Test: Hyperdimension Neptunia Re;Birth1

(Artikel)
Haris Odobašic, 22. Oktober 2014

Test: Hyperdimension Neptunia Re;Birth1

Die Vita-Neuauflage, die alles besser macht

Als die Neptunia-Reihe zum ersten Mal nach Europa kam, war es, gelinde gesagt, eine kleine Katastrophe. Denn gerade das bei einem JRPG doch sehr wichtige Gameplay war schrecklich, nicht zuletzt wegen des Zaubersystems, welches komplett auf Zufall setzte. Und doch gewann das Spiel gerade dank seines ungewöhnlichen Settings eine große Fanbasis in Japan und in hiesigen Nischenzirkeln, weswegen ein Teil nach dem anderen erschien. Mittlerweile gibt es mehr als ein halbes Dutzend Spiele in der Reihe, was für die Entwickler Grund genug war, den ersten Teil noch mal in die Werkstatt zu schicken und ihn in Form von Hyperdimension Neptunia Re;Birth1 komplett neu aufzulegen.

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Doch worum geht es in Hyperdimension Neptunia Re;Birth1? Stellt euch vor, ihr seid die Dreamcast und tut euch mit Xbox 360, PS3 und Wii zusammen, um die Spieleindustrie zu retten. So absurd das klingt, genau das ist die Story des Spiels. Ihr schlüpft in die Rolle des Mädchens Neptune (Neptune hieß eine von Sega geplante Konsole, die Mega Drive und 32X kombinieren sollte, aber aufgrund des Sega Saturns eingestellt wurde), die eine der vier Göttinnen von Gameindustri ist und über das Land Planeptune herrscht. Diese vier Göttinnen sind dabei seit Ewigkeiten im "Console War" miteinander verfeindet, um zu bestimmen, wer nun die eine wahre Göttin ist, die über Gameindustri herrschen darf. Als Neptune in einem Kampf mit den anderen Göttinnen besiegt wird, verliert sie ihr Gedächtnis und wacht ohne Kenntnis über ihren Status auf Planeptune auf, woraufhin sie nicht nur ihre Erinnerungen wiederzubekommen versucht, sondern auch Gameindustri von einer Bedrohung von außerhalb retten muss.

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Wie die Geschichte schon andeutet, nimmt Hyperdimension Neptunia sich nicht besonders ernst. Zu sagen, dass Neptune die vierte Wand bricht, wäre eine glatte Untertreibung: die Hälfte der Zeit agiert Neptune einfach so, wie als wenn es die Barriere zwischen Spieler und Spielfigur gar nicht gäbe und scherzt mit der Person vor dem Bildschirm über das Genre. Gleichzeitig finden sich an quasi jeder Ecke Anspielungen zu anderen Spielen, Spieleentwicklern und Videospielkultur. Eine der Figuren, die eurer Party beispielsweise beitreten kann, heißt Arfoire -- eine Referenz auf R4, die bekannte Steckkarte, die das Abspielen von Roms auf dem Nintendo DS ermöglicht. In den Feinden finden sich Referenzen auf die gesamte Geschichte der Videospiele: von pixeligen Space Invadern über Dragon-Quest-esque Slimes, obskuren Visual Novels und sogar etwas anderen Personifikationen aktueller Konsolen, wie der "Purr4" oder dem "X-Boxer".

Hyperdimension Neptunia Re-Birth1

Dialoge, die Grafik und die Musik (Neptune singt mit einem sehr, sehr ansteckenden Enthusiasmus die Final-Fantasy-Fanfare, wenn sie ein Level-Up kriegt) - jede einzelne Referenz zündet und dank der großartigen Lokalisierung, die neben der englischen Tonspur auch die japanische Originalsprache im Paket hat, ist Neptunia eine garantiere Quelle für viele Lacher. Wenn auch mit einem großen Aber: Denn Neptunia erfordert ein großes Vorwissen und wenn ihr dieses nicht habt, dann werdet ihr teilweise nur Fragezeichen vor eurem inneren Auge sehen, weil die Pointe an euch immer und immer wieder vorbeisegelt.

