Tales of Graces f

(Artikel)
Kristin Riedelsberger, 10. Januar 2014

Tales of Graces f

Top-Story mit viel Drumrum

Im Grunde ist es ja etwas Großartiges, wenn ein weiterer Teil einer Spielereihe, die man in sein kleines Herz geschlossen hat, seinen Vor- oder Nachfolgern in groben Zügen ähnlich ist – also in den guten, typischen Zügen, die die Serie ausmachen! Aber als mir zu meinen Überlegungen zu meiner Tales-of-Graces-Rezension plötzlich der Name des Hauptcharakters nicht mehr einfallen wollte, weil er dem gutmütigen Medizinstudenten Jude aus Tales of Xillia fast bis auf’s Haar und sogar bis auf die englische Synchronstimme gleicht, war ich doch etwas schockiert. Da haben sich die Tales-Entwickler designtechnisch jetzt nicht gerade mit Ruhm bekleckert – und dabei liegen beide Teile auch noch nur ein einziges Jahr auseinander!

asbeljudeDas große Who-is-Who der Tales-Reihe.

Ja, ich weiß, der Header sieht girly aus. Aber das täuscht! Wirklich!
Aber gut, man muss ja nicht immer gleich von Anfang an schimpfen. Vielleicht ist mir der Name ja auch nur entfallen, weil er so befremdlich ist. Unser Protagonist in Tales of Graces heißt nämlich Asbel Lhant. Da ist der Name seines kleinen Bruders schon ist einfacher zu merken: Hubert! Da schwingt geradezu mit, dass er es bereits in Kindertagen schwerer hat als sein großer Bruder, der nach Plan des Vaters einmal der neue Lord von Lhant werden soll.
Natürlich kommt es am Ende ganz anders, was nicht nur eng mit dem Schicksal Huberts, sondern auch mit dem kleinen Mädchen zusammen hängt, das die beiden Brüder schon in Kindertagen auf einem Hügel vor der Stadt… finden. Das ruhige Geschöpf mit den langen lila Zöpfen erinnert sich weder an ihren Namen, noch an ihre Herkunft, aber sie fasst sofort Vertrauen zum abenteuerlustigen und hilfsbreiten Asbel, der fest entschlossen ist, ihre Vergangenheit zu entschlüsseln und von dem sie sich sogar ihren neuen Namen geben lässt: Sophie.

Und dann, sieben Jahre später, trifft sie sich plötzlich wieder, die alte Clique. Der Lord von Lhant ist tot, die Seelen verbittert, und es droht (wie immer) ein Krieg nie da gewesenen Ausmaßes, angeführt von Richard, dem König des Landes Windor – und dabei war doch auch der damals Teil des gemeinsamen Freundschaftspaktes! Asbel steht also vor einer ganzen Reihe neuer, auch moralischer, Probleme, die gelöst werden wollen – und vor der alten Herausforderung, Sophies Herkunft zu ergründen, die, immer noch in Gestalt der alten Zwölfjährigen, weiterhin unsere treueste Begleiterin ist.


Ihr merkt schon, wie ich mich wie ein sterbender Regenwurm hin und her winde, um euch nicht mit irgendwelchen Spoilern anzufüttern. Also vielleicht merkt ihr euch einfach nur, dass die Story von Graces, wie für die Tales-Serie üblich, echt ausgebufft und sehr komplex ist. Selbst wenn sich eine Reihe der üblichen Muster wiederholen – Krieg, irgendeine lebenswichtige, hochwissenschaftliche Substanz, moralisches Dilemma -, glänzt auch dieser Teil mit einer ausgezeichneten Geschichte, die einen trotz etlicher Durststrecken an die Konsole fesselt.
Die Durststrecken sind in diesem Fall ganz wörtlich zu nehmen: als stundenlange, ereignisarme Fußmärsche über Land, Stadt und Dungeon, wobei vor allem letztere zum Teil derart eintönig gestaltet sind, dass einem beim Durchqueren schon mal die Augen zufallen können. Selbst die Monster sind schnell umgangen, da sie einen so gut wie gar nicht aufs Korn nehmen, und sie zu bekämpfen macht spätestens in Stockwerk 3 des obligatorischen Forschungszentrums auch keinen Spaß mehr. Wenn man dann auch noch am Ende eines solchen Dungeons nur mit einer halben Minute Story abgefrühstückt wird, obwohl man auf einen entschädigenden, schweren Endboss und eine große Enthüllung gehofft hat, dann wandert der Zeigefinger schon mal völlig unwillkürlich Richtung Off-Schalter.

