Die siebte Konsolengeneration

(Artikel)
Haris Odobašic, 15. Januar 2014

Die siebte Konsolengeneration

Eine Retrospektive, Teil 1

Es war eine Dominanz, wie man sie seit Zeiten des NES nicht mehr auf dem Konsolenmarkt gesehen hatte: Zur vorletzten Generation war Sony der unbestrittene König und der Rest musste von den Brotkrumen leben, die vom Tisch fielen. Und dabei hatte Sony sich schon mit der Playstation als Marktführer etabliert: Die erste Heimkonsole überhaupt, die die 100-Millionen-Grenze durchbrochen hatte. Doch die Playstation 2 setzte dem noch mal die Krone auf. Es war eine explosive Generation gewesen, die nicht nur Sega als frühes Opfer forderte, sondern auch Nintendo auf den Abstiegsrängen sah, während sogar Microsoft mit all ihrem Einfluss und schier unendlicher Finanzkraft nicht wirklich was gegen die japanische Übermacht ausrichten konnten. Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl niemand ahnen können, dass mit der siebten Konsolengeneration die Karten neu gemischt werden. Wir vom DPad haben ein Faible für Geschichte und bieten euch deswegen mit der folgenden, mehrteiligen Retrospektive einen Rückblick auf alles, was die letzte Generation bewegt und geprägt hat.

Im Vorfeld an die letzte Generation hatte die Gerüchteküche nur so getobt, es war die Rede von einem unheimlich mächtigen Chip, der die PS3 mit der Power eines Supercomputers befeuern sollte. Microsoft sollte von der PC-Architektur abweichen, um sich Technologie ins Boot zu holen, die man sonst beim Macintosh vorfindet. Und natürlich drohte schon ein großer Format-Krieg: HD-DVD vs. Bluray. Die TV-Industrie bewegte sich in Richtung hochauflösender Fernseher, etwas, wofür die DVD nicht mehr geeignet war. Bluray war dabei ein Sony-Format, während die HD-DVD von einem Konsortium unterstützt wurde, zu dem auch Microsoft gehörte. Es war ein offenes Geheimnis, dass die nächste Playstation Blurays abspielen würde, die große Frage war, ob Microsoft ihre Konsole ebenfalls mit einem Laufwerk für eines der Medien der nächsten Generation ausstatten würde. Nur um Nintendo war es erstaunlich ruhig, was die Erwartungen wohl nur noch mehr in die Höhe schießen ließ, war doch der Codename der Konsole "Revolution".

Die E3 2005 sollte dabei den designierten Ort und Zeitpunkt markieren, an dem die neue Generation erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Es war eine Veranstaltung, in der es heiß herging. Keiner hielt sich zurück: Nintendo gab Sony auf die Mütze wegen ihrer PSP, Sony schoss scharf gegen Microsoft. Und Microsoft kam einfach beiden zuvor, indem sie einen Zeitslot auf MTV wenige Tage vor der E3 buchten, um den Nachfolger der Xbox quasi weltweit vorzustellen.

Die eigentliche Show an sich, ein dreißigminütiges Infomercial mit einer großen Prise Entertainment, war mehr peinlich als informativ und wird hier nicht weiter besprochen. Nur eines: falls ihr euch schon immer gewundert habt, was es mit diesen ganzen Elijah-Wood-Xbox-Memes auf sich hat: die Enthüllungs-Veranstaltung auf MTV liefert die Antwort, hat doch der Hobbit sie moderiert.
Die eigentliche Konferenz von Microsoft etablierte hingegen eine Struktur, die so mittlerweile schon altbekannt sein dürfte. Spiele tauchen auf, sind aber nur einer der Eckpfeiler: auch Entertainment und der Wunsch, Nicht-Spieler anzusprechen, hatten nämlich schon damals ihren Platz in Microsofts Plänen - auch wenn der größte Fokus auf dem überarbeiteten Xbox Live lag, welches quasi das Kernstück der neuen Konsole war. Unter anderem daran zu erkennen, dass jedes Spiel zumindest rudimentäre Online-Features wie eine Statusanzeige in der Freundesliste bieten musste.

