Reus

(Artikel)
Kristin Riedelsberger, 27. Juli 2013

Reus

Mächtiges Strategie-Vergnügen

Wenn etwas wirklich Spaß macht, dann doch wohl Gott zu spielen! Also hab ich im Steam Summer Sale sofort zugeschnappt, als mir das kleine Indie-Bonbon Reus über den Weg lief, denn hier tut man genau das, was man von einem lieben Gott eben erwartet: Zivilisationen nach Lust und Laune zu großem Ruhm verhelfen oder sie mit einem zackigen Mausklick dem Erdboden gleich machen!

Bei Reus stellt man allerdings bald fest: Die Arbeit als Gott nimmt einfach kein Ende. Immer wenn wir nach ein paar Jahrmillionen aus unserem komatösen Mittagsschläfchen erwachen, müssen wir aufs Neue feststellen, dass unser Tagwerk vom letzten Mal wieder komplett dahin ist – dieses Menschenpack kann man einfach keinen Augenblick aus den Augen lassen! Naja, jammern nützt nichts, also noch mal von vorn!


Mit uns erwachen auch die vier Titanen, die auf unseren Befehl hin die brach liegende Welt von Neuem so gestalten, wie wir es wollen: Der Stein-Titan beschwört Gebirge herauf, der Wald-Titan lässt Bäume wachsen, der Sumpftitan verwandelt ganze Gebiete in unheimliche Moorlandschaften und der Meer-Titan, ein überdimensionierter blauer Krebs, lässt ganze Ozeane entstehen. Alle von ihnen verfügen über besondere Fähigkeiten. Sie siedeln zum Beispiel Tiere an, lassen Pflanzen wachsen oder Steinbrüche entstehen, die den bald einfallenden Nomaden zu Food, Tech und Wealth verhelfen, den drei Ressourcen, die sie für ihre weitere Entwicklung benötigen.

Aus der Summe dieser Ressourcen errechnet sich die Prosperity eines Dorfes. Ist ein gewisses Wohlstands-Level erreicht, beginnen die Bewohner unserer kleinen Städtchen, Projekte zu starten. Sie bauen zum Beispiel einen Altar, einen Markplatz oder eine Schule, und verlangen dafür einen bestimmten Ressourcen-Cocktail, den wir ihnen als Gott bereitstellen müssen – natürlich nur, wenn wir wollen, dass das entsprechende Dorf sich weiterentwickelt. Sonst können wir es einfach mit Hilfe des Stein-Titanen zu einer trockenen Ödnis einstampfen!

weltAller Anfang ist leer.

Auch wenn das hin und wieder nötig ist - sei es, weil die Bewohner eines Dorfs plötzlich kampflustig ihre Nachbarn angreifen, weil sie einfach den Hals nicht vollbekommen können, sei es, weil die Mitglieder des Sumpf-Clans ihr neuestes Projekt nur unter der Voraussetzung beenden wollen, dass die benachbarte Wald-Gemeinschaft vom Erdboden verschwindet - liegt die eigentliche Herausforderung darin, die Mixtur aus Food, Tech und Wealth genau zu treffen. Jedes Dorf hat nur einen begrenzten Raum zur Verfügung, in dem unsere Titanen zu ihren Gunsten wirken können - da ist es mit unorganisiertem Herumgepflanze, -getiere und -gesteine nicht getan! Stattdessen müsst ihr die Symbiosen und Aspekte im Auge behalten, die jeder Ressource zu eigen sind: Häschen, zum Beispiel, fühlen sich in Gegenwart anderer Häschen viel wohler, futtern mehr, werden dicker und geben so +5 Food, wenn ihr verschiedene Familien zu Nachbarn macht. Der Fuchs freut sich auch über Kaninchen: Je mehr Kleingetier sich in seinem Jagdgebiet tummelt, umso mehr rotpelzigen Gesellen kann euer Clan das Fell über die Ohren ziehen; das wiederum verhilft ihnen zu Reichtum.