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Diese ganzen Hommagen sind dabei aber auch in einem durchaus kompetenten JRPG-Gerüst verpackt. Aus einer Übersichtskarte, die Gamindustri repräsentiert, habt ihr die Möglichkeit Dungeons und Städte zu bereisen. Die Story wird meist durch "Events" vorangetrieben, die manchmal in den Städten oder eben den Dungeons stattfinden, euch aber immer vorher angezeigt werden, damit ihr selbst bestimmen könnt, ob ihr in der Geschichte fortschreiten wollt oder lieber Quests nachgeht und Items farmt.
In den Dungeons an sich bewegt ihr euch in der dritten Person fort. Gegnern sind jederzeit sichtbar und initiieren einen separaten Rundenkampf, wenn sie euch berühren oder wenn ihr sie angreift. Dabei habt ihr in euer Runde die Möglichkeit eure Figur mehr oder weniger frei zu positionieren, um beispielsweise Abstand zu einem Feind zu gewinnen oder die Reichweite eurer Zaubersprüche auszunutzen.
Etwas hakelig ist leider das Zielsystem. Jede Waffe hat eine gewisse Reichweite, die eine Box vor eurem Charakter repräsentiert. Ein großes Schwert trifft mehr als ein kleines. Leider ist es nicht immer einfach diese Box genau so auszurichten, wie ihr wollt, um beispielsweise mehrere Feinde zu treffen, weil diese Box an eurer Figur festklebt und manchmal die Sensitivität des PS-Vita-Sticks nicht ausreicht, um die nötige Präzision zu ermöglichen.

Die interessanteste Mechanik aus Gameplaysicht ist dabei die Möglichkeit der Verwandlung: Neptune und die anderen Göttinnen haben nämlich auch eine entsprechende Göttinnen-Form, in der sie nicht nur komplett anders aussehen, sondern auch um einiges stärker sind. Diese Transformation geht aber auf Kosten eurer Spezialfähigkeitspunkte. Wer also regelmäßig Spezialangriffe fahren will, könnte plötzlich in die Situation gelangen, dass ihm beim Boss der Saft ausgeht. Daher will der Einsatz dieser Verwandlungen wohldosiert sein.

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Die einzige, große Schwäche, die Neptunia offenbart, ist das verschachtelte Menüsystem mit Reitern über Reitern über Reitern. Eigentlich will euch das Spiel zum Grinden motivieren, damit ihr neue Kostüme, Waffen, Dungeons und noch viel, viel mehr freischalten könnt. Doch euer Inventar macht es schwer den Überblick zu behalten, welches Item ihr beispielsweise farmen sollt, wo ihr es farmen sollt und wie ihr es dann überhaupt weiterverwenden könnt. So muss man wohl oder übel mehr Zeit in Micro-Management investieren als einem lieb ist, wenn man denn möglichst viel vom Spiel sehen will.

Hyperdimension Neptunia Re-Birth1(2)

Hyperdimension Neptunia – Re;birth 1 hat zwei Dimensionen an sich. Der normale Zocker wird hier ein gutes, wenn auch nicht sonderlich herausstechendes JRPG vorfinden, welches in allen Aspekten zu überzeugen weiß ohne wirklich etwas neu oder besonders zu machen und eine etwas verwirrende Story hat. An diesen Leuten ist Neptunia, so harsch es auch klingt, verschwendet. Denn um wirklich in die Welt des Spiels eintauchen zu können, um das Spiel so zu verstehen, wie es verstanden werden will, muss man Teil des inneren Kreises sein. Man muss sich nicht nur oberflächlich mit Videospielgeschichte auskennen, sondern gerade im Genre der JRPGs zu den Initiierten gehören, zu den Leuten, die nicht nur "mal" ein Final Fantasy gespielt haben, sondern auch die ganzen Nischentitel und weniger bekannten Entwickler kennen. Zu den Leuten, die, wenn sie den Charakter Falcom sehen, nicht nur im Hinterkopf noch zusammenpuzzeln können, dass das die Personifikation einer japanischen Spieleentwicklerfirma ist, sondern auch auf allen Meta-Ebenen operieren können und vom Design (einem Mix aus zwei Figuren aus den berühmtesten Falcom-Spielereihen) bis hin zu den Dialogen die Referenzen und Anspielungen verstehen. Und dann ist man bereit zu erkennen, dass in diesem durchaus guten Spiel eben noch mehr steckt, dass es im Herzen ein charmanter Liebesbrief an die Rollenspiele ist, welches es zu etwas wirklich Besonderem macht. Haris

Hyperdimension Neptunia Re;Birth1 wurde auf der PS Vita getestet. Ein Testmuster wurde uns von Idea Factory zur Verfügung gestellt.

Hyperdimension Neptunia Re;Birth1

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Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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27. August 2014
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