Nintendo vor dem Aus?

(Artikel)
Haris Odobašic, 22. Januar 2014

Nintendo vor dem Aus?

Schwache Verkaufszahlen, starke Konkurrenz

In einem Zeitraum, in dem Microsoft und Sony Rekorde mit ihren Verkaufszahlen brechen, hat die Wii U jegliches Momentum verloren. Nintendo musste nicht nur ihre Erwartungen für das Finanzjahr, welches Ende März abläuft, senken – statt eines Gewinnes rechnet man nun mit einem kleinen Verlust – sondern auch ihre Absatzzahlen stark nach unten korrigieren. Die geplanten 9 Millionen werden nicht erreicht und die Japaner erwarten nun 2,8 Millionen verkaufte Konsolen, während die Erwartungen beim Spieleabsatz ebenfalls glatt halbiert wurden, von 38 Millionen runter auf 19 Millionen.

Gleichzeitig ist auch mit einer Enttäuschung an der 3DS-Front zu rechnen. Denn obwohl der Handheld dieses Jahr einen Top-Hit nachdem anderen spendiert bekam und mit dem 2DS ein billigeres Modell zur Zielgruppenerweiterung erschienen ist, mussten auch hier die Erwartungen reduziert werden. Von einst 18 Millionen Einheiten erwartet Nintendo nun nur noch den Verkauf von 13,5 Millionen bis zum Ende des Geschäftsjahres, was etwas weniger ist als in den Geschäftsjahren 2012 & 2013 jeweils abgesetzt wurde. Das ist kein signifikanter Einbruch – der 3DS ist noch immer sehr erfolgreich für Nintendo – zeigt aber, dass wohl doch so langsam Handys und Tablets Einfluss nehmen. Die Zahlen für den DS über die gleiche Zeitspanne zeigen, dass Nintendos vorheriger Handheld im dritten Jahr anfing, so richtig Fahrt aufzunehmen, während der 3DS auf dem Weg zu seinem dritten Geburtstag eher stagniert.


Damit fängt also Nintendos Jahr 2014 gleich mit zwei großen Baustellen an. Die große Frage ist nun natürlich, was Nintendo tun kann, um dieser Situation zu trotzen. Trotz Verlustwarnung für das aktuelle Geschäftsjahr ist der Konzern an sich nämlich nicht in Gefahr. Der große Erfolg von Wii und DS sowie schlaues Wirtschaften hat dazu geführt, dass Nintendo eine riesige Reserve aufbauen konnte. Im Jahr 2013 war Nintendos Geldspeicher mit fast 500 Milliarden Yen gefüllt, was ungefähr 3,5 Milliarden Euro entspricht. Und dazu kommen noch Wertpapiere in ungefähr gleicher Höhe sowie natürlich der Firmenbesitz. Im Klartext: selbst wenn Nintendo den Verlust, der für dieses Geschäftsjahr prognostiziert wird, auch die nächsten zehn Jahre haben würde, hätte das japanische Traditionsunternehmen noch nicht mal annähernd die Geldreserve aufgebraucht. Daher sind Befürchtungen, dass Nintendo nun Segas Schicksal ereilen könnte, verfrüht, da die Situationen überhaupt nicht vergleichbar sind. Sega hatte Anfang des aktuellen Jahrtausends nach mehreren erfolglosen Hardwareprodukten nämlich keine großartigen Rücklagen und das zweites Standbein, das Geschäft mit den Spielhallenautomaten, war auch am Einbrechen. Nintendo hat hingegen mit seinen Handhelds ein sehr solides Geschäft, auf das das Unternehmen immer zurückfallen konnte.

Dennoch muss bei Nintendo ein Umdenken erfolgen, wenn sie auf dem Markt weiterhin wettbewerbsfähig bleiben wollen. Der japanische Traditionskonzern braucht eine neue Ausrichtung. Bisher war Nintendos Arbeit dadurch geprägt, dass man sich stur weigerte, jeglichen Markttrends zu folgen - etwas, was man schon mit dem Nintendo 64 und dessen Verzicht auf ein CD-Laufwerk sehen konnte. Diese Eigenheit Nintendos hat dazu geführt, dass man wichtige Trends vollkommen verschlafen hat, insbesondere im Bereich Mobile und Online. Mittlerweile ist die Strömung, die von diesen Bereichen ausgeht einfach zu stark, als dass Nintendo noch hoffen kann, dagegen anzuschwimmen. Dies ist kein Aufruf, dass Nintendo ihren Individualismus aufgeben soll, aber der Markt diktiert hier einfach, dass eine Anpassung nötig ist.
Gerade der mobile Bereich bietet sehr viel Potenzial. Der Erfolg des 3DS zeigt, dass noch immer ein Bedarf besteht an vollwertigen Spielerfahrungen für unterwegs, und trotzt damit Handy- und Tablet-Gaming. Es wäre aber falsch, diese mobilen Plattformen als Konkurrenten anzusehen, wenn sie in der Realität eine super Ergänzung zu Nintendos Portfolio darstellen würden. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, kleinere Spiele für Android und Co. zu entwickeln mit bekannten Nintendo-Charakteren, die nicht nur Geld einbringen, sondern auch gleichzeitig als Werbung für Nintendo-Hardware dienen würden. Auch eine Ausweitung des Virtual-Console-Angebots wäre denkbar, insbesondere wenn Nintendo es schaffen sollte, ihr Online-System endlich zu vereinheitlichen, damit man einmal gekaufte Titel auf allen Plattformen zur Verfügung hat.

