Xbox Reveal

(Artikel)
Haris Odobašic, 22. Mai 2013

Xbox Reveal

Was wir sahen -- und was nicht

Ich wusste ganz genau, was mich erwarten würde. Microsoft hatte nämlich schon im Vorfeld hier und da anklingen lassen, dass der Xbox Reveal Event sich eher auf die Konsole fokussieren würde, während die E3 für die Spielepräsentationen dienen soll. Wenn man bedenkt, wie gerade in den letzten Jahren die Pressekonferenzen von Sony und natürlich besonders Microsoft eher damit kämpften, noch "richtige" Spiele unterzubringen unter all den Entertainment-Deals und Casual Games. Und doch bleibt am Ende der Präsentation der neuen Xbox ein fader Beigeschmack, denn als Zocker kann man einfach nur schwer mit den eigenen Erwartungen leben. Es ist eine neue Konsole, der Anfang einer neuen Generation, man würde sich am liebsten in einem Pfuhl aus Videos zu neuen Spielen und neuen Spielerfahrungen suhlen. Und Microsoft ließ das nicht zu.

Stattdessen wurde darauf konzentriert, wie die neue Xbox, Xbox One genannt, euer Wohnzimmer übernehmen soll. Denn als "ultimatives All-In-One Entertainment System" angepriesen, soll Microsofts neue Konsole quasi verändern, wie man die traditionellen Spielgeräte wahrnimmt. Sie soll für alles im Wohnzimmer zuständig sein: ihr stöpselt euren Receiver einfach in die Box und schaut über die Konsole fern. Dadurch entfällt nicht nur Umstöpseln oder Hantieren mit der Fernbedienung -- alles kann problemlos per Sprache bedient werden -- sondern eröffnet euch sehr viele Möglichkeiten in der Interaktion mit Freunden und Ähnlichem. Seht beispielsweise, welche Fernsehserien im Freundeskreis oder allgemein gerade beliebt sind und stellt euer Fernsehprogramm darauf ein.

xbox-one-controllerKeine Überraschung: Der neue alte Controller.

Einige der demonstrierten Features waren dabei sogar ziemlich cool, wie die Möglichkeit, in Echtzeit zwischen einem Spiel und dem aktuellen Fernsehprogramm zu wechseln oder das man, aus Windows 8 schon gekannt, Apps an die Seite anheften kann. Während ihr eine Serie schaut noch nebenbei im Internet browst, um was über die Schauspieler herauszufinden? Beim Spielen einen Videochat auf Skype laufen haben? Alles kein Problem. Das ist quasi das Bild-in-Bild-Feature des 21. Jahrhunderts. Und für Zocker besonders interessant: während ihr im Matchmaking eines Spiels wartet, wird es möglich sein, ein anderes Spiel zu spielen, fernzusehen oder irgendwie anders eure Wartezeit zu nutzen, und die neue Xbox schickt euch dann automatisch ins Spiel zurück, wenn passende Spielpartner gefunden sind.

Doch leider waren auch viele der Inhalte, zumindest aus europäischer Sicht, ziemlich uninteressant. Die ganzen TV-Features sind beispielsweise zwar weltweit geplant, aber zum Launch verfügbar nur in den USA. Und die exklusive Partnerschaft, die Microsoft für Xbox One mit der NFL plant und die dann auch in einem aufwändigen, mehrminütigem Video vorgestellt wurde, wird wohl niemals die Vereinigten Staaten verlassen.
Außerdem fehlten ein bisschen die großen Überraschungen. Denn eigentlich alles, was angekündigt wurde, bis hinunter zu den Tech-Specs, war quasi schon Monate im Voraus geleaked worden. Einzig und alleine das Interface und seine genaueren Funktionen war neu, genauso wie der Controller, der mit einem verbesserten Dpad zumindest eine gute Chance hat, den Xbox-Controller endgültig zum besten Spielgerät aller Zeiten zu machen.

Einige kleine Hoffnungsschimmer gab es dann aber auch für Gamer beziehungsweise Leute, die nicht aus den USA stammen. Ein EA-Vertreter durfte davon erzählen, wie toll ihre neue Ignite-Engine für die nächste Generation sein wird und uns erstmals einen Blick bieten auf die Next-Gen-Varianten ihres üblichen Sportspielpotpourris.
Microsoft zeigte Forza Motorsport 5, was umwerfend aussah, aber Rennspiele sehen nun schon seit gut zehn Jahren annähernd fotorealistisch aus und der Wow-Effekt blieb dementsprechend aus. Als Launch-Titel dürfte es trotzdem viele glückliche Käufer finden. Ziemlich interessant war das neue Projekt von Remedy: Quantum Break. Ich glaube, selten waren Leute unglücklicher, eine neue IP präsentiert zu kriegen, da fest mit Alan Wake 2 gerechnet wurde. Quantum Break scheint aber durchaus Potenzial zu besitzen, wobei das Interesse an dem Projekt eher dadurch geweckt wurde, dass das zum Spiel gezeigte Video in gut 90 Sekunden gefühlt tausend Fragen aufwarf und natürlich keine Antworten bot. Bei einem anderen Entwickler wäre ich irritiert, aber da Remedy dahinter steckt, kann man sich eigentlich nur erwartungsvoll zurücklehnen.

