inFamous: Second Son

(Artikel)
Haris Odobašic, 30. März 2014

inFamous: Second Son

Ein bisschen Rebell spielen

Die Flaute ist überstanden! Nachdem die erste Ladung Spiele zum Launch abgefeuert wurde, sah die Bibliothek für die Playstation 4 eher spärlich aus: nur selten mal erhellte ein Dritthersteller das Spieleportfolio, aber ein richtiger Kracher war nicht dabei. Sony selbst will das nun ändern und euch zum Frühjahrsanfang einen Grund geben, auch mal zu Hause zu bleiben. Denn wieso draußen die Sonne genießen, wenn ihr in inFamous: Second Son als Quasi-Superheld in einer Großstadt die Sau rauslassen könnt?

Eigentlich ist inFamous: Second Son der dritte Teil der inFamous-Reihe, doch schon die die ersten zwei Spiele stellten ein in sich abgeschlossenes Werk dar. Second Son baut zwar auf den Geschehnissen im guten Ende von inFamous 2 auf, hat aber ansonsten eher wenig Verbindungen zum direkten Vorgänger. Daher werdet ihr auch in die Schlappen eines ganz neuen Charakters gesteckt: Delsin Rowe. Delsin ist ein Kleinkrimineller, der selten was Besseres zu tun hat als mit Grafittiaktionen seinen großen Bruder zu ärgern. Doch alles ändert sich, als in der Nähe seines Ortes ein Konvoi voll von Menschen mit Fähigkeiten, gemeinhin "Bio-Terroristen" genannt, explodiert und einige dieser Leute entkommen. Das ruft nämlich die Regierungsbehörde, die für die Verwahrung dieser Leute zuständig ist, aufs Parkett und ehe Delsin sich versieht, hat er plötzlich, nach Kontakt mit einem Bio-Terroristen, selbst Superkräfte und ist auf dem Weg nach Seattle, um bei dieser Behörde mal so richtig aufzuräumen.

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Die Geschichte weicht selten vom vorhersehbaren Pfad ab und auch wenn sie meistens unterhaltsam ist, schafft sie es nicht zu begeistern. Das liegt vor allem daran, dass Delsin zwar ein sympathischer Charakter ist und die Interaktionen mit seinem Bruder teilweise lustig sind, aber alle anderen Charaktere kaum entwickelt werden und so nicht die nötige Würze für eine spannende Erzählung hereinbringen können. Gerade bei der Antagonistin, Brooke Augustine, wiegt das ziemlich schwer, weil ihre Figur sehr viel Potenzial hat, und auf dieses erst kurz vor Schluss nennenswert eingegangen wird.
Insbesondere ist es schade, dass das Karma-System farblos bleibt. Ihr habt meist nur eine Gut-oder-Böse-Wahl, die sich auch nur in wenigen Missionen und am Ende des Spiels wirklich bemerkbar macht. Eine neue Konsolengeneration bedeutet wohl nicht, dass man sich endlich vom alten Schwarz-Weiß-Gemale der Bioware-Spiele aus den 2000ern verabschieden kann.

Allerdings ist das etwas, was sich quer durch das Spiel zieht: inFamous: Second Son bleibt seinen Wurzeln treu. Das heißt Open-World-Action, bei der ihr mit euren Kräften einfach die Sau herauslassen könnt. Delsin lernt mit der Zeit immer mehr Fähigkeiten, die ihre Kraft an dem orientieren, was man in einer Großstadt so erwarten kann: Neontafeln, Videowände, stinkender Rauch und natürlich ganz viel Beton. Jede dieser Kategorien repräsentiert einen eigenen Fähigkeitenbaum, den ihr upgraden könnt, welche aber allesamt einem ähnlichen Schema folgen: ihr kriegt eine Bewegungsfähigkeit, dazu zwei Aktionen für den Distanzkampf und einen Angriff für etwas direktere Konfrontationen. Diese unterscheiden sich dabei eher im Detail voneinander, aber abgerundet wird das Paket noch durch spezifische Fähigkeiten. Bei "Video" ist das zum Beispiel die Möglichkeit, sich unsichtbar zu machen, während der Rauch es euch erlaubt, durch Wände zu gleiten. Außerdem bietet jede Kategorie einen ziemlich brachialen Finisher, der alles an Gegnern in eurer Nähe einfach platt macht.

