Assassin's Creed Unity im Test

(Artikel)
Adrian Knapik, 18. Januar 2015

Assassin's Creed Unity im Test

Paris ist schön

Es ist wieder Zeit Häuserfassaden zu bespringen, über Dächer zu klettern und Menschen zu meucheln. Es ist wieder Zeit, um für sich und die Bruderschaft Gerechtigkeit zu bringen. Na, um welches Spiel handelt es sich? Richtig, Assassin's Creed Unity! Nun schauen wir uns das Spektakel einmal genauer an und testen es auf Herz und Nieren.

Alles neu
In Assassin's Creed Unity führt Ubisoft einige Änderungen an den Standbeinen durch, die in allen bisherigen Ablegern bisher nahezu unangetastet blieben. So ist die größte Änderung die Einführung des kooperativen Modus, welcher mit der Streichung des bisher bekannten Multiplayer-Modus einhergeht. Hier können jetzt je nach Mission zwischen zwei bis vier Assassinen einer Aufgabe nachgehen. Zudem darf man eine Bruderschaft gründen, der Freunde dann beitreten können. Die gemeinsamen Missionen lehnen sich an die Singleplayer-Aufgaben an. Im Großen und Ganzen wird man also entweder losgeschickt, um jemanden an das Licht am Ende des Tunnels zu führen, oder um eine Person zu eskortieren. Vor allem mit der entsprechenden Koordination zwischen den Mitspielern macht dieser Modus Laune. Wenn man allerdings mit zufälligen Spielern eine Mission bestreitet, erweist sich das Koordinieren schon aufgrund der oftmals auftretenden Sprachdifferenzen als sehr schwierig. Entsprechend wird das Erfüllen der Mission damit auch ein großer Kraftakt. Fazit: Definitiv besser mit Freunden.

acunity_masseAC Unity kann sehr viele NPCs darstellen. Noch viel mehr als auf diesem Bild.

Weitere grundlegende Änderungen finden sich in den Kampf- und im Parkoursystemen wieder. Das Kampfsystem der vorangegangen Assassin's-Creed-Teile war sehr simpel gehalten und entsprach im weitesten Sinne einer dauerhaften Block-Konter-Folge. Hier hat Ubi den Korrekturstift angesetzt und ein deutlich anspruchsvolleres und vor allem spannenderes System eingebaut. Den Zeitpunkt für das perfekte Blocken eines gegnerischen Angriffs abzupassen ist durch diverse neue Animation und Finten seitens der Gegner deutlich erschwert worden. Weiterhin fällt auf, dass nun auch mehrere Gegner den Spieler gleichzeitig angreifen, wodurch das Ausweichen eine stärkere Rolle einnimmt. Wenn man beispielsweise drei Gegnern gegenübersteht, versuchen diese sich schlau zu formieren und einen kleinen Kreis um einen zu bilden, wodurch man auch stets auf das eigene Stellungsspiel achten muss, um nicht eingekesselt zu werden. Zu guter Letzt sterben Gegner nicht sofort durch einen Schwertstreich, sondern besitzen einen Lebensbalken. Ab einem bestimmten Punkt ist es dann möglich, den Gegner durch einen Konter oder durch eine Angriffswelle zu überrumpeln und zu beseitigen.

Dem Parkour-System merkt man seine Überarbeitung ebenso positiv an. Vor allem bei schnellen Bewegungen und beim Klettern sehen die Animationen flüssiger und geschmeidiger aus und man hat das Gefühl, dass man sich deutlich schneller durch die Gegend bewegen kann ohne gegen die nächste Wand zu rennen. Das Häuserklettern funktioniert weiterhin sehr gut, die größte Verbesserung findet sich beim Abstieg. Dieser geht nämlich deutlich schneller vonstatten und man quält sich nicht mehr mühsam von einer Kante zur nächsten. Was schade ist: die Rammfunktion beim schnellen Laufen wurde gestrichen. In den Vorgängern konnte man beim Sprinten eine Taste gedrückt halten, wodurch man Passanten wegschubsen konnte ohne dass man viel Geschwindigkeit verlor. Das ist nun nicht mehr möglich und man muss sich andere Wege suchen, um nicht von einer Menschenmasse ausgebremst zu werden.

