JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle

(Artikel)
Paul Rubah, 26. Mai 2014

JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle

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Ich kenne eigentlich keine Geschichte wie die von JoJo's Bizarre Adventure. Das ist ein Manga in bisher acht Teilen, in dem alle paar Generationen ein Mitglied der Familie Joestar zum Protagonisten der Handlung wird - angefangen im England des neunzehnten Jahrhunderts. Entsprechend alt ist der japanische Comic, der nun schon seit 1986 sein Unwesen treibt und nicht aufgeben will. Ich persönlich bin zu den JoJo-Fans über die vor zwei Jahren neu aufgelegte Anime-Serie gestoßen. Ein fabelhaftes Erlebnis, in dem muskelbepackte Recken unglaublich schwachsinnige Posen einnehmen, unendlich lange Monologe während intensiver Kämpfe führen und ansonsten auch ständig Kram passiert, mit dem man niemals gerechnet hätte, weil die Klischees so aufdringlich sind, dass sie unter ihrem eigenen Gewicht einstürzen. Entsprechend gut fand ich, dass es JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle für die PS3 gibt.

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Stil: Punktlandung
Dabei richtet sich der 3D-Beater in der Seitenansicht gar nicht mal an mich, sondern an die Mangaleser. Zwar sind alle bisherigen, originalen Sprecher des japanischen Remakes rekrutiert (unter anderem Speedwagon, der natürlich schmerzhaft detailliert die Einträge im Hauptmenü beschreiben muss, so wie wir es aus der Serie kennen), allerdings spannen sich Geschichte und der Kämpfer-Roster über alle acht bisherigen Parts. Aber was soll man machen? Sich beschweren? Ich warte ja noch auf das Dragonball Z für die aktuelle Konsolengeneration, das dann wieder nur die Saiyajin- und die Freezer-Saga sowie zehn spielbare Charaktere bietet.
Jedenfalls sind die Figuren von JoJo allesamt wunderbar getroffen und stellen ihre bekanntesten Signaturmanöver zur Schau, darunter natürlich Jotaros berühmte Punch-Kanonade oder Josephs "Ich weiß genau, was du sagen wirst"-Manöver. Und natürlich wird wie wild herumposiert, dass es nur eine Freude ist.

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In Sachen Inszenierung und Präsentation darf man viel erwarten, schließlich legt CyberConnect2 Hand ans Werk. Die japanischen Entwickler sind bekannt für ihren speicheltreibend genial aussehenden 3D-Manga-Stil, der schon bei Naruto Ultimate Ninja Storm oder Asura's Wrath für Augenaufreißer sorgte. Was die Figuren angeht, so gibt es auch nicht genug Daumen, die man der Grafikabteilung geben kann, allerdings sehen die umgebenden Levels ein wenig platt und uninteressant aus. Da hätte gerne noch mehr aus dem Budget gewrungen werden dürfen.

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Voll aufgedreht wird dagegen bei den Kampfeffekten. Mit nahtlosen Animationen werfen sich zig Spezialmanöver, Würfe, dramatische Finisher und Combos auf den Bildschirm. Letztere sind aber, zum Leidwesen einiger mir bekannter Juggle-Fanatiker, immer recht kurz geraten und bieten kaum Möglichkeiten für demoralisierende, halbminütige Faustjonglagen. Der Fokus liegt hier ganz klar auf dem kreativen Einsatz der vielen verschiedenen Tastenkombinationseffekte und den zugrundeliegenden Stilformen der Charaktere.
Wer die Serie nicht kennt: Über die Akte hinweg ändern sich nicht nur die Protagonisten, sondern auch die primäre Kampfform. Wo die ersten beiden Parts noch unbewaffnete Duelle mit Ki-ähnlicher Energie namens Hamon boten, nutzen spätere Generationen manifestierte Willenskraft namens "Stands", die die Schlagabtäusche für ihre Anwender übernehmen. Diese Stands lassen sich im Spiel nach Belieben hinzuschalten, so dass jeder betroffene Charakter über zwei Movesets verfügt. Hinzu kommen verschiedene Antagonisten, die etwa entweder in zwei Modi kämpfen können oder Waffennarren sind. Ganz abgefahren sind die beiden Kämpfer zu Pferde. ZU PFERDE.

Trotz der großen Abwechslung auf dem Kampffeld bleibt der Spielablauf etwas matt. Stylische Spezialangriffsequenzen können ermüdend lange werden, es gibt außerhalb der Genrestandards von vor 20 Jahren nicht viel Neues. Es fehlt irgendwo die technische Finesse eines von der Aufmachung her sehr ähnlichen Street Fighter 4, auch wenn All Star Battle über eine räumliche Komponente verfügt, die der Capkonkurrent nicht hat: Per Knopfdruck kann man seitlich ausweichen und so eventuellen Gefahren der Karte aus dem Weg gehen. Die sind allerdings auch eher störend als sonst irgendwas und lassen sich glücklicherweise abschalten. Zudem ist der Ausweichschritt recht holprig und nicht annähernd weit genug, als dass man damit dem Angriffsradius irgendeiner Attacke entkäme.

