Doppelkopf

(Artikel)
Benjamin Strobel, 05. September 2013

Doppelkopf

Zwei Köpfe, zwei Berichte

Doppelkopf ist der König der Stichspiele. Das taktische Kartenspiel ist seiner Konkurrenz vor allem durch den Ko-op-Modus überlegen. Wie wir wissen, wird jedes Spiel besser durch Ko-op! In Doppelkopf buhlen zwei Parteien im 2on2 um die meisten Punkte, die sie durch Stiche sammeln. Die Sache hat sogar noch einen spannenden Twist: Die jeweiligen Spielpartner wissen noch nichts von ihrem Glück und müssen während eines Matches ihren Mitspieler ausfindig machen. Ein Cardgame-Thriller, dessen Spannung einen XXL-Becher Popcorn einfordert. Doch aufgepasst: Fett und Zucker rächen sich durch klebrige Karten. Natürlich kann das Menschen wie Doppelkopfspieler nicht aufhalten.

In bester Stichspiel-Manier werden zuerst Farben aufgespielt. Alle anderen müssen dann bedienen, wenn sie Karten derselben Farbe gebunkert haben. Wer mit Assen gesegnet ist, darf sich die Hände reiben, wenn er anfangen darf. Diese flotten Jungs sind nämlich am meisten Wert und sammeln einen Stich ein, wenn jeder diese Farbe bedienen muss. Hat der nächste Spieler allerdings keine Karte der gefragten Farbe, darf er sich als nächstes die Hände zu reiben - so viel Händereiben! - hoffentlich reibt er sich auch Fett und Zucker von den Flossen, denn er darf jetzt eine Karte seiner Wahl aufspielen. Mit einer niedrigen Trumpfkarte sammelt er den Stich billig ein und lacht sich ins Fäustchen. So eine diebische Freude kann der Mensch nur beim Doppelkopf durchleben. Die erste Runde einer Farbe eiskalt abzustechen - ein Klassiker! Das wird niemals alt.

Jetzt ist er dran, eine Karte aufzuspielen. Keine Asse auf der Hand, da legt er einen niedrigen Trumpf auf den Tisch und zieht damit auch den anderen Spielern eine Trumpfkarte aus der Hand. Die Kleinen holen die Großen heißt des beim Doppelkopf! Es geht reihum, und da hagelt es lauter mittelhochtiefe Buben ins Feld - Trümpfe, die so im mittleren Bereich rangieren und nicht all zu wertvoll sind. Drei Buben liegen schon auf dem Tisch - macht der letzte Spieler die Würstenparty komplett? Nein! Was lugt da zwischen den Fehlfarben hervor? Eine Kreuzdame. Das Erkennungsmerkmal der sogenannten Re-Partei! Die beiden Spieler mit den Kreuzdamen spielen zusammen gegen die anderen beiden ohne Kreuzdame. So einfach, so genial. Und die Kleinen haben die Großen geholt: Er legt die Karte auf den Tisch, klärt die Fronten. Aber kein erkennendes Nicken, denn über Karten spricht man nicht (ja, nicken zählt als sprechen). Alle wissen Bescheid, für sich, im Stillen. Ab jetzt kennt man den Feind. Stiche werden umso taktischer. Keiner will den Mitspieler übertrumpfen, das wäre ja Verschwendung. Stattdessen versucht man ihm möglichst viele Punkte in den Pott zu legen, wenn er ohnehin schon die höchste Karte gelegt hat. Diese Tiefe, diese Taktik - einfach himmlisch!

Stich um Stich hagelt es Karten auf den Tisch, die heißblütigen Taktiker des Doppelkopf verziehen keine Miene, unter tobendem Getöse donnern die Karten in ihre Mitte und werden fröhlich von den Stichsiegern eingeholt. So eine Hingabe, eine Inbrunst hat derjenige nicht gesehen, der nicht Doppelkopf spielte! Hier wird der Mensch wieder eins mit sich und der Natur. Er steht kurz vor der Erleuchtung, wenn er mit 121 zu 119 Punkten den wahnsinnig knappen Sieg einholt. Das ist ein Gefühl, das man nicht kaufen kann, das ist das Gefühl des Doppelkopf! Besser als Sex und Schokokuchen zusammen! Da eskaliert die Mutti im Gemischtwarenladen, da hebt sich die Haube, es pfeift auf allen Registern! Das ist der göttliche Funke, da fährt man den Himmel auf und gibt dem Schöpfer die Ghetto-Faust! So, so geil. Fantasticus Maximus, pompös-bombastisch, universalisch! Bestes. Spiel. EVER.

