Hearthstone: Heroes of WarCraft im Test

(Artikel)
Paul Rubah, 08. Februar 2015

Hearthstone: Heroes of WarCraft im Test

Am Feuer ist immer ein Plätzchen frei

Gut. Bevor mir irgendjemand ein Review über ein Trading Card Game bzw. Collectible Card Game abnimmt, muss ich erst einmal meinen Ausweis vorzeigen: Ich komme aus der Yu-Gi-Oh-Ecke. Nein, liebe Magic-Spieler, bitte nicht weglaufen! Ich habe auch schon Magic gespielt! Ich kenne Länder und so! Magic ist cool! Yu-Gi-Oh! ist zwar viel cooler, aber-- OKAY OKAY! Ich bin ja schon ruhig. Aber hört euch noch schnell an, was ich über Hearthstone: Heroes of WarCraft zu sagen habe, denn das Spiel könnte euch echt interessieren – selbst wenn ihr noch nie in eurem Leben so ein Kartenspiel gezockt habt.

hearthstone-karte

Pipi-eier-leicht
Wenn es darum geht, so ziemlich alle Spieler unter der Sonne und in manchen Fällen unter der Erde anzulocken (Höhöhö, Kellerkinder-Witz), dann gibt es keinen besseren für den Job als Blizzard. In etwa einer halben Stunde und fünf Trainingskämpfen hat absolut jeder das Regelwerk von Hearthstone drauf – ohne eine einzige Regel lesen zu müssen. Karten leuchten, ein paar einzeilige Erklärungstexte ploppen auf, aber die meiste Arbeit übernimmt das hervorragende Nutzerinterface mit klaren Kennzeichnungen, die selbst ein Achtjähriger versteht. Auf den Karten sind Edelsteine mit Zahlen abgebildet. Unten rechts sehen wir Edelsteine. Oh, wenn ich eine Karte mit einem Edelstein spiele, dann verschwindet ein Edelstein! Ob das zusammenhängt? Jede Runde gibt es aber alle Edelsteine zurück und außerdem erweitert sich das Limit jedes Spielers um einen Edelstein. Je länger die Runde läuft, desto höherwertigere und bessere Karten darf man legen. Oder man legt viele billige.

Es gibt eigentlich nur zwei Kartentypen: Schergen und Zauber. Zauber spielt man einmal, dann sind sie weg. Puff. Es gibt auch keinen Friedhof, "Entfernt"- oder "Wirklich, wirklich entfernt"-Stapel, von denen man sein Zeug wieder ins Spiel holen könnte. Weg ist weg. Mit Zaubern schnappt man sich dann gegnerische Schergen, heilt sich oder macht einfach mal eine Faust voll Schaden. Schergen legt man dagegen ab. Jeder Unterling besitzt Lebenspunkte und einen Stärkewert. Greift ein Monster ein anderes an, boxen sie sich gegenseitig und dann stirbt einer, beide oder auch mal gar keiner, falls beide danach noch Lebenspunkte übrig haben. Alternativ kann man den gegnerischen Helden angreifen – Ziel ist es nämlich, die 30 Lebenspunkte des Feindes auf eine schöne runde Null zu reduzieren.

hearthstone-deckbauDer Deckbau ist übersichtlich.

Und das war's! Wenn ihr die Regeln bis hierhin verstanden habt, könnt ihr schon loslegen. Jetzt gibt es natürlich noch Monster mit ganz tollen Effekten, etwa lassen einige noch mal einen Bonus los, wenn sie abtreten, andere machen dagegen einmalig den Dicken, wenn sie auf das Spielfeld kommen. Es gibt Geheimniskarten, die ihren Effekt erst ausspielen, wenn ein bestimmter Fall eintritt, es gibt bestimmte Kreaturenzustände, jeder der neun Helden hat eine eigene Fähigkeit und auch Zugriff auf etwa zwei Dutzend Karten, die kein anderer Held benutzen darf, blablabla. Das findet man alles während des Spielens raus, ist wirklich sehr leicht und Hearthstone propagiert learning by doing wie kein anderes Trading Card Game. Und da Hearthstone free to play ist, schadet es niemandem, einmal hinein zu schauen - nicht mal den anspruchsvollen Combo-Giganten unter euch. Die werden auch glücklich.

Free to play?!?!
Ich bin kein großer Fan von F2P. Meistens ist es Müll oder unfair. Ich würde jetzt lügen, wenn ich sagen würde, dass Hearthstone nicht unfair sei, wenn man niemals Geld für Karten ausgibt. Man braucht viele Karten, die nicht zum Basis-Repertoire gehören, um gegen die besseren menschlichen Spieler anzukommen, die ihr Deck dermaßen finegetuned (oder online von jemandem kopiert haben), dass man ansonsten schon etwas Glück bräuchte, um zu gewinnen. Allerdings haben auch arme (oder sture) Spieler die Möglichkeit, sich etwa alle zwei Tage durch Herausforderungen ein Kartenpaket zu erspielen. Das ist ordentlich. So kommt man irgendwann auch an seine Karten heran, es braucht nur eine Weile. Ich habe sogar in meinen erspielten Packs häufiger legendäre Karten als in den paar, die ich mir bisher gekauft habe. Und die Karten, die man nicht braucht? Die kann man einschmelzen und zu einer beliebigen neuen vercraften! Ja, meine Damen und Herren, in diesem Spiel kann man sich über sein Booster-Pack-Öffnungspech zumindest ein wenig hinweg setzen. Und insgesamt halte ich es nicht für verkehrt, für ein Spiel, in das man viele, viele Stunden investiert und viel Spaß hat, auch ein wenig Geld zu zahlen. Das ist nur fair.

hearthstone-kaufKartenpreise sind okay. Nicht toll, aber okay.