Und Nintendos Bemühungen dürfen dort nicht aufhören. Die vor kurzem umgesetzte Zusammenführung von 3DS und Wii U im Online-Bereich bezüglich Nintendo-ID und Miiverse ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weil viele alte Probleme bestehen geblieben sind. Microsoft und Sony haben schon vor langer Zeit verstanden, dass man als Konsolenmacher nicht nur Hardware und Software liefert, sondern sich mittlerweile auch zum Serviceprovider wandeln muss. Mit Angeboten wie der Xbox One Cloud oder Playstation Now demonstrieren diese Hersteller auch, wie sie in diesem Bereich weiterhin Innovationen vorantreiben wollen. Nintendo fehlt es hier nicht nur an zündenden Ideen, der japanische Konsolenhersteller bietet nicht mal bei seinen derzeitigen Angeboten ein vollkommen durchdachtes Konzept. Und selbst Potenziale wie die der Pokèmon Bank konnten noch nicht voll ausgeschöpft werden, weil Nintendo das Know-How im Bereich Online-Infrastruktur fehlt.

Das letzte Stück des Puzzles ist aber auch gleichzeitig das, welches am schwersten passen will: das Konsolengeschäft. Die Wii U ist wohl nicht mehr zu retten: bis zum Ende des Jahres werden sowohl Xbox One als auch Playstation 4 die Wii U in ihren Gesamtverkaufszahlen nicht nur eingeholt sondern auch noch weit übertroffen haben. Gleichzeitig werden mehr und mehr Dritthersteller abspringen, weil der Fokus auf die neuen Konsolen von Microsoft und Sony bei zukünftigen Spieleentwicklung es nicht mehr möglich machen wird, diese Spiele einfach auf die Wii U zu porten. Auch neue Mario-Kart- und Super-Smash-Bros-Titel dürften daran nichts ändern, trotz des kleinen Verkaufsschubs der dadurch garantiert ist, während eine weitere Preissenkung dafür sorgen würde, dass Nintendo wohl wieder mit jeder verkauften Konsole Verluste macht ohne die Sicherheit zu haben, dass man sich damit wieder als Macht am Markt etablieren würde.

Deswegen muss Nintendo nun Mut beweisen und einen radikalen Schritt gehen: nachdem die bisher angekündigten Blockbuster erschienen sind, gehört die Wii U eingemottet und Nintendo sollte sich auf die Zukunft konzentrieren. Ob diese Zukunft eine weitere Nintendo-Konsole beinhaltet? Vielleicht, aber wenn, dann eher nicht im traditionellen Sinne. In diese Kerbe sticht dann auch ein Gerücht, welches zurzeit die Runde macht. Nintendo soll an einem Gerät namens "Fusion" arbeiten, einen geplanten Wii-U-Nachfolger der Handheld und stationäre Konsole kombiniert. Das Konzept dahinter ergibt viel Sinn: ein Handheld und eine Terminal-Einheit, die nicht nur die Stärken der Wii U im Bereich Second Screen Gaming bietet, sondern auch dem Spieler mit der Flexibilität ausstattet - ob er nun ein vollwertiges Konsolenspiel zocken will oder doch lieber unterwegs einen Handheld-Snack konsumiert. Wie glaubwürdig das Gerücht ist, ist nur schwer abzuschätzen, aber es wäre enttäuschend, wenn bei Nintendo nicht zumindest ernsthaft über solche Zukunftspläne nachgedacht wird. Am 30. Januar will Nintendo über mittelfristige Pläne reden. Ob wir dort schon was zur Zukunft der Wii U erfahren?Haris

Kommentare

Rian
22. Januar 2014 um 23:58 Uhr (#1)
Was Nintendo definitiv nicht machen sollte - und dafür sind sie auch noch lange nicht verzweifelt genug -, ist das Umsetzen von großen, "echten" Spielen mit seinen Markenzeichen-Figuren für andere Mobilgeräte. Das würde ihnen den eigenen Boden unter den Füßen weggraben, wenn eine neue Konsole herauskommt. Dann hieße es: "Jaja, Nintendo setzen wir jetzt unter Druck, dann kommt Mario 64 HD 2 auch schon für das iPhone."

