New Little King's Story

(Artikel)
Rian Voß, 08. Oktober 2012

New Little King's Story

Der kleine Prinz kann einpacken

Ich mag ja Spiele, in denen man Minions einsammelt, mit ihnen herumläuft und sie in den Tod schickt. Das ist zwar genau dasselbe, was ich täglich beim DPad auch schon mache, nur habe ich in Videospielen unendlich Humankapital! New Little King's Story lässt einen Möchtegern-Aristokraten dabei nicht nur seine kleinen Machtträume ausleben, sondern rettet sich auch noch einen ganzen Harem voller Prinzessinnen zusammen!

Ich muss zugeben, dass ich Little King's Story (auch bekannt als Pikmin für Hipster) nie gespielt habe, darum wird mir im Folgenden wohl ein bisschen die Referenzerfahrung fehlen. Aber nach allem, was ich über LKS gelesen habe, ist NLKS nicht sehr viel anders - außer dass es ein Vita-Titel ist.


König Corebo (oder Cornelis, wie ich ihn nannte) ist eigentlich ein dufter Kerl. Die Leute mögen ihn, er feiert ab und zu und manchmal macht er Heldentaten. Aber nicht zu viele, man muss sich ja schonen. Alles ist prima. Aber nicht lange, denn wir wollen ja auch was erleben. Also erobert eine unbekannte Macht das Schloss, wirft den Herren aus seinem Haus und wir dürfen in der übelsten Walachei zusehen, wie wir unser - nun von Dämonen überflutetes - Königreich wieder aus dem Boden stampfen. Zudem wurden noch mehrere Prinzessinnen, die während der Invasion zu Gast waren, gefangen genommen und müssen nun befreit werden. Klingt erst einmal nach typischer Mario-Falle, so ganz ohne Beziehung am Ende, aber als meine Berater mit der Info herausrückten, dass alle Prinzessinen ganz wild auf den kleinen König sind, habe ich mich bei der ersten Gelegenheit natürlich sofort dafür entschieden, die Damen aus ihrer misslichen Lage zu befreien und das Schloss erst einmal sausen zu lassen. Wie könnte ein Gentleman auch anders handeln?

Das Ziel der Odyssee des kleinen Königs ist es also, sein Königreich wiederzubekommen und seine zukünftigen Bräute klar zu machen. Zu diesem Zwecke benötigt er mehr Land, Gebäude und Untertanen. Um an diese Sachen heranzukommen, braucht er Geld. Das Geld liegt, wie man so schön sagt, auf der Straße. Jedoch ist die Straße blockiert, darum braucht man Spezialisten. Spezialisten rekrutiert sich der König aus seiner bestehenden Bevölkerung. Und so schließt sich der Kreis!
Man beginnt das Spiel auf einem schäbigen Thron in einer schäbigen Hütte eines schäbigen Dorfes. Das ist nicht standesgemäß! Also gehen wir ins Dorf, stecken uns ein paar normale Bewohner ein, die in Löchern rumbuddeln und kleine Monster mit bloßen Fäusten bearbeiten können, und gehen auf Schatzjagd in einer sich immer weiter öffnenden Welt. Die Royal Guard - so heißt unser Gefolge - ist dabei sehr einfach zu befehligen: ein Knopfdruck schickt einen Untertan in eine Richtung, wo er mit einer Aufgabe beginnt, die seinen Fähigkeiten entspricht. Ist er fertig oder gibt es dort nichts zu tun, kommt er zurück. Und falls mal alles schief geht, kann man alle Einheiten zurückbeordern - etwa um einem Angriff zu entgehen. Die meisten Aktionen, egal ob man nun herumstreunende Monster killt oder Büsche zertritt, lassen mehr oder weniger wertvolle Gegenstände ins Inventar wandern, welche bei einer Rückkehr zum Thron in bare Knete umgewandelt wird. Dort kann man dann auch gleich seine neugewonnenen Reichtümer in neue Immobilien stecken: schickt man seine Bediensteten in eine frisch gebaute Jagdhütte, erhält man Bogenschützen, in einer Holzfällerhütte werden Holzfäller ausgebildet, und so weiter. Jede Spezialisierung hat ihre Eigenheiten: so können Soldaten natürlich besser kämpfen als andere Berufe, dafür verlernen sie aber viele einfache Tätigkeiten (normalerweise kann jeder Einheitentyp zumindest langsam buddeln). Baumeister können Treppen und so einen Kram bauen, um neue Areale zugänglich zu machen; Händler finden versteckte Löcher. Mit all diesen Fähigkeiten im Repertoire lassen sich dann die Story-Quests erledigen, um neue Gebiete zu erschließen und mehr Macht in unsere Hände zu spielen. Und dann erhöht sich das Gefolgschafts-Limit und alles geht von vorne los!


