Tetris Blitz

(Artikel)
Haris Odobašic, 05. Februar 2014

Tetris Blitz

Muss man das Rad wirklich neu erfinden?

Es gab mal eine Zeit, in der man Tetris spielen konnte. Vor 20 Jahren nahm man den Gameboy in die Hand und verschwand einfach für eine Stunde in der realistischsten Russlandsimulation, die uns die Videospielwelt bisher geboten hatte. Leider leben wir nun im 21. Jahrhundert und im modernen Geschwindigkeitswahn ist es einfach nicht mehr möglich, diese gemütliche Stunde in eine einzige Session zu investieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Leute, die sich das Standard-Tetris auf Handys geholt haben, irgendwann wütend an EA geschrieben haben, weil sie immer wieder ihre Ausstiegshaltestelle verpassten und sich wunderten, wieso sie sich nachts um drei plötzlich auf einem Regionalbahnhof wiederfinden. Der große Konzern musste reagieren: ein neues Zeitalter benötigt ein neues Tetris. Ein Tetris, das auf unseren blitzschnellen Lebensstil ausgerichtet ist und dies am besten schon im Namen deutlich macht: Tetris Blitz.


Tetris-Blitz-Laser

Dabei kippt EAs Tetris-Variante für Handys gleich das gesamte Grundkonzept, denn statt des klassischen Unendlichspiels geht es darum, in einem 2-Minuten-Limit so viele Punkte wie möglich zu sammeln. Und der traditionelle Tetris-Tod, das Füllen des Bildschirms mit Steinen, ist nicht mal mehr möglich, weil sich die oberste Reihe automatisch auflöst. Weitere neue Ideen würzen das Spielprinzip, wie Steine mit integrierten Power-Ups. Löscht man eine Reihe, in der so ein besonderer Stein liegt, wird das Power-Up aktiv und bietet euch beispielsweise einen Zeitbonus oder saugt mit einem Magneten alle Blöcke zur Seite, um euch ein einfaches Tetris – also das Auflösen einer Viererreihe – zu ermöglichen.
Eine eigene Kategorie bilden da die Finisher, die erst am Ende einer Runde einsetzen. Diese füllen den Bildschirm mit Tetrisklötzchen oder lassen in einem Replay noch mal euren besten Spielzug ablaufen, was normalerweise einen massiven Highscorebonus bedeutet. Im Endeffekt ist aber der geschickte Einsatz beider Arten von Power-Ups unerlässlich, wenn man Rekorde brechen will. Ohne erreicht man gut und gerne nur ein Zwanzigstel der möglichen Punkte.

Die Steuerung wurde adäquat an das Touchscreen-Interface angepasst . Statt direkt den Tetrisblock zu kontrollieren, werden euch mit einem Umriss ein paar der möglichen Platzierungen angezeigt, die ihr einfach per Druck auswählen könnt. Und falls mal keiner der Vorschläge passt, könnt ihr mit einem kurzen Druck auf den Spielhintergrund einfach durchwechseln. Dieser Ansatz funktioniert überraschend gut, meist schlägt Tetris Blitz gleich beim ersten Mal eine Platzierung vor, die man auch haben will.

Tetris-Blitz-Power-Ups

Für zusätzliche Abwechslung sorgen wöchentliche Turniere, in denen man sich nicht nur mit anderen Spielern misst, sondern auch in den Genuss ganz neuer Spielmodi kommt, bei denen zum Beispiel die Geschwindigkeit signifikant erhöht ist oder man plötzlich ein viel großzügigeres Zeitlimit zur Verfügung hat. Insgesamt also ein gelungener Reboot des Tetris-Franchise der, sehr gut für Handys umgesetzt ist.

