Call of Duty: Ghosts

(Artikel)
Torsten Ingendoh, 17. November 2013

Call of Duty: Ghosts

Jetzt mit Hund

Es ist mal wieder soweit. Ein neues Jahr, ein neues Call of Duty. Activisions Kassenfüller geht in die zehnte Runde und passenderweise auch Next-Gen. Mit neuer Story, neuen Features und Schäferhund kämpfen wir gegen die neue Bedrohung. Und wie sieht das aus? Nun, das werde ich euch verraten.

Der Singleplayer führt diesmal durch ein kriegszerrissenes Amerika. Aufgrund eines nicht näher erläuterten Ereignisses gibt's kein Öl mehr aus dem Nahen Osten, weswegen durch nicht näher genannte Methoden eine neue Supermacht in Südamerika entstehen konnte, die Föderation. Und die übernehmen mal eben den Rest der Welt und klopfen danach bei den Vereinigten Staaten an. So oder so ähnlich. Ist auch irgendwie egal, wichtig ist nur, dass die Bösewichte Spanisch sprechen und kein Russisch.

Unser Held der Geschichte erlebt einen friedlichen Tag daheim mit Bruder und Vater. Papa hat gerade die Geschichte der "Ghosts" erzählt, als es plötzlich Raketen vom Himmel regnet. Nach kurzer Flucht ein Perspektivenwechsel. Ich bin an Bord einer Raumstation, eine vermeintlich amerikanische Rakete dockt an, aber an Bord ist die Föderation. Die Raumstation gehört nämlich zu einem Orbitalgeschütz, genannt Odin, was mitunter ein Grund dafür ist, dass Amerika überhaupt noch angriffsfähig ist. Das ändert sich jetzt, trotzt meiner Ballerkünste in Schwerelosigkeit. Immerhin gelingt es mir die Station zum Absturz zu bringen, bevor die Födis noch mehr Schaden anrichten können.

ghosts04Hund Riley hat Hunger.

Zehn Jahre später und Amerika wehrt sich immer noch. Die Fronten sind klar, der Held ist stumm - was ich übrigens hasse wie die Pest - und die Waffen sind geladen und entsichert. Fehlt nur noch jede Menge Militär-Bla-Bla mit einer Prise "America, fuck yeah" und ihr könnt euch eigentlich den Rest denken. Bis auf das Setting bietet die Story einfach nichts. Immerhin gibt es ein paar gelungene Missionen mit coolen Schauplätzen. Ein Auftrag lässt euch die Überreste von San Diego durchsuchen und man darf sich mit Riley, dem Schäferhund, mal so richtig austoben. Wenn man ihn nicht gerade selber steuert, dient er als Ersatz für die taktischen Granaten. Und genau wie die taktischen Granaten hält sich der Nutzen des Vierbeiners in der Kampagne in Grenzen. Schade eigentlich. In einer anderen Mission wird getaucht mit Unterwassergewehren, was doch recht atmosphärisch ist. Nur wer wie ich einen Tauchschein hat, wird sich fragen, wie die Helden keine Dekompressionskrankeit bekommen konnten. Naja, Videospiellogik halt.

Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, was ich groß über den Einzelspielermodus sagen soll. Ein großer Schritt zurück von Black Ops 2, wenn ihr mich fragt. Die Motivation des Bösewichts wird lausig erklärt, man hat keinen Einfluss auf die Story und das Ende ist ein ziemlicher WTF-Cliffhanger, der irgendwie keinen Sinn ergibt. Dafür darf man in einer der letzten Missionen im Weltall ballern. Klingt cool, spielt sich aber grausam. Oft genug habe ich Feinde nicht wirklich erkennen können und so richtig an das Manövrieren nach oben und unten konnte ich mich nicht gewöhnen. Mehr Frust denn Lust. Zwar bereue ich es nicht, den Einzelspielermodus durchgezockt zu haben, aber zurückkehren werde ich definitiv nicht.

Ghosts06Die Trophäe ganz links ist übrigens eine TARDIS und es steht "Biggest Interior with smallest Exterior" drauf.

