Steam Box

(Artikel)
Haris Odobašic, 16. Januar 2013

Steam Box

Keine Konkurrenz für Konsolen?

Schon seit Monaten galt es als offenes Geheimnis, dass Valve den Einstieg in den Hardwaremarkt plant. Steam-Neuerungen wie der Big Picture Mode genauso wie eindeutige Stellenausschreibungen waren sichere Hinweise darauf, dass Valve quasi einen Frontalangriff auf das Wohnzimmer plant, bisher die Domäne von Microsoft, Nintendo und Sony. Seit diesem Monat ist es nun kein Geheimnis mehr: auf der CES 2013 sprach Gabe Nevell von Valve endlich offen über die Zukunftspläne des Unternehmens in diesem Bereich. Offenheit ist dabei auch gleichzeitig Stichwort, da die Steam Box offen sein soll, nicht nur weil sie unter Linux läuft, sondern weil Valve andere Hersteller dazu einlädt, selber Hardware herzustellen, die auf Steam optimiert ist. Doch schnell kann man resümieren: einige interessante Ansätze sind vorhanden, aber der große Angriff auf die Konsole wird die Steam Box nicht sein.

Einige der Ideen klingen dabei wirklich vielversprechend. Wenn Gabe Novell davon spricht, dass mit einer der zukünftigen CPU/GPU-Generationen es möglich sein wird, gleichzeitig mehrere Monitore problemlos mit Spielen zu versorgen, fällt es schwer nicht ins Träumen zu kommen. Man stelle sich eine LAN-Party vor, bei der nur eine kleine Box vonnöten ist und ohne Scherereien ach Leute an seperaten Bildschirmen miteinander spielen. Zukunftsmusik, aber dennoch beeindruckend.
Gleichzeitig würde eine Steam Box das Ende der physikalischen Medien bedeuten und dabei das Zeitalter der ultraportablen Spiele einführen. Denn egal, welches Betriebssystem man nutzt, wo man ist - mit einem Steam-Account hat man den Zugriff auf all seine Bibliothek.

Doch trotz dieser Features, wird das Konzept der Steam Box Konsolen mittelfristig nicht den Rang ablaufen. Das hat gleich mehrere Gründe, die man am besten am Hauptprinzip der typischen Konsole erläutert. Denn eine Xbox 360 oder PS3 ist darauf ausgerichtet, mit einem aggressiven Preis hohe Leistung zu verkaufen, die dann auch mehrere Jahre hält. Sony und Microsoft können es sich leisten, bei jeder verkauften Konsole draufzuzahlen. Als die 360 2005 auf den Markt kam, verlor Microsoft pro Konsole an die 100 Dollar, Sony musste bei der Playstation 3 sogar gut das dreifache subventionieren. Eine sehr angriffslustige Preisstrategie, die aber aufgeht, weil die Hersteller auf anderen Wegen verdienen. Jedes Spiel, jegliches Zubehör und jeder Verkauf über einen der digitalen Marktplätze rückfinanziert die Konsolen, weil Lizenzgebühren fällig werden.

Es sprechen gleich mehrere Gründe dagegen, dass Valve mit ihrer Steambox solch eine Strategie fahren würde. Beispielsweise will Valve auch andere Hersteller für sich gewinnen, die auch Hardware nach einem ähnlichen Prinzip herausbringen. Andere Hersteller, die keine Einnahmequelle durch Anteile an Digitalverkäufen hätten und sicherlich nicht an Board springen würden, wenn sie wüssten, dass die interne Konkurrenz durch die Steam Box von Valve zu einem Kampfpreis verschleudert wird.
Genauso dürfte daran gezweifelt werden, dass solch eine Preisgestaltung überhaupt im Sinne von Valve wäre. Für eine kleine Firma sind die Steam-Macher zwar erstaunlich finanzstark, aber dennoch weit, weit unter den Möglichkeiten von Microsoft, Sony oder selbst Nintendo anzusiedeln. Eine solche Subventionierung würde ein großes Risiko bedeuten.

Ein Anhaltspunkt für den möglichen Preis einer Steam Box lässt sich beim Computer-Hersteller Xi3 finden, der auf der CES dieses Jahr nicht nur bekanntgegeben hat, dass er eine Finanzspritze von Valve erhalten hat, sondern auch gleich "Piston" ankündigte. Piston ist dabei ein Computer, der in die Handfläche passt und eben speziell für Steam designed wurde. Die bisherigen Piston-Prototypen basieren auf dem X7A, einem sehr ähnlichen Computer, der Ende letzten Jahr sein Kickstarter-Spendeziel nicht erreichen konnte. Leistung des X7A: aktuelle Spiele wie Far Cry 3, Hitman: Absolution oder Assassin's Creed 3 laufen entweder gar nicht oder ruckelig bei niedrigsten Details. Preis: 999 Dollar.