acunity_grafik

Mit Fesseln an den Stuhl
Das Haupt-Setting von Assassin's Creed Unity ist Paris in Zeiten der französischen Revolution. Und Paris sieht wunderschön aus! Die Texturen sind alle nahezu knackscharf, dazu kommen die wunderbaren Lichteffekte und die hervorragende Sichtweite. Wenn man nun auf eines der vielen implementierten Wahrzeichen von Paris klettert, wie zum Beispiel dem Notre Dame, und auf den höchsten Turm steigt, hat man ein Bild von der ganzen Stadt. Vor allem in der Dämmerung oder bei strahlendem Sonnenschein sieht das einfach nur absolut atemberaubend aus. Da vergisst man doch glatt die ganzen demonstrierenden Massen am Boden, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Der Sound von Unity nähert sich der Grafikqualität an und ist ebenfalls eine Klasse für sich. Wenn man sich in einen kleinen Seitengarten stellt, hört man das Rascheln der Taube, die in der Ecke ein paar Körner vom Boden aufpickt, und das leicht entfernte Murmeln oder Schreien der Revolutionäre in den Gassen. Wenn man sich nun aber mitten auf den größten Marktplatz der Stadt begibt, hört man Schritte, Marktschreier, lautes Murmeln und Unterhaltungen und in der Ferne den Kirchturm läuten. Dadurch bekommt man vor allem mit Surround das Gefühl, mittendrin zu stehen. Die deutschen Synchronsprecher tragen ebenfalls ihren Teil zur Extraklasse bei und überzeugen durch die glaubwürdige Vertonung.

Ebenfalls neu ist der Protagonist mit dem Namen Arno Dorian. Wir begleiten sein Leben ab einigen auserwählten Szenen seiner Kindheit, beispielsweise der Moment der Ermordung seines Vaters, der ebenfalls Assassine war - was er aber geheim gehalten hat. Man bekommt also auch die Hintergrundgeschichte vom Protagonisten geboten, was absolut lobenswert und hervorzuheben ist. Nach einem Zeitsprung begegnen wir dem erwachsenen Arno, der sich draufgängerisch und als kleiner Querdenker erweist, aber dennoch sympathisch ist. Nachdem dieser dann über die Umstände des Todes seines Vaters erfährt, tritt er dem Verbund der Assassinen bei, um fortan für Gerechtigkeit zu kämpfen. Die Story ist, wie von den Vorgängern gewohnt, fesselnd und sehr gut erzählt. Das liegt vor allem daran, dass die Charaktere um den Protagonisten auch ein Gesicht erhalten und nicht einfach nur ein- oder zweimal vorkommen. Man erfährt im Laufe der Geschichte immer mehr über sie und sieht auch am Verhalten, der Artikulation und der Mimik ihre Charakterzüge und ihre Stimmung. Dadurch bekommt man einfach Lust die Story weiterzuspielen, ist wie gefesselt, um mehr über Arno und seine Vertrauten und ihr weiteres Leben zu erfahren.

