The Banner Saga

(Artikel)
Rian Voß, 17. Dezember 2013

The Banner Saga

Hardcore-Taktik in Zauberoptik

Wie oft folgt schon ein kerniger Singleplayer-Modus mit tiefer Geschichte auf ein erfolgreiches Multiplayerspiel? The Banner Saga: Factions ist eigentlich ein taktischer, rundenbasierter Free-to-Play-Online-Titel. Die Standalone-Singleplayervariante, die einfach nur The Banner Saga heißt, wirft einen Blick in eine zerrüttete Low-Fantasy-Welt und einer Handvoll nicht minder zerrütteter Charakterschicksale. Und ich werfe im Preview einen Blick auf die ersten vier Stunden Gameplay.

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Ohne Frage fällt zuerst die wunderschöne Grafik auf: So ziemlich alles in The Banner Saga ist bis ins Detail handgezeichnet, jede Bewegung vollständig animiert. Und es sieht verdammt gut aus. Malerische Hintergründe streifen durch das Bild, wenn eine geschlagene Heldentruppe durch die Wildnis zieht. In Kämpfen ist jede Bewegung formvollendet und realistisch. Einzig Dialoge wechseln von Portrait zu Portrait, doch auch hier wird mit simulierten Kamerafahrten für Bewegung gesorgt - das Auge ist nie gelangweilt und simple Animationen der Konkurrenzprodukte (wie Final Fantasy Tactics oder Tactics Ogre) sollten sich jetzt sehr, sehr faul vorkommen.

banner-01Der Prolog dreht sich um einen Trupp von Riesen, angeführt vom müden Schreiber Ubin. Hier muss man sich sehr bemühen, bei all den geschichtlichen Fantasy-Fremdwörtern nicht abgehängt zu werden.

Dialoge sind ein Teil des Spiels. Viele Entscheidungen gilt es zu treffen, die ihrerseits zu guten wie zu schlechten Konsequenzen sowie zu ganz anderen Prosazweigen führen können. Einmal schickte ich die Tochter vom Jäger Rook bei einem Angriff sofort weg und in Sicherheit. Das gestaltete den Kampf anspruchsvoller. Ein anderes Mal ließ ich sie am Kampf teilnehmen, aber daraufhin folgte eine Story-Sequenz, in der die Tochter durch ein Monster bedroht wurde. Richtige und falsche Entscheidungen entschieden über Leben und Tod - oder zumindest über Verletzungen und Moral. Allerdings hat man nur Einfluss auf Details, der generelle Geschichtsverlauf bleibt der gleiche.

Kämpfe sind selbstverständlich ein Hauptteil von The Banner Saga - aber dazu gleich mehr. Eine andere Komponente ist nämlich ebenso wichtig: Ressourcenmanagement. Nach einem sehr verwirrenden und mit fremdgeschichtlichen Ausdrücken überladenen Prolog widmen wir uns Rook und seiner Tochter Alette. Hier geht es weniger um geopolitische Intrigen, sondern um die einfachste Geschichte der Welt: Monster überfallen das Dorf unserer Protagonisten. Ein Exodus ist unvermeidlich. Als neugeborener Anführer muss Rook sich um das Schicksal all der Menschen in der Karavane kümmern und hier machen bereits die ersten Entscheidungen klar: Helden kriegen auf die Schnauze.

banner-01aRook und Alette sind da schon sympathischer.

Beim Überfall werden wir vor eine knifflige Wahl gestellt: Fliehen wir sofort, schaffen wir heldenhaft eine Ablenkung für die flüchtenden Bewohner oder versuchen wir gar Nahrung aus dem Lagerhaus zu bergen, damit unsere Leute nach der Flucht nicht auf den kalten Straßen zwischen Skogr und Frostvellr verhungern? Das ist nämlich durchaus möglich. Geht uns der Proviant aus, werden in der Reise-Ansicht Menschen sterben. Außerdem können wir ohne Essen auch weniger rasten, wodurch die Moral sinkt und Verletzungen wahrscheinlicher werden.

