WASD 4

(Artikel)
Rian Voß, 31. März 2014

WASD 4

Level Up! Die Zukunft der Games-Kultur

Über Spiele zu schreiben ist nicht einfach. Die gesamte Branche ist durchzogen von allen möglichen Typen und Sorten Mensch - biedere Anzugträger im Businessbereich der Gamescom, leidenschaftliche Schwätzer, die mit magischen Worten wahnwitzige Spielekonzepte in unseren Herzen wahr werden lassen, oder so Kerlen wie Phil Fish, aus denen niemand schlau wird, die aber trotzdem geile Spiele machen. Diese Leute muss man kennen, einschätzen und deuten lernen. Außerdem gibt es schon längst den "Autorenfilm" der Spielewelt mit seinen charakteristischen Eigenheiten. Der Kopf braucht das Know-How über die Ins & Outs des Who is Who. Dann gibt es natürlich die Debatten über Kunst, Nutzspiele, Sucht, Psychologie, Wirtschaftlichkeit, Wettbewerb, Storytelling. Eine ganze Industrie hängt an einem Ast, der dicker ist als es die Filmindustrie zu ihren besten Zeiten gewesen war. Und dann die Spiele selbst: Zahlreiche Freiheitsgrade sorgen auch in den linearsten Titeln für Myriaden unterschiedlicher Spielerfahrungen, die es in Previews, Reviews, Rants oder Videos zu erfassen, zusammenzutragen, zu interpretieren und interpolieren gilt. Und nach diesem ganzen Vorlauf halte ich hier WASD Vol. 4: Level Up! Die Zukunft der Games-Kultur, einen Zusammentrag verschiedener Perspektiven und Ansätze deutschsprachiger Autoren zum vagen Thema "Zukunft", in den Händen und soll was dazu schreiben. Ich schreibe also über ein Kompendium eines Geschreibsels über Spiele. Verrückter Leguan.

Das Problem bei Buchreviews (oder Rezensionen, wie man so schön sagt, denn "Reviews" sind natürlich ein Stigmata des kewlen Games-dschur-nah-liss-muss) (Ist das überhaupt ein Buch? Oder ein Magazin? Die WASD kostet 16 Euro, das ist für mich ein Buch, auch wenn es sich mit keinem Wort selbst so oder anders nennt. Verdammt, ich bin noch nicht mal über den ersten Satz raus) (Okay, letzter Klammertext. Ich wollte nur sagen: Ich kann mich dafür verbürgen, dass im ganzen Lebenszyklus des DPads noch nie zwei Klammertexte direkt aufeinander folgten. Und jetzt kommt der dritte. Denn wenn schon, dann mit Schwung) ist ja (Gebt es zu: Ihr musstet noch mal zum Anfang zurückspringen, um zu gucken, wie der Satz begonnen hat), dass man im selben Medium schreibt, in dem sich auch das beschriebene Werk befindet. Es hat etwas Absurdes: Anstatt das zu lesen, worum es in der Rezension geht, liest man die Rezension, um später vielleicht das zu lesen, worüber die Rezension geht. Das Gleiche gilt für Video-Reviews zu Filmen. Und ich weiß, dass ihr jetzt gerade auf eine glanzvolle Idee kommt, aber da ich diesen Text lange geschrieben habe, bevor ihr ihn lesen konntet: Das Konzept des Videospielreviews im Videospielformat habe ich mir zuerst ausgedacht und gehört mir. Ich hab's angeleckt. Da klebt jetzt meine Spucke dran. Ätsch. Ihr müsst auf ein neues Medium warten.