Die Frage ist: Wieso?
Durch das Verschmelzen von Singleplayer und Koop-Modus ergeben sich allerdings auch einige Nachteile. So muss man, um bestimmte Rüstungen oder Waffen freizuschalten, zwingend Koop-Missionen abschließen, was für Spieler ohne Freunde mit Unity zu einer Tortur werden kann. Zusätzliche Unübersicht bietet das von mir so getaufte Vier-Währungen-System: Man hat einmal das normale Geld, mit dem man sich seine Ausrüstung kauft, dazu kommt eine weitere Währung, mit der man diese dann verbessern kann. Die dritte Währung sind die Fähigkeitenpunkte, mit denen man etwa den Umgang mit Fernkampfwaffen oder das Schlossknackerhandwerk erlernt. Als vierte und schlimmste Währung fand die Echtgeldwährung den Weg aus dem ehemaligen Multiplayer in den Singleplayer. Als ich das gesehen habe, musste ich würgen. Mit Euros kann man sich das mühsame Sammeln von Geld im Spiel ersparen und sich direkt Waffen oder Rüstung kaufen - dafür verlangt Ubisoft allerdings auch lächerliche Preise. Für einen Brustschutz muss bis zu acht Euro pro Stück löhnen. ACHT! ACHT EURO! Ubisoft, wie kann man nur ein solch verqueres Preismodell heranführen? Es ist sowieso schon schlimm genug, dass eine Echtgeldwährung mit in den Singleplayer übernommen wurde, aber dann noch solch horrende Preise zu verlangen ist schlichtweg nur noch traurig.

acunity_helixStändig wird man daran erinnert, dass man doch noch mehr Geld ausgeben könnte.

Eine weitere Sache, die sehr frustet, ist, dass sich manche Schatzkisten nur mithilfe der Assassin's Creed Companion App öffnen lassen. Das ist nervig und lenkt nur vom eigentlichen Spielgeschehen ab. Wer hat denn bitte Lust, während des Spiels das Handy oder das Tablet zu zücken und dort erst mal drei Minuten rumzutippen, um an die Kiste zu kommen, vor der der Charakter dann untätig ausharrt? Das hätte man sich ruhig sparen können. Obendrauf kommen dann noch ein paar Bugs, die von den gigantischen Bug-Eskapaden seit Release immer noch übrig geblieben sind - wobei ich hier allerdings nur von der PS4-Version sprechen kann. So gibt es einen nervigen Fehler, der das Spiel nicht mehr auf Controllereingaben reagieren lässt, sobald man einmal im PlayStation-Hauptmenü war und sich zurück ins Spiel begibt. Außerdem gibt es noch ein paar Performance-Probleme, die es auf einer Konsole so eigentlich nicht geben sollte. Das Spiel fängt teilweise kräftig an zu stottern, wenn man sich in NPC-Massen begibt, und dazu gesellen sich einige Nachladefehler, sodass es vorkommen kann, dass ein NPC plötzlich mal halbnackt durch das Sichtfeld flitzt. Ansonsten gibt es natürlich die für ein Open-World-Spiel typischen kleineren Bugs, aber die bringt die Welt leider immer mit sich.

acunity_bugsDer Bug, der Gesichter verschwinden lässt, ist einfach nur gruselig, soll aber endlich komplett entfernt sein.

Assassin's Creed Unity macht vieles richtig, aber dafür leider auch vieles falsch. Die Grafik, der Sound und die Story präsentieren einem ein einzigartiges Spielerlebnis durch die Geschichte der französischen Revolution aus der Sicht von Arno Dorian. Es wird nie langweilig, im Gegenteil: ich hatte stets Lust, die Geschichte weiter zu verfolgen, und freute mich auf jede weitere Kampagnenmission. Auch die neuen Kampf- und Parkoursysteme gefallen mir sehr gut, vor allem die Auffrischung der Kämpfe war bitter nötig und ist hervorragend gelungen. Die Koop-Missionen sind Segen und Fluch zugleich: Segen, wenn man Freunde mit Unity hat, Fluch, wenn man sich mit Unbekannten aus dem Internet durchquälen muss und deswegen immer wieder scheitert. Hätte Ubisoft von offensichtlichen Designfehlern abgesehen, etwa dem versuchten Erzwingen der Companion-App und das Unterbringung von Echtgeldwährung, würde das Spiel ein deutlich besseres Endbild abgeben. So gehe ich allerdings mit gemischten Gefühlen aus diesem Teil der Assassin's-Creed-Reihe raus. Schade eigentlich.

Assassin's Creed Unity wurde auf der PlayStation 4 getestet. Der Autor hat sich das Spiel für diesen Test selbst gekauft.

Assassin's Creed Unity

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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