The Evil Within im Test

(Artikel)
Benjamin Strobel, 19. März 2015

The Evil Within im Test

Resident Evil meets Silent Hill

The Evil Within verbindet Shooter- und Survival-Elemente aus Resident Evil mit der surrealen Optik von Silent Hill und einer Story, die abgedrehter ist als die von beiden Klassikern zusammen. Das Horror-Spiel packt nicht den vollen Grusel aus, setzt dafür auf jede Menge Ekel und cinematische Atmosphäre.

Was zum Fick?
Ein brutaler Massenmord in der Beacon-Nervenheilklinik von Krimson City ruft Detective Sebastian Castellanos und seine Partner auf den Plan. Verantwortlich für die Abschlachtung ist offenbar nichts Menschliches, sondern eine geheimnisvolle, böse Kraft. Eine narbenübersäte Kapuzengestalt erscheint am Tatort und stiftet weitere Verwirrung. Was ist dort eigentlich passiert? Castellanos verliert schließlich das Bewusstsein und findet sich in einer surrealen Version von Krimson City wieder, die von mutierten Zombies heimgesucht wird. An verschiedenen Orten kann man Tagebucheinträge und Zeitungsausschnitte finden, die man unbedingt lesen sollte, um eine Vorstellung von den Hintergründen zu bekommen. Anders als viele Big-Budget-Titel nimmt The Evil Within den Spieler nicht bei der Hand und erklärt ihm alles dreimal, sondern überlässt ihn sich selbst und ein paar vagen Andeutungen. So bleiben die Figuren fremd, eine Verbindung zum Protagonisten baut sich beim Spielen nur schwierig auf.

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Das Storytelling wird sicher nicht jedem gefallen. Das ist aber nicht weiter schlimm, da man das Spiel sehr wohl genießen kann, ohne sich den Kopf allzu sehr über die abstrusen Geschehnisse zu zermartern. Stattdessen trägt die gelungene Atmosphäre einen großen Teil der Spielerfahrung. Atmosphärisch - aber nicht so richtig gruselig. Es gibt ein paar obligatorische Jump-Scares, doch ansonsten konzentriert das Spiel sich darauf, zu ekeln und zu verstören und erinnert dabei sehr an Silent Hill. Die mutierten Feinde haben überall eklige Blasen und Geschwüre, die ihnen unter Beschuss gerne platzen oder abfallen. Feuchte Kellergewölbe, alte Gemäuer und marode Schuppen sind wiederkehrende Ambiente in The Evil Within und lassen den Modergeruch schon visuell sehr gut erahnen. Optisch ist das Spiel allerdings ganz schwer zu beurteilen, da es einige äußert hinreißende Szenen gibt, aber auch ein paar kahle und langweilige Ecken. Das Artdesign ist insgesamt überzeugend und die Stimmung profitiert vor allem von den wenigen Lichtern im Dunkeln, den Fackeln und Laternen.

Atmosphäre durch Design
Viele Design-Entscheidungen stehen eindeutig im Dienste der Atmosphäre, doch einige sind spielerisch eher störend. Um den Look eines Kinofilms zu erzeugen, sind im 16:9-Format noch mal schwarze Balken eingezogen, sodass man effektiv auf ein Cinemascope-Format (2,35:1) schaut. Dadurch ist das Sichtfeld natürlich stark reduziert, was zwar eine schöne Beklemmung erzeugt, in Kämpfen aber die Übersicht erschwert. Um die Film-Optik vollständig zu wahren, läuft das Spiel standardmäßig auch nur mit 30 Bildern pro Sekunde. Auf dem PC kann man sowohl die Bildrate als auch Seitenverhältnis verändern, Konsolenspieler sind jedoch an die Vorgaben gebunden.

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Ein weiteres Design-Merkmal ist die Third-Person-Kamera des Spiels. Die Kamera ist sehr nah an der Schulter des Protagonisten platziert, sodass die Spielfigur oft einen großen Teil des Blickfelds blockiert. Wenn man dann noch die Lampe einschaltet, die Sebastian am Gürtel trägt, wird man vom Licht so geblendet, dass man auf den verbleibenden Stellen auch nicht mehr viel erkennt. Perspektive und Licht sind cinematisch jedoch genial. Die beklemmende Atmosphäre wird durch die enge Kamera umso intensiver. Besonders kommt dieser Kniff zur Geltung, wenn man Türen öffnet. Dann dreht sich die Kamera so in einen Winkel, dass man den nächsten Raum erst dann überblickt, wenn man wirklich drin steht.