Kümmern wir uns doch lieber um den Multiplayer, ich mein, darum holt man sich Call of Duty. Keine Überraschung hier, es macht halt immer noch Spaß. Neue Waffen, neue Maps, neue Killstreaks und Detailveränderungen frischen den Teebeutelsimulator mal wieder auf. Das neue Loadoutsystem erinnert an einen Hybriden aus Modern Warfare 3 und Black Ops 2: Man kann jeder Hauptwaffe zwei Aufsätze und einen Anstrich verpassen, jede Zweitwaffe mit einem Aufsatz und Anstrich versehen, dazu Granate, taktische Granate und seine Killstreaks. Aus MW3 wurde die Unterteilung in Assault-, Support- und Specialist-Killstreaks übernommen. Assault ist das klassische "Sammel Kills ohne zu sterben"-Prinzip, Support behält seinen Fortschritt nach dem Tod, muss aber länger sammeln, und Specialist kann sich einfach zusätzlich Perks dazuverdienen.

Angelehnt an das Pick-10-System aus Black Ops 2 werden die Perks behandelt. Jeder Perk kostet zwischen einem und fünf Punkten. Insgesamt kann man bis zu acht Punkte ausgeben. Man hat also die Wahl: Nimmt man viele schwache Perks oder wenige starke Perks? Gefällt mir sehr, vor allem da einige Perks schon immer nützlicher erschienen als andere. Wem acht Punkte nicht reichen, der kann auch einfach auf die Haupt- oder Zweitwaffe verzichten und dafür mehr Punkte für Perks bekommen.

Ghosts08Mit dem richtigen Werkzeug ins Gefecht.

Ganz anders handhabt Ghosts die Art und Weise, mit der man sich neue Waffen und Ausrüstung verdient. Neben Erfahrungspunkten sammelt man jetzt zusätzlich Squad-Punkte. Jeder neue Rang gibt zwei Squadpunkte und für das Erfüllen der verschiedensten Aufgaben gibt es weitere Bonussquadpunkte. Diese kann man dann in neue Waffen und Aufsätze investieren. Von Anfang an ist alles verfügbar, sofern man genug Punkte hat. Perks muss man nicht erkaufen, müssen aber klassisch über Rangaufstiege verdient werden.

Womit ich beim Thema "Create-A-Soldier" wäre. Ghosts erlaubt es dem Spieler selbst zu wählen, wie die Spielfigur aussieht. Das System ist aber recht rudimentär gehalten: man wählt ein Gesicht, eine Kopfbedeckung, eine Uniform und ein Emblem. Einzig interessant ist, dass man erstmals auch als Frau in dem Kampf ziehen darf. In den Gefechten selber fallen dann eh nur Geschlecht und Uniform auf. Größeren Nutzen hat der Charakter-Editor im Bezug auf das Squad. Jeder Spieler kann ein Squad aus bis zu zehn KI-Soldaten haben. Neue Soldaten plus Standardausrüstung kann man per Squad-Punkte freischalten. Jeder Soldat hat seine eigenen Erfahrungspunkte und Loadouts. Einzig Squadpunkte werden geteilt, sprich man muss für jeden Soldaten die Waffen neu kaufen. Fühlt sich ein wenig wie das Prestigesystem aus Black Ops 2 an, da man jeden Soldaten einzeln hochleveln muss.

Ghosts01Hier zu sehen das Dual Rendering. Außerhalb des Visiers ist ungezoomt, dafür verschwommen.

Eingesetzt wird das Squad in den Squadmodi. Dort kann man sich mit seinem Trupp gegen andere messen. Alleine oder mit Freunden zusammen kann man wahlweise gegen komplett KI-gesteuerte Squads kämpfen, oder man misst sich mit dem Spieler und seinem Squad. Dabei orientieren sich die KI-Kämpfer an der eigenen Spielweise. Wer ständig campt, der wird auch ein campendes Squad züchten, wer viel rusht, ein rushendes. Die KI nutzt dabei die Loadouts, die man für die Soldaten eingerichtet hat. Hat man aber noch nicht genug Soldaten für ein ganzes Squad, bedienen die sich an vorgefertigten Loadouts. Interessanter Aspekt.

Positiv fallen besonders die Änderung am Bewegungssystem auf. Wer über kleine Hindernisse steigt, ist nicht mehr kurzfristig schutzlos, sondern kann immer noch aus der Hüfte schießen, und das Knierutschen ist ein guter Ersatz für den Hechtsprung aus Black Ops 2. Mit Ghosts ist CoD flotter denn je.
Witzig sind auch die Field Orders: Der erste getötete Spieler lässt dabei einen blauen Koffer fallen. Hebt man den auf, bekommt man einen Auftrag à la "töte zwei Spieler kniend" oder "Messer einen Gegner". Erfüllt man den Auftrag, darf man eine Versorgungskiste bestellen, die man übrigens nicht mehr per normalem Killstreak kriegen kann. Mein Lieblingsauftrag: "Demütige deinen nächsten Kill." Was heißt das? Ganz einfach: Kräftig teebeuteln.

ghosts02Noch ahnt er nichts.