Verletzungen sind entweder direkte Resultate aus Kämpfen oder aus schlechten Entscheidungen. Niedergeschlagene Figuren sterben zwar nicht auf dem Schlachtfeld (auch wenn es total danach aussieht), aber den nächsten Kampf beginnen sie angeschlagen, solange sie sich nicht ausruhen durften. Und lasst es euch gesagt sein: Nachdem ich mich blauäugig dafür entschieden hatte, das Lagerhaus zu retten, hatte ich viele Verletzte im Team. Durch Verletzungen kann sich ein knapper Sieg jetzt in eine verheerende Niederlage später verwandeln.

banner-02Die Fraktionen ziehen in Kämpfen immer abwechselnd - auch wenn die Truppenzahl nicht ausgeglichen ist.

Was total genial ist! Insgesamt ist das Spiel sehr durchdacht und zwingt einen durch Design-Entscheidungen, das richtige Mindset anzunehmen. Ich habe mich zuerst darüber aufgeregt, dass Speichervorgänge nur selten und nur automatisch stattfinden. Das ist eventuell auch eine Sache, die in der finalen Version noch geändert wird, doch da ich nicht zwei Kämpfe nach meiner Niederlage gegen eine totale Überzahl wiederholen wollte, habe ich einfach weitergespielt. Und siehe da: Die Story ging weiter. Sicher, meine Kämpfer waren verletzt. Sicher, auf der Straße starben Zivilisten. Aber das lehrte mich, dass ich als Spieler nicht von vornherein das Recht darauf habe, jeden Kampf mir nichts dir nichts zu bestehen. Entweder man ist ein Gott im Kampf und kann durch taktisches Genie auch schlimme Situationen zum Besseren wenden, oder man muss mit seinen Fehlern leben.

banner-03Natürlich darf es nicht an Upgrade-Mechanismen fehlen.

Und so landen wir bei den Kämpfen. Ich habe den Multiplayer-Vorläufer, Factions, nie gespielt, daher war mir das Kampfsystem vollkommen neu. Im Grunde spielen sich Kämpfe nach üblichen Taktik-RPG-Methoden ab: Man hat einige Charaktere auf einem Raster, bewegt sie herum und schlägt mit Angriffen und Spezialangriffen Feinde zu Brei. Wenn möglich verhindert man, dass der Feind selbiges mit einem zuerst macht. Der Trick kommt allerdings über die zweigeteilte Lebensanzeige: Diese besteht aus "Rüstung" und "Kraft". Kraft ist die eigentliche Lebensenergie - ist die futsch, ist der Charakter KO. Nicht nur das: Kraft steht auch für die Angriffsstärke. Hat ein Gegner also eine hohe Lebensenergie, sollte man ihn schnell runterputzen, bevor er mit unseren Figuren den Boden wischt. Aber bevor man überhaupt eine Delle in Rippen und Brustbeinen hinterlassen kann, muss erst einmal die Rüstung weg. Je weniger Rüstung, desto mehr Schaden bekommt der Getroffene durch Rüstungsattacken. Man muss sich also entscheiden: Berste ich den Panzer oder ist der Schaden schon groß genug, um Wunden anzurichten? Wenn man sich aber zuerst nur um Rüstung kümmert, kann der Gegner stets mit voller Kraft zurückschlagen. Schwierige Entscheidungen!

Und dieses Bild hinterlässt The Banner Saga auch: schwierige Entscheidungen, egal wohin man blickt. Und das ist gut so. Mit zehn bis dreizehn Stunden soll The Banner Saga als Kampagne zwar für ein Taktik-Rollenspiel nicht gerade lang bemessen sein werden, nichtsdestotrotz könnten das sehr gute zehn bis dreizehn Stunden werden. Rian

Kommentare

Ben
18. Dezember 2013 um 09:17 Uhr (#1)
Ich finde den Zeichenstil sehr ansprechend, irgendwie ein Bisschen oldschool.
Rian
18. Dezember 2013 um 10:25 Uhr (#2)
Ja, ich fühlte mich auch ein wenig an 80er-Cartoons erinnert. Das Ganze hat aber definitiv mehr Production Value als Thundercats!
Ben
18. Dezember 2013 um 11:43 Uhr (#3)
Du meinst, es werden auch neue Bilder zwischen Minute 1 und 15 gezeichnet? :D
Rian
18. Dezember 2013 um 14:37 Uhr (#4)
Mindestens zwei!
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