Tiere, Pflanzen und Steinbrüche können eure Titanen noch gewinnbringender machen, indem sie ihre Magie auf sie anwenden: Ob Leaf-Aspect, Crystal-Aspect oder Hunt-Aspect, jeder Titan verfügt über spezifische Zaubersprüche, die er erlernen kann und die einer Ressource Food, Wealth oder Tech hinzufügen können. Dazu brauchen sie allerdings die Unterstützung der Ambassador der verschiedenen Clans, und die helfen uns nur, wenn wir alles tun, um ihre Projekte in die Tat umzusetzen. Da sich nach jedem erfolgreichen Projekt nur jeweils ein Ambassador zur Verfügung stellt, der nur bei einem einzigen Titanen nur eine seiner drei bis vier Spezialfähigkeiten aktivieren kann, muss man schon eine ganze Menge Arbeit leisten, bis endlich alle oder wenigsten ein Großteil der friedlich vor sich hinschlummernden Aspekte genutzt werden können.

Und außerdem verändern sich durch das Leveln der Ressourcen ja auch wieder die Symbiosen, und das heißt: Umsortieren! Um 300 Food, 170 Tech und 90 Wealth auf nur 15 Feldern bereitzustellen, muss man schon ganz schön hin und her überlegen! Ein solches Unterfangen kann in eine regelrechte Rechnerei ausarten, wenn am Ende des so gut durchdachten Schachzugs plötzlich 10 Food zu viel, aber 10 Tech zu wenig da sind. Gott sei Dank (höhö) kann man das Spiel pausieren und ganz in Ruhe überlegen, denn zu diesem ganzen wirtschaftlichen Firlefanz gesellt sich auch noch ein nervenaufreibender Zeitdruck: Erstens müssen die Projekte in einer gewissen Zeitspanne über die Bühne gebracht werden, zweitens müssen auch wir und unsere knuddeligen Titanen nach spätestens zwei Stunden wieder in die Haia. So eine Genesis ist schließlich anstrengend!

Und dann, wenn unsere Arbeitszeit abgelaufen ist und wir selig unsere kleinen Äuglein schließen, überlassen wir die knuffigen Erdvölker wieder ihrer eigenen Regie in der Hoffnung, dass sie es vielleicht diesmal ohne unsere Hilfe und Zurechtweisungen auf die Kette kriegen.

welt2Alleine ist ein Blümchen nichts. Aber wenn man ihm die richtigen Nachbarn gibt, werden alle satt!

Passiert aber natürlich nicht. Sonst bräuchte man Reus ja schließlich nicht mehr spielen. Wem allerdings wirklich das Herz blutet, wenn er seine mühsam aufgebaute Welt nach einer Stunde wieder dem Schicksal überlassen soll, der kann im freien Spiel weiter puzzlen, solange es ihm beliebt. Für die dann erreichten großen Sprünge gibt es dann aber keine Erchiefmintz mehr – und die braucht ihr, wenn ihr noch mehr Aspekte freischalten und ein Level aufsteigen wollt.

Wer auf knifflige Strategie-Simulationen mit hübscher Grafik steht, der sollte sich Reus unbedingt einmal angucken! Checkt aber vorher unbedingt die Grafikanforderungen, denn hier sind Abbey Games leider etwas zu sehr in die vollen gegangen und machen somit jeder etwas älteren Grafikkarte das Leben schwer. Sie arbeiten aber nach eigener Aussage unter Hochdruck an diesem Problem, also haltet die Augen offen! Kristin

Reus

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A
RANK
Reife Leistung. A-Spiele machen alles richtig oder sind nah dran. Kleine Schwächen werden durch Stärken mehr als wett gemacht. Das ist Spieldesign auf hohem Niveau.

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16. Mai 2013
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PC
Plattform - PC-Spiele haben mit die älteste Tradition. Heutzutage laufen die meisten Games unter dem Microsoft Windows.

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