Auch an der Haltbarkeit einer Steam Box dürfte gezweifelt werden, denn im Grunde ist das Gerät vor allem eines: ein handelsüblicher PC mit einem wohnzimmertauglichen Form-Faktor. Wer sich 2005 einen PC gekauft hat, selbst wenn es das damals beste Modell war mit einem Preis von mehreren tausend Euro, dürfte heutzutage kaum noch was darauf spielen können. Wer sich hingegen damals eine Xbox 360 gekauft hat, spielt -- theoretisch -- noch immer. Praktisch natürlich nicht, weil alle Launchboxen den ROD-Tod gestorben sind.
Mit einer Steam Box bestünde quasi immer die Gefahr, dass ein Spiel erscheint, das nicht mehr darauf funktioniert, was wieder zum PC-Upgradewahn führen würde und damit einer Konsole genau entgegengesetzt ist.

Außerdem spielt zurzeit das Betriebssystem noch eine große Rolle. Valve hat schon bestätigt, dass ihre Steam Box unter Linux laufen wird. Windows kann man zwar nachinstallieren, aber das sollte nicht Sinn der Sache sein. Allerdings ist Steam für Linux noch in der Beta und es finden sich keine 50 kompatiblen Spiele. Hier ist also noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten, bis alle Publisher ihre Spiele auch für Linux anbieten und selbst dann besteht die Gefahr, dass ein großer Teil, gerade an älteren Titeln, nicht für dieses System portiert werden.

Es wäre töricht, der Hardware von Valve ihr Potenzial abzusprechen. Denn über kurz oder lang ist es nicht unrealistisch davon auszugehen, dass Steam in alle Wohnzimmer Einzug halten wird. Durch die Offenheit der Steam-Plattform und Valves Willen, mit möglichst vielen Herstellern zusammenzuarbeiten, ist beispielsweise eine Zukunft, in der Steam direkt im Fernseher integriert ist, gar nicht mal so unwahrscheinlich. Man müsste zwar vielleicht bei den allerneuesten Spielen auf ein optimales Spielerlebnis verzichten, hätte aber dennoch Zugriff auf eine riesige Spieledatenbank, nicht zuletzt auch alle bisher bei Steam gekauften Spiele. Aber bis der Zeitpunkt kommt - falls er überhaupt kommt -, an dem eine Steam Box einer richtigen Konsole den Rang abläuft, wird man noch lange warten müssen. Die nächste Konsolengeneration kommt hier nicht unter Beschuss, frühestens bei der übernächsten könnte Steam Box richtige Konkurrenz bieten. Evil

Kommentare

Rian
18. Januar 2013 um 11:54 Uhr (#1)
Habe gerade ein schönes Zitat aus einem Artikel von The Verge gelesen. Es ist ein bisschen aus dem Kontext gerissen, aber macht sich auch so ganz gut:
"What happens when a Steam Box as good as a next-gen console hits the market? Am I supposed to feel loyal to Xbox or PlayStation after years of high prices, bizarre fake currencies, slow approval of game updates, an indie barrier of entry, and a high hedge to the larger world of games and communication available on the PC?"

Ganzer Artikel hier: http://www.theverge.com/2013/1/17/3867152/a-modern-gaming-ecosystem-emerges-microsoft-sony
Haris
18. Januar 2013 um 13:31 Uhr (#2)
Nur im Bezug auf das Zitat: aus dem Grund sollte man also zu der Plattform wechseln, die einem unumgänglich die Spiele nachträglich zensiert?
Rian
18. Januar 2013 um 21:27 Uhr (#3)
Ich glaube, das ist eher darauf bezogen, dass sich der Autor von den Konsolen schon genug betrogen fühlt und es Zeit wird, sich auf neue Arten betrügen zu lassen!