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Delsins weitreichende Fähigkeiten nutzt ihr dann, um in Seattle die euch nervende Regierungsbörde, genannt DUP (Department of Unified Protection), in ihre Schranken zu weisen. Das macht ihr einerseits, indem ihr die Hauptmissionen erfüllt, und andererseits, indem ihr Stadtteile von der DUP säubert. Es wird hier dem bekannten Schema F gefolgt, wenn es um die Befreiung von Gebieten geht: erfüllt ein paar Nebenquests, die sich dauernd wiederholen und provoziert einen Showdown hinauf, nach dessen Erfüllung ihr zum nächsten Gebiet marschiert, um all das zu wiederholen.

Das spielt sich zwar alles ganz lustig und macht auch die 10 – 20 Stunden, die ihr einplanen solltet, Spaß, wirft aber auch die Frage auf, ob das wirklich die Erwartungen sein sollten, die man an einen Titel für die PS4 stellt. Neue Impulse für das Genre werden nicht gesetzt und überhaupt bleibt inFamous Ideen schuldig, die es von der Konkurrenz, die gerade im letzten Jahr mit Saints Row 4 einen originellen Vertreter auf die Beine gestellt hat, nennenswert abheben. Auch der gimmick-artige Einsatz der Fähigkeiten des neuen Dual-Shock-Controllers, wie zum Beispiel beim Türöffnen durch Berührung des Touchpads, täuscht nicht darüber hinweg, dass das neueste inFamous sich auch genauso gut auf der alten Generation wohlgefühlt hätte. Zumindest, wenn da nicht eine Kleinigkeit wäre.

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Denn was es dann aber doch noch ziemlich heraushaut und dafür sorgt, dass ihr mit inFamous richtig viel Spaß habt, ist ohne Frage die Grafik und Präsentation. Schon von Anfang an haut euch eine Grafikpracht weg, die man so noch nicht gesehen hat. Ohne Frage ist inFamous das bisher hübscheste Spiel für die neuen Konsolen und das quer durch die Bank: die detailreichen Charaktermodelle überzeugen nicht nur bei der Polygonzahl, sondern auch bei den Gesichtsanimationen, die sehr lebensecht wirken, während es einfach nur Spaß macht, durch das nachgebaute Seattle zu streifen, weil die vielen Hochhäuser dazu einladen, die Aussicht zu genießen, welche mit perfekter Weitsicht ein Fest für das Auge ist.
Und das ist noch nicht einmal das Highlight, denn was allem die Show stiehlt, sind die Fähigkeiten eures Charakters und wie effektvoll sie in Szene gesetzt sind. Nahezu jeder Einsatz einer von Delsins Fähigkeiten kommt einem Feuerwerk gleich. Insbesondere die Neon-Kraft hat es mir angetan, die Tron-mäßig Spuren hinterlässt und die ich auch gerne einfach nur einsetze, weil sie so verdammt cool aussieht. Das Einzige, was sich hier bemängeln lässt, ist, dass die Framerate selten -- und auch nur beim Einsatz einer der Fnisher -- etwas einbricht.

So spaßig wie inFamous: Second Son sein kann, macht es aber auch deutlich, dass die Spielereihe langsam etwas ausgelutscht ist. Gerade bei Open-World-Spielen sind die Erwartungen besonders hoch, wenn es um einen Generationenwechsel geht, weil hier wohl am ehesten Potenzial versteckt ist, die neue Rechenpower so zu nutzen, dass man unverbrauchte Spieleerfahrungen präsentiert kriegt. In diesem Bereich enttäuscht inFamous aber leider ziemlich und sollte es ein viertes inFamous geben, dann hoffentlich mit frischen Ideen. So bleibt es ein kurzweiliger Titel, der unterhält ohne zu begeistern und uns doch vielleicht etwas mehr an die letzte Generation erinnert, als uns lieb ist. Haris

inFamous: Second Son

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

Kommentare

Rian
31. März 2014 um 10:47 Uhr (#1)
Scheint sich in all den Jahren ja nichts geändert zu haben. Das ist schade, denn beim ersten Teil war mir der Spielablauf sehr schnell zu eintönig geworden. Im Vorlauf auf Second Son war ich am heißesten auf die Charaktere - immerhin scheint das ja bei Delsin ordentlich hingehaut zu haben.
Ben
02. April 2014 um 22:48 Uhr (#2)
Ich mag die Neon-Reklamen! Optisch wirklich ein tolles Spiel.
Gast
29. März 2024 um 14:34 Uhr
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21. März 2014
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Playstation 4
Plattform - Die Playstation 4 (PS4) von Sony ist eine Spielkonsole der 8. Generation. Sie erschien am 29. November 2013 europaweit als Nachfolger der Playstation 3.

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