Wer was anderes sagt ist einfach ein stinkender Miesepeter, der Gott nicht getroffen hat! Ben


Einmal die Woche treffen wir uns. Zum Ärgern. Wer wird geärgert? Na, wir alle! Aber hauptsächlich ich. Doppelkopf ist zwar kein Skat, weswegen nicht gedrückt, gereizt, gestopft und gerubbelt wird, aber dieses Kartenspiel ist für Arschlöcher konzipiert, die sich darüber ganz dolle freuen, wenn sie ihr nächstes Arschlochmanöver durchgezogen haben. Und es ist ein Spiel für Glückspilze und Pechvögel. Der Glückspilz fängt natürlich in diesem Trumpfspiel mit einem Arsch voll Assen in jeder Farbe (Karo, Herz, Pik, Kreuz) an, denn meist sind die Glückspilze logischerweise auch Arschlöcher, sonst hätten sie nicht so viel Spaß an diesem Spiel. Asse beim Anfangen ("rauskommen") bedeutet, dass alle anderen Spieler diese Farbe bedienen müssen. Da sie punktemäßig aber nicht über das Ass kommen können, bekommt der erste Arsch gleich den Stich und damit einen Arsch voll Punkte. Die Ausnahme gibt es natürlich: Wer eine Farbe nicht auf seiner 12-Karten-Hand hat, der kann alles Beliebige auf den Haufen schmeißen - unter anderem Karo-Karten, die die typische Trumpf-Farbe sind und damit mehr wert als die anderen Karten zweiter Klasse. Das passiert natürlich nie, wenn man es gebrauchen kann, von daher kriegen die Arschlöcher auch noch meistens einen zweiten Durchgang mit derselben Farbe durch, was statistisch einer absoluten Dreistigkeit gleicht.

Immerhin muss man nie alleine leiden, denn Doppelkopf spielt man immer mit einem Teamkollegen, den man so richtig schön in seine Unglückssträhne mit reinreiten kann. Wer spielt zusammen? Das weiß man nicht. Macht das Sinn? Nein. Natürlich gibt es trotzdem eine Regel: Die beiden mit den Kreuzdamen spielen gegen die ohne Kreuzdamen. Darf man das einfach so sagen? Nein, das wäre Kartentalk und wird mit zwanzig Schlägen auf den Schwengel (real oder metaphorisch) bestraft.

Normale Farben (Fehl) haben folgende Wertigkeit von oben herab: Ass, 10, König, 9. Trümpfe gehen dagegen auf eine Sonderschule: Dame, Bube, Ass, 10, König, 9.
Soweit, so einfach. Aber was wäre das denn für ein Spiel, wenn nicht alle zwei Runden eine neue Bullshit-Regel auftauchen würde, von der man vorher noch nie gehört hat? Ich könnte schwören, dass sich unser Doppelkopf-Meister, der das Spiel hier eingeführt hat (und damit der König der Arschlöcher ist), total ins Fäustchen lacht, wenn wir ihm seinen Unsinn abkaufen: Da sind die zwei Herz-10en im Spiel (jede Karte gibt es doppelt) die mächtigsten Trümpfe, aber die zweite 10 kann die erste übertrumpfen, was normalerweise nicht geht, abgesehen von der letzten Runde! Karo-Asse nennt man auch Füchse und es gibt Extrapunkte, wenn man den Fuchs des Gegnerteams fängt. Außer wenn ein Spieler beide Füchse auf der Hand hat, dann sind das auf einmal Schweinchen und plötzlich die mächtigsten Trümpfe im Spiel. Außerdem gibt es noch die Superschweinchen, aber über die reden wir nicht. Kommt ein Kreuzbube dagegen dahergewandert und macht den letzten Stich eines Spiels, dann ist das ein Karlchen und gibt Punkte. Wird er allerdings abgestochen, hat man ein Karlchen gefangen. Und macht man über 40 Punkte in einem Stich, dann hat man einen Doppelkopf und kann sich fröhlich ein paar Tropfen Pipi in die Unterhose drücken.
Glücklicherweise ist das alles EGAL, denn es wird ohnehin jede Runde ein Solo gespielt oder eine Armut angekündigt oder eine Hochzeit gefeiert, weil man ja nicht mal ganz simpel NORMAL spielen kann! Diese drei Behinderungen werfen das ganze Spielprinzip um, machen aus diesen Sachen oder aus jenen Sachen plötzlich Trumpffarben, ein Spieler spielt mit beiden Kreuzdamen gegen alle anderen oder heiratet sich einen Spieler an, Karten können untereinander getauscht werden, man darf seine Mutter als Publikumsjoker einsetzen, Tor 1 und Tor 3 gleichzeitig öffnen und wenn es der zweite Donnerstag im Monat ist, wird das Blatt mit Monopoly-Gesellschaftskarten vertauscht. Immerhin gibt es eine Rettung: wenn man mal Müll auf der Hand hat, kann man auch einfach sein ganzes Blatt schmeißen - das geht aber nur mit vier 9en und vier Königen oder fünf 9en. Hat man das jemals? Nein, natürlich hat man immer nur vier 9en und drei Könige, weil FUCK YOU.

Aber wisst ihr, das macht alles nichts. Denn wenn der Tag zu Ende geht, man die Karten niederlegt und einen Blick auf die Punktetafel wirft, dann muss man sich doch manchmal zurücklehnen und ganz gelassen sagen: Es tut gut, ein Arschloch zu sein. Rian

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