Sony hatte einen technischeren Ansatz und sprach ausführlich über die interne Hardware ihrer PS3. Microsoft musste einstecken, als Ken Kutaragi aufzeigte, dass der Cell-Processor in der PS3 im Vergleich zur 360 das Doppelte an FLOPS produzieren könnte. Und auch sonst protzte Sony mit Zahlen, ließ einen der nVidia-Gründer auftreten, um über den Grafikchip in der neuen Konsole zu sprechen, und zeigte eine Menge an Techdemos, die eindrucksvoll die Power der Konsole demonstrierten. Aber auch Spiele wurden gezeigt, allen voran natürlich Killzone 2, was wohl das Thema der Show war. Der gezeigte Trailer war beeindruckend – zu beeindruckend. Zweifel kamen auf, ob das Gezeigte nicht nur vorgerendert war, doch auch ohne eine klare Antwort blieb am Ende nur ein Schluss möglich: die Playstation 3 hatte mehr beeindruckt als die Xbox 360. Wo bei manchem gezeigten Xbox-360-Titel der Wow-Effekt ausblieb, bot Sony diesen gleich mehrfach. Etwas, was auch Ken Kutaragi, der Vater der Playstation, in Interviews auf der Show nochmals betonte - mit markigen Aussagen, wie dass Microsofts Xbox 360 quasi nur eine Xbox 1.5 ist statt einer echten Konsole der nächsten Generation.

Nintendo hingegen hielt sich noch immer sehr bedeckt auf ihrer Pressekonferenz, zeigte einen Konsolenprototyp ohne Controller und laberten auch ansonsten nur um den heißen Brei herum. Der DS und das neue Zelda waren der Hauptbestandteil, wo sich Nintendo nicht verkneifen konnte, die Verkaufszahlen von PSP und DS ausführlich zu vergleichen. Dennoch wurden die Nachrichten zur "Revolution" sehr gut empfangen, was unter anderem daran lag, dass Nintendo ein neues Smash Bros. zum Launch ankündigte, die Virtual Console vorstellte und schließlich noch ein direktes Zitat von Iwata: "When they turn on the console and see the graphics, they will go 'wow'." Doch wer genau zuhörte, konnte doch einiges ausmachen. So ließ Nintendo-Präsident Iwata einige Informationsschnipsel herumfliegen, insbesondere im Bezug darauf, dass die Konsole ganz neue Spielerschichten erschließen sollte und der Controller ungewöhnlich sein würde.

Der Controller wurde dann einige Monate später auf der Tokyo Game Show vorgestellt und schlug Wellen. Aus heutiger Sicht mag man die Wiimote vielleicht anders bewerten, aber damals versprach die Fernbedienung mit Bewegungssteuerung inklusive Nunchuck-Accessoire etwas wirklich Neues, da bisherige Versuche der Bewegungssteuerung – hier wären Microsofts-Sidewinder-Controller für den PC und die EyeToy-Kamera von Sony für die Playstation 2 zu nennen – sich nie wirklich durchsetzen konnten und Nintendo dennoch das verhältnismäßig große Risiko einging, voll auf gerade eben diese Steuerungsart zu setzen. Kurios war auch, wie der Controller präsentiert wurde. Es gab ein Video zu sehen, welches viele Leute beim Spielen zeigte und die Flexibilität des Controllers demonstrieren sollte. Die Betonung liegt dabei auf Leuten die spielen, denn konkrete Spiele an sich gab es nicht zu sehen. Aber zumindest den Controller konnte die Presse ausprobieren – in extra programmierten Demos - und äußerte sich begeistert. Das neue Steuerungsparadigma hatte den ersten kleinen Test überstanden.

Die Ausgangslage war nun klar: Microsoft setzte voll auf Xbox Live, Sony auf Entertainment gekoppelt an mächtige Hardware und Nintendo darauf, einfach mal was komplett Anderes zu machen. Und doch sollte sich herausstellen, dass wohl alle Prognosen, die zum damaligen Zeitpunkt getätigt wurden, sich als falsch herausstellen sollten und das Konsolengeschäft kurz davor stand, ordentlich durchgewirbelt zu werden. Im nächsten Teil: Microsoft stolpert sich zum Konsolenstart, das RRoD-Debakel und die größte Innovation in Videospielen seit dem Sprung in die dritte Generation. Haris

Kommentare

Rian
17. Januar 2014 um 00:19 Uhr (#1)
Wie kannst du es wagen, mit so einem Satz aufzuhören? Penner. xD
Ben
17. Januar 2014 um 10:05 Uhr (#2)
Danke für die gute Auswahl der Bilder, da bin ich richtig nostalgisch geworden und hab realisiert wie lange das schon her ist.

Ich hatte auch vergessen, wie albern das "Revolution"-Logo eigentlich war.
Gast
18. April 2024 um 20:01 Uhr
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