soundtrack direkt vom nächsten Mittelaltermarkt. Natürlich ist die Grafik etwas aufgehübscht, die Anzeigen wurden aufgeräumt, die Zaubersprüche mit mehr optischem Wumms versehen und Vlads wechselbare Hakenhände lassen sich nun noch besser bestaunen. Große Schritte sind das aber nicht - ich musste doch noch einmal den vier Jahre alten Vorgänger anwerfen, um mich zu überzeugen, dass sich überhaupt etwas getan hat.

Die Storyline ist komplett neu und schlachtet abermals aktuelle Popkultur aus - allerdings nicht dermaßen auf Steroide, wie es noch der Vorgänger getan hat. Klar, man begegnet John Frost, der seine mickrige Eisklotzwand bewacht, und verbringt auch mal ein Jahr im weißen Raum mit den zwei roten Sesseln, in dem Morpheus den Keanu Reeves mit blauen und roten Pillen zugelabert hat. Aber mehr als eine Barrage an zeitnahen Anspielungen abzufeuern, baut Magicka 2 mehr auf Witze aus sich selbst heraus. Dann sind die Biestmenschen halt mal für ihre vegane Küche bekannt oder die Pointe des besten Witzes der Welt verweist auf eine korrupte Speicherstelle (und schaltet das Achievement "Programmieren ist schwierig!" frei). Ebenfalls ein Highlight sind die Sprachen der Einwohner Midgards. Die meisten sprechen ein stark kannibalisiertes Schwedisch mit eingestreutem Baby-Englisch. In Fischeingeweiden wahrzusagen ist dann "Lookie pookie" oder ein wiederbelebter Magier schreit "Supprendor!", wenn er dem Erdboden entspringt. Zusätzlich gibt es eine japanische Sekte, Elfen verwenden ein Pidgin-Französisch und die uralte Zwergensprache erinnerte mich irgendwie an Italienisch.


Nur Weicheier schalten Friendly Fire aus!
Der unterhaltsame Adventure-Modus ist - samt einiger Mini-Rätsel und optionalen Kämpfen - mit etwa fünf Stunden Spielzeit recht rasch vorbei, wobei sie wahrscheinlich noch etwas länger hält, wenn ihr alleine spielt - denn ohne Kompagnons ist Magicka 2 richtig schwierig. Das liegt aber vor allem daran, dass man oft durch dumme Unfälle abnippelt. Da schlagen dann mal alle Gegner gleichzeitig zu oder ein schwacher Rempler befördert die Spielfigur schnurstracks in den nächsten Abgrund. Dank des Begleiterhaustiers (etwa eine Fee, die mit einem inbrünstigen "Hey!" regeneriert) wird man zwar einmal pro Kampf gratis wiederbelebt, aber der nächste dumme Tod kommt bestimmt. Da hilft leider auch die Kamera nicht, die oft auf einen so kleinen Kartenausschnitt fokussiert, dass man sich kaum frei bewegen kann. In Magicka 1 gab es ein paar große Areale, die man von Feinden säubern musste, und in denen die Kamera auch immer artig mitgescrollt ist. In Magicka 2 ist dagegen jeder Kampf räumlich fixiert.

Besser wird es da mit ein, zwei oder drei Mitspielern. Na ja, ich sage "besser". Das kommt drauf an, wie gut man zusammen agiert, denn wenn zwei Spieler ihre Todesstrahlen in eine Richtung feuern, ein dritter einen Heilungsbeam rein schickt, das ganze eine nukleare Kernschmelze hervorruft, während der vierte Spieler eigentlich gerade im Nahkampf war - dann verwandeln sich schon mal ein paar Zauberer in purzelnde Fleischbrocken.

m2-gemeinsamKreuzt die Strahlen! Kreuzt die Strahlen!

Zum Glück ist Wiederbeleben jetzt noch einfacher! Und das liegt an der verbesserten Steuerung. Magicka war mit Gamepad quasi unspielbar. Wer nicht zu Maus und Tastatur griff, war klar im Nachteil. Jetzt hat sich das Blatt aber gewendet: Die acht bekannten Elemente lassen sich über vier Tasten (Xbox-Controller: ABXY) und einer weiteren Umschalttaste wie gewohnt zu mächtigen Sprüchen kombinieren. Feuer und Stein? Feuerball! Eis und Blitz? Eisblitz! Während man so lustig vor sich hin zappt, darf man sich auch bewegen, was das ständige Stop and Go vom Vorgänger ausmerzt. Zudem kann man vier Zaubersprüche, darunter auch die wichtige Wiederbelebung oder den lustigen "Zaubere einen zufälligen Zauberspruch auf ein zufälliges Ziel", zu einer Schnellauswahl hinzufügen. Das "Zusammenspiel" ist, damals wie heute, eine Mordsgaudi. Wortwörtlich. Manchmal sind die Spieler so sehr davon abgelenkt, sich gegenseitig für irgendwas zu rächen, dass die eigentlichen Gegner nur noch ungeduldig am Bildschirmrand warten können.

Weniger ist mehr?
Leider hat Magicka 2 auch einen Rückschritt gemacht: Es gibt nun weniger Kombinationsmöglichkeiten für die Elemente. Das liegt daran, dass sich nun symbiotische Elemente nicht mehr im Ladebalken zu neuen Elementen verschmelzen. Bestes Beispiel: Dampf. Bei Magicka konnte man Feuer und Wasser auswählen, die sich zu einem grauen Dampfsymbol zusammenfügten, das - im Gegensatz zum einzelnen Wasserelement - mit dem Blitzelement verträglich war. Das Ergebnis: DAMPFBLITZ! Das geht nun nicht mehr. Schiebt der Spieler die Komponenten für den Dampfzauber in die Auswahlleiste und wählt einen Blitz dazu, werden automatisch alle Wasserelemente raus gekickt. Neue Kombinationsmöglichkeiten gibt es dagegenkeine.

m2-veganFast jede Kreatur im Spiel ist sympathischer als die Magierbande.

Ist die Story durch, können sich Spieler auf die extraharten Challenges stürzen. Das sind Level, in denen es gilt, Monsterwellen hintereinander abzuschlachten oder eine bestimmte Zeitspanne zu überleben. Zusätzlichen Wiederspielwert bieten die Artefakte: Aus diesen freispielbaren Modifikatoren kann man sich seinen eigenen Schwierigkeitsgrad basteln. Dann richten bestimmte Zauber mehr Schaden an, Gegner bewegen sich schneller oder besonders lustige Tode werden durch Klatsch- und Lach-Tracks quittiert.

Und das war's auch. Wenn ihr an dieser Stelle denkt: "Mensch, das ist ja nicht viel Neues", dann habt ihr ganz Recht. Magicka 2 macht Spaß, keine Frage, ist aber auch fast identisch zu seinem Vorgänger. Kleine Verbesserungen gestalten das Spielerlebnis etwas schöner, aber der große Kern, der an vielen Stellen durch die dünne Schale bricht, bleibt der gleiche. Insofern fühlt sich Magicka 2 eher wie ein Standalone-DLC an als wie ein echter Nachfolger.

Magicka 2 wurde auf dem PC getestet. Ein Testmuster wurde uns von Deep Silver zur Verfügung gestellt.

Weiterlesen: Alle Infos zu Magicka 2

Magicka 2

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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20. April 2024 um 06:51 Uhr
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26. Mai 2015
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