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Rudimentärer Trainingsmodus
CyberConnect2 kehrt mit JoJo zu einer altehrwürdigen Beater-Tradition zurück: Man kann das Spiel nur lernen, indem man auf die Schnauze kriegt. Der Trainingsmodus, der heutzutage bei vielen Beatern enorm umfangreich ist und Spielern etwa bei BlazBlue oder Marvel vs. Capcom 3 notwendige Basics sowie fortgeschrittene Techniken der Pro-Liga beibringt, ist hier nur in seiner Grundform enthalten. Er bietet nur einen Computer-Gegner, den man mit wenigen Einstellungen versehen und dann ohne oder mit Gegenwehr verdreschen kann. Bei den Einstellungen fehlen aber handelsübliche Optionen wie das sture Ausführen von Attacken in einer bestimmten Höhe, mit denen man etwa das Timing von Kontern lernen kann.
Das soll nicht heißen, dass der Trainingsmodus ein kompletter Fehlschlag ist. Die einzelnen Spezialmanöver sind detailliert mit Trefferzonen, Art des Manövers und Effekten beschrieben, was mir vor 19 Jahren bei Virtua Fighter eine echte Hilfe gewesen wäre. Die richtigen Spieltechniken muss man sich aber bei den Gegnern abgucken.

Online: Ist okay
Meine Gefühle zum dem Online-Versus sind eher gemischt. Es sind bemerkenswert viele Spieler online, so dass man über das Matchmaking oft in unter einer halben Minute einen Kontrahenten findet. Das Blöde nur: Europa hinkte den asiatischen Releases über ein halbes Jahr hinterher, weswegen sich da viele Spieler tummeln, die ihrem Profil nach bereits zwanzig, vierzig, achtzig oder mehr Stunden auf dem Konto haben. Es hilft ein wenig, wenn man bei der Suche den Rank und die Region einschränkt - aber nicht viel. Wenn halt niemand Passendes da ist, wird man mit irgendjemandem gematcht. Und der wischt mit meinem räudigen, leicht laggenden Kadaver dann den Boden auf. Letztendlich ist es ein erträglicher Ersatz für alle, die offline niemanden für den zweiten Controller finden.

Für Einzelspieler gibt es allerdings gleich drei Modi zum Austoben. Im Arcade-Modus kämpft man locker-flockig gegen eine Serie von acht Gegnern und verdient sich Geld, mit dem man Support-Items für den Story-Mode kaufen oder Zeichnungen, Musik und mehr in der Galerie freischalten darf.
Der Story-Modus ist ein missionsbasiertes Spiel, bei dem man die stark gekürzten Schicksale der gesamten Joestar-Familie bis zum aktuellen Part durchläuft - hauptsächlich in Textform sowie in kleineren Animationen vor dem Kampfbeginn. Hier wird man mit weiteren Goodies belohnt, wenn man in einer Mission geheime Aufgaben erfüllt, etwa "Lande den ersten Treffer" oder "Besiege den Gegner mit einer Spezialattacke". Auch lädt einem das Spiel gerne Handicaps auf. Manchmal ist die Angriffskraft halbiert, dann wieder die HP. Mit dem Abschluss eines Kapitels darf man die Kämpfe noch mal mit der Kontrolle über den Gegner spielen. Insgesamt ist die Präsentation eher mau und dient Leuten, die mit der Seriengeschichte nicht vertraut sind. Früher war so etwas ein Arcade-Modus. Die Missionen sind alle weder schrecklich kreativ noch sonderlich schwierig. Trotzdem kann man aufgrund des schieren Umfangs gut fünf Stunden im Story-Modus versenken, was man natürlich auch möchte, weil man dort den Großteil der 32 Nicht-DLC-Charaktere freischaltet.

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Campaign: Die komplette Verarsche
Und dann war da der Kampagnenmodus. Die Grundidee ist eigentlich ziemlich cool: In jeder Kampagne gibt es eine Handvoll Bosse, die es zu besiegen gilt. Die erledigt ihr aber nicht, indem ihr eine festgelegte Anzahl Unterlinge auf dem Weg zum Obermotz vermöbelt, sondern ihr aktiviert die Suche. Manchmal findet sich ein Boss, ihr kloppt ihn klein und er verliert etwas seiner Energie. Das wiederholt man ein paar Mal, bis der Schurke endgültig das Zeitliche segnet. Per Zufall erhaltet ihr als Belohnung dann neue Animationen für eure Charaktere, neue Sprüche für euer Online-Profil und auf jeden Fall Kampagnenpunkte, die euren Fortschritt vorantreiben und weitere Goodies freischalten. Wenn ihr keinen Boss findet, kämpft ihr gegen einen Avatar - einen von menschlichen Spielern ausstaffierten Computergegner. Der verhält sich nicht anders als normale Gegner, aber ihr könnt selbst so einen Avatar stellen, und wenn er andere Kampagnenspieler kaputt schlägt, bekommt ihr ohne Zutun ein gutes Bündel Punkte. Vor und nach den Kämpfen gibt es darüber hinaus immer mal wieder Spezialereignisse mit den Nebencharakteren der Stories, die verschiedene Effekte für kommende Kämpfe auslösen.