Das gewisse Etwas
Hearthstone bietet schon ganz gut was, um sich zu beschäftigen. Man kann gegen Computergegner üben, online Freundschaftsspiele austragen und versuchen die Rangliste hinauf zu klettern. Wer etwas über 20 Euro locker macht, bekommt außerdem Zugriff auf die Naxrammas-Kampagne mit fiesen Bosskämpfen und einzigartigen Karten als Belohnung. Wenn man etwas In-Game-Gold ausgibt, erhält man Einlass in die Arena. Hier baut man sich aus zufälligen Karten ein Arenadeck zusammen. Dann bekommt man drei Leben und muss versuchen, so oft gegen menschliche Spieler zu gewinnen wie möglich – je mehr Gewinne, desto höher am Ende die Belohnung. Aber keine Angst: Ein Boosterpack fällt eigentlich immer dabei ab. Wäre auch blöd, wenn nicht, schließlich kostet der Eintritt so viel wie anderthalb Booster.
Was ich allerdings noch vermisse, ist ein Doppel-Modus. Ich find's toll, mir mit meinen Freunden Karten im Duell um die Ohren zu hauen, aber ich bin mindestens ein genau so großer Fan von 2-vs-2-Matches. Das darf Blizzard gerne noch nachreichen.

So hübsch
Hearthstone ist einfach nur schön. Es ist schön anzuschauen, schön zu hören und schön zu kontrollieren. Der knuffige Artstyle umschmeichelt das Auge, Animationen fluppen richtig gut, Schergen verwenden Sprechteile aus Warcraft-Spielen und die Maus-Steuerung ist unfehlbar. Mit wenigen Fingerbewegungen schmeiße ich Karten auf das Feld wie ein Weltmeister. Das lässt mich mit Grusel an Magic-Software für PC zurückdenken, in der alles irgendwie ieh und hässlich war. Außerdem ist Hearthstones Irish-Folk-Soundtrack eine Wucht. Die Lieder brennen sich einem sofort in die Ohren und man möchte am liebsten das Spiel den ganzen Tag nebenher laufen haben – einfach nur für die Musik.


Es steht und fällt mit den Spielern
Onlinespiele sind immer ein wenig schwierig zu bewerten, weil so viel von den Menschen abhängt. Glücklicherweise gibt es erst einmal keinen direkten Weg, mit seinen zugewiesenen Kontrahenten zu kommunizieren. Einzige Ausnahme ist ein simples System mit einigen wenigen vorgefertigten Sätzen, etwa Begrüßungen oder ein beschwingtes "Ooops!". Theoretisch könnte man diese Sätze dauerspammen, um seine Feinde zu Tode zu nerven – praktisch habe ich das online noch nicht erlebt. Außer gegen Jozu. Das war das Erste, was er in unserem ersten Match gemacht hat.

Aber online findet man andere Arten von Ärgernis-Spielern. Damit meine ich ohne Ausnahme die schlechten Gewinner. Das sind die Typen, die den Sieg bereits in der Tasche haben und sich dann weigern, den Todesstoß anzusetzen. "Wie, was? Du hast nur noch ein Leben, keine Schergen auf dem Tisch, ich habe sechs herumliegen und es ist mein Zug? Och, ich beende meinen Zug einfach, mal schauen, was noch so kommt! Ich tue dir einen Gefalleeeeeen!" Ärsche. Ich könnte zwar aufgeben, aber hallo? Ich habe auch meinen Stolz und Anrecht auf einen ehrenvollen Abgang. Es gibt auch andere Typen, die erst mal für Trommelwirbel sorgen. Statt sofort die nötige Menge an Schaden für den Sieg zu verursachen, knüppeln sie erst einmal ihre gesamte Hand raus, um zu zeigen: "Schau mal, sooooo dick war meine Hose!" Meine Güte, ist ja schön, aber ich habe heute auch noch was vor. Genau, mehr Hearthstone spielen.

Hearthstone-finish-himUnd an dieser Stelle beendet man das Spiel ohne große Umschweife.

Ich mag Hearthstone. Neben einigen wenigen Euro für Magic ist das auch das einzige Trading-Card-Game, für das ich je Geld ausgegeben habe. Wie, und was ist mit Yu-Gi-Oh!? Das habe ich natürlich nur auf dem Nintendo DS gespielt! Oh, was haben Ben und ich uns früher die Karten und Kartenwegmachkarten ins Gesicht gefeuert! Aber das ist eine Geschichte für ein andermal. Zurück zu Hearthstone: Ausprobieren! Jeder! Kostet nix!

Hearthstone: Heroes of Warcraft wurde auf dem PC getestet. Das Spiel ist free to play.

Hearthstone: Heroes of WarCraft

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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28. März 2024 um 15:41 Uhr
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11. März 2014
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