Ein großer Zeitfresser ist auch das Verbessern von Waffen, das man selbst als kleine, spielinterne Wissenschaft bezeichnen könnte: Gegner verlieren Shards mit bestimmten Eigenschaften (Aim, Poison, Gain, …), die, wenn ein Shard an eine Waffen angelegt wird, während des Kämpfens in diese übergehen. Ist das geschehen, kann man wiederum verschiedene verbesserte Waffen miteinander kombinieren und so Gems extrahieren, die dann von den Mitgliedern der Party als Accessoires angelegt werden können. So weit so gut! Aber als ob das nicht schon kompliziert und teuer wäre, muss man beim so genannten "Dualizing" auch noch auf die Qualitäten von Waffe und Shard achten und sogar Buchstaben zählen, um am Ende wirklich gute Sachen zu kriegen! Wem jetzt schon der Kopf raucht, der sei beruhigt: Man muss das nicht unbedingt machen. Aber Erchiefmintz! Und – viel wichtiger für das Spiel an sich: neue Titel!

dualizeGewöhnt euch schon mal an diesen Bildschirm.

Über die Titel erhält man bei Graces entweder Verbesserungen der alten Angriffe oder aber neue A- oder B-Artes. Für die A-Artes braucht man CC-Punkte, die man unter anderem durch Blocken oder einen ausgezeichnet platzierten Schlag mit der Scheide dazu erhält. Je mehr man davon hat, umso länger kann die Bash-Combo werden - und hier gibt es wirklich viele Möglichkeiten, denn im Laufe des Spiels baut sich der Technik-Baum immer weiter aus. Oben-unten, links, rechts – wer die Kombinationen innerhalb einer Combo hin und her wechselt, der landet am Ende auch einen anderen Ultra-Bash!
Wer keine Lust auf Punkte-Zählen und großes Technik-Brimborium hat, der zieht einfach für einen CC-Punkt das Schwert und knallt den Gegnern mit dem B-Knopf eine Reihe Magieattacken um die Ohren. Die sind auch effektiv, sind aber in der Ausführung langsamer und für Combos gänzlich ungeeignet, was vor allem unpraktisch ist, wenn die vor jedem Kampf aufploppenden Mini-Challenges ordentlich Extrapunkte für eine 20-Hit-Combo versprechen.

Das ausgefeilte Kampfsystem mit seinen Extra-Challenges macht besonders bei den starken Gegnern richtig doll Bock, selbst wenn man seine CC-Punkte nur durch ständiges A-Drücken verballert und sich statt dessen auf Blocken, Ausweichen und gezielte Treffer konzentriert, denn ohne eine findige Verteidigung kommt man bei Graces nicht weit.
Einen Nachteil hat das Kampfsystem jedoch: Bis weit ins Spielgeschehen hinein hagelt es nach jedem kleinen Fitzelkampf gute Ratschläge und Neuigkeiten, bis einem vom ganzen Gelese und Verstehen die Augen tränen und es zu den Ohren raus qualmt. Dafür weiß man es aber auch richtig zu schätzen, wenn endlich, endlich alles klar ist.

…was wollte ich jetzt noch sagen? Ach ja, die Titel! Die bekommt man für alles Mögliche! Für das Pflanzen von Blumen, für das Erledigen von Quests, für das Sprechen mit Leuten, für Dualizing, für das Bestehen in spielinternen Mini-Quests, wie dem Tales-Sprüche-Memory - und, wie es sich gehört, natürlich auch fürs Kochen!

Und noch etwas Tales-typisches erwartet euch bei Tales of Graces: Charaktere von ultra-fishy bis hin zu ultra-nervig. Da kann der eine oder andere Skit schon mal zur Geduldsprobe werden, vor allem bei der hyperaktiven, banensüchtigen Forscherin Pascal… Ach ja, apropos Bananen: Spielt Graces auf keinen Fall, wenn ihr hungrig seid und nichts zu Essen im Haus habt. Ihr werdet angesichts der liebevoll gezeichneten Tausend Speisen auf jeden Fall Hunger bekommen.
Also, liebe RPG-Gemeinde: Wenn ihr Bock habt und nicht wisst, wie ihr die Zeit bis zum Tales-of-Symphonia-Special überbrücken sollt, dann greift wohlberuhigt zu Graces! Es ist ein gutes Spiel, wenn auch nicht ganz so wundervoll wie Xillia.

Aber wofür steht bloß das f? Kristin

Tales of Graces f

(Ranking)
A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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RELEASE
31. August 2012
PLATTFORM
Playstation 3
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