Resident Evil HD Remaster

(Artikel)
Haris Odobašic, 08. April 2015

Resident Evil HD Remaster

Horror-Design in Perfektion

Für viele Zocker älteren Semesters stellen die frühen Resident-Evil-Spiele die erste Berührung mit dem spielgewordenen Horror dar. Auch wenn Alone in the Dark der Vater des Survival-Horrors ist, gewann erst durch Resident Evil das Genre richtig an Popularität. Der Mix aus für damalige Verhältnisse schon fast fotorealistischer Grafik – eine Kombination aus vorgerenderten Hintergründen mit starren Kameraperspektiven und darüber gelegten Polygon-Charakteren – gemächlichem Gameplay-Tempo mit wohldosierter Action und nicht zuletzt der Steuerung, die für viele zur Hassliebe wurde, sorgte für viele Albträume. Auch ich, der eigentlich Horrorfilme wie Chucky die Mörderpuppe oder Freitag der 13. locker wegsteckte, fand in Resident Evil als kleiner Knirps genug Grund, nachts nicht mehr alleine aufs Klo zu wollen.

Entsprechend gehöre ich zu den Leuten, die die neueren Resident-Evil-Teile wegen ihrer Qualität als Actionspiele zwar durchaus schätzen, aber eben auch den verlorenen Horrorwurzeln hinterhertraueren. Die Revelations-Spinoffs bieten hier zwar gutes Futter, trotzdem ist das HD-Remake für die neuen Konsolen gern gesehen, denn trotz des Alters ist das Original gut wie eh und je.

Das Original
Ihr habt also erneut die Wahl, entweder in die Fußstapfen von Chris Redfield oder Jill Valentine zu schlüpfen. Die sind Mitglieder der S.T.A.R.S.-Spezialeinheit der Polizei von Raccoon City mit dem Auftrag, das Verschwinden einiger Kameraden aufzuklären. Diese sollten mysteriöse Übergriffe auf Bewohner der Stadt von unbekannten Angreifern untersuchen und sind dabei auf ein abgelegenes, verlassenes Anwesen der Familie Spencer gestoßen, wo kurze Zeit später der Kontakt abbrach. Doch kaum dort angekommen, treiben euch monströse Hunde ins Anwesen und ihr habt keine Möglichkeit, die Außenwelt zu kontaktieren.

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Schon in den ersten Spielminuten macht das HD-Remake klar, dass das erste Resident Evil mit seinem perfekt durchkonstruierten Horror noch immer Referenzstatus inne hat. Jump scares sind, anders als bei modernen Horrortiteln, eher die Seltenheit und stattdessen wird vor allem psychologisch die Furcht geschürt. Resident Evil hat keine Angst, euch auch mal durch mehrere Gänge laufen zu lassen, in denen rein gar nichts passiert, aber knarzende Geräusche, huschende Schatten und dubiose Kameraperspektiven doch suggerieren, dass gleich der nächste Zombie auf euch wartet. Und wenn Resident Evil euch dann doch schocken will, dann richtig. Da springt dann plötzlich ein untoter Hund durchs Fenster und während ihr noch in der Hose euer Herz sucht, fällt euch das Vieh an. Wertvolle Munition verschwendend erwehrt ihr euch des Tieres, nur damit der nächste Schritt im unendlich erscheinenden Gang ein weiteres Fenster offenbart und eine weitere Zombie-Töle euer Leben beenden will. Es ist Ebbe und Flut, Atmosphäre aufbauende Ruhephasen werden brutal durchbrochen von intensivsten Horror- und Action-Sequenzen. Es ist der perfekte Mix für ein Spiel dieser Art.

Dass der Horror aber so gut wirken kann, liegt nicht zuletzt daran, dass die Rahmenbedingungen voll und ganz zu überzeugen wissen. Das Mysterium um das abgelegene Anwesen am Stadtrand von Raccoon City ist fesselnd und mit Designkniffen wird dieses Netz nur noch dichter gesponnen. Immer wieder findet ihr Notizen. Manche geben Tipps für Rätsel, andere Erklärungen zum Spiel, wieder andere verdichten die Stimmung. So findet ihr zum Beispiel verstreute und immer wirrer werdende Tagebucheinträge eines Mannes, der von einer kuriosen Transformation berichtet. Auch wenn Überleben eure Priorität Nummer 1 bleibt - der Wunsch, herauszufinden, was es wirklich mit den Zombies auf sich hat, treibt euch doch tiefer und tiefer in die Gefahr.