It's dangerous to go alone. Take everything you can.
The Evil Within ist gar nicht so einfach. Einen Teil trägt dazu die etwas schwammige Steuerung bei, an die man sich erst mal gewöhnen muss. Dass man Schwierigkeiten beim Zielen bekommt, ist aber durchaus gewollt. So schießt Sebastian auch dann mal vorbei, wenn man das Fadenkreuz eindeutig über dem Kopf eines Mutanten platziert hatte. Im weiteren Spielverlauf muss man das Zielen als Skill weiter ausbauen, um die ungewollte Streuung einzudämmen. Ein anderer limitierender Faktor sind die spärlichen Mengen an Munition, die den Survival-Aspekt betonen. Nach so einem Bosskampf war ich jedes Mal völlig blank und konnte froh sein, wenn ich den Obermotz noch gerade so mit der letzten Kugel um die Ecke bekommen habe. Im Kampf mit den Zombies sollte sich daher ein Schuss mit der Flinte möglichst in zwei Feinde gleichzeitig versenken und die Pistole immer auf den Kopf zielen - eine Kugel in die Brust ist pure Verschwendung. Lungern drei oder mehr Zombies auf einem Haufen, darf es auch gern mal eine Granate sein. Man muss sparen, wo man kann, und sein Pulver so gewinnbringend wie möglich verfeuern.

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Apropos Feuer: Gegner, die am Boden sind, lassen sich auch mit Streichhölzern anzünden, was so ungefähr die mächtigste Waffe des Spiels ist. Streichhölzer töten jeden Feind sofort und verhindern mit Sicherheit, dass er noch mal aufstehen kann. Der Clou mit den Steichhölzern ist nun, dass angrenzende Feinde ebenfalls entzündet werden, wenn man ein Streichholz auf den Kadaver fallen lässt. Wenn man richtig fancy ist, lockt man also möglichst viele Feinde zur nächsten Leiche und erlegt alle mit einem Streich(holz).

Neben gewöhnlichen Schusswaffen und den lebensrettenden Streichhölzern findet Sebastian auch ein besonderes Werkzeug in seinem Arsenal: die sogenannte Qualen-Armbrust. Die Besonderheit dieser Waffe ist, dass sie mit zahlreiche Arten von Bolzen funktioniert, beispielsweise explodierenden oder einfrierenden. Aus Schrottteilen, die man in Kisten und am Wegesrand einsammelt, kann man sich neue Bolzen selbst zusammenbauen, was manchmal die letzte Möglichkeit ist, überhaupt noch an Munition zu gelangen. Daher sollte man jedes Areal genau untersuchen und auch noch die letzte Ritze durchstöbern. Dass es hier ums Überleben geht, kommt dadurch ganz gut zur Geltung und verhindert, dass das Spiel zu leicht wird, selbst wenn man sich recht gut anstellt.

Tapetenwechsel
The Evil Within hat eine recht lineare Levelstruktur und bietet selten viele Freiheiten. Abwechslungsreiche Areale sind ein fairer Ausgleich dafür. Mal ist man in Wäldern unterwegs, ein anderes Mal in einer Kirche oder einem alten Dorf. Die Szenerie wechselt mit jedem Level, was auch dann Spaß macht, wenn man der Geschichte nicht ganz folgen kann. Trotz des linearen Aufbaus sind einige Level so verwinkelt, dass man sich zumindest an verschiedenen Orten mal umsehen kann, auch wenn man am Ende immer an demselben Punkt landet. So hat man auch das berechtigte Gefühl, dass einem nicht alle Items vorgesetzt werden, sondern dass rare Munition auch gesucht werden möchte.

Für weitere Abwechslung sorgt die Möglichkeit, sich mit Stealth durch einige Areale zu bewegen und Mutanten von hinten mit dem Messer zu meucheln, was für ein Horrorspiel doch eher untypisch ist. Einige Feinde bewegen sich allerdings so enigmatisch, dass man sie mit einer Flasche ablenken sollte, bevor man sich ihnen nähert. Auch das geht! Schleichen ist ein weiterer Weg, Munition zu sparen und so macht man gerne Gebrauch davon.

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Als Horror-Fan hätte ich mir von The Evil Within etwas mehr Grusel und Schrecken gewünscht. Mit Schleichangriffen und Schusswaffen kann man sich gegen die Feinde des Spiels gut zur Wehr setzen, was sie schon nach kurzer Zeit entgruselt. Was bleibt, ist der Ekelfaktor und eine überzeugende Präsentation mit abwechslungsreichen Szenenbildern. Rare Munition und wenig Lebensenergie fordern viel Kreativität im Kampf gegen die Mutierten und fördern eine überraschende Gameplay-Stärke zu Tage, die man in den jüngeren Silent Hills und Resident Evils kaum noch findet. Am Ende überzeugt The Evil Within durch Abwechslung und atmosphärisches Design, was für Mängel beim Storytelling durchaus entschuldigen kann. Ben

The Evil Within

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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RELEASE
14. Oktober 2014
PLATTFORM
PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.
Playstation 3
Plattform
Playstation 4
Plattform - Die Playstation 4 (PS4) von Sony ist eine Spielkonsole der 8. Generation. Sie erschien am 29. November 2013 europaweit als Nachfolger der Playstation 3.
Xbox 360
Plattform
Xbox One
Plattform - Nachfolger der Xbox 360 von Microsoft. Angekündigt am 21. Mai 2013, ist die Heimkonsole am 22. November 2013 in Deutschland und weiten teilen Eruopas erschienen.

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