Je nach Map kann die Kiste aber auch etwas enthalten, das die Karte teilweise oder sogar ganz umkrempelt. Eine Karte wird dabei von einem Luftschlag in eine Ruine verwandelt, was nebenbei auch alle Feinde tötet. Das gibt den Matches einen neuen Reiz, da sich jederzeit alles ändern kann. Unabhängig davon lässt sich auch mit genug Feuerkraft an jeder Ecke irgendwas zerstören. Das reicht von gesprengter Deckung bis hin zum Auslösen einer Baumstammlawine. Nette Idee, aber oftmals fällt einem das gar nicht auf. Und bevor ich die Baumstammlawine auslöse, um vielleicht meinen Gegner zu plätten, feuer ich doch lieber direkt auf ihn. Call of Duty ist halt kein Battlefield.

Zum Abschluss gönnt sich Infinity Ward noch seine eigene Zombies-Variante. Mit Aliens. Als Ersatz für den Spec-Ops-Modus aus Modern Warfare 2 und 3 darf man sich hier alleine oder zu viert gegen Alien-Invasoren wehren. Spielt sich sehr wie Zombies, nur dass man seinen Fortschritt behält und nicht jedes mal bei Null anfängt. Ist ganz lustig. Die Aliens erinnern übrigens stark an die Zerg aus StarCraft, und da Blizzard ja zu Activision gehört, wäre es eigentlich verdammt cool gewesen, wenn es denn auch wirklich die Zerg gewesen wären. Sind es aber nicht. Chance vertan, Activision, bitte bei Ghosts 2 nachreichen.

Wii U

Diesen Abschnitt widme ich der Wii-U-Version. Auf der habe ich nämlich das Spiel getestet. Bevor ich ins Detail gehe: Kauft sie euch nicht. Nicht, weil die Version grottenschlecht ist, sondern weil sie scheinbar Activision am Allerwertesten vorbei ging. Und so bin ich zu diesem Schluss gekommen.

ghosts05AH, MEINE AUGEN!

Zunächst mal sollte man wissen, dass man die Version Treyarch überlassen hat. Treyarch mag die Wii U und mochte auch schon die Wii, weswegen es die Treyarch CoDs auch auf der Konsole gab. Und im Falle von Black Ops 2 hat Treyarch auch gute Arbeit geleistet. Vermutlich weil das Spiel von Anfang an dafür optimiert wurde. Nicht so Ghosts. Die Vorbestellermap "Free Fall" vermisst man hier. Clan Wars finden sich nicht, ebenso wenig CoD-Elite und die Twitch-Integration. Und das ist noch nicht alles.

Im Kern funktioniert das Spiel. Es wirkt nur nicht sonderlich optimiert, vor allem in Sachen Grafik. Was im Multiplayer nicht so sehr auffällt, kann man im Singleplayer schlecht ignorieren: Die Version ist gespickt mit aufpoppenden Texturen bzw. Texturen, die gar nicht erst aufpoppen wollen. Die Polygone sind alle da, aber überzogen mit den matschigsten Bitmaps seit der Playstation 2. In einer Mission begleite ich meinen gut texturierten Kumpanen durch die Schlacht. Als ich dann gegen Ende auf die Ghosts stoße, begrüßen diese mich mit Pixelfratzen der übelsten Sorte. Nächste Mission. Mein vorher gut texturierter Kumpane ist nun selbst zum Low-Res-Dreck degeneriert, während die Ghosts an Details gewonnen haben. Ich versteh nicht viel von Spieleprogrammierung, aber für mich stinkt das so, als wüsste das Spiel nicht, wann es die höher aufgelösten Texturen verwenden soll - Mip Mapping nennt man das, wenn ich mich recht entsinne. Solch einen Matsch hab ich bei Black Ops 2 nicht gesehen. Als Krönung läuft das Spiel nur mit 720p.

ghosts07Riley war auch mal hochauflösender.

Ich hab's gerochen und der Konsument scheinbar auch. Je nach Uhrzeit tummeln sich im Wii-U-Multiplayer zwischen 400 und 1500 Spielern. Das ist weniger als damals bei Black Ops 2! Und das ist einfach schade und wird der Konsole nicht gerecht. Grafisch hat die Konsole mehr auf dem Kasten. Das hat Nintendo mit Pikmin 3 bewiesen, welches mit 1080p läuft und einfach zum Anbeißen aussieht. Und Criterion hat mit Most Wanted U gezeigt, dass nicht nur Nintendo dazu in der Lage ist.

