Super Smash Bros. for Wii U im Test

(Artikel)
Benjamin Strobel, 09. Dezember 2014

Super Smash Bros. for Wii U im Test

Perfektes Chaos

Ich betrete den Raum mit der illustren Runde und dem 50-Zoll-Fernseher. Das Zimmer ist voll, mindestens acht oder neun Personen. Die Leute wühlen geschäftig in Rucksäcken, entwirren Kabel, hantieren mit allerhand Controllern, klacken die Analogsticks erwartungsvoll hin und her. Ich verbinde mein Gamepad mit der Wii U. Heute spielen wir klassischen Couch-Multiplayer - mit mindestens fünf verschiedenen Controllern und acht Personen gleichzeitig. Vor dem Bildschirm wir, auf dem Bildschirm das perfekte Chaos: Super Smash Bros. für Wii U.

Als Super Smash Bros. for Nintendo 3DS vor zwei Monaten erschien, waren wir begeistert. Wir hatten aber auch das Gefühl, dass Entwickler Sora noch etwas zurückhielt. Der verspätete Release der Wii-U-Version schürte den Verdacht, dass im Versteckten noch etwas auf uns wartete. Im Grunde das gleiche Spiel, sollten beide Versionen jedoch vreschiedene Features mitbringen. Schließlich platzte die Feature-Bombe kurz vor dem Erscheinungstag: Koop-Modi, 8-Spieler-Smash, Spezial-Smash, Event-Kämpfe und Einstellungen bis zum Abwinken. Das ultimative Smash Bros.

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Das neue Smash Bros. sieht großartig aus!

Es ist verrückt. Ich prügle mich mit sieben Anderen in einer gigantischen Stage um die meisten Punkte. Nintendos Helden haben sich einmal mehr in diesem außergewöhnlichen Prügelspiel versammelt, um sich gegenseitig aus dem Ring zu werfen. Es ist nicht die normale Multiplayer-Partie, bei der man die Controller so durchtauscht. Wir spielen gleichzeitig. Und wie wir das machen, setzt dem Törtchen des Verrückten noch die Kirsche obendrauf! Ich habe meine Wiimote mitgebracht und daran habe ich einen Classic Pro Controller angeschlossen. Für einen Freund habe ich noch einen einfachen Classic Controller eingepackt. Ein anderer spielt mit Wiimote und Nunchuck, bis er das Addon schließlich abnimmt und nur noch mit der Fernbedienung spielt. Wieder ein anderer hat seinen 3DS mitgebracht und kann per Handheld am Spiel teilnehmen. Auf dem Bett liegen zwei Zuschauer, die das Geschehen auf dem Wii U Gamepad verfolgen können, auch wenn niemand daran spielt. Die Profis haben sich Gamecube-Controller mitgebracht. Crazy Shit, für dieses Spiel werden sogar die alten Gamecube-Drücker von 2001 noch mal ausgepackt und entstaubt. Es ist beinahe ein Wunder, dass niemand mit N64-Pads angerückt ist. Andererseits haben die Dinger nicht ansatzweise den Legenden-Status des Gamecube-Controllers, der bei Smash-Bros.-Veteranen als das Werkzeug der Wahl gilt. Zusammen mit Smash ist deshalb ein Wii-U-Gamecube-Controller-Adapter erscheinen. Man glaubt es kaum, aber es wird noch verrückter: der Adapter ist seit Tag eins bereits ausverkauft und es gehen schon Gerüchte um, dass Nintendo die Produktion wieder eingestellt hat.

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Eight fucking players.