Wie gesagt, eigentlich eine nette Idee. Und dann kam einer bei Bandai-Namco und fragte in die Runde: "Wie ruinieren wir dieses gute Spiel?" Und was denkt ihr, was heutzutage ein Spiel kaputt macht und die Käufer so richtig schön fickt? In-Game-Käufe. Jede Bosssuche ist nämlich mit einer Einheit Energie zu bezahlen. Das ist noch okay, denn so eine Einheit stellt sich in zwei Minuten wieder her, also muss man nach einem Kampf kaum warten. Aber jetzt kommt's: Um Bosse zu besiegen, muss man im Vorfeld Energie benutzen, um ihnen im Siegesfall überhaupt nennenswerten Schaden zuzufügen. Ohne Energieeinsatz schneidet man deren Lebensleiste vielleicht gerade so ein Zwanzigstel ab.
Richtig abgefeimt wird es aber erst danach: Bekämpft man einen Boss einmal, taucht der Typ zehn Minuten lang mit stark erhöhter Wahrscheinlichkeit auf. Das bedeutet, man muss ordentlich Energie füttern, weil das ist ja jetzt DIE Chance! Aber, oh Schreck, es dauert doch zwei ganze Minuten, um ein Segment zu regenerieren! Kein Problem: Knödel kaufen. Mit Geld. Echtem Geld. Fünf Knödel für fünf Segmente kosten im PSN-Store 50 Cent. Es gibt so ungefähr sechzig Bosse, also braucht man schon eine Menge Knödel. Zum Glück gibt's ja Mengenrabatt: 600er-Pack Knödel für nur 19,99 Euro. Ein Schnäppchen!

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Oh, und falls ihr Probleme mit Bossen habt? Da könnt ihr euch auch Zusatz-Items kaufen. Also, auch echt kaufen. Im PSN-Store. Einige Items bekommt man auch mal so zwischendurch, aber die sind eher zum Appetitmachen da. Außerdem gibt es zu den 32 regulären Charakteren noch neun DLC-Charaktere für jeweils zwei Euro.

Wenn man daran denkt, dass JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle ein Vollpreistitel ist, ist vor allem der Kampagnenmodus vollkommen unverschämt. Sicherlich kann man argumentieren, dass man ihn ja nicht spielen braucht - schließlich erhält man dort nur dekorative Extras, mit denen man im Onlinemodus angeben kann. Natürlich. Man muss auch generell nicht auf Free-to-Play-Scheiß eingehen, aber die Sache ist: Solche Spiele sind manipulativ designt, um beim Spieler Suchtverhalten auszulösen. Der Kampagnenmodus von JoJo ist ein perfektes Beispiel. Erst mit einer vollen Energieleiste verwöhnen, ein paar nützliche Items in die Hand drücken, die ersten paar Unlockables gehäuft übergeben und wenn man das Spiel genießt und gerade einen Boss ordentlich vermöbelt, wird auf die Bremse getreten. Wie, es geht nicht mehr weiter? Ich war so gut dabei und der Boss wird nur noch die nächsten acht Minuten mit erhöhter Rate spawnen! Und dann bezahlt man nur zu gerne, damit es weitergeht.

Wenn man von diesem Beschiss absieht, ist JoJo's Bizarre Adventure: All Star Battle dennoch ein schön anzusehender Beater, der den Stil der Serie hervorragend einfängt - mit abgefahrenen Charakteren, stark unterschiedlichen Kampfstilen und einem umfangreichen Kämpfer-Roster. Nichtsdestotrotz fühlt sich das Kampfgeschehen etwas undynamisch an, da abseits der Unmengen Spezialmanövern nicht viel Raum für technisches Spiel vorhanden zu sein scheint, und die 3D-Bewegung im Feld sowie die Levelgefahren schlampig konzipiert wirken. Für JoJo-Fans nichtsdestotrotz eine gute Investition, und auch Beater-Begeisterte, die nicht viel mit den hochmuskulösen Mitgliedern der Joestar-Familie anfangen können, dürfen ruhig einen Blick wagen.

Jojo's Bizarre Adventure: All Star Battle

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

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RELEASE
29. August 2013
PLATTFORM
Playstation 3
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