All das bringt mich nur zu einem Schluss: Activision will scheinbar, dass diese Version auf die Nase fällt, um einen guten Grund zu haben, in Zukunft keine Wii-U-Version mehr anzubieten. Und diese Version wird auf die Nase fallen, aber nicht, weil es keinen Markt für den Shooter gibt, sondern weil Activision uns keinen Grund gibt, diesen Abklatsch zu kaufen. Wozu auch? Die PC-, Xbox-360- und PS3 Versionen kosten genauso viel und bieten einfach mehr. Und das empfinde ich einfach als Frechheit. Activision, wenn ihr keine Wii-U-Version machen wollt, dann macht keine Wii-U-Version, anstatt uns mit etwas Minderwertigem zu verarschen.

ghosts03Beim nächsten mal mehr anstrengen.

So, genug zu dem Thema, Zeit für mein Fazit. Ghosts ist ein Call of Duty. Wen's intressiert: es hat 'nen Singleplayer. Wen's nicht interessiert: es hat den Multiplayer. Trotz großer Sprüche liefert uns Infinity Ward hier wohl das call-of-dutygste Call of Duty aller Zeiten ab. Es ist nicht schlecht, aber setzt sich nicht sehr von den anderen Teilen ab. Was irgendwie ironisch erscheint, da im Vorfeld groß angekündigt wurde, dass man diesmal nicht auf Nummer sicher gehen wollte. Wer schon länger kein Call of Duty gespielt hat, der kann ruhig zugreifen. Wer bereits Modern Warfare 3 und/oder Black Ops 2 hat, wird beim Nichtkauf allerdings auch nichts verpassen. Und wer nur eine Wii U hat: Mein Beileid.

Call of Duty: Ghosts

(Ranking)
B
RANK
Anständig. Stärken und Schwächen halten sich die Waage. Positive Überraschungen sind genauso selten wie negative. Unterm Strich muss man seine Spielzeit keinesfalls bereuen.

Kommentare

Nils
17. November 2013 um 14:20 Uhr (#1)
Tja...Activision presst die Zitrone weiter aus. Und es gelingt offensichtlich...
blackmaniac
17. November 2013 um 15:01 Uhr (#2)
Der Markt ist halt immernoch da und CoD macht halt irgendwie immernoch Spaß. Aber man merkt schon, dass der Saft aus der Zitrone langsam raus ist.
Ben
17. November 2013 um 16:05 Uhr (#3)
Ich finde vor allem, dass man am Singelplayer mehr mit Story und interessanten Charakteren machen sollte. Der einzige Anreiz für den kauf liegt iM Grunde beim Multiplayer-Modus.
Nils
17. November 2013 um 18:55 Uhr (#4)
Ja, wäre definitiv interessant. Und dass das grundsätzlich möglich ist, wurde ja schon annähernd in einigen der Teilen gezeigt. Aber wie du ja bereits sagtest: Man kauft sich CoD nur wegen dem Multiplayer. Und das scheint zu reichen, dass das Spiel weggeht wie warme Semmeln...

Warum ein Erfolgskonzept ändern? Wäre ja mit Risiko verbunden...
blackmaniac
18. November 2013 um 00:30 Uhr (#5)
Singleplayermäßig war Black Ops 2 ein Schritt in die richtige Richtung. Die Charaktere waren mehr als nur Militärjargon rezitierer, der Bösewicht hatte eine nachvollziehbare Motivation für sein tun und war meiner Meinung nach ziemlich charsimatisch und vorallem hatte man Einfluss auf die Story. Wenn man alles richtig machte, bekam man ein sehr zufriedenstellendes Ende, man konnte aber auch alles so derbe in den Sand setzten, dass Menendez am Ende als Sieger darsteht. Darauf hätte Infinity Ward aufbauen sollen, anstatt uns eine Kampagne zu liefern die selbst Modern Warfare 3 an Kreativität unterbietet.
Ben
20. November 2013 um 10:50 Uhr (#6)
Teilweise wurden Motion Captures ja auch richtig dreist aus den Vorgängern kopiert, sodass fast 1:1 die gleiche Szene in Ghosts auftaucht. Das finde ich dann auch etwas faul.
Gast
19. April 2024 um 23:18 Uhr
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