Mit "aus dem Kontext gerissen" meinte ich in diesem Falle tatsächlich doppelt: Aus dem Kontext deines sowie des The Verge-Artikels. xD Ich habe die Stichpunkte, die offenkundig ziemlich shitty an Konsolen sind, einfach gesehen und mir gedacht: Omg, ja, das ist so shitty! Ob ich das nun aufzählen würde, um Leute zum Kauf einer Steam Box zu bewegen, wüsste ich nicht. Es sind auf jeden Fall Bereiche, in denen die Box ihre Sache besser machen könnte, wobei immer die Möglichkeit besteht, dass sie woanders dann wieder verkackt.
Haris
18. Januar 2013 um 22:07 Uhr (#4)
Wobei von den dort genannten Punkten imo nur der Preis wirklich ernstzunehmend ist. Das man als KOnsolenbesitzer gut und gerne 10€ mehr pro Spiel zahlen muss, mindestens, ist ein großes Problem und eben durch die Lizenzgebühren zu erklären, die Entwickler an die Konsolenhersteller entrichten müssen.

Der Rest sind ja eher Kleinigkeiten, die teilweise nur für eine Konsole gelten oder auch mal unwahr sind. Bsp. ist es einfacher, auf Xbox Live ein Indie-Spiel zu veröffentlichen als auf Steam zu gelangen. Für ersteres kann jeder Hansel einfach ein Spiel entwickeln und solange es funktioniert und die Regeln befolgt, wird es in der Indie-Sektion verkauft. Um auf Steam zu gelangen muss man durch Greenlight gehen, was teilweise ziemlich untransparent ist.
Rian
19. Januar 2013 um 02:44 Uhr (#5)
Naja, was Indie betrifft ist, schätze ich mal, der Arcade-Marktplatz der profitable Spielort und eher mit den Steam-Games vergleichbar. Auf dem Indiemarktplatz gibt es mehr Beschränkungen. Und der Arcade-Marktplatz ist dann wieder eine ganz andere Liga - ich erinnere mich an das Grauen von FEZ, wo Polytron einen Bug, der Spielstände löscht, nicht beheben konnte, weil sie die 40.000 $ nicht für die Lizenzierung des Patches nicht aufbringen konnten oder wollten. MS-Points und Sony-Dollar und Wii-Rubel, oder wie der ganze Kram heißt, regen mich auch tierisch auf. Ich hoffe allerdings, dass das Ganze durch die Weitertreibung von elektronischer Bezahlung immer mehr abgelöst wird. Wir haben ja alle geflucht, dass die Xbox irgendwann PayPal unterstützte, weil wir jetzt viel leichter Geld ausgeben können anstatt erst den Umweg über die umständliche Mickey-Mouse-Währung zu gehen.

Ich zähle das alles aber nur als Sachen auf, die mich an der momentanen Situation stören. Ich besitze nur sehr oberflächliches Know-How, was die "Steam-Art", Dinge zu machen, betrifft, dewegen will ich gar nicht herumdrucksen mit irgendwelchen herbeigeglaubten Vergleichen. Aber auch wenn es Kleinigkeiten sind, sind es verbesserungswürdige Kleinigkeiten. Aber wer weiß, was die nächste Generation bringt. Ich bin da ja immer optimistisch.
Haris
19. Januar 2013 um 12:45 Uhr (#6)
Ja, das mit der Profitablität stimmt, zumindest teilweise: bei Steam hast du mehr Kontrolle über die Preisgestaltung, während bei XBLIG nur 1, 2 oder 5 Euro als Preis zur Verfügung stehen. Wenn du also ein Spiel entwickelst, von dem du der Meinung bist, dass es 15 Euro wert ist, hast du Pech gehabt. Und auf den Arcade-Marktplatz kommst du eben nur wenn du einen Publisher hast.

Während diese virtuellen Währungen zwar etwas verwirrend sind, aber am Ende auch entscheidende Vorteile haben für den schlauen Konsumenten. Der Kurs für 2100 MS-Points -> 25 € ist bei Ebay derzeit bei knapp 20€. Würde der Xbox Live Marketplace auf "echtes" Geld setzen, wäre dieses Sparpotenzial von gut und gerne 20% wohl nicht mehr vorhanden. Sony setzt ja in ihrem Store auf echtes Geld, und du kann man froh sein, wenn man eine 50€-Karte für 48 € entdeckt.
Rian
19. Januar 2013 um 13:32 Uhr (#7)
Ich weiß nicht, ob ich einen Schwarzmarkt als einen Vorteil bezeichnen würde. Die Codes von eBay sind doch alle geklaut. xD
Haris
19. Januar 2013 um 13:44 Uhr (#8)
Ach, wenn ich mir anschaue, dass manche der Händler alleine im deutschsprachigen Raum irgendwie 200.000+ positive Bewertungen auf Ebay haben und seit mehr als 5 Jahren operieren, dann muss das zumindest ein Schwarzmarkt sein, falls es überhaupt einer ist, der Microsoft wohl absolut nicht juckt. XD
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