Einerseits ist es eine schöne Idee, so seinen Hofstaat überall hin mitzuschleppen und ihn die Drecksarbeit erledigen zu lassen - leider bietet die stark vom tastenarmen Wii kopierte Steuerung ohne eine mir bewusste Verwendung des Touchscreens nur sehr grobe Möglichkeiten, seine Leute zu koordinieren. Auf einen Tastendruck lassen sich unsere Anhänger in Gruppen ordnen und in der Reihenfolge, in der sie losgeschickt werden sollen, durchschalten. Wenn man nun also in einem etwas härteren Kampf nicht unbedingt seine Farmer in den Tod bzw. ins Krankenhaus schicken möchte, muss man peinlichst genau darauf achten, nach jedem Rückruf immer zu seinen Soldaten zu wechseln. Das kostet viel Konzentration und ganz unfrustrierend ist es auch nicht. Glücklicherweise kann man bei den meisten Konfrontationen einfach willkürlich seine Truppen ungeachtet des Typs losschicken - Masse statt Klasse! Das bedeutet aber nicht, dass man nur doof auf die Tasten drücken muss, sondern eine taktische Komponente bleibt nie außenvor. Spätestens wenn man weitere Laufformationen für sein Gefolge freispielt, kann man sich richtig schön in einfachen Kampfsstrategien verlieren.
Wäre das etwas zu sehr versimpelte Einheitensystem alles, dann gäbe es nicht viel zu beanstanden. Leider drosseln einige weitere, kleine Fehler etwas den Gesamtspielspaß. Muss das Spiel etwa unbedingt ruckeln, wenn viele Figuren auf dem Bildschirm sind? Das Design des Spiels ist zwar ganz knuffig, aber so gut sieht es nun auch wieder nicht aus. Und müssen die Einheiten denn immer so gerne von irgendwelchen Klippen fallen, um vom Hauptteil der Royal Guard abgeschnitten zu sein? Das ist meistens zwar auch nicht weiter schlimm, da sie sich ab einer bestimmten Reichweite zum König zurückteleportieren, aber wenn an dieser Klippe ein wichtiger Kampf stattfindet und die Hälfte meiner Soldaten meinen, mich im Stich lassen zu müssen, dann ist das irgendwie nicht so witzig. Und warum muss das Spiel so gottverdammt tutorialfaul sein? Ich brauchte Stunden, um herauszufinden, wie man seine Royal Guard einfacher managed anstatt immer alle Bürger zu mir zu rufen und sie direkt zu rekrutieren. Selbst in der Anleitung wird kein einziges mal das sehr wichtige Konzept der Badge erklärt! Und wie man neugekaufte Formationen einsetzt, wird auch nur einmalig in einem davonfließenden, unmerklichen Ticker-Text am oberen Bildschirmrand erklärt und dann nie wieder. Und wozu gibt es eine Taste, die die Royal Guard sofort und ohne Umschweife auflöst? Und wieso sprechen alle Figuren ein so unglaublich schlechtes Engrish?

Bestes Gesetz.

Nun ja, das sind zwar nervige Kleinigkeiten, aber weiterhin nur Kleinigkeiten. Dafür versucht das Spiel, diese Schnitzer mit ein bisschen Humor und Charme wieder wettzumachen. So ist der bizarre, auf einem Schwein reitende Ritter Howser wieder mit von der Partie, der König der Dämonen spricht so wie dreizehnjährige Internetkinder schreiben ("DONT TOUCH MY GURLFRIEND!") und man kann den Diktator raushängen lassen und Schwimmsachen zur obligatorischen Alltagskleidung erklären. Muahahaha!
Mein absoluter Liebling unter diesen Merkwürdigkeiten ist allerdings das Ausrüsten der Royal Guard. Gasmasken etwa sind ja nicht nur nachgewiesenermaßen sexy, sondern schützen auch vor Statuseffekten! Ein Kissen am Stock macht gleich vier mal so viel Schaden wie ein normales Schwert und der gute Plaid-Anzug steigert die Lebenskraft. Auf diese Weise erkennt man seine Leute auch sofort wieder, was sogar beim hektischen Herumswitchen im Kampf hilft: "Ach, ich habe die Mumie mit dem Bambusschwert ausgewählt, das ist dann wohl Caleb."

1. Von wegen
2. mein Hofstaat ist durchvölkert von Fetischisten. UND ICH BIN IHR KÖNIG!

New Little King's Story kann man mal fünf Minuten und mal eine Stunde spielen. Hat man aber erst einmal sein Einheitengekramse abgeschlossen und ist in die Welt hinausgezogen, ist es schwierig aufzuhören, bevor nicht das Inventar mit Loot vollgestopft ist und man sich die goldenen Spülkästen auf dem königlichen Orkus leisten kann. Ein wenig mehr hätte man neue Spieler aber schon bei der Hand nehmen können - wer nicht aufmerksam jeden schnell verschwindenden Tickertext liest, wird irgendwann einmal lange nicht wissen, was er tun soll. Den Rest der Zeit kann man aber ein sympatisches Action-Adventure-Rollenspiel genießen. Rian

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RELEASE
02. Oktober 2012
PLATTFORM
PS Vita
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