Child of Light

(Artikel)
Benjamin Strobel, 08. Mai 2014

Child of Light

Starke Heldin, schwache Mechaniken

Child of Light entführt uns in die Märchenwelt Lemuria. Hier findet sich Prinzessin Aurora überraschend wieder und möchte nichts sehnlicher, als zurück in ihre Welt und zu ihrem Vater. Lemuria hält allerdings eine Aufgabe für die junge Heldin bereit: Die schwarze Königin hat das Land in ihre Gewalt gebracht und Sonne, Mond und Sterne gestohlen. Die alte Hexe! In einem Genre-Mix aus Plattforming und Rollenspiel macht man sich auf den Weg, mit Aurora die Märchenwelt zu retten.

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Aurora erwacht in einer handgezeichneten 2D-Landschaft. Beinahe sieht es wie ein Gemälde aus - nur dass sich alles bewegt. Die großartige ubiart Engine, die schon für die letzten Rayman-Spiele zum Einsatz kam, zaubert beeindruckende visuelle Szenen auf den Bildschirm. Die halboffene Spielwelt besitzt gleich mehrere Hintergrundebenen und überall bewegt sich etwas: Nebelschwaden ziehen vorbei, ein Wolf huscht durchs Geäst, eine Lichtgestalt erscheint am Himmel. Diese Märchenwelt wurde mit Liebe geschaffen, auch und vor allem mit Liebe zum Detail. Auroras rotes Haar flattert im Wind, wenn man über Hügel und Äste hüpft. Da macht allein das Zusehen Spaß!

Im Jump'n'Run-Teil des Spiels muss Aurora sich geschickt durch Wälder, Höhlen und andere Areale bewegen und auf dem Weg kleine Rätsel lösen. Schieberätsel, Schalterrätsel - alle Klassiker sind dabei. Dabei steht ihr ein sprechendes Glühwürmchen zur Seite, das sich mit dem rechten Stick - oder von einem zweiten Spieler - frei bewegen lässt. Der fliegende Glimmstengel kann Energie-Orbs einsammeln, Licht machen und gibt nützliche Hinweise.
Es kann aber auch vorkommen, dass ein Gegner auf dem Feld erscheint. Dann Obacht! Berührt man einen Feind, muss das Echtzeitspiel Platz machen für rundenbasierten Kampf mit aktiver Komponente. Je nach Initiative-Wert des Charakters muss man kurz oder länger auf seinen Zug warten und darf dann in klassischer JRPG-Manier auswählen, ob man sich verteidigen möchte, angreift oder einen Zauber wirkt. Tränke und andere Buffs sind natürlich im Bereich des Möglichen. Nach der Wahl darf man, je nach ausgewählter Aktion, noch mal ein bisschen kurz oder länger warten, bis sie denn endlich ausgeführt wird.

Besiegte Feinde geben Erfahrung und mit jedem Level darf man sich einen Baustein im Skill-Tree seiner Figur freischalten. Schnell trifft Aurora weitere Mitstreiter, die sich der Party anschließen und sie auf ihrer Reise begleiten. Die Skill-Trees der Party enthalten zumeist Aufwertungen der Statuswerte (mehr Magiepunkte, mehr Angriffsstärke), manchmal auch neue Zauber und Angriffe. Die Äste und Fähigkeiten unterscheiden sich für die verschiedenen Figuren und determinieren indirekt die Charakterklasse (Heiler, Magier etc.). Leider bieten sie in der Regel höchstens drei Pfade, die man jeweils linear verfolgen muss.

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Es sind alle nötigen Elemente vorhanden, um das Genre Rollenspiel zu rechtfertigen, es fühlt sich allerdings sehr abgespeckt an. Neben dem Skill-Tree und Edelsteinen, die man zur Verstärkung ausrüsten kann, hat man nicht viele Möglichkeiten, die Party-Mitglieder zu individualisieren. So bleibt das Charakter-Management recht oberflächlich. Nach einiger Zeit wird auch das simple Kampfsystem eintönig, während die Geschichte wenige Höhepunkte bietet.
Alle Dialoge werden in Reimen vorgetragen, was sehr beachtlich und ambitioniert ist, auch wenn nur wenige Gespräche vertont sind. Doch nicht immer sind die Verse gut umgesetzt: so manches Mal kommen sie holprig und gewollt daher. Dagegen wird selten relevante Story in den Gesprächen transportiert. Humor und Witz kommen dafür nicht zu kurz. Positiv fällt vor allem die weibliche Hauptfigur auf: Die kleine Aurora kommt ohne Geschlechtsstereotype aus. Sie ist ein mutiges Mädchen, eine starke Heldin, sie stellt sich ihrer Aufgabe und den bösen Mächten, die sich ihr in den Weg stellen. Eine ansprechende Identifikationsfigur für kleine und große Spieler(innen).

Child of Light ist kein Spiel, das man jedem empfehlen kann. Für jüngere Spieler und Anfänger gibt Child of Light einen guten Einstieg in die Mechaniken von Rollenspielen und könnte damit zur Einstiegsdroge für Final Fantasy & Co. werden. Aurora ist eine fesche weibliche Heldin, die frischen Wind in die Reihen männlicher Videospiel-Protagonisten bringt. Die Entwickler versäumten allerdings, auf diesem Gerüst weiter aufzubauen. Sowohl Geschichte als auch Gameplay bieten keine Ebene für erfahrene Spieler(innen). Besonders die geübten JRPGler finden hier zu wenig Substanz. Und das sage ich als jemand, der selbst nicht zum Kern der Zielgruppe gehört.

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Die wichtigsten und erfüllendsten Elemente des Spiels sind seine verspielte Märchenwelt, die kuriosen Fantasy-Charaktere und Mythen-Wesen und die unglaublich schöne, visuelle Kulisse. Wer sich in dieser Welt wohl fühlt und sich gern vom ubiart Framework bezaubern lässt, wird sich mit dieser Freude gut durchs Spiel hangeln. Darüber hinaus bietet Child of Light nur wenige Anreize für geübte Spieler, die sich gerne in den Spielmechaniken eines Rollenspiels verlieren würden. Es ist zwar alles da: die rundenbasierte Kämpfe mit Angriffen, die Zauber, die Tränke, die Skill-Trees. Aber Kämpfe sind so einfach, dass keine Taktik nötig ist, selbst wenn das KS sie hergeben würde. Child of Light hat dadurch etwas stetig Plätscherndes, einen Tonus meditativer Repetition. Es ist nicht direkt langweilig, versäumt aber, etwas Ehrgeiz zu erwecken. Ben

Child of Light

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

Kommentare

Rian
08. Mai 2014 um 23:49 Uhr (#1)
Gna, da haben Entwickler einmal die Chance, ein Grandia-eskes Kampfsystem zu nehmen, welches immer noch das beste überhaupt ist, und ein knackiges Spiel draus zu machen, und dann wird es doch wieder pipi-eier-leicht. Das ist jetzt doch ein wenig ein Turn-off.
Ben
09. Mai 2014 um 09:26 Uhr (#2)
Es fehlt ein bisschen das erfolgreiche Disney-Prinzip: Gib Kindern lockeren Stoff, an dem sie sich erfreuen können, aber flechte eine zweite Ebene für die Erwachsenen ein, die dann immer an den Stellen lachen, an denen die Kinder nichts mitbekommen.
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29. März 2024 um 13:44 Uhr
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30. April 2014
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