Ein bisschen schade: Um den 3DS als Controller zu bedienen, muss man auch die Super Smash Bros. for 3DS besitzen. Das sollte technisch auch anders möglich sein.
Während ich spiele, habe ich andere Sorgen. Mit acht Spielern ist Smash Bros. ein heilloses Durcheinander. Wenn man Stock-Matches spielt, geht es erst mal darum, lange genug zu überleben, bis nur noch vier Spieler übrig sind, dann kann man normal miteinander kämpfen. Allerdings ist das ziemlich unfair, dann es braucht nur etwas Pech und man hat seine Leben verfrüht ausgehaucht. Da ist es besser, einfach auf Zeit zu spielen und wer sich im Chaos am besten schlägt, wird am Ende gewinnen. So lichtet sich das Durcheinander zwar nie, aber niemand ist frühzeitig aus dem Spiel und muss dann zuschauen. So oder so: acht Spieler an einer Konsole, auf einem Bildschirm? Wahnsinn. Ich konnte nicht mal Einbrüche in der Framerate feststellen, als wir so miteinander verkeilt waren. Smash Bros. bringt konstante 60 fps auf den Bildschirm und sieht dabei wahnsinnig gut aus. Nintendos Magie wirkt einmal mehr und zaubert ein wunderschönes Spiel auf die Wii U. Die Starfox-Stage Orbital Gate Assault, beispielsweise, befand sich ein Jahr lang in Entwicklung und ist eine brillante Neuinszenierung der achten Mission von Starfox Assault auf dem Gamecube.

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Dafür fehlt erstmals in einem Smash Bros. der Klassiker Corneria, der dafür in der 3DS-Version vertreten war. Im Vergleich zum 3DS gibt es deutlich größere Stages, zahlreiche neue sowie einige Klassiker aus Melee (z.B. Onett, Tempel) und Brawl (z. B. Eldin-Brücke, Pokémon Stadium 2). Ein besonderer Leckerbissen ist zudem der Kongo Jungle aus dem N64-Original. Wem 47 Stages noch nicht genug sind, der kann sich im Stage Builder austoben und eigene Kreationen in die Welt setzen. Hier werden die Möglichkeiten des Gamepads perfekt genutzt: mit dem Stylus kann man Plattformen in individuellen Größen und Formen einfach aufzeichnen. Aus dem gigantischen Fundus des Soundtracks kann man anschließend die passende Musik für seine Stage wählen. Das Internet hat auf diese Weise schon sehr brav ein paar klassische Stages vom Nintendo 64 nachgebaut. Leider ist es bisher nicht möglich, Stages online zu teilen und von anderen herunterzuladen. Mit einem zukünftigen Update soll diese Funktion nachgeliefert werden.

Im Laufe des Abends lichtet sich die große Spielrunde, bis wir nur noch zu viert sind. Das ist spannend, weil jetzt ein paar andere Modi verfügbar werden. Neben den Möglichkeiten, normal zu smashen oder Schwerkraft, Geschwindigkeit, Größe und Verwandlungen im Spezial-Smash zu manipulieren, gibt es auch einen neuen Spielmodus: die Smash-Tour. Hierbei handelt es sich um Mario Party auf Speed. Wir wählen eins von mehreren Spielbrettern aus, stellen die Anzahl der Runden ein und dann nimmt das Schicksal seinen Lauf: Alle Spieler würfeln gleichzeitig und können wahlweise ein Item aktivieren, um sich für die Runde einen Vorteil zu verschaffen (z. B. einen besseren Würfel). Als wir damit durch sind, geht es keineswegs so gesittet weiter wie bei einer Runde Mario Party. Stattdessen laufen wir gemeinsam in Echtzeit los und müssen eilig über das Brett huschen, um Stat-Boosts und neue Charaktere einzusammeln. So versucht man einerseits, wie auf dem 3DS im Smash-Abenteuer, seine Statuswerte zu verbessern, andererseits sammelt man Figuren für die Kämpfe in diesem Modus. Treffen sich zwei Figuren auf dem Feld, müssen alle Spieler kämpfen. Meistens ist das kein gewöhnlicher Smash, sondern ein zufälliger Spezial-Smash mit bestimmten Konditionen (z. B. hohe Gravitation oder Jetpacks). Wenn man sich hier geschickt anstellt, kann man seinen Gegnern die Kämpfer mopsen und nach dem Geplänkel behalten. In der finalen Runde treten schließlich alle Spieler gegeneinander an und haben dann so viele Leben wie sie Kämpfer gesammelt haben. Man muss aber auch mit den Figuren spielen, die einem gerade zur Verfügung stehen und kann sich seine Recken nicht selbst aussuchen.

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Custom-Stages: Die Fans sind kreativ!