forza-motorsport-5-xbox-one

Und natürlich, natürlich musste auch Call of Duty eine Rolle spielen, denn egal, ob man die Spielereihe mag oder nicht, es gibt derzeit einfach keine größere Videospielfranchise und Millionen minderjähriger Buben konnten die Taschentücher weglegen und sich aus der Umarmung mit der Mutterbrust lösen, um ein Entwickler-Feature und einen In-Game-Trailer von Call of Duty: Ghosts zu sehen. Das Szenario, Feindinvasion in den USA, ist nach Homefront und Modern Warfare 2 nun nicht wirklich frisch und grafisch wurden hier auch keine Bäume rausgerissen. Gleichzeitig ist jetzt schon klar, dass es CoD-Fans vollkommen zufriedenstellen wird, während der Rest der Zockergemeinschaft kollektiv gähnen wird. Um den Besuch bei Microsoft irgendwie zu rechtfertigen hatte Activision dann aber immerhin noch die Ankündigung dabei, dass der DLC, wie auch schon bei den letzten Spielen der Reihe, erst mal auf der Xbox landen wird.

Halo tauchte auch auf, wenn auch anders als erwartet. Nach dem gescheiterten Filmprojekt vor einigen Jahren, welches uns immerhin das geniale District 9 bescherte, und der ziemlich erfolgreichen Webserie Forward Unto Dawn zu Halo 4 stürzt sich Microsoft wieder ins Getümmel, um eine richtige Halo-Fernsehserie zu produzieren. Wirkliche Infos gab es nicht, aber immerhin ein kurzes Video mit Steven Spielberg, der in einer wichtigen Kapazität daran beteiligt sein wird. Ich fange jetzt schon mal von einer Art Band of Brothers im Halo-Universum zu träumen.

Unterm Strich wurden also drei Spiele gezeigt und EAs-Trailershow, doch dennoch war nicht alles düster für Spieler, da Microsofts Grinsebacke vom Dienst, Don Mattrick, noch ein paar schöne Zahlen vom Stapel ließ. Im ersten Jahr erwarten Xbox One von Microsoft 15 exklusive Spiele und 8 davon zu brandneuen Franchises. Das macht das Warten auf die E3 nicht unbedingt einfacher. Und natürlich wird die neue Xbox wieder Achievements bieten und es euch ermöglichen, Videos von euren Spielen aufzunehmen, um es mit anderen Zockern zu teilen. Der Launch ist für "später dieses Jahr" geplant, dafür aber weltweit und die neue Kinect-Version wird jeder Konsole beiliegen -- und immer angetöpselt sein müssen. Der Preis hingegen steht noch nicht fest.

bingo
Zum Bingo spielen war der Reveal echt super!

Einige der Fragen, die die Videospielgemeinschaft in den letzten paar Monaten am meisten beschäftigt hatte, wurden leider auf dem Event nicht beantwortet, glücklicherweise aber danach klarifiziert. Xbox One wird nicht immer online sein, aber es wird Entwicklern möglich sein, Spiele zu entwickeln, die mit der Cloud interagieren, um beispielsweise rechenintensive Aufgaben auszulagern und deswegen eine Internetverbindung benötigen. Die Konsole wird nicht rückwartskompatibel sein und um Gebrauchtspiele schwebt noch immer ein kleines Fragezeichen. Gekaufte Spiele werden auf der Konsole installiert und mit eurem Xbox Live Account verbunden, was bedeutet, dass man einerseits keine Disc mehr zum Spielen braucht, andererseits diese Disc nicht einfach weiterverkaufen kann. Es soll zwar weiterhin möglich sein, Spiele ohne Kosten an Freunde auszuleihen, aber der Verkauf wird sich nicht ganz so problemlos gestalten. Weitere Informationen hierzu sollen aber folgen.

Das Statement, das Microsoft mit der Enthüllung gemacht hat, ist ein großes und die Ambition wird wohl kaum geringer sein, als die Konsole in jedem Wohnzimmer zu platzieren. Das lässt sich auch aus der Design-Sprache der neuen Konsole entnehmen, die nicht unbedingt hässlich aussieht, aber jegliche Verspieltheit vermissen lässt. Sie sieht halt aus wie ein handelsüblicher Bluray-Player, etwas, was man auch bei seinen Eltern in der Fernseh-Kommode erwarten würde, ohne gleich die Augenbraue fragend zu heben. Doch als Gamer hätte man sich die Show eigentlich sparen können, und man muss Microsoft für das doch etwas schlechte Timing rügen. Immerhin sind es noch fast drei Wochen zur E3, eine ziemlich lang erscheinende Wartezeit, die nun vom faden Beigeschmack einer Konsole geprägt wird, bei der man weiß, wie sie aussieht, aber nicht weiß, was für Spiele man darauf zocken wird. Als Teaser am Abend vor der E3-PK oder ein paar Tage vorher wäre dieser Event quasi perfekt gewesen, so liegt Microsoft aber tief im Schatten Sonys und wird Mitte Juni eine Menge zu tun haben, um das Bild, was sich in den Köpfen der Hardcore-Konsumenten festigt, noch irgendwie abzuändern. Haris

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