Doch leider gibt es da nur ein kleines Problem: Tetris Blitz ist ein vollkommen kostenloser Download, also ein Free-to-Play-Titel. Und das zeigt sich quasi an jeder Ecke, denn ständig hält EA die Hand auf und bittet um einen kleinen Finanzschub. Mal raubt euch ein erzwungenes Zeitlimit den Nerv oder eine nützliche Zusatzfunktion wartet hinter der Paywall. Und wenn das nicht genug wäre, gibt es außerdem noch Werbung, die natürlich gegen einen 5€-Obolus abgestellt werden kann. Das klingt jetzt vielleicht nicht so schockierend, sogar typisch für F2P, doch was diese Praktiken so grenzwertig gestaltet, ist einfach die schiere Dreistigkeit dahinter, sowie die Summen, die vom Spieler gefordert werden.

Ein kleines Beispiel: Anfangs hat man nur sehr wenige Power-Ups zur Auswahl und gerade die besonders mächtigen, die für eine hohe Punktezahl essentiell sind, müssen erst freigeschaltet werden. Dies geht auch auf normalem Wege, indem man extrem grindet. Der Zeitaufwand pro Power-Up beträgt da gut und gerne fünf Stunden. Oder man kauft das gewünschte Power-Up für den Preis von 5€. Und dann hat man das Power-Up, kann es dreimal nutzen und dann will Tetris Blitz wieder Geld. Ihr habt richtig gelesen: Es reicht nicht aus, EA fünf Euro in den Rachen zu schmeißen, sondern man wird auch danach zur Kasse gebeten. Denn weitere Einsätze dieser besonderen Items müssen im Dreierpack erworben werden. Diese Gebühr kann zwar mit der In-Game-Währung beglichen werden, aber man verdient diese Währung pro Durchgang in solch geringer Höhe, dass man normalerweise eine Viertelstunde spielen muss, um sie entrichten zu können. Da man bis zu drei Power-Ups mitnehmen kann, landet man also inklusive Werbung und Co. bei brutto wohl einer Stunde Grinding, damit man dann drei richtige Versuche hat, einen Highscore aufzustellen. Und selbst das ist eigentlich gelogen: Denn wer wirklich einen hohen Highscore haben will, ist auf den Einsatz der Finisher angewiesen, die zusätzlich kosten – entweder einen Euro Echtgeld pro Einsatz oder eine exorbitant hohe Menge der Spielwährung.

Tetris-Blitz-Kosten

Tetris Blitz muss in seinem Urstadium ein absolut geniales Spiel gewesen sein. Das Tetris-Prinzip komplett auf den Kopf gestellt und in kleine Spielspaßhäppchen verpackt, hätte es den kleinen Wartezeitenfüller zum Traumspiel für Mobilgeräte gemacht. Und dann bekam irgendein Schlipsträger bei EA diese Version in die Hand, spielte und beschloss, selbst den kleinsten Funken Spielspaß hinter einer riesigen Mauer zu verstecken, die dem Spieler vor die Wahl stellt: Entweder ich investiere jetzt ‘ne Stunde Zeit, um dann zwei Minuten Spaß zu haben, oder ich lasse mich abzocken und bezahle Preise, die jenseits von Gut und Böse sind. Für Tetris Blitz als vollwertiges Spiel hätte ich gerne ein paar Euro gezahlt. So hingegen habe ich die Abzocksimulation Tetris Blitz ohne Geldgegenwert erworben und ärgere mich stattdessen mehr, als dass ich Spaß habe. Wenn das die Zukunft des mobilen Gamings ist, oder gar der Videospiele insgesamt, dann können sich vernünftige Zocker schon mal nach einem neuen Hobby umsehen. Haris

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F wie Fail. Kaum von Wert. Hier jagt eine Schwäche die nächste. Niemand braucht das, niemand will das. Nicht einmal geschenkt.

Kommentare

Panoptikum
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06. Februar 2014 um 19:23 Uhr (#1)
Whoaaat? o__O
Das ist ja mal dreist! Unglaublich, wie man mit Spielen auf dreisteste Art, Geld aus der Tasche zu ziehen...
Nils
06. Februar 2014 um 23:46 Uhr (#2)
Die interessantere Frage: Geht das Prinzip auf?
Gast
19. April 2024 um 18:55 Uhr
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