Das Brettspiel läuft, ähnlich wie der 8-Spieler-Smash, etwas chaotisch ab, bringt aber eine nette Party-Komponente ins Spiel, wenn man nicht die ganze Zeit mit ernster Miene No-Items-Final-Destination-Fox-Only spielen möchte. Obwohl man das natürlich könnte! Ja, man kann die Stage-Auswahl sogar völlig aushebeln, sodass man immer sofort Final Destination erhält oder eine zufällige Stage in Omega-Form (flach, ohne Gefahren). Fox müsst ihr selbst noch auswählen, aber das schafft ihr schon. Es macht große Freude, dass man das Spiel sehr gut auf seine Bedürfnisse zuschneiden kann, egal ob man es als Party-Kracher oder kompetitives Tournament spielen möchte.

Schließlich waren wir nur noch zu zweit vor dem TV. Da offenbarte Smash eine ungeahnte Komponente: den Koop-Modus! Eine Reihe von Spielmodi lässt sich auch zu zweit bestreiten. Dazu zählen Classic, All-Star und die Event-Kämpfe. Im klassischen Spielmodus bekommt man es nacheinander mit einzelnen Kämpfern und Gruppen von Gegnern zu tun, bis man schließlich der Meisterhand gegenüber steht - jetzt auch zu zweit! Im All-Star-Modus arbeitet man sich allein oder im Doppelteam durch den gesamten Roster des Spiels, beginnend bei neueren Nintendo-Figuren wie Captain Olimar bis zu den Klassikern wie Mario und Link. Auch die großartigen Event-Kämpfe, die auf dem 3DS leider fehlten, öffnen sich für zwei Spieler. Hier bekommt man Szenarien vorgesetzt, in denen man Ziele erreichen muss, um zu gewinnen. Einige davon sind Kämpfe mit bestimmten Figuren und besonderen Regeln, andere funktionieren eher wie Challenges und benötigen ganz bestimmte Aktionen. Beispielsweise muss man als Riesen-Pacman sechs Gegner in Folge verspeisen, bevor die Zeit abläuft, oder Ganondorf daran hindern eine Stage zu zerstören. Erfüllt man obendrauf noch Zusatzbedingungen (z. B. keinen Schaden nehmen), gibt es zur Belohnung Trophäen oder Items für Custom-Kämpfer, die es auch schon in der 3DS-Version gab. Die Event-Kämpfe für den Koop und den Singleplayer unterscheiden sich übrigens. Es lohnt sich also, mal mit und auch mal ohne Partner in den Ring zu steigen.

Man kann seine lokale Party aber auch einfach mitnehmen, wenn man mit anderen Freunden online spielt. Das Online-Spiel ist dabei weder besser noch schlechter als auf dem Nintendo 3DS. Mit manchen Spielern bekommt man keine ruckelfreie Partie zustande, mit anderen ist wiederum kaum Lag zu spüren. Wie auf dem 3DS kann man ein lockeres Geplänkel oder Hart auf Hart spielen. Hier findet sich auch der 1-gegen-1-Spielmodus wieder, der auch auf der Wii U am besten funktioniert. Bei vier Spielern ruckelt es schon häufiger mal, aber im Einzelkampf hat man gute Chancen auf eine saubere Runde. Insgesamt läuft ein so schnelles Spiel wie Smash Bros. online einfach nie so rund wie ein lokales Match. Wenn man sich wirklich miteinander messen möchte, sollte man es lokal tun.

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Alle Optionen, die man sich nur wünschen kann.

Ein großartiger Abend mit Super Smash Bros. for Wii U geht zu Ende. Ich packe meine Controller ein und fahre zufrieden nach Hause. Dort allerdings wartet schon meine eigene Kopie des Spiels auf mich. Konnte ich wiederstehen? Natürlich nicht. Ich musste ja herausfinden, ob man das ulimative Multiplayer-Spiel auch allein zocken kann. Man kann! Neben den erwähnten Spielvarianten kann man allein auch so genannte Special Orders annehmen, um sich Trophäen und Items zu erspielen. Master Orders sind kleine Challenges auf verschiedenen Schwierigkeitsgraden, die mit unterschiedlich guten Belohungen winken. Je schwieriger die Aufgabe, desto besser natürlich der Preis. Ist man allerdings eher ein Zocker, kann man sich auch den Crazy Orders zuwenden. Hier muss man innerhalb von zehn Minuten so viele Aufträge wie möglich erledigen und erhält mit jeder Aufgabe neue Belohnungen. Verliert man aber nur ein einziges Mal, geht man leer aus. Um schließlich alle Preise sicher einzuheimsen, muss man sich der Crazy Hand im Bosskampf stellen. Da heißt es: alles oder nichts.