Selbst das kuriose Rätseldesign findet seinen Platz. Natürlich kann man sich künstlich darüber empören, dass niemand ein Haus in echt so bauen würde - voller Todesfallen und aberwitziger Tür-Öffnungs-Mechanismen, die von richtig platzierten Emblems oder korrekt ausgerichteten Statuen abhängen. Aber im Kontext des Spiels ist es doch egal, ob die Realität "Nein" sagt, denn wenn man gerade durch das Anwesen auf der Suche nach der Lösung für das nächste Türrätsel schleicht, übertrumpft der Gruselfaktor den inneren Mecker-Max.

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Aber nicht nur vom Spieldesign gehört Capcoms erster Survival-Horror ins Lehrbuch, auch aus anderen Blickwinkeln heraus kann man von Resident Evil viel lernen - wie zum Beispiel technische Limitationen genutzt wurden, um daraus ganz neue Kreativität zu gewinnen und ins Design einfließen zu lassen. Damals waren Ladezeiten für einzelne Räume wegen des lahmen CD-Laufwerks der ersten Playstation noch ein großes Thema, weswegen sich das Team um Shinji Mikami die legendäre Tür-Sequenz einfallen ließ. Bei jeder Tür wurde ein Bildschirm mit einer Tür eingeblendet. Langsam und knarrend öffnete sie sich und der Spieler schritt hindurch ins Ungewisse. Was würde dahinter lauern? Würde die Sequenz einfach normal durchlaufen oder taucht plötzlich ein Zombie auf? Diese Unwissenheit macht selbst das simple Türöffnen zu einem Nervenkitzler, den heutige Horrorspiele kaum replizieren können.

Der Remaster
Der HD-Remaster basiert auf dem 2002er-Remake von Resident Evil für Nintendos Gamecube, enthält also neben einem Auflösungsupgrade auch die zusätzlichen Inhalte der schon vorzüglichen Neuauflage - wir reden hier von 70 Prozent Inhalten die "anders" sind, zumindest laut Angabe von Chef-Designer Shinji Mikami. Darunter auch neugeschriebene und vertonte Dialoge. Das ist auch insbesondere aus der Perspektive anderer Konsolen- und PC-Spieler interessant, da das Remake bisher für Nintendo-Konsolen exklusiv war. Jetzt kriegen alle erstmals Zugriff auf die ganzen Neuerungen.

Und auch wenn Hintergründe und Charaktermodelle größtenteils gleich geblieben sind, kann sich das Spiel auch heutzutage noch immer sehen lassen. Das ist vielleicht der eine Vorteil des Spiels mit den vorgerenderten Hintergründen: die starre Perspektive erkauft Grafik, die auch noch Jahre später einen guten Eindruck hinterlässt. Im auralen Bereich gibt es hingegen ein gut hörbares Upgrade in Form eines neu-gemischten 5.1. Sounds, der sich für Besitzer einer entsprechenden Anlage natürlich riesig lohnt. Der Bonus an Atmosphäre wird euch das Blut in den Adern gefrieren lassen.

Einzig und allein manche der CGI-Zwischensequenzen lassen zu wünschen übrig, wirken doch veraltet. Eine komplette Überarbeitung wäre wünschenswert gewesen.

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Eine weitere Neuerung ist die Möglichkeit, das Bild auf 16:9-Seitenverhältnisse zu optimieren. Auch eine direkte Steuerungsvariante hat in den Remaster gefunden. Vorbei also die Zeit, als sich eure Figuren wie ein deutscher Panzer aus dem zweiten Weltkrieg steuerten und man sich erst umständlich drehen musste, man dem Zombie den Rücken zuwenden konnte. Auch wenn Nostalgiker sicherlich der alten Steuerung was abgewinnen können, ist die neue Kontrolloption, bei dem ihr einfach in die Richtung drückt, in die ihr laufen wollt, definitiv die bessere Wahl.

Resident Evil HD Remaster zählt auch 19 Jahre nach Erscheinen des Originals zum Allerbesten, was es im Bereich der Horror-Spiele gibt und hat sich trotz des Alters sowohl vom Design als auch von der Grafik überraschend gut gehalten. Zudem dürfte es sich wegen der bisherigen Nintendo-Exklusivität um das erste Mal handeln, dass einer breiteren Spielerbasis die zusätzlichen Inhalte zur Verfügung gestellt werden. So haben echte Gruselfans eigentlich gar keine Wahl: egal, ob man den Teil schon gespielt hat oder nicht, der erneute Ausflug nach Raccoon City ist bedingungslos weiterempfehlbares Pflichtprogramm.Haris

Resident Evil HD Remaster wurde auf der Xbox One getestet. Für den Test hat sich der Redakteur das Spiel selbst gekauft.

Resident Evil HD Remaster

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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