Mist, jetzt bin ich schon im zweiten Absatz der Rezension und habe immer noch kein Wort über den Inhalt verloren. Eigentlich dritter, aber der erste war ja nun noch nicht wirklich ein Teil der eigentlichen Rezension. Kommen wir also zu meinem liebsten Wort, dicht gefolgt von "Jedenfalls", welches einen Übergang einleitet, wenn mir partout keiner einfallen will: Also.
Also, in WASD4 geht es um die Zukunft der Games-Kultur. Ich mag jetzt nicht genau nachzählen, wie viele Autoren nun eigentlich an dieser Ausgabe mitgewerkelt haben, aber die Anzahl sollte gewiss eine Variable vom Datentyp der Größe eines Achtelcharacters zum Überlaufen bringen. Was sich zwischen dem liebevoll bemalten Titelblatt und der weniger liebevoll bemalten Rückseite mit einem Sponsorenaufruf befindet, beschreibe ich mit einem Begriff, den ich verabscheue: ein buntes Potpourri. Ich hasse diesen Begriff, weil ich mal in einer Kunstausstellung künstlerischer Kunststudenten war, die ihre präsentierten Stücke als "Serviervorschlag" beschrieben haben, was effektiv hieß, dass kein thematischer Zusammenhang vorlag und die Menschen zu dumm waren, um sich was Originelles einfallen zu lassen. Mein Gedanke dazu: Wer sich nichts Originelles einfallen lassen kann, sollte mal die alte Tiefenintrospektion anschmeißen und schauen, ob er nicht doch eher zum Buchhalter berufen ist.

Jedenfalls, in dieser Ausgabe der wichtigsten Buchstaben der Gamerlitanei ist das Thema ja gegeben: Die Zukunft. Eingehalten wird es von den betroffenen Keyboard-Klaubern mal mehr und mal weniger gewissenhaft. Ein Autor führt ein Interview mit einem Dachs. Ein anderer schreibt über Golf in GTA 5. Mindestens ein Autor war verwirrt genug, um statt der Zukunft die Vergangenheit zu thematisieren. Das kann ich ihm aber nicht übel nehmen, denn ich steige ja auch manchmal in den falschen Bus.
Die meisten halten aber Wort: Wenn in humoristischen, gegenwärtigen Reviews zukünftiger Spiele eine hochnukleare Realversion des optisch spartanischen Strategie-Titels DEFCON zehn von zehn Punkten in der Kategorie "Spielspaß" erhält, die Indie-Branche (und insbesondere Kickstarter) als indeenlose Nostalgiemaschine verrissen und über die neue, unabhängige Strömung unterhalb der Unabhängigen gesprochen, der Nutzwert des Wirtschaftsguts "Videospiel" beleuchtet wird und die Waffen der Zukunft ("Pyew pyew!") Befürworter sowie Protestanten finden, dann ist das Thema doch nicht ganz verfehlt.

Und es wäre auch ganz egal, wenn der eigentliche Leitfaden des Magazins "Hamster in Games" (Überraschung: Die Nager sind spätestens seit dem Miniatur-Riesenhamster Boo aus Baldur's Gate nicht mehr aus der virtuellen Unterhaltung wegzudenken) gewesen wäre: Lesenswert sind alle Texte. Nun, zumindest die meisten. Manch ein Text mag dem einen zu akademisch sein, ein anderer dem nächsten zu albern. Es ist für jeden was dabei, und da der Band mit über 200 Seiten tatsächlich den Umfang eines Jugendromans (samt Vielfarbfotos und illustren Illustrationen) hat, ist auch der stattliche Preis von 32 Mark bei ein paar Nieten nicht verkehrt.

Wer denkt, er könne noch etwas über Videospiele lernen, der hat meiner Meinung nach zu viel Selbsterkenntnis und natürliche Bescheidenheit und sollte sich mit einem ordentlichen Egotrip lieber mal ein zusätzliches Paar Eier wachsen lassen. Alle anderen sollten (nachdem sie das Archiv des DPads vollständig durchgearbeitet, den geheimen Wissenstest erfolgreich absolviert und außerdem nach Abschalten des Ad-Blockers etwas über unsere attraktiven Amazon-Links gekauft haben) die WASD bestellen. Denn hier lernt man definitiv noch etwas über das beste Thema der Welt - egal, wie viel man zu wissen glaubt. Rian

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