Der beste Zeitvertreib für den Einzelspieler ist allerdings etwas ganz anderes: amiibo. Nintendos neue Plastikfiguren erwachen in Smash Bros. zum Leben, ähnlich wie bei Skylanders oder Disney Infinity. In Smash Bros. spielt ihr eure Figuren allerdings nicht selbst, sondern sie besitzen eine eigene KI. Eure computergesteuerten amiibos beginnen auf Level eins dumm wie Stroh und müssen von euch erst mal trainiert werden, um Laufen zu lernen. Zuerst hielt ich amiibo für ein albernes Gimmick, das ich kurz ausprobieren und schnell vergessen würde. Es kam anders. Die ersten Runden gegen amiibo-Samus waren einfach für mich, die Figur war ein besserer Sandsack und hatte mir kaum etwas entgegen zu setzen.
Doch mit der Zeit lernte das Tierchen dazu. Dabei verhielt sich Samus allerdings nicht wie ihre gewöhnlichen CPU-Kolleginnen. Stattdessen kupferte sie meine eigenen Moves ab, lernte von mir und imitierte erfolgreiche Taktiken. Wenn ich jetzt Samus gegen Samus mit meinem amiibo spiele, passiert etwas Kurioses: amiibo-Samus versucht mir genau dann einen schnellen Smash reinzudrücken, während ich dieselbe Idee habe. Wir denken gleich! Und wenden oft dieselben Taktiken an. Ich kann an ihr schon beobachten, wie sie häufig das Schild verwendet und anschließend auf mich zu rennt, um mich zu greifen. Gerade bin ich dabei, ihr Edge-Guarding beizubringen und setze immer wieder Meteor-Smashes bei ihr an, um sie zur ultimativen Killermaschine auszubilden. Es wäre doch spannend zu sehen, ob beispielsweise der Rian gegen meine gut trainierte Samus noch bestehen könnte oder wie sich mein amiibo gegen einen anderen schlägt. Es ist ein bisschen wie ein Haustier, dem man neue Kunststücke beibringt. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass mir ausgerechnet dieses Feature so viel Freude macht. Wenn ich jetzt am Abend etwas Zeit habe, trainiere ich mit amiibo-Samus für die großen Kämpfe mit Freunden, die mich in der Weihnachtszeit erwarten.

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Überraschend gut: Spielen mit amiibo.

Super Smash Bros. for Wii U ist das ultimative Smash-Game. Es gibt mehr Kämpfer, mehr Stages und vor allem mehr Features denn je. Obwohl der Roster und die Mechaniken völlig identisch mit der 3DS-Version sind, hat Smash Bros. auf der Wii U unglaublich viel mehr zu bieten als sein kleiner Bruder. Der starke Multiplayer wird hier auf 8-Spieler und um einen Koop-Modus erweitert, der Singleplayer trumpft mit Event-Kämpfen und amiibo-Training auf. Mit zahlreichen Einstellungen und Spezial-Smashes kann man das Spiel so abgedreht oder kompetitiv gestalten, wie man möchte. Ob als Party-Game oder knallharter Fighter, Super Smash Bros. for Wii U ist ein Pflichttitel par excellence. Ben

Super Smash Bros. for Wii U wurde auf der Wii U getestet. Ein Testmuster wurde uns von Nintendo zur Verfügung gestellt.

Super Smash Bros. for Wii U

(Ranking)
S
RANK
Herausragend. S-Spiele erweitern Horizonte. Sie bieten intensive Erlebnisse oder halten den Spieler noch lange am Bildschirm gefesselt. Selbst wenn man sie nicht jedem empfehlen kann, will man doch mit jedem über sie reden.

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RELEASE
05. Dezember 2014
PLATTFORM
Wii U
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