Kleine Spiele dagegen könnten tatsächlich für Rummel sorgen. Aber ich kann mir derzeit schlecht vorstellen, was für Spiele das sein sollten, die alle Wünsche Nintendos gleichzeitig erfüllen könnten.
Haris
23. Januar 2014 um 01:04 Uhr (#2)
Ja, Nintendo darf auf gar keinen Fall ihre Verkaufszahlen für Hardware kannibalisieren, in dem sie gleichwertige Spiele mobil herausbringen. Wobei ich glaube, dass es dort echt viele Möglichkeiten gibt, was Nintendo machen könnte. Eine Art Pokemon-Tamagotchi zum Beispiel (vielleicht eine Pokewalker-App die sich mit dem DS verbinden lässt?) oder ein abgespecktes Wario-Ware.
Rian
23. Januar 2014 um 12:14 Uhr (#3)
Nintendo bringt einfach ein eigenes Android - Nintendroid. Soziale Apps wird es keine geben, dafür kann man sich über das Miiverse Bilder zuschicken. Aber nur an Freunde, deren Friendcode man hat! Bis Nintendo ID für Nintendroid umgesetzt wird, dauert es natürlich erst mal wieder drei bis vier Jahre.
YouAreCraZy
Gast
23. Januar 2014 um 23:23 Uhr (#4)
Lächerlich. Was soll der Quatsch???

Vielleicht sollte man beim 3DS auch mal beachten, dass wir immer noch in einer Weltwirtschaftskrise stecken? Noch nie wurde so wenig Geld zu Weihnachten ausgegeben!

Mein Weihnachtsgeschenk an mich selbst für 2013 waren ein paar Videogames, das war alles! Mehr war einfach nicht da, das musste reichen. Denn 2012 kam die WiiU und die war ja nicht gerade billig, denn damals hab ich 3 Spiele zum Start geholt, plus Konsole waren das eben die üblichen gut 500 Euro.

Vielleicht also einfach mal daran denken, dass die Leute, die vor 5 Jahren noch deutlich mehr Geld zur Verfügung hatten, heute von deutlich weniger leben müssen und daher auch weniger für Videospiele ausgeben wollen/können? Aber nein, Engländer sind sowieso hohl in der Birne, da muss man gar nicht drüber diskutieren, das ist auch nicht seid gestern bekannt.
Rian
23. Januar 2014 um 23:59 Uhr (#5)
Ich glaube, gegen das Argument "Gamer haben kein Geld" sprechen insgesamt über sieben Millionen verkaufte Xbox Ones und PS4s.
Haris
24. Januar 2014 um 03:04 Uhr (#6)
Dafür, dass diese Weihnachten so wenig Geld wie noch nie ausgegeben wurde, hätte ich gerne einen Beweis. Der Einzelhandel in den USA und England konnte Rekordumsätze für das Weihnachtsgeschäft vermelden und auch Amazon, immerhin größer Online-Händler, hat in diesen Chorus miteingestimmt. Selbst wenn Deutschland einen Negativrekord zu Weihnachten aufgestellt hätte (und das habe ich noch von keinem der üblichen Papiermedien vermeldet gesehen), dürfte das im Endeffekt kaum eine Ausrede dafür sein, dass Nintendos Verkäufe so extrem schleppend laufen.

Und danke, aber nein, ich bin kein Engländer.
Rian
24. Januar 2014 um 10:37 Uhr (#7)
Nur im Geiste beim Fußball!
Dumm
Gast
28. Januar 2014 um 18:01 Uhr (#8)
Dieser Arktikel ist
[b][/b]LäCherlich[u][/u]
Haris
28. Januar 2014 um 19:13 Uhr (#9)
Ich empfehle SelfHTML. Damit ein guter Flame nicht an schlecht gesetzten Tags scheitert.
Rian
29. Januar 2014 um 10:43 Uhr (#10)
Weil es noch nicht erwähnt war: Nintendo prognostiziert einen Verlust von 323 Millionen US-Dollar für das Geschäftsjahr 2013. Das dritte Quartal hat zwar nicht viel Gewinn abgeschlagen, doch für das vierte Quartal sieht's düster aus. Das Geschäftsjahr geht für Nintendo noch bis zum 31. März.

Quelle
Rian
29. Januar 2014 um 10:46 Uhr (#11)
Mit "nicht viel Gewinn" meine ich "wenig Verlust".
Gast
25. April